Wöchentlicher Lernaufwand Fernuni Hagen

ichbinich

Schreiber
Hallo,

ich ziehe derzeit in Betracht, mir eine Stelle als Patentanwaltskandidatin zu suchen. Als Mutter von zwei kleinen Kindern würde ich das Vorhaben aber in Teilzeit angehen wollen. Mir ist durchaus bewusst, dass dies nicht die optimale Konstellation für die Ausbildung zur Patentanwältin ist. Nichtsdestotrotz möchte ich das Gedankenexperiment einmal durchspielen. Zeitmanagement wäre für mich also ein nicht zu vernachlässigender Faktor.
Das Studium der Fernuni Hagen ist – wie Ihr wisst - auf zwei Jahre ausgelegt, woran ich auch in meiner Teilzeit-Ausbildung nichts ändern wollen würde. Kann mir jemand sagen, ob die eingeplanten SWS für das erste (12 SWS) und das zweite Jahr (17 SWS) in etwa dem tatsächlichen Lernaufwand entsprechen (1 SWS = 45 min)? Hier im Forum habe ich auch schon gelesen, dass einige Kandidaten mit deutlich weniger Zeitaufwand durch das Studium kommen. Ich bin kein Genie, aber auch nicht auf den Kopf gefallen (promovierte Physikerin).

Herzlichen Dank für Eure Hilfe.
 

Industrie_EPA

BRONZE - Mitglied
Hallo ichbinich,

der Patentanwaltsberuf ist nachwievor einer der schönsten - finde ich. Deshalb verstehe ich Dein Interesse.

Deine Frage zum Hagenstudium ist recht spezifisch. Ihr geht die Entscheidung voraus, die deutsche Patentanwaltsausbildung zu machen. Diese Ausbildung ist meiner Erfahrung nach für eine Mutter mit Kleinkindern nur zu schaffen, wenn Vater, Familie oder Nanny die Kinderbetreuung auch für längere Zeit übernehmen können. Hierbei ist nicht etwa das Fernstudium mit kurzen Präsenzphasen in Hagen die größte Hürde sondern meist das so genannte Amtsjahr in München.

Hast Du Dir auch die Ausbildung zum Vertreter vor dem Europäischen Patentamt angesehen? Es gibt hier kein vorgeschriebenes Studium und auch kein Amtsjahr. Die Ausbildungsordnung sieht auch Teilzeitregelungen vor, siehe http://information.patentepi.com/issue-3-2017/patentanwaltsausbildung-in-der-industrie.html

Ich persönlich halte die europäische Ausbildung als wesentlich besser mit Familie vereinbar als die deutsche. Die deutsche Patentanwaltszulassung ist übrigens häufig Voraussetzung für die Tätigkeit in einer Patentanwaltskanzlei; während Industriepatentabteilungen eher die europäische Prüfung bevorzugen. Kanzleien fordern im Allgemeinen hohe Arbeitszeiten und eignen sich deshalb sowieso weniger für Mütter mit Kleinkindern. Tarifgebundene Industriebetriebe sind dagegen Familienfreundlicher.

Das beantwortet nun leider nicht direkt Deine Frage, vielleicht hilft es Dir aber trotzdem bei der Karriereplanung.

Viele Grüße
Industrie_EPA
 

ichbinich

Schreiber
Hallo Industrie_EPA,

herzlichen Dank für Deine Antwort. Ich schätze ernstgemeinte Hilfe sehr, zumal ich mir gerade wegen meiner familiären Situation in der Tat sehr gut überlegen muss, wie es beruflich weitergehen soll.

Über die Möglichkeit, für eine Industrieabteilung zu arbeiten, habe ich bisher noch nicht nachgedacht. Ich würde gern 'nach der Ausbildung' größtenteils aus dem Home Office heraus arbeiten und schätze, dass dieser Wunsch nicht sonderlich gut mit der Industrievariante vereinbar wäre, oder? Wir wohnen ländlich, die Anreise in die größeren Städte mit vorhandener, passender Industrie (nun Medizinphysik/-technik) wäre auf täglicher Basis nicht akzeptabel.

