Patentanspruch neu und erfinderisch machen durch Aufnahme unwesentlicher Merkmale

Kurt

*** KT-HERO ***
Hi Forum,

der im Betreff genannte Ansatz erscheint auf den ersten Blick ja eigentlich nicht zielführend, um nicht zu sagen klingt abwegig.

Andererseits habe ich den Eindruck, dass es in der Praxis immer wieder vorkommt, dass "irgendwelche" Merkmale (Hauptsache offenbart) in den Patentanspruch aufgenommen werden, um sich gegenüber Entgegenhaltungen abzugrenzen.

Beispielsweise könnte es hinsichtlich einer beanspruchten Vorrichtung heißen, in allen Entgegenhaltungen sei eine "Wandung radial innen angeordnet", und bei uns ist sie jetzt halt "radial außen angeordnet" (wie man deutlich in Fig. 7A sieht, und weil wir sonst kein anderes Unterschiedsmerkmal mehr gefunden haben) -- also sind wir schonmal neu.

Außerdem liefert keine der Entgegenhaltungen (auch nicht in Kombination) irgendeinen Hinweis darauf, die Wandung "radial außen" anzuordnen. Die objektive Aufgabe, die wir damit lösen, besteht darin, eine alternative Lösung für die (aus den Entgegenhaltungen) bereits bekannte Aufgabe bereitzustellen.

Und weil wir diese objektive Aufgabe mit unserer zweifellos sowohl neuen als auch nicht nahegelegten Vorrichtung gelöst haben, sind wir jetzt auch erfinderisch.

(Obwohl die Anordnung der Wandung "radial außen" nicht nur keine offenbarte, sondern auch sonst keine Wirkung hat.)

Mit dem gesunden Menschenverstand scheint es klar zu sein, dass man durch Aufnahme "irgendeines" Unterschiedsmerkmals, das keinerlei Wirkung hat (außer eben ein Unterschiedsmerkmal zu sein), wohl schlechterdings einen bekannten Gegenstand neu und erfinderisch machen kann.

Trotzdem habe ich das Gefühl, dass manche mit dieser Argumentation zumindest in deutschen Verfahren immer wieder durchkommen.

Nur finde ich leider keine Rechtsprechung hierzu, und wäre deswegen dankbar für jeden diesbezüglichen Hinweis.

Grüße
Kurt
 

Pat-Ente

*** KT-HERO ***
Mit dem gesunden Menschenverstand scheint es klar zu sein, dass man durch Aufnahme "irgendeines" Unterschiedsmerkmals, das keinerlei Wirkung hat (außer eben ein Unterschiedsmerkmal zu sein), wohl schlechterdings einen bekannten Gegenstand neu und erfinderisch machen kann.

Dem stimme ich schon mal nicht zu.

Neu wird der Gegenstand zweifellos, und wenn das Merkmal noch so irrelevant ist, sofern es zumindest technisch ist. Die Aufnahme eines möglichst unbedeutenden Merkmals in den Anspruch ist doch das Mittel der Wahl zur Abgrenzung gegen Stand der Technik nach Art. 54(3) EPÜ bzw. §3(2) PatG.

Wenn es für den Fachmann zudem nicht naheliegend ist, dieses Merkmal hinzuzufügen, dann wird der Gegenstand dadurch auch ohne weiteres erfinderisch. Natürlich ist hier der PSA schlecht anwendbar, weil man oft keine vernünftige objektive Aufgabe definieren kann, aber das ist ja nicht die einzige Methode zur Feststellung der eT (wenn auch beim EPA die bevorzugte) und wird im DPMA ohnehin seltener angewendet. Zumindest der deutschen RS nach muss eine Erfindung ja auch keine Verbesserung gegenüber dem SdT darstellen (sollte bei Benkard unter §4 stehen).

Ein derartiger Patentanspruch nützt aber auch nicht viel, da er problemlos zu umgehen ist - und zwar gerade deshalb, weil das hinzugefügte Merkmal wirkungslos ist, also kann es auch weggelassen werden.
 

Kurt

*** KT-HERO ***
Mit dem gesunden Menschenverstand scheint es klar zu sein, dass man durch Aufnahme "irgendeines" Unterschiedsmerkmals, das keinerlei Wirkung hat (außer eben ein Unterschiedsmerkmal zu sein), wohl schlechterdings einen bekannten Gegenstand neu und erfinderisch machen kann.
Dem stimme ich schon mal nicht zu. Neu wird der Gegenstand zweifellos, und wenn das Merkmal noch so irrelevant ist, sofern es zumindest technisch ist. Die Aufnahme eines möglichst unbedeutenden Merkmals in den Anspruch ist doch das Mittel der Wahl zur Abgrenzung gegen Stand der Technik nach Art. 54(3) EPÜ bzw. §3(2) PatG.

