GebrMG Schriftliche Beschreibung?

Asdevi

*** KT-HERO ***
Ich vertrete den Inhaber eines europäischen Patents im Einspruchsverfahren. Für das Patent sieht es nicht gut aus, da der Erfinder die Quintessenz der Erfindung vor dem Priotag im Ausland auf einer Konferenz offenbart hat. Und zwar als Powerpoint-Slideshow, begleitet von einem mündlichen Vortrag. Zum Inhalt des mündlichen Vortrags konnten die Einsprechenden nichts vortragen, aber die Slideshow selbst wurde vom Erfinder, allerdings NACH dem Priotag, im Internet veröffentlicht. Somit ist wohl auch glaubhaft gemacht, dass diese Slideshow damals tatsächlich gezeigt worden ist. Bereits der Inhalt der Folien ist ziemlich tödlich für den Gegenstand des Patents.

Ich denke nun an die Abzweigung eines deutschen Gebrauchsmusters. Dafür sind ausländische Offenbarungen bekanntlich nur neuheitsschädlich, wenn es "schriftliche Beschreibungen" sind. Meine Frage nun: Gilt eine Powerpoint-Präsentation, die ja nur einmal, stückchenweise und transient wahrgenommen werden kann, als "schriftliche Beschreibung"?

P.S.: Neuheitsschonfrist scheidet aus. Die Konferenz war mehr als 6 Monate vor dem Priotag.
 

Groucho

*** KT-HERO ***
Nach meinem Verständnis kommt es bei der Schriftlichkeit auf die Eignung zur Vervielfältigung und Weiterverbreitung an. Die Slideshow selbst wäre dann wohl nicht relevant, erst das später veröffentlichte Pdf oder dergleichen. Die Rechtsprechung ist hier zwar nicht ganz eindeutig, ein guter Versuch ist es aber in jedem Fall.
 

Asdevi

*** KT-HERO ***
Danke für die Einschätzung. Ich habe auch den Eindruck, dass da Vieles unklar ist.

Ob der Versuch es wert ist, muss der Mandant entscheiden. Natürlich wäre es ziemlich doof ihn, wenn er zusätzlich zum Verlust des Patents auch noch ein deutsches Gebrauchsmusterlöschungsverfahren mit voller Kostenfolge verliert. Ich werde ihm wohl mitteilen müssen, dass das Risiko dafür deutlich mehr als "gering" ist. Mal sehen, ob er es riskieren will.
 

hyperandy

*** KT-HERO ***
Meine Frage nun: Gilt eine Powerpoint-Präsentation, die ja nur einmal, stückchenweise und transient wahrgenommen werden kann, als "schriftliche Beschreibung"?

P.S.: Neuheitsschonfrist scheidet aus. Die Konferenz war mehr als 6 Monate vor dem Priotag.

Ich würde das im Sinne von EPA RiLi, G-IV-1 verstehen:

".... Eine schriftliche Beschreibung, d. h. ein Dokument, ist als der Öffentlichkeit zugänglich gemacht zu betrachten, wenn es Mitgliedern der Öffentlichkeit zu dem maßgeblichen Zeitpunkt möglich gewesen ist, vom Inhalt des Dokuments Kenntnis zu erhalten und wenn die Verwendung oder die Verbreitung seines Inhalts nicht aus Vertraulichkeitsgründen in irgendeiner Weise beschränkt war...."

http://www.epo.org/law-practice/legal-texts/html/guidelines/d/g_iv_1.htm

Sind zwar europäische Regeln, aber im Verständnis auch national anwendbar, denke ich. Also für eine Powerpointpräsentation gilt das eher nicht.
 
Zuletzt bearbeitet:

Asdevi

*** KT-HERO ***
Ich würde das auch sehr weit verstehen im Sinne von EPA RiLi, G-IV-1

".... Eine schriftliche Beschreibung, d. h. ein Dokument, ist als der Öffentlichkeit zugänglich gemacht zu betrachten, wenn es Mitgliedern der Öffentlichkeit zu dem maßgeblichen Zeitpunkt möglich gewesen ist, vom Inhalt des Dokuments Kenntnis zu erhalten und wenn die Verwendung oder die Verbreitung seines Inhalts nicht aus Vertraulichkeitsgründen in irgendeiner Weise beschränkt war...."

http://www.epo.org/law-practice/legal-texts/html/guidelines/d/g_iv_1.htm

Sind zwar europäische Regeln, aber im Verständnis auch national anwendbar, denke ich.

