Naja, 'aus Prinzip recht weit streuen' klingt sicher sehr vernünftig, wenn man in einer Kanzlei sitzt und noch reicher werden möchte. In den Industriepatentabteilungen wird man aber durchaus gefragt, ob man das mit den Patenten denn nicht alles selber machen kann, weil man ja diese allgemeine Vollmacht hat, und extern vergebene Aufträge sind ja sooo teuer. Da kann man schlecht widersprechen, wenn der ganze Betrieb auf Kurzarbeit geht, weil keine Aufträge da sind. Das (vorläufige) Ende der Kurzarbeit war der 31.07.2010.
Selbst jetzt bin ich wenig daran interessiert, 'breit zu streuen', weil neuen externen Anwälten immer erst einmal erklärt werden muss, was die Firma überhaupt macht, dass sie zwei oder drei oder vier Bereiche hat, die vielleicht ein bisschen etwas miteinander zu tun haben, aber doch nicht so viel, um welche Technologie in welchem Bereich es nun geht, wo die Erfindung denn nun eigentlich genau liegt etc. Bei meinem Haus- und Hof-Anwalt kann ich mit dem Erklären gleich beim letzten Punkt anfangen.
Dazu kommt noch, dass mein letzter Versuch, 'breit zu streuen', so verlief, dass der externe PA die Anmeldung KOMPLETT ein zweites Mal schrieb, weil die Erfinder mit dem ersten Entwurf so gar nicht zufrieden waren. Im Gespräch danach meinte der Patentanwalt dann auch noch, er wisse auch nicht, warum das so gelaufen sei, das Thema sei doch gar nicht so schwierig gewesen. Tatsächlich haben an Technikwissen Geometrie und Trigonometrie aus der Mittelstufe des Gymnasiums gereicht. Ich hab heute noch ein schlechtes Gewissen gegenüber den Erfindern - und ICH begegne denen jeden Tag im Treppenhaus, nicht der externe Anwalt.
Irgendwie kann ich mich auch des Gefühls nicht erwehren, dass in Kanzleien der Eindruck besteht, die Industrie hätte beliebig viel Geld, von dem man doch den Patentanwälten einfach was abgeben kann. Ich sag ja bewusst nicht, wie weit verbreitet dieser Eindruck ist...
Und dann war da noch der Patentanwalt, den man abends im Restaurant triffft und der für den Kollegen fragt, der zufällig in der gleichen Gemeinde (wie der Betrieb, in dessen Patentabteilung ich arbeite) seine Kanzlei hat und der gerne 'an die örtliche Industrie herankommen' möchte ...
Irgendwie wünsche ich mir angesichts dieser Erfahrungen schon, dass man auch mal an die Bedürfnisse des Kunden denkt. Oder verdiene ich etwa nicht, so behandelt zu werden, bloß weil ich hier Mandant heiße?