Allg. Vom Patent Analysten zum Patentanwalt

JohKar

Schreiber
Moin zusammen,

ich habe gerade mein Studium Maschinenbau beendet und mein langfristiges Ziel ist es seit langer Zeit Patentanwalt zu werden. Bevor ich nun diese Ausbildung aufnehmen kann, muss ich ja mindestens ein Jahr Berufserfahrung bzw. praktische Erfahrung vorweisen. Während meiner Jobsuche bin ich auf die Stelle des Patent Analysten gestoßen und finde diesen Job sehr reizvoll, vor allem, weil diese Stelle auch im Ausland ist und ich so nochmal Auslandserfahrung und erste Erfahrungen im Umgang mit Patenten sammeln kann.

Hier stellen sich mir aber nun die folgenden Fragen und wäre für eure Einschätzung sehr dankbar:

1.) Ist dieser Job in euren Augen als Einstieg in das Berufsleben mit der Perspektive Patentanwalt geeignet oder sollte ich lieber einen "klassischen" Ingenieursjob wählen? Meiner Meinung nach kann ich in diesem Job als Patent Analyst viele Dinge, wie Analyse, Recherche, Formulierung etc, lernen, die auch für den Beruf als Patentanwalt sehr hilfreich sein können.

2.) Ich überlege parallel, sofern es mir möglich sein sollte, noch einen MBA zu machen oder wäre das für einen Patentanwalt nur eine Überqualifikation. Vor allem, weil ein solches Fernstudium noch einmal knapp 2,5 Jahre benötigt und da ja auch noch gut 4 Jahre für die Ausbildung zum Patentanwalt nötig sind. An dieser Stelle sei erwähnt, dass ich noch 25 Jahre alt bin, aber auch bald schon 26 Jahre alt werde.

3.) Mir wurde von der Stelle als Patentingenieur als Einstieg abgeraten von einem Patentanwalt, weil er die Eintönigkeit in diesem Job nicht förderlich fand. Wie ist dort eure Erfahrung, hat jemand als Patentingenieur begonnen und ist dann Patentanwalt geworden?

Beste Grüße und Dank

JohKar
 

Pat-Ente

*** KT-HERO ***
Hier ein paar Einschätzungen:

1.) Patent Analyst ist sicher eine vorteilhafte Vorbildung, wird Dir aber nichts nützen, da eine "praktische technische Tätigkeit" von einem Jahr gefordert wird. Damit ist auch tatsächlich "praktisch" gemeint, also z.B. Konstruktion, vielleicht auch noch Berechnung und Simulation, aber auch ganz banal Schrauben, Drehen, Fräsen.

2.) MBA ist schön für Dich und wird Dir sicherlich nicht schaden, Deine Chancen als Patentanwalt (z.B. bei der Suche nach einer Ausbildungsstelle oder zum Eintritt als Partner in eine Kanzlei) wird er, wenn überhaupt, nur unwesentlich verbessern.

3.) Das hängt ganz stark vom Einzelfall ab, und abgesehen davon muss das noch nicht per se schlecht sein. Ich habe z.B. Patentanwälte gesehen, die tagaus tagein Bescheidserwiderungen ans EPA schreiben für denselben japanischen Mandanten; das kann man langweilig finden, aber auch effizient - Routine kann auch angenehm und stressarm sein. Dann gibt es Patentingenieure, die mehr "Aktenschieber" sind, und andere, die sehr anwaltsähnlich arbeiten, ggf. sich sehr stark in streitigen Verfahren engagieren, sich um das Lizenzgeschäft oder um die Unternehmensstrategie kümmern oder oder oder ... der Spielraum ist sehr groß, eine Pauschalaussage lässt sich kaum treffen.

Im allgemeinen wird man in einer Kanzlei wohl mit mehr verschiedenen technischen Gebieten konfrontiert als in einem Unternehmen; daneben kann man auch mit Marken- und Designschutz zu tun haben (im Unternehmen eher nicht, das macht da die Rechtsabteilung), was auch sehr interessante Gebiete sind.

Letztlich kenne ich aber mehr Anwälte, die von einer Kanzlei in ein Unternehmen gewechselt sind, als umgekehrt ;-)

Über die Unterschiede zwischen Kanzlei- und Industrieausbildung wurde schon viel geschrieben im Forum, such mal nach.
 

Blood für PMZ

*** KT-HERO ***
Voraussetzungen zur PA-Ausbildung

Hallo JohKar,

Nur als vorsorgliche Ergänzung zu Pat-Entes Ausführungen:

In Deiner Einleitung schreibst Du etwas zu (vermutlich) dem sogenannten praktischen technischen Jahr und stellst danach drei Ideen mit Rückfragen vor. Zur Warnung: Deine drei alternativen Ideen mögen hübsch und geeignet für Dich sein. Sie sind aber alle drei ungeeignet zur Lösung Deines Problems.

Möglicherweise bist Du auf der falschen Fährte. Zum praktischen technischen Jahr steht viel hier auf der Seite, noch besser liest Du vorab einfach mal die Vorschrift. Die Kenntnis der einschlägigen Gesetze hilft auch sonst bei unserer Arbeit ungemein ...

Frohes Schaffen

Blood für PMZ
 

JohKar

Schreiber
Vielen Dank für die schnellen Antworten, auch wenn sie erstmal ernüchternd sind.

Wäre eine solche Tätigkeit auch nicht im Rahmen einer Einzelfallprüfung als Berufstätigkeit auf dem naturwissenschaftlichen und technischen Gebiet anzuerkennen?

Ich versuche mich nun definitiv noch einmal durch einen Anruf beim Amt schlauer zu machen.

Meine genauen Aufgaben in diesem Job würden, wie der Titel schon sagt, die Recherche und Analyse zu Patenten und Erfindungen, die als Patent angemeldet werden sollen, sein. Also eher technisch-theoretisch, wie "fast" jede Dissertation im Maschinenbau, zumindest wenn es an meiner Uni betrachte.

Beste Grüße

JohKar
 

silvio_h

GOLD - Mitglied
Hallo,

also ich habe letztes Jahr im November meine Kandidatenzeit begonnen.
Meine anerkannte technische Tätigkeit war meine Promotion (Chemie). Dafür habe ich meinem Betreuer der Promo eine Bestätigung geschrieben, dass ich während dieser Zeit auch praktisch tätig war, die er unterschrieben hat und welche anstandslos so angenommen wurde. War ja auch so, wobei man den Anteil sicherlich auch runter diskutieren kann, da ja doch viel Zeit für andere Dinge (Publikationen, Poster, Lehre, Dissertation schreiben, Homepage pflegen) drauf gegangen ist. Letztlich ist das bei einer Ingenieurstätigkeit in einem Unternehmen aber auch nicht viel anders.

Eine Tätigkeit als Patent Analyst wird dahingegen mit Sicherheit nicht als technische Tätigkeit anerkannt. Außer du arbeitest bei einem Unternehmen unter einer allgemeinen Jobbezeichnung wie Ingenieur und es hat den Anschein, du würdest auch andere Sachen machen. Was nicht heißt, dass du selbst Hand anlegen musst, aber eine Ingenieurstätigkeit oder die eines Naturwissenschaftlers ist eben dann praktisch, wenn er aktiv an der Entwicklung (oder Forschung) oder Prozessüberwachung oder ähnlichem beteiligt ist, nicht wenn er sowas nur analysiert (meine persönliche Auffassung dazu!).

Zuletzt für einen Maschinenbauer vielleicht nicht ganz unwesentlich: Praktika im Verlauf des Studiums werden meines Wissens mit angerechnet, allerdings werden Teilzeit-Engagements auch nicht voll gewertet jeweils.
 

JohKar

Schreiber
Moin,

wie ihr es alle schon richtig eingeschätzt habt, ist diese Tätigkeit leider nicht praktisch genug. Es liegt dabei vor allem am Fehlen der selbständigen praktischen Anwendung der gewonnen Kenntnisse aus dem Studium. Mit dieser Bestätigung kann ich das Bewerbungsgespräch in London als Übungseinheit für nun weitere Bewerbungsgespräche im praktischen Bereich nutzen.

Vielen Dank und beste Grüße

JohKar
 

pa-tent

*** KT-HERO ***
3.) Mir wurde von der Stelle als Patentingenieur als Einstieg abgeraten von einem Patentanwalt, weil er die Eintönigkeit in diesem Job nicht förderlich fand. Wie ist dort eure Erfahrung, hat jemand als Patentingenieur begonnen und ist dann Patentanwalt geworden?

Um diesen Punkt noch zu verarzten:
Die Tätigkeit eines Patentingenieurs ist in der Regel ziemlich ähnlich, wenn nicht identisch,
zu der eines Kandidaten. Und auch nach bestandener PA-Prüfung ändert sich in der
Hinsicht häufig nicht viel: Patentanmeldungen verfassen, Bescheide erwidern,
Einsprüche ausarbeiten, machen alles auch Patentingenieure. Bei einer Tätigkeit
in der Industrie dürfen sie ihre Schriftsätze dann auch unterschreiben, nur in
der Kanzlei muss ein Patentanwalt seine Paraphe druntersetzen.

Der Job des Patentanwalts bietet also durchaus Eintönigskeitspotential!
 

JohKar

Schreiber
Um diesen Punkt noch zu verarzten:
Die Tätigkeit eines Patentingenieurs ist in der Regel ziemlich ähnlich, wenn nicht identisch,
zu der eines Kandidaten. Und auch nach bestandener PA-Prüfung ändert sich in der
Hinsicht häufig nicht viel: Patentanmeldungen verfassen, Bescheide erwidern,
Einsprüche ausarbeiten, machen alles auch Patentingenieure. Bei einer Tätigkeit
in der Industrie dürfen sie ihre Schriftsätze dann auch unterschreiben, nur in
der Kanzlei muss ein Patentanwalt seine Paraphe druntersetzen.

Der Job des Patentanwalts bietet also durchaus Eintönigskeitspotential!

Sofern ich die Dame beim Patentamt richtig verstanden habe, gilt auch die Tätigkeit als Patentingenieur nicht als "praktisch-technische" Tätigkeit. Somit scheidet auch dieses Berufsfeld für mich aus, wenn ich die Ausbildung zum Patentanwalt beginnen möchte.

Beste Grüße

JohKar
 

pa-tent

*** KT-HERO ***
Sofern ich die Dame beim Patentamt richtig verstanden habe, gilt auch die Tätigkeit als Patentingenieur nicht als "praktisch-technische" Tätigkeit.

Das ist klar und stimmt so.

Ich wollte nur auf einen Widerspruch in der Aussage des von Dir zitierten Patentanwalts
hinweisen. Sowohl die Tätigkeit eines Patentingenieurs als auch die eines Patentanwalts
können eintönig sein, da sie mitunter/häufig identisch sind.
 

Pat-Ente

*** KT-HERO ***
Sofern ich die Dame beim Patentamt richtig verstanden habe, gilt auch die Tätigkeit als Patentingenieur nicht als "praktisch-technische" Tätigkeit. Somit scheidet auch dieses Berufsfeld für mich aus, wenn ich die Ausbildung zum Patentanwalt beginnen möchte.

Patentingenieur ist zwar keine praktisch-technische Tätigkeit, aber dennoch ein möglicher Weg, Patentanwalt zu werden. Damit strebt man zunächst die Qualifizierung als European Patent Attorney an, was für eine Tätigkeit in der Industrie in der Regel ausreicht.
 

pa-tent

*** KT-HERO ***
Patentingenieur ist zwar keine praktisch-technische Tätigkeit, aber dennoch ein möglicher Weg, Patentanwalt zu werden. Damit strebt man zunächst die Qualifizierung als European Patent Attorney an, was für eine Tätigkeit in der Industrie in der Regel ausreicht.

Netter (Zusatz)gesichtspunkt! ;-)

Auch für eine Tätigkeit in einer Kanzei reicht "European Patent Attorney" häufig aus.
Spontan fallen mir einige Kanzleien ein, bei denen viele "Anwälte" nur die
europäische Qualifikation haben. Fürs Akten-Wegschruppen reicht das allemal.
 
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