Unterliegt eine Akteneinsicht nach Art. 128(1) or (2) EPÜ der Geheimhaltung?
Im Nachgang:
Letztlich geht es hier um die Frage, ob ob die fragliche Anmeldung nicht erst am Tag ihrer Offenlegung, sondern bereits am Tag der Akteneinsicht zum Stand der Technik wurde. Das kann regelmäßig dann relevant werden, wenn durch Einsichtnahme in diese Akte festgestellt werden kann, dass und wann irgendjemand eine solche Akteneinsicht vor der Offenlegung durchgeführt hat.
Wem nur die Tatsache und das Datum der Akteneinsicht bekannt ist, der hat im dem Fall, dass er sich hierauf berufen will/muss, im Fall des Art. 128 Abs. 1 das Problem, dass er zusätzlich
nachweisen muss, dass die Einsichtnahme ohne Geheimhaltungsverpflichtung erfolgt ist (weil das die Gegenseite regelmäßig mit Nichtwissen bestreiten kann; § 138 (4) ZPO). Dafür müssten wohl der Anmelder oder der Einsichtnehmende dieser SdT-Anmeldung (oder beide) als Zeuge benannt werden, ohne dass die zu beweisende Tatsache als eine "Behauptung ins Blaue" erscheint, dass also diese Zeugen erst mittels ihrer Aussagen ausgeforscht werden. Zumindest ein Prüfer im Prüfungsverfahren wird sich darauf regelmäßig nicht einlassen. Ein Einsprechender oder Nichtigkeitskläger hat da aber einige Möglichkeiten.
Im Fall des Art. 128 Abs. 2 erfolgte die Akteneinsicht jedenfalls ohne Geheimhaltungsverpflichtung. Und nicht nur das: Der Anmelder hatte sich ja zuvor dem Einsichtnehmenden gegenüber auf seine Anmeldung "berufen", d.h. er hatte diesem gegenüber offenbart, was er da angemeldet hat, ohne dass er darüber Geheimhaltung verlangen konnte, (und er hat daraufhin irgendetwas von diesem verlangt). Damit dürfte der Gegenstand dieser Anmeldung, wenigstens zum Teil, bereits am Datum dieses "Berufens" Stand der Technik geworden sein, also einige Zeit vor dem Tag der Akteneinsichtnahme. Auch darauf könnte es schon mal ankommen.