R. 142(4) EPÜ und Prüfungsantrag

grond

*** KT-HERO ***
Regel 142 EPÜ regelt die Unterbrechung des Verfahrens. Absatz 4 stellt fest, dass alle laufenden Fristen am Tag der Wiederaufnahme neu laufen (also noch einmal die volle Fristlänge zur Verfügung steht), mit Ausnahme:

  • Frist zur Stellung des Prüfungsantrags
  • Frist zur Entrichtung der Jahresgebühren
Liegt der Tag der Wiederaufnahme jedoch weniger als zwei Monate vor Ende der Frist zur Stellung des Prüfungsantrags, kann Prüfungsantrag noch innerhalb von zwei Monaten nach dem Tag der Wiederaufnahme gestellt werden.

Aha.

Nun habe ich hier ein Rechenbeispiel für eine Unterbrechung des Verfahrens und die Frist zur Stellung des Prüfungsantrags, bei der diese Frist gehemmt wird, also läuft nach der Wiederaufnahme die noch nicht verbrauchte Frist weiter. Eine Rechtsgrundlage hierfür kann ich jedoch nicht finden. Ich hätte nach dem Gesetzestext schlicht den normalen Fristablauf genommen, läge dieser weniger als zwei Monate nach Wiederaufnahme, hätte ich noch die zwei Monate von R. 142(4) draufgelegt.

Ist das Rechenbeispiel richtig und wenn ja, wieso?
 

Lysios

*** KT-HERO ***
grond schrieb:
Nun habe ich hier ein Rechenbeispiel für eine Unterbrechung des Verfahrens und die Frist zur Stellung des Prüfungsantrags, bei der diese Frist gehemmt wird, also läuft nach der Wiederaufnahme die noch nicht verbrauchte Frist weiter. Eine Rechtsgrundlage hierfür kann ich jedoch nicht finden. Ich hätte nach dem Gesetzestext schlicht den normalen Fristablauf genommen, läge dieser weniger als zwei Monate nach Wiederaufnahme, hätte ich noch die zwei Monate von R. 142(4) draufgelegt.

Ist das Rechenbeispiel richtig und wenn ja, wieso?
Vermutlich nicht!

Die Rechtsgrundlagen sind J 7/83 und J 902/87 (fiktives Aktenzeichen): Es werden alle Fristen unterbrochen.

Laut Kley gilt das kommutative Gesetz der Addition hier aber nicht!!!

A + b + c ungleich A + c + b

wobei
A: fristauslösendes Ereignis
b: Frist in Monaten
c: Frist in Tagen

Laut Deltapatents Antworten nimmt das EPA hier immer zwei in Fristberechnungen sehr erfahrene Angestellte, die unabhängig voneinander die Frist berechnen. Die längere der beiden berechneten Fristen wird dabei vom EPA gewählt. Laut Kley ist (wohl deshalb) keine Praxis des EPA erkennbar.
 

Lysios

*** KT-HERO ***
Lysios schrieb:
Laut Deltapatents Antworten nimmt das EPA hier immer zwei in Fristberechnungen sehr erfahrene Angestellte, die unabhängig voneinander die Frist berechnen. Die längere der beiden berechneten Fristen wird dabei vom EPA gewählt.
Siehe die mögliche Antwort auf Frage G 11-13 in Part 1, 6th Edition.
 

grond

*** KT-HERO ***
Lysios schrieb:
grond schrieb:
Ist das Rechenbeispiel richtig und wenn ja, wieso?
Vermutlich nicht!

Die Rechtsgrundlagen sind J 7/83 und J 902/87 (fiktives Aktenzeichen): Es werden alle Fristen unterbrochen.
J7/83 ist der entscheidende Hinweis, der auch das Rechenbeispiel bestätigt, denn laut dieser Entscheidung wird die Frist zur Stellung des Prüfungsantrags gehemmt, läuft also an der Stelle weiter, an der die Unterbrechung eintrat. Ich habe Tomaten auf den Augen gehabt, sonst hätte ich die Kommentierung sehen müssen, welche nämlich ebenso wie das Rechenbeispiel im Kley enthalten ist. Naja, wenn man jeden Tag lernt, leidet halt manchmal die Konzentration... :(
 

Horst

*** KT-HERO ***
Interessante Rechtsprechung, sollte man sich merken.

Im PatG tritt für die Prüfungsantragsgebühr nämlich weder Unterbrechung noch Hemmung ein, es gilt also die in der Entscheidung formulierte "andere" Auffassung.

