EPÜ Wann geht die Anmeldung in die Zuständigkeit der Prüfungsabteilungen über?

Schlupfloch

SILBER - Mitglied
Hallo

Beim Eintritt einer PCT Anmeldung in die Europäische Phase ist ja die Prüfung zu beantragen und Prüfungsgebühr zu entrichten (außer der Recherchenbericht wäre extrem spät ergangen).
Je nach ISA führt das EPA aber noch eine ergänzende Europäische Recherche durch. Nun kommt dort ggf. neuer, neuheitsschädlicher Stand der Technik zutage, so dass man evtl. von einer Weiterverfolgung der Anmeldung absieht.
Nun regelt ja Art. 11 GebO die (teilweise) Rückerstattung der Prüfungsgebühr:

http://www.epo.org/law-practice/legal-texts/html/epc/2013/d/articl11.html

Die Prüfungsgebühr nach Artikel 94 Absatz 1 des Übereinkommens wird
a)
in voller Höhe zurückerstattet, wenn die europäische Patentanmeldung zurückgenommen oder zurückgewiesen wird oder als zurückgenommen gilt, bevor die Anmeldung in die Zuständigkeit der Prüfungsabteilungen übergegangen ist;
b)
zu 75 % zurückerstattet, wenn die europäische Patentanmeldung zu einem Zeitpunkt zurückgenommen oder zurückgewiesen wird oder als zurückgenommen gilt, zu dem die Anmeldung bereits in die Zuständigkeit der Prüfungsabteilungen übergegangen ist, die Sachprüfung jedoch noch nicht begonnen hat.

Die Frage wäre nun:

Wann geht die Anmeldung in die Zuständigkeit der Prüfungsabteilungen über?
Und ab wann gilt die Sachprüfung als begonnen?

MfG
Martin
 

Blood für PMZ

*** KT-HERO ***
Hallo Schlupfloch,

vermutlich hast Du gerade das EPA Formblatt 1507 S nebst Anlagen erhalten beziehungsweise anschließend die Weisung des Mandanten, die Sache im Hinblick auf deprimierende Recherchenergebnisse zu begraben.

Einige Wochen später kommt noch EPA Form 1224 mit der Communication nach Regel 70 / 70a und entsprechender Fristsetzung. Erst mit Deinem Statement that you wish to proceed further geht die Sache an die Prüfungsabteilung. Rechtliche Grundlage ist Regel 10 Absatz 3. Natürlich gibst Du dieses Statement in Deinem Fall nicht ab. Ohne dieses Statement bekommt ihr noch die eingezahlte Prüfungsgebühr voll erstattet, sofern ihr nicht unglücklicherweise zur Beschleunigung des Verfahrens im Formular für die regionale Phase ein Kreuzchen an falscher Stelle gemacht und auf das Recht nach Regel 70 Absatz 2 vezichtet habt.

Vermutlich gibts die Fälle mit und ohne Abgabe des Statements schon in Akten in Eurem Archiv zum Nachschauen. Die eigentliche Regelung ist alt, auch wenn Regel 70a noch ziemlich neu ist. Zweckmäßig solltest Du Dich nach Eurer üblichen Vorgehensweise im Büro erkundigen, ob ihr die Rückzahlung aktiv beantragt oder einfach auf Zeitablauf setzt und ggf. über Wiedervorlage abcheckt. Wenn Du da von der Büroroutine abweichst, gibts nur Unfrieden und/oder Chaos.

Frohes Schaffen

Blood für PMZ
 

Schlupfloch

SILBER - Mitglied
Hallo Blood

Danke für die Antwort.

Gut getippt, aber nicht ganz erraten.

Normalerweise läuft das ja recht automatisch.
Aber gerade geht es um die Einleitung einer Europäischen Phase für einen Mandanten aus Übersee.
Er war der Meinung, dass er Benennungs- und Prüfungsgebühren erst zahlen muss, nachdem der Ergänzende Europäische Recherchenbericht erstellt wurde (Hinweis auf Veröffentlichung, 6 Monate usw.).
Ich musste ihm leider sagen, dass der ISR hier an Stelle des (nicht angefertigten) Europäischen Recherchenberichts tritt, und er beides bei Eintritt in die regionale Phase zahlen muss.
Die Benennungsgebühr kann er sich ja dann "abschminken", aber die Prüfungsgebühr würde er (bei vernichtendem ergänzenden Recherchenbericht) wieder erstattet bekommen.

Ich wollte das nur noch mal checken. Nicht, dass ich ihm da was falsches sage, wenn er schon wegen der Fälligkeit der Gebühren eine falsche Info bekommen hatte...

MfG
Martin
 

Asdevi

*** KT-HERO ***
Prinzipiell geht die Anmeldung in die Zuständigkeit der Prüfungsabteilung über, wenn der Prüfungsantrag gestellt wird, R.10(2). Dies ist für internationale Anmeldungen normalerweise bei Eintritt in die europäische Phase der Fall.

Davon macht aber R. 10(3) eine Ausnahme für den Fall, dass der Prüfungsantrag vor Übersendung des europäischen Rechercheberichts gestellt wird. In dem Fall wechselt die Zuständigkeit erst mit der Antwort auf die 70(2).

Nun gibt es ja Art. 153(6), der sagt, dass der internationale Recherchebericht als der europäische gilt, so dass ein bei Eintritt in die europäische Phase gestellter Prüfungsantrag nicht unter R. 10(3) fiele (denn der "europäische" = internationale Recherchebricht ist schon lange übersandt). In ihrer unendlichen Weisheit sehen die Beschwerdekammern dies aber nicht so (z.B. J8/83). Für die Frage, ob der Prüfungsantrag vor dem Recherchebericht gestellt wurde, gilt der ergänzende europäische Recherchebericht als der "europäische Recherchebericht" und nicht der internationale, im direkten Widerspruch zu Art. 153(6).

Dies hat zwei Folgen:
1. Regel 70(2) ist anwendbar, d.h. ein Euro-PCT-Anmelder, der eine ergänzende Recherche bekommt, hat auch Anspruch auf die Mitteilung nach R. 70(2). Das kennt man aus dem Alltag. Würde man Art. 153(6) anwenden, gälte dies nicht.

2. Regel 10(3) ist anwendbar, und die Zuständigkeit wechselt erst mit Antwort auf die 70(2).

All dies jedoch nur, wenn es eine ergänzende Recherche gibt. War das EPA ISA, dann wechselt die Zuständigkeit nach R. 10(2) direkt bei Eintritt in die europäische Phase.

Die Sachprüfung beginnt, wenn der Prüfer sich zum ersten Mal die Akte vornimmt. Seit letztem Jahr wird dieses Datum im Register vermerkt, so dass Klarheit für die 75%-Rückzahlungen besteht. Solange das nicht vermerkt wurde, fiel es dem EPA nämlich meistens schwer, zu beweisen, dass die Prüfung schon begonnen hatte.
 

Schlupfloch

SILBER - Mitglied
Zuletzt bearbeitet:

Asdevi

*** KT-HERO ***
Nimmt der sich die Akte dann sofort vor, schaut kurz rein und legt sie dann wieder für ein halbes Jahr weg? ;)

Das kann sein, liegt aber nicht im Interesse des Prüfers, da er damit dem Anmelder einen Anreiz nimmt, doch noch zurückzunehmen und ihm das Prüfungsverfahren zu ersparen. Nach meiner Erfahrung ist der Prüfungsbescheid meistens recht zügig (1-3 Wochen) nach dem Beginn der Prüfung da.
 

Schlupfloch

SILBER - Mitglied
Hallo Asdevi

Es könnte aber im Interesse des Amtes liegen, die Gebühren trotz eines eventuellen Verzichtes des Anmelders auf die Anmeldung behalten zu können.


Interessant wäre, ob es Statistiken dazu gibt, wie lange es vom Übergang der Zuständigkeit in die Prüfungsabteilung bis zum Vermerk der begonnenen Prüfung dauert und wie lange vom diesem Vermerk bis zur Fertigstellung des ersten Prüfbescheides.

MfG
Martin
 
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