Soweit d'accord. Neuheit lässt sich damit unbestritten herstellen.

Wenn es für den Fachmann zudem nicht naheliegend ist, dieses Merkmal hinzuzufügen, dann wird der Gegenstand dadurch auch ohne weiteres erfinderisch.

Moo-ment. Das halte ich für harten Tobak.

Ich füge also dem Patentanspruch irgendein (überflüssiges und damit nicht naheliegendes) Merkmal hinzu, welches keine Wirkung hat, und werde damit patentfähig? Das kann es ja nicht sein.

Das hinzugefügte Merkmal hat keine technische Wirkung, somit lässt sich keine objektive Aufgabe ableiten, und noch weniger wird eine Aufgabe gelöst. Bzw. es wird eben maximal dieselbe Aufgabe wie beim nächstliegenden Stand der Technik gelöst. Ein Merkmal ohne (technischen) Beitrag zur Lösung der Aufgabe kann aber auch im deutschen Recht nicht bei der Beurteilung der Erfindungshöhe berücksichtigt werden, Aufgabe "Bereitstellung einer Alternative" hin oder her.

Insofern muss man das hinzugefügte Merkmal bei der Beurteilung der Erfindungshöhe weglassen, und dann unterscheidet sich der Anspruch eben wieder nicht mehr vom nächstliegenden SdT --> nicht patentfähig.

Gegenteiliges erscheint (mir) abwegig -- finde nur keine Rechtsprechung dazu?
 

Pat-Ente

*** KT-HERO ***
Na gut, was erfinderische Tätigkeit betrifft, rudere ich hiermit ein Stück zurück :eek:

In der Tat sollte eine technische Wirkung vorliegen, sonst kann das Merkmal nicht zur eT beitragen, wie z.B. Benkard (10. Auflage, §4 Rn 27), mit Bezug auf eine Reihe von BGH- und BK-Entscheidungen (BGH GRUR 2004, 407 - Fahrzeugleitsystem, EPA T 37/82, BGH GRUR 2001, 730 - Trigonellin, EPA T 641/00, BGH GRUR 2004, 47 - Blasenfreie Gummibahn I) schreibt (da hättest Du ja schon mal reinschauen können, Kurt :cool:).

In der Realität habe ich es aber auch schon erlebt, dass nach Hinzufügen eines relativ sinnfreien Merkmals, das keinen Bezug zur eigentlichen Erfindung hatte, ein Patent erteilt wurde. Allerdings konnte man da durchaus eine irgendwie geartete technische Wirkung feststellen, was aber doch meistens der Fall sein sollte (in Deinem Beispiel hat doch "Wandung außen" bestimmt irgendeine Wirkung, die sich von "Wandung innen" unterscheidet).

Nach wie vor bin ich aber der Meinung, dass so ein Patent ohnehin nichts bringt, da zu leicht zu umgehen.
 

Kurt

*** KT-HERO ***
Na gut, was erfinderische Tätigkeit betrifft, rudere ich hiermit ein Stück zurück :eek:
In der Tat sollte eine technische Wirkung vorliegen, sonst kann das Merkmal nicht zur eT beitragen, wie z.B. Benkard (10. Auflage, §4 Rn 27), mit Bezug auf eine Reihe von BGH- und BK-Entscheidungen (BGH GRUR 2004, 407 - Fahrzeugleitsystem, EPA T 37/82, BGH GRUR 2001, 730 - Trigonellin, EPA T 641/00, BGH GRUR 2004, 47 - Blasenfreie Gummibahn I) schreibt (da hättest Du ja schon mal reinschauen können, Kurt :cool:).

Ah, das beruhigt mich. Wegen dem Reinschauen, bin ich gerade auch dabei -- ich blättere seit den neumodischen Medien nicht mehr so gerne in echtem Papier (bzw. tendiere zu der Meinung, was ich online nicht finde, steht wohl auch in keinem Buch drin) :eek:

In der Realität habe ich es aber auch schon erlebt, dass nach Hinzufügen eines relativ sinnfreien Merkmals, das keinen Bezug zur eigentlichen Erfindung hatte, ein Patent erteