Recherchen im Internet

Lysios

*** KT-HERO ***
Selbst wenn man Suchanfragen als öffentliche Verlautbarungen ansieht, sehe ich nicht, dass man aus der Suchanfrage eine Erfindung rekonstruieren kann.

Das Thema wird in GRUR 2013, 897 behandelt. Dort findet sich etwa folgendes Beispiel, das dann ausdiskutiert wird:

Die Suche über Internetsuchmaschinen wird aber oftmals gerade dann attraktiv, wenn die Erfindung durch wenige, klare Merkmale charakterisiert werden kann. Als ein erstes Beispiel kann etwa folgende Suchanfrage dienen: „Acetylsalicylsäure Kopfschmerz“.
Ist hier ein medizinischer Verwendungsanspruch unmittelbar und eindeutig ersichtlich? Bei medizinischen Verwendungsansprüchen ist die Erfindung häufig durch nur zwei Begriffe gekennzeichnet, nämlich (i) den Wirkstoff und (ii) dessen neues therapeutisches oder diagnostisches Anwendungsgebiet.
 

Expatriot

GOLD - Mitglied
Hallo Lysios,

vielen Dank für den Hinweis auf den GRUR-Artikel. Leider vergesse ich immer wieder , dass Chemie, Medizin und Biologie auch noch existieren. Verdammte Betriebsblindheit. Jetzt kann ich das Ganze besser nachvollziehen.

Für mich selbst komme ich nach Lesen des Artikels zu dem Schluss, dass zwar prinzipiell eine Wahrscheinlichkeit für vorzeitige Offenbarung der Erfindung, insbesondere vor dem Anmeldetag, durch Suchanfragen gegeben ist; insgesamt erscheint das aus meiner Sicht eher unbedeutend zu sein.

Ansonsten hilft, sofern möglich: Recherche und Anmeldung am selben Tag machen ;)

Viele Grüße,
Expatriot
 

PatFragen

*** KT-HERO ***
Hallo Expatriot
Das man da nicht so schnell daran denkt, liegt wohl daran, dass es logisch gesehen auch keine Erfindung ist, dass Acetylsalicylsäure gegen Kopfschmerzen wirkt (wenn es denn so ist :) ), sondern eine Entdeckung und damit natürlich logisch (vor DPMA und EPA) sowieso nicht dem Patentschutz zugänglich wäre, wenn man die erfolgreiche Lobbyarbeit mal außen vor lassen würde ;-). Nur die erste Herstellung der Acetylsalicylsäure wäre eine Erfindung und da wäre die Situation die gleiche wie bei jeder "technischen" Erfindung. Da würde die Analyse der Schlagwörter einer entsprechenden Suchanfrage nicht wirklich weiterhelfen. Die hilft nur bei einer Entdeckung, d.h. wenn man etwas bereits bekanntes (Acetylsalicylsäure) für etwas verwenden will, für das man es vorher nicht verwendet hat. Eine Erfindung kann das aber nicht sein, weil den Stoff gab es ja schon (nach der ersten Herstellung, wenn es ein synthetischer Stoff ist) und der hat schon immer gegen Kopfschmerzen geholfen (man hatte es nur noch nicht entdeckt).

Vielleicht hilft dir das über deinen Schmerz über deine "Betriebsblindheit" etwas hinweg ;-).
 

maroubra

*** KT-HERO ***
In diesem Zusammenhang auch interessant ist, dass zumindest dass EPA bei medizinischen Indikationen wohl immer mehr wert auf "Plausibilität" legt. D.h. man muss in der Praxis wohl eine Studie vorlegen, um ein Patent zu kommen, und auch eine Entgegenhaltung muss die Aufgabe plausibel für den Fachmann lösen. Also "Verwendung Acetylsalicylsäure Fusspilz" in einer Google Suchanfrage, die öffentlich wird, würde nicht unbedingt der Neuheit, zumindest aber nicht der erfindersichen Tätigkeit, eines enstprechenden Patentanspruchs entgegenstehen.
 

Hans35

*** KT-HERO ***
Wenn jemand die Möglichkeit hat (d.h. erkaufen kann), Patentämter, Patentanwälte, Recherchebüros o.ä. im Hinblick auf Recherchen zu überwachen, wird es vorwiegend wohl nicht um Einspruchsmatrial gehen, sondern um Anregungen für die eigene Forschung und vielleicht auch um Anmeldungen "ins Blaue", um mögliche Anmeldungen der Konkurrenz zu entwerten oder gar zu überholen. Z.B. mit einer Anmeldung, die auf "Verwendung von Acetylsalicylsäure gegen Fusspilz" gerichtet ist. Die dafür erforderliche Manpower dürfte angesichts des möglichen Effekts zumindest auf einigen Fachgebieten nicht zu hoch sein. Im übrigen kann man ja alles, was sich als ungeeignet erweist, vor Offenlegung zurücknehmen.
 

PatFragen

*** KT-HERO ***
Hallo Hans ich habe gerade gesehen, dass ich auf dein mich persönlich ansprechendes Post vom 23.3. zwar die Antwort geschrieben, aber nicht gepostet hatte :). Also hier noch die Antwort von damals :).

Hallo Hans

Meine Einschätzung über den Zeitraum deiner patentanwaltlichen Tätigkeit hatte ich primär aus deinem:
„Ich vermute, dass sich auch hier eine Schere auftut zwischen jungen Mitarbeitern, die mit dem Internet groß geworden sind und die Gefahren kennen, und den "Chefs", die da eher Kostenfaktoren sehen.“
geschlossen, weil du dir offensichtlich der Gefahren bewusst bist und somit ja logisch, außer für den Fall, dass du dich als Ausnahme betrachtest ;-), kein „Chef“ sein kannst. Ok aber ich werde dich jetzt unter der Rubrik, erfahrener alter Patentanwalt der sich trotz seiner Erfahrung mit dem Gefahren des Internets auskennt, einordnen :).

Zu deinem Ersten.
OK dann hältst du also bei einer Strategie (weshalb auch immer) vom Mandanten gewählten Strategie „Masse vor Klasse“ für sinnvoll, erstmal vorher noch eine Recherche durchzuführen ;-). Wahrscheinlich um noch mehr Geld aufzubringen. Ich werde es mir merken :).

Zu deinem Zweiten
Da ich keinerlei Spekulationen über dein Alter gemacht habe, kann ich diese leider nicht für mich behalten :). Nur als Hinweis. Es gibt durchaus 100-Jährige, die noch keine Patentanwälte sind. Genauso wie Einjährige. Bei den Einjährigen würde mich nur verwundern, wenn sie schon Patentanwälte sind :). Aber deine Bitte ist vernommen und wird in Zukunft weiterhin für nichtwertende Belange nicht berücksichtigt, da ich keinerlei rechtliche Grundlage für einen derartigen Anspruch von dir kenne. Wenn du einen solchen kennst, dann teile ihn mir bitte mit, dann werde ich ihn rechtlich bewerten ;-). Siehe auch unten ;-).

Zu deinem Dritten
Guter Standpunkt.

Zu deinem Vierten
Auch wenn es so schön heißt, „Hättest du geschwiegen, wärest du ein Philosoph geblieben“, hilft das zum Ersetzen von Vorurteilen durch Fakten nicht wirklich weiter ;-). Man darf in Diskussionen durchaus auch mal frei von der Leber weg spekulieren, insbesondere wenn es nicht als unumstößliche Tatsache vertreten wird, insbesondere wenn man die Spekulationen (oder in deiner Sprache Vorurteile) bereits vorher (zumindest implizit) vorgebracht hat. Dann sollte man im Rahmen der Selbstreflektion auf ein Nachfragen hin, fähig sein, Gründe für seine Spekulationen/Vorurteile anzugeben bzw. Antworten zu geben ;-).

Zu deiner Sache
Also sind wir uns wohl einig, dass der Fall, dass es nicht zur Patenterteilung kommt, bei einem „halbwegs guten Patentanwalt“ wohl eher selten vorkommt. Wohl wahrscheinlich insbesondere dann, wenn alle Merkmale schon in Kombination vorbekannt sind (neuheitsschädlich) oder die nicht neuheitsschädlich getroffenen Merkmale platt selbstverständlich sind. Was ist dann bitte der „mögliche“ Schaden selbst bei einer (warum auch immer :)) durchgeführten Recherche mittels „Google“?
In dem Fall, dass ich das Mögliche patentiert bekomme, wird es mit einem Schaden für mich noch schwerer. Dieser kann nur in den „18 Monaten liegen“, wie du ja auch in deinem ursprünglichen Post angedeutet hattest. Und da habe ich auch schon meine Probleme etwas zu finden.

Also sehe ich persönlich leichte Probleme, dass es zu Problemen kommen könnte, wenn man denn schon für mich seltsamerweise auf den Gedanken kommt eine Vorabrecherche per „Google“ zu machen.

Aber mir ging es ja eher um die Frage, warum man überhaupt eine Vorabrecherche per „Google“ durchführen sollte. Jetzt bringst du ja einige Punkte, die zumindest nach deiner Auffassung vorab für die Beurteilung Neuanmeldung ja/nein zu berücksichtigen wäre.
1. wofür? Das wirst du wohl eher nicht bei Google finden ;-). Oder kommt da raus „also für den Lebenslauf lohnt sich eine Patentanmeldung basierend auf den Suchbegriffen bestimmt bzw. nicht. Dann hat sich Google wirklich sehr weiterentwickelt :).
2. wie breit? Google hat zwar eine Menge „in seiner Datenbank“ aber glaubst du wirklich, dass du die Frage nach der Breite bei Google sinnvoll suchen kannst ;-)? Oder meintest du, wie abgrenzen? Dann ist das aber Punkt 4 unten oder ;-)?
3. Wer sind „Gegner“ Ich glaube nicht, dass du da Google als sinnvoll bzw. hinsichtlich des Auswertung der Recherche riskant ansiehst. Die „Gegner“ kennt ein Mandant typischerweise und wenn du wirklich nach „Gegnern“ suchen wolltest, wäre eine Anmeldersuche bei Patentdatenbanken doch sinnvoller bzw. die Recherche würde nicht wirklich viel für eine Auswertung bringen, weil du da ja wohl nur nach den allgemeinen bekannten Merkmalen suchen würdest. Also auch hier ist kein wirklicher Sinn einer „Google“ Recherche bzw. eine Gefahr.
5. Was soll offenbart werden? Erwartest du da eine Antwort bei Google ;-)? Das ist doch eine Frage des Mandanten, was er als allgemein bekannt ansieht bzw. was er gerade nicht von anderen geschützt haben will. Wie soll da „Google“ helfen?

Es bleibt also 4, d.h. was für SdT gibt es. Und darum geht es ja gerade. Warum sollte es sinnvoll sein, SdT als Patentanwalt vorher zu suchen? Der Mandant sollte es wissen oder hast du viele Mandanten, die sich vor der Erfindung nicht mit dem Gebiet beschäftigt haben? Natürlich würdest du (wahrscheinlich) bei einer Recherche SdT finden, die der Erfinder/Mandant trotz seiner Kenntnis (noch) nicht kennt. Ist dieser aber mit „Google“ mit einem zu rechtfertigenden Aufwand zu finden bzw. dieser dann „schlimmer“ als der bereits bekannte oder ist der Aufwand nicht besser an das Patentamt „out-zu-sourcen“, weil es für den Mandanten viel effizienter ist? Mir erscheint es (wie auch im Post an Pat-Ente geschrieben) viel eher das Geschäftsmodel der Kanzleien zu sein, die eine solche Vorabrecherche (mit welchen Mitteln auch immer) vertreten, auch noch eine Recherche verkaufen zu wollen. Das sind doch eher die Kanzleien, die den „Sofort-Umsatz“ wollen ;-). Und für die SdT Vorabrecherche kamen hier in meinen Augen immer noch keine auch nur halbwegs überzeugenden Gründe und die Punkte 1, 2, 3 und 5 sind dafür in meinen Augen nicht mal ansatzweise überzeugend ;-). Du hattest natürlich auch noch früher den Punkt, der „Ehre“ des Mandanten aufgebracht. Das ist jetzt aber wirklich eine „obskure“ Betrachtung der Frage, wenn jetzt "Ehre" vor "sinnvoll" geht ;-). Wenn du einen möglichst breiten Schutz für deinen Mandanten erzielen willst, dann MUSS mit dem ersten Prüfungsbescheid der unabhängige Anspruch nicht patentfähig und eigentlich auch neuheitsschädlich getroffen sein ;-). Wer seinen Mandanten erzählt, dass es ein Qualitätsmerkmal für den Patentanwalt ist, wenn der ursprüngliche Anspruch durchgeht, der sollte nicht auch behaupten, dass er den breitestmöglichen Schutz erzielen will ;-).
 
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