Dann beschreibe ich auch noch einmal die Gegenposition.
Abs. 1 gewährt das Prioritätsrecht nur aus einer ersten Offenbarung der Erfindung. Aus einer späteren Offenbarung derselben Erfindung entsteht kein Prioritätsrecht.
Abs. 4 Satz 1 gewährt dem Anmelder ein zusätzliches Recht ("auch"), nämlich dass er für den Fall, dass er eine bereits getätigte Anmeldung (EP1) dem Vergessen anheim gibt, dann die Priorität für denselben Gegenstand nun aus einer späteren Anmeldung in demselben Land (EP2, aber nicht: DE2) beanspruchen kann. "Vergessen" bedeutet dabei: Die Anmeldung EP1 ist zurückgenommen oder sonstwie weggefallen, sie ist unveröffentlicht und aus ihr wurde auch keine Priorität beansprucht, und das alles muss vor dem AT von EP2 erfüllt sein. Zudem dürfen (nach dem AT von EP2) auch sonst keine Rechte bestehen bleiben, was immer das sein mag.
Gemäß Abs. 4 Satz 2 verliert der Anmelder in diesem Fall sein Recht aus Abs. 1. Dabei bedeutet in Abs. 4 Satz 2 "in diesem Fall" (englisch: "thereafter"), dass der Anmelder von dem Recht aus Satz 2 Gebrauch macht und die Priorität aus EP2 für den Gegenstand A+B in Anspruch nimmt. Dann (meine Auslegung: nur dann) geht das Recht aus Satz 1 unter, und der Anmelder kann er die Priorität für den Gegenstand A+B nicht doch noch aus der EP1 in Anspruch nehmen (was dann natürlich nur noch für ein anderes Land Sinn macht). Satz 2 bestimmt also letztlich, dass das "Vergessen" dann auch das Prioritätsrecht aus Abs. 1 umfassen muss.
Ich lese nach wie vor aus Satz 2 nicht (zumindest nicht klar) heraus, dass der Anmelder auf Grund von Satz 2 sein Prioritätsrecht aus EP1 bereits dadurch verliert, dass (mehr oder weniger zufällig) die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Rechts aus Satz 1 erfüllt sind, ohne dass der Anmelder dieses Recht tatsächlich geltend macht und die Priorität aus EP2 für die Erfindung A+B unter Berufung auf 87 (4) Satz 1 in Anspruch nimmt, sei es in einer EP4 oder sonst wo in der Welt.
Letzteres müsste der Einsprechende Y also zusätzlich nachweisen, sonst ist "dieser Fall" in 87 (4) Satz 2 nicht gegeben.
EP3 wäre also nicht zu widerrufen.
Ich hoffe, dass vielleicht doch noch irgend jemand eine Entscheidung, vielleicht sogar eine GBK-Entscheidung zu dieser Frage findet.