Noch einmal zurück zur Ausbildung zur Patentanwältin in einer Kanzlei: Es wäre tatsächlich so, dass mein Mann und die Familie einen Teil der Kinderbetreuung abfangen würden. Es gehen aber beide Kinder bereits in den Kindergarten bzw. die Schule, so dass die Vormittage inklusive Mittagszeit ohnehin schon abgedeckt wären. Selbstverständlich möchte ich jedoch nach wie vor für meine Mäuse da sein. Das steht außer Frage. Das Amtsjahr (Vollzeit) in München würden wir als ein kleines Abenteuer sehen. Mann, Kinder und Hund kämen mit. Mein Mann ist beruflich nicht an einen festen Ort gebunden. Es ist mir dennoch klar, dass die nächsten Jahre für uns alle anstrengend wären.

Ich habe derzeit einen akzeptablen Job, der familienkompatibel ist. Bedauerlicherweise bin ich schnell gelangweilt und sehe in diesem Job für die Zukunft keine wundersame Besserung ... daher die Gedanken bzgl der Ausbildung zur Patentanwältin!

Ich wäre noch sehr dankbar für Hilfe bzgl meiner ersten Frage.

Danke noch einmal,

ichbinich
 

PatFragen

*** KT-HERO ***
Hallo Ichbinich,

die Frage nach dem tatsächlichen Aufwand ist nur sehr schwer einzuschätzen und extrem subjektiv.
Auch kann ich nicht wissen, ob sich Hagen in den letzten 15 Jahren geändert hat. Bei mir gab es
beispielweise noch zweiwöchige Präsenzphasen, was einen ein Wochenende in der schönen Stadt Hagen verschafft hat :). Den Genuß gibt es wohl nicht mehr :).
Zu dem Aufwand:
Es kommt einerseits darauf an, was für Noten du erreichen willst. Ob es dir langt "durchzukommen" oder ob du das Spitzenergebnis haben willst? Andererseits kommt es auch darauf an, wie gut/schnell du dich auf die "juristische Logik" einstellen kannst. Wenn du das Einstellen auf diese doch etwas andere Logik (vor allem die bekannten Probleme erkennen und dann recht standardmäßig darauf eingehen. In der Jura gibt es Büchelchen der "100 Probleme des ...recht", die auch die entsprechenden Argumente für und wider enthalten :) ) zügig inkorporierst und einfach nur "durchkommen" willst, dann war das Ganze früher mit weniger als 12 bzw. 17 SWS zu schaffen. Wenn du dich aber etwas schwerer in die "Denke" reindenken kannst, dann musst du mehr "lernen" und kannst dir weniger "herleiten", was natürlich zu einem höheren Zeitaufwand führt. Wenn du dann noch eine Spitzennote haben möchten bzw. nicht nur die klausurrelevanten Sachen lernen möchtest, dann weiß ich nicht, ob du mit 12 bzw. 17 SWS hinkommen würdest. Wenn du ein "helles Köpfchen" bist und dir denkst "Vier gewinnt" (wie das so schön heisst :) ), dann wirst du wohl deutlich weniger als diese Stundenzahl benötigen.
Also nach meiner Einschätzung, konnte man damals bei einigermäßen Auffassungsgabe und wenn man nicht die Spitzennote haben wollte, durchaus gut mit der angegeben Zeit hinkommen.

Was mich aber noch interessieren würde. Wenn es keine Industrie(position) in erreichbarer Nähe gibt, gibt es dann aber eine Patentanwaltskanzlei ;-) ? Vor allem, wenn du das auch noch in Teilzeit machen willst, würde sich ja auch noch die Zeit des Pendelns verlängern ;-). Und die Kinder während des Amtsjahres mit nach München zu nehmen, d.h. für ein Jahr aus der Schule und in eine neue Schule, ist natürlich auch ein etwas "abverlangen" von den Kindern. Aber das ist deine Sache und die der Kinder :).

Ich weiß nicht genau. ob dir das wirklich weiter hilft. Aber eine allgemeingültige Antwort gibt es da wohl eher nicht :).
 