M.E. geht das allerdings auch genauso aus der R.142(4) hervor, ohne dass irgendwie Raum für Auslegung erkennbar wäre.

Aber Rechtsprechung ist nunmal Rechtsprechung...
 

grond

*** KT-HERO ***
Horst schrieb:
Interessante Rechtsprechung, sollte man sich merken.
Zwingend... :)


Im PatG tritt für die Prüfungsantragsgebühr nämlich weder Unterbrechung noch Hemmung ein, es gilt also die in der Entscheidung formulierte "andere" Auffassung.
Da ist die Härte aber auch eine sehr viel geringere, weil man sieben Jahre Zeit für die Stellung des Antrags hat. Wahrscheinlich hat man deshalb die Interessen Dritter höher gewichtet.


M.E. geht das allerdings auch genauso aus der R.142(4) hervor, ohne dass irgendwie Raum für Auslegung erkennbar wäre.
Mich hat verwundert, dass nicht auch noch eine dritte Variante diskutiert wurde: Frist zur Stellung des Antrags ist nicht gehemmt, beträgt aber, auch wenn sie während der Unterbrechung abgelaufen ist, wenigstens zwei Monate nach Fortsetzung...
 

Horst

*** KT-HERO ***
Oh, das ging wohl nicht so klar aus meinen Ausführungen hervor.

Genau diese "dritte" Variante meine ich. Im nationalen deutschen Recht gibt es auch noch so eine Minimalfrist als Rettung.

Entsprechend habe ich den 142(4) also so wie Du verstanden.


Wie sieht es eigentlich mit den Jahresgebühren aus.

Nach J902/87 wird der Tag der Wiederaufnahme der Zahlunstag, was wohl Fälligkeit entsprechen soll. Entsprechend wäre AM TAG der Wiederaufnahme ohne Zuschlag zahlbar und ab dann 6 Monate mit Zuschlag nach R.51(2) ?
 

grond

*** KT-HERO ***
Horst schrieb:
Nach J902/87 wird der Tag der Wiederaufnahme der Zahlunstag, was wohl Fälligkeit entsprechen soll. Entsprechend wäre AM TAG der Wiederaufnahme ohne Zuschlag zahlbar und ab dann 6 Monate mit Zuschlag nach R.51(2) ?
So habe ich das auch verstanden, wobei, wenn der Tag der Wiederaufnahme z.B. der 1.4. ist, die Jahresgebühr mit Zuschlag nur bis zum 30.9. entrichtet werden kann, weil der 1.4. bereits Teil der Nachfrist ist, was mich immer wieder verwirrt, wenn ich darüber nachdenke...
 

Lysios

*** KT-HERO ***
Horst schrieb:
Nach J902/87 wird der Tag der Wiederaufnahme der Zahlunstag, was wohl Fälligkeit entsprechen soll. Entsprechend wäre AM TAG der Wiederaufnahme ohne Zuschlag zahlbar und ab dann 6 Monate mit Zuschlag nach R.51(2) ?
Ja, genau. Es wird die 6 Monatsfrist gehemmt und nach Wiederaufnahme neu gestartet. Siehe auch Rechsprechung, 5. Auflage, S. 413: "3.7. Folgen einer Unterbrechung des Verfahrens"
 

Horst

*** KT-HERO ***
Okay, also wird auf den Wiederaufnahmetag nur ein letzter möglicher Zahlungstag fingiert, allerdings NICHT (wie oben von mir angenommen) die Fälligkeit verschoben.

In diesem Fall gilt dann R.131(2) nicht. Die Frist beginnt also schon am 1.4. 0.00 Uhr und läuft bis 30.09.

Hast Du hierfür eine Quelle?

Irgendwie widerspricht das nämlich der Entscheidung, dass man am Tag der Wiederaufnahme ohne Zuschlag zahlen kann (das geht nämlich nur am Tag der Fälligkeit).

Außerdem ist ein analoger Fall in R.51 (5) a) geregelt, wobei hier explizit die Fälligkeit auf den Wiederaufnahmetag gesetzt wird.
 

Horst

*** KT-HERO ***
Okay, also wird auf den Wiederaufnahmetag nur ein letzter möglicher Zahlungstag fingiert, allerdings NICHT (wie oben von mir angenommen) die Fälligkeit verschoben.

In diesem Fall gilt dann R.131(2) nicht. Die Frist beginnt also schon am 1.4. 0.00 Uhr und läuft bis 30.09.

Hast Du hierfür eine Quelle?

Irgendwie widerspricht das nämlich der Entscheidung, dass man am Tag der Wiederaufnahme ohne Zuschlag zahlen kann (das geht nämlich nur am Tag der Fälligkeit).

Außerdem ist ein analoger Fall in R.51 (5) a) geregelt, wobei hier explizit die Fälligkeit auf den Wiederaufnahmetag gesetzt wird.
 

Horst

*** KT-HERO ***
Singer/Stauder Art. 86 Rn 22 bestätigt meine Auffassung.

Fälligkeitstag wird der Tag der Wiederaufnahme. Dieser ist das Ereignis, ab dem die 6 Monate gerechnet werden. Also gilt R. 131(2), also ist das Fristende im Beispiel der 1.10. 24.00 Uhr.

Läuft allerding schon die Nachfrist von 6 Monaten bei Unterbrechung, wird diese gehemmt.

Beispiel: 4 Monate Restfrist bei Unterbrechung.

Dann gilt R. 131(2) nicht. Es wäre also 31.7. 24.00 Uhr das Fristende.
 

Horst

*** KT-HERO ***
Singer/Stauder Art. 86 Rn 22 bestätigt meine Auffassung.

Fälligkeitstag wird der Tag der Wiederaufnahme. Dieser ist das Ereignis, ab dem die 6 Monate gerechnet werden. Also gilt R. 131(2), also ist das Fristende im Beispiel der 1.10. 24.00 Uhr.

Läuft allerding schon die Nachfrist von 6 Monaten bei Unterbrechung, wird diese gehemmt.

Beispiel: 4 Monate Restfrist bei Unterbrechung.

Dann gilt R. 131(2) nicht. Es wäre also 31.7. 24.00 Uhr das Fristende.
 

grond

*** KT-HERO ***
grond schrieb:
So steht's im Rechenbeispiel zu Unterbrechung im Kley...
Ich könnte mir vorstellen, dass der Grund für diese Ansicht ist, dass R. 142(4) explizit die Jahresgebühren vom Neulaufen ausnimmt. Die Frist für die Entrichtung der Jahresgebühr ist aber nur der Tag der Fälligkeit. Wenn diese Ein-Tages-Frist nicht noch einmal läuft, dann müssen die sechs Monate für die Entrichtung mit Zuschlag schon mit der Wiederaufnahme laufen. Also sind diese sechs Monate um den einen Tag kürzer als sie es sonst sind.

Beispiel:

Anmeldetag im April, Fälligkeit JG zum 30.4. Entrichtung mit Zuschlag bis zum 31.10. möglich (dies steht ebenfalls so im Kley, wobei ich nicht verstehe, wieso die Entrichtung nicht nur bis zum 30.10. möglich ist).

Wiederaufnahme am 30.4., zuschlagsfreie Entrichtung nur bis zum 29.10., da der 30.4. bereits einzurechnen ist.

Ich bin jedenfalls ziemlich verwirrt... :(
 

Horst

*** KT-HERO ***
R. 51(1) stellt auf den "letzten Tag des Monats" als Fälligkeit ab. Sechs Monate ab Fälligkeit sind dann "der letzte Tag von dem Monat sechs Monate später.

Daher Fälligkeit am 28. Februar (Ende Februar) ist Fristende 31. August (Ende August).

Habe nochmal kräftig nachgelesen. Singer/Stauder Art. 121 Rn 95 sagt dann auf einmal doch, dass die Nachfrist AM TAG der Wiederaufnahme beginnt, also keine R. 131(2) in diesem Fall.