Das betrifft die Frage der Öffentlichkeit. Dass der Vortrag öffentlich war, wollen wir mal annehmen (im EP-Verfahren bestreite ich es natürlich, aber es ist ziemlich aussichtslos).

Hier geht es aber um die vorgelagerte Frage, ob eine Slideshow, also die Abfolge von Lichtprojektionen auf einer Leinwand, ein "Dokument" ist. Die deutsche Rechtsprechung dazu ist spärlich und nicht unbedingt konsistent. Videoaufnahmen wurden mal nicht als "schriftliche Beschreibung" anerkannt. Eine Veröffentlichung im Internet schon. Was wäre mit Videoaufnahmen von Text? Man weiß es nicht.
 

hyperandy

*** KT-HERO ***
Das betrifft die Frage der Öffentlichkeit. Dass der Vortrag öffentlich war, wollen wir mal annehmen (im EP-Verfahren bestreite ich es natürlich, aber es ist ziemlich aussichtslos).

Hier geht es aber um die vorgelagerte Frage, ob eine Slideshow, also die Abfolge von Lichtprojektionen auf einer Leinwand, ein "Dokument" ist. Die deutsche Rechtsprechung dazu ist spärlich und nicht unbedingt konsistent. Videoaufnahmen wurden mal nicht als "schriftliche Beschreibung" anerkannt. Eine Veröffentlichung im Internet schon. Was wäre mit Videoaufnahmen von Text? Man weiß es nicht.

Ich sehe Deinen Punkt, wollte aber auf einen anderen Punkt hinaus: dass hier eben "schriftliche Beschreibung" in Zusammenhang mit "Verwendung oder die Verbreitung seines Inhalts" in Grouchos' Sinne einer Möglichkeit der Vervielfältigung steht.
 

Asdevi

*** KT-HERO ***
Ich sehe Deinen Punkt, wollte aber auf einen anderen Punkt hinaus: dass hier eben "schriftliche Beschreibung" in Zusammenhang mit "Verwendung oder die Verbreitung seines Inhalts" in Grouchos' Sinne einer Möglichkeit der Vervielfältigung steht.

Ich kann diesen Zusammenhang nicht sehen. Groucho ist der Auffassung, dass die Slideshow gerade kein schriftliches Dokument im Sinne des GbmG ist, weil der Hörer sie nicht vervielfältigen kann. Aber natürlich ist sie eine Offenbarung im Sinne des EPÜ oder PatG, weil die Öffentlichkeit Kenntnis vom Inhalt erlangen und diesen Inhalt (nicht die Slideshow selbst!) weiterverbreiten kann.

Zwischen Vervielfältigung eines Dokuments und Verbreitung seines Inhalts besteht doch ein gravierender Unterschied.
 

hyperandy

*** KT-HERO ***
Ich kann diesen Zusammenhang nicht sehen. Groucho ist der Auffassung, dass die Slideshow gerade kein schriftliches Dokument im Sinne des GbmG ist, weil der Hörer sie nicht vervielfältigen kann. Aber natürlich ist sie eine Offenbarung im Sinne des EPÜ oder PatG, weil die Öffentlichkeit Kenntnis vom Inhalt erlangen und diesen Inhalt (nicht die Slideshow selbst!) weiterverbreiten kann.

Zwischen Vervielfältigung eines Dokuments und Verbreitung seines Inhalts besteht doch ein gravierender Unterschied.

Das ist vollkommen richtig und stimmt natürlich. Insofern war mein Beitrag nicht ganz durchdacht. Es würde mich jetzt auch eher wundern, wenn ein Vortrag als "schriftliche Beschreibung, d.h. Dokument" (=vervielfältigbar) gelten würde, d.h. das ist das ggf. einzige, was man aus den zitierten RiLi heranziehen könnte. In jedem Fall viel Erfolg, sofern sich der Kunde für die Einreichung eines GebrM entscheidet.
 

6to5

BRONZE - Mitglied
Im Zweifel mal recherchieren, was sich der Gesetzgeber bei dieser Beschränkung des SdT gedacht hat. Meines Erachtens ging es ihm um eine Vereinfachung und Rationalisierung des vom Wettbewerb angestrengten amtlichen Prüfungsverfahrens und der dabei verwendeten Beweismittel. Vielleicht ein bisschen ähnlich dem Urkundenprozess. Eine öffentliche Vorführung einer Powerpoint-Präsentation erscheint mir für diese Vereinfachungsziele gerade kein geeignetes Beweismittel zu sein, weil es weiterer Beweismittel wie einer eidesstattlichen Versicherung oder einer Zeugenaussage, dass der besagte Text tatsächlich so zu lesen war, bedürfte.
 

Asdevi

*** KT-HERO ***
Eine öffentliche Vorführung einer Powerpoint-Präsentation erscheint mir für diese Vereinfachungsziele gerade kein geeignetes Beweismittel zu sein, weil es weiterer Beweismittel wie einer eidesstattlichen Versicherung oder einer Zeugenaussage, dass der besagte Text tatsächlich so zu lesen war, bedürfte.

Danke für die Einschätzung. Was das anbelangt, bin ich auch überrascht, wie schmerzfrei das EPA an die Sache herangeht. Im Moment tendiert die Einspruchsabteilung dazu, den Inhalt des im Internet nachveröffentlichten PDF ohne Bedenken dem Inhalt der im Vortrag gezeigten Slideshow gleichzusetzen, allein auf Grund der Tatsache, dass der Erfinder das pdf auf seine Homepage gestellt und damit wohl (konkludent) zum Ausdruck gebracht habe, dass der (zweifellos gehaltene) Vortrag mit gleichem Titel etliche Monate vorher diese Slideshow war.

Ich finde, dass hier schon etwas mehr nötig wäre. Vielleicht hat der Erfinder ja die inkriminierten Folien (nur etwa 20% der gesamten Slideshow) schnell überzappt, oder er hat vorher abgebrochen, oder sie wurden überhaupt erst nachträglich ins PDF eingefügt. Die Beweislast dafür, dass all dies nicht geschehen ist, liegt mMn bei den Einsprechenden.

Aber noch ist ja nichts entschieden, und eine Beschwerdekammer gibt es auch noch. Das mit dem Gebrauchsmuster kann also noch ein paar Jahre warten.
 

6to5

BRONZE - Mitglied
Danke für die Einschätzung. Was das anbelangt, bin ich auch überrascht, wie schmerzfrei das EPA an die Sache herangeht. Im Moment tendiert die Einspruchsabteilung dazu, den Inhalt des im Internet nachveröffentlichten PDF ohne Bedenken dem Inhalt der im Vortrag gezeigten Slideshow gleichzusetzen, allein auf Grund der Tatsache, dass der Erfinder das pdf auf seine Homepage gestellt und damit wohl (konkludent) zum Ausdruck gebracht habe, dass der (zweifellos gehaltene) Vortrag mit gleichem Titel etliche Monate vorher diese Slideshow war.

Das ist beim EPA die Standardverfahrensweise und steht meines Wissens auch irgendwo in den RiLis. Im Zweifel kam das sogar in der EQE mal vor. Da wirst Du Dir daher ziemlich die Zähne ausbeißen, wenn Du das in der Beschwerde ändern willst. Wenn das Erfolg haben soll, musst Du meiner Einschätzung nach wenigstens glaubhaft machen können, dass die Präsentation tatsächlich nicht den Inhalt des Vortrags wiedergibt. Wie das gelingen könnte, hängt vom in den notwendigen Details hier unbekannten Sachverhalt ab. Beispiele hast Du ja selbst genannt, die müssten dann aber auch tatsächlich zutreffen.

Die Vorgehensweise des EPAs kann Dir aber wenigstens hinsichtlich des deutschen Gebrauchsmusters egal sein, denn sie berührt die Frage der schriftlichen Vorveröffentlichung nicht. Der Notanker Gebrauchsmuster bleibt also, wenn auch mit dem diskutierten Risiko.
 

Asdevi

*** KT-HERO ***
Wie das gelingen könnte, hängt vom in den notwendigen Details hier unbekannten Sachverhalt ab. Beispiele hast Du ja selbst genannt, die müssten dann aber auch tatsächlich zutreffen.

Ja, da bin ich dran. Der Erfinder, der das wohl alles am besten weiß, arbeitet leider nicht mehr beim Mandanten, ist dem Vernehmen nach entsprechend kommunikationsfaul und hat wohl keinen Bock, sich mit der Sache auseinanderzusetzen. Obwohl es natürlich auch um seine Erfindervergütung geht.
 
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