Pat-Ente

*** KT-HERO ***
Grundsätzlich halte ich es für möglich, in einer Kanzlei eine Ausbildung in Teilzeit zu machen und auch nach Abschluss Teilzeit zu arbeiten. Ich habe solche Modelle schon gesehen; Heimarbeit nach der Ausbildung, zumindest in gewissem Umfang, geht auch. Alles hängt aber natürlich davon ab, ob es zu den Bedürfnissen der Kanzlei passt, und wie dringend man Dich haben will.
Was aber m.E. nicht geht, ist Ausbildung im Home Office. Ein Ausbilder, der seine Aufgabe ernst nimmt, würde Dich sicherlich mehrere Tage pro Woche sehen wollen, zumindest im ersten Ausbildungsjahr. Es besteht da einfach zuviel Bedarf für Besprechungen etc.
 

maroubra

*** KT-HERO ***
Ich habe auch Kollegen gesehen, die es in "Teilzeit" gepackt haben, dass hat sich aber dann eher über ein mehr als ein Jahrzehnt hingezogen. Amtsjahr ist für Nicht-Münchner auch brutal, insbesondere mit Familie: kein Einkommen aus dem Amtsjahr bei den bekanntlich recht hohen Lebenshaltungskosten in München. Die Kanzleiausbildung davor erlaubt es vielen auch nicht, sich ein dickes finanzielles Polster aufzubauen. Zwar kann man nebenberuflich neben dem Amtsjahr arbeiten, aber auch da gibt es einige Risiken. Rückblickend bin ich sehr froh, dass ich die Ausbildung direkt nach der Promotion gemacht habe, wo ich nichts hatte, das ich hätte verlieren können. Heute bin ich mir auch nicht mehr ganz sicher, ob sich der deutsche Patentanwalt tatsächlich auszahlt. Die oben erwähnte europäische Qualifikation erlaubt mittlerweile fast alles was die deutsche Zulassung auch ermöglicht (Verpartnerung(!), Mitwirkung im Verletzungsprozess, etc.) ausser eben die Vertretung vor dem DPMA. Wobei ich der Auffassung bin, dass mit UPC am Horizont dem EPA sowieso die Zukunft gehört. Marken- und Designsachen, die eine europ. Patentvertreter nicht bearbeiten darf, sind für die meisten als deutscher Patentanwalt zugelassen Kollegen auch eher nur theoretisch interessant und spielen in der Praxis keine oder nur eine sehr geringe Rolle.


Aber trotz aller dieser negativen Punkte: es gibt definitv Leute, die es in Teilzeit aufgrund von Kindern gemacht und auch geschafft haben. Daraus schliesse ich, dass Du das auch schaffen kannst.
 

pak

*** KT-HERO ***
Hallo ichbinich,

hast Du schon geprüft, ob der §8 der Ausbildungs- und Prüfungsordnung Dir die Ausbildung in Teilzeit überhaupt ermöglicht?

§ 8 Ausbildung in Teilzeit

(1) Die Ausbildung hat grundsätzlich in Vollzeit zu erfolgen. Sie kann nur aus wichtigem Grund in Teilzeit erfolgen, insbesondere

1. wenn eine Bewerberin oder ein Bewerber schwerbehindert oder einer schwerbehinderten Person
gleichgestellt ist (§ 2 Absatz 2 und 3 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch),

2. während einer Elternzeit nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz oder

3. während einer Pflegezeit nach dem Pflegezeitgesetz oder dem Familienpflegezeitgesetz.
 

Blood für PMZ

*** KT-HERO ***
Marken- und Designsachen, die eine europ. Patentvertreter nicht bearbeiten darf, sind für die meisten als deutscher Patentanwalt zugelassen Kollegen auch eher nur theoretisch interessant und spielen in der Praxis keine oder nur eine sehr geringe Rolle.

Das kann ich nicht bestätigen. Marken, Designs, auch Gebrauchsmuster und deutsche Patentanmeldungen und auch die daraus hervorgehenden Streitigkeiten machen bei uns und auch bei anderen mir bekannten Kollegenbüros schon einen erheblichen Teil der Tätigkeit aus. Das hängt sicherlich von der jeweiligen Kanzlei ab. Gerade wenn man wie die Fragestellerin offensichtlich fernab von München und dann noch vom Home Office aus arbeiten will, wäre es imho riskant, bei der Ausbildung ausgerechnet nur und ausschließlich auf international arbeitende Technologieunternehmen zu setzen. Sie würde sich total abhängig machen und wäre im Falle des Falles auch die erste, die draußen steht.

Auf die Aspekte von pak wollte ich auch schon hinweisen. Da lässt sich möglicherweise eine Lösung finden. Jeder, der nachdenkt, kann sie erahnen. Wir sollten das nicht hier diskutieren.

Frohes Nachdenken
Blood für PMZ
 

kronion

GOLD - Mitglied
Da Hagen bei mir noch nicht lang her ist, gebe ich zunächst Rückmeldung zur Ausgangsfrage:

Es gibt zwei Präsenzphasen (Anfang des ersten und des zweiten Jahres) von je einer Woche. Ich muss zugeben, dass mir dazwischen die Motivation gefehlt hat, mich so kontinuierlich selbständig mit dem Stoff zu beschäftigen, wie es wünschenswert wäre. Daher habe ich jeweils etwa einen Tag verwendet, um die Einsendeaufgaben zu erledigen. Außerdem habe ich mir je eine Woche Vollzeit freigenommen, um mich auf die Klausuren vorzubereiten. Insgesamt war das Motto "Vier gewinnt" - hat auch ordentlich geklappt und ich habe trotzdem erstaunlich viel mitgenommen. Den meisten meiner Kollegen (z.T. auch mit Familie) ging das genauso. Unterschätzen sollte man es natürlich auch nicht.

Bei Deiner Mehrfachbelastung mit der Familie wäre es empfehlenswert, den Lernaufwand etwas mehr zu verteilen, wodurch auch sicher mehr hängenbleibt. Aber das ist einer der guten Vorsätze, die die ersten zwei Wochen selten überleben ;)

Ich weiß von Kollegen aus dem Amtsjahr (da waren auch etlich mit Familie unterwegs), dass das tatsächlich die wesentlich größere Belastung ist, auch wenn Deine Kinder bis dahin natürlich schon ein paar Jahre älter sein werden. Es gibt jetzt eine neue Prüfungsordnung, inwieweit sich die Situation dadurch ändert, müssten die jüngeren Kollegen berichten.

Stichwort Home-Office: Aus meiner beschränkten Erfahrung und dem, was ich von anderen höre, wird bei vielen Kanzleien doch erstaunlich großer Wert auf Anwesenheit gelegt bzw. es ist unausgesprochen klar, dass selbst die Partner überwiegend anwesend sind. (Das wäre ein Thema für einen eigenen Faden.) Das hängt natürlich sehr von individuellen Vereinbarungen und den Gepflogenheiten der Kanzlei ab, Du solltest das nur sehr klar von Vornherein absprechen.

edit: Die EQE ist natürlich auch ein wichtiger Teil, um "komplett" ausgebildet und einsetzbar zu sein. Der Weg dorthin ist aber weniger umständlich (wenn auch mit mehr Lernaufwand verbunden) und läuft erstmal parallel mit. Wenn sich die deutsche Ausbildung bei Dir zieht, könntest Du auch erst die EQE ins Auge fassen, dann hättest Du schon einen wichtigen Baustein.
 
Zuletzt bearbeitet:

ichbinich

Schreiber
Herzlichen Dank für die vielen Antworten und die geopferte Zeit. Leider ist die Benachrichtigungs-Mail in meinem SPAM-Ordner gelandet, so dass ich die Kommentare erst jetzt lesen konnte.
So bedauerlich es auch ist, scheint es (noch) nicht der familienfreundlichste Ausbildungsgang/Beruf zu sein. Ich werde mir wohl eine andere Möglichkeit suchen müssen, meinen unruhigen und schnell gelangweilten Geist in Zukunft mit Beschäftigung füttern zu können. So gern ich in diesem Fall auch egoistisch sein möchte, sind mir meine Mäuse doch wichtiger. Das ist das Leben ;)

Danke noch einmal und allen eine tolle Zeit in diesem Beruf.
Eisige Grüße aus dem wunderschönen Norden,
ichbinich
 

Hans35

*** KT-HERO ***
Familienfreundliche Arbeit, wie du sie suchst, findest du vermutlich eher im öffentlichen Dienst, also zB im EPA oder im DPMA als Patentprüfer. Da gibt es nicht nur Teilzeitbeschäftigung, sondern auch Telearbeit zu Hause. Ob das genügend "spannend", weiß ich allerdings nicht.
 
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