Macht zwar (zumindest für mich) keinen Sinn, da ich die Wiederaufnahme als Ereignis im Sinne der R.131(2) ansehe, ist aber nunmal so.

Insofern lag grond bzw. Kley mit seinen Berechnungen in unseren Skripten richtig bzw. folgte der herrschenden Meinung.
 

grond

*** KT-HERO ***
Horst schrieb:
R. 51(1) stellt auf den "letzten Tag des Monats" als Fälligkeit ab. Sechs Monate ab Fälligkeit sind dann "der letzte Tag von dem Monat sechs Monate später.
Schick, ich sollte öfter auf meine bessere Hälfte hören. Die meinte nämlich genau das, was ich als im Widerspruch zu R. 131(4) zurückgewiesen habe. Also ist die Nachfrist von R. 51(2) eine Art lex specialis und wird anders berechnet? Ist das gesichert? Verrückt...


Habe nochmal kräftig nachgelesen. Singer/Stauder Art. 121 Rn 95 sagt dann auf einmal doch, dass die Nachfrist AM TAG der Wiederaufnahme beginnt, also keine R. 131(2) in diesem Fall.

Macht zwar (zumindest für mich) keinen Sinn, da ich die Wiederaufnahme als Ereignis im Sinne der R.131(2) ansehe, ist aber nunmal so.
s.o.: die Begründung könnte sein, dass die "Frist zur Entrichtung der Jahresgebühren", welche es witzigerweise streng genommen eigentlich nicht gibt, laut R. 142(4) nicht neu läuft.
 

grond

*** KT-HERO ***
grond schrieb:
Also ist die Nachfrist von R. 51(2) eine Art lex specialis und wird anders berechnet? Ist das gesichert? Verrückt...
Der gute Herr Kley hätte der J91/0004 etwas mehr Raum spendieren können (er erwähnt sie zwar an passender Stelle, die jedoch eigentlich krasse Ausnahme von der Fristenberechnung sollte meines Erachtens aber stärker betont werden). Dort wird die Ausnahme für die Berechnung der Nachfrist zur Entrichtung der Jahresgebühren festgesetzt, derzufolge z.B. ein Anmeldetag im Februar eine Nachentrichtung der Jahresgebühren bis zum 31.8. erlaubt.

Mein Weltbild ist jedenfalls wieder geradegerückt. Schon schlimm genug, dass ich weniger als einen Monat vor der EQE noch solche Probleme habe... :(
 

Horst

*** KT-HERO ***
Zum ersten Teil:

Fraglich ist, ob R.131(4) überhaupt heranzuziehen ist, es fehlt nämlich das "Ereignis". "Ereignis kann eine Handlung oder ein Fristablauf sein.", R.131(2). Fälligkeit ist also anscheinend kein "Ereignis".

Insofern sind R.51(1) und (2) in sich schlüssig. Fälligkeit am Ende eines Monats. 6 Monate später ist dann auch wieder "am Ende eines Monats".

Zum zweiten Teil:

Da Fälligkeit kein Ereignis ist, fällt R.131 weg.

Bei Jahresgebühren gelten anscheinend die folgenden zwei Grundsätze:

a) Fälligkeit bleibt unberührt.

Die Gebühren werden auch während der Unterbrechung fällig. Es wird (als Ausnahme) nur ein einziger "Zahlungstag" am Tag der Wiederaufnahme per Rechtsprechung bereitgestellt.

b) Die sechsmonatige Nachfrist wird gehemmt.

In dem Sonderfall, dass eine Gebühr innerhalb der Unterbrechung fällig wird, beliebt also eine (volle) Restfrist von sechs Monaten. Die beginnt dann natürlich auch am Wiederaufnahmetag um 0.00 Uhr zu laufen (wie immer bei Hemmung).


Eigentlich also alles wie im BGB. Man muß sich tatsächlich nur klarmachen, dass es keine eigentliche Zahlungsfrist gibt (wie etwa im PatKostG), sondern nur als Zeitpunkt das "Ende" eines Monats.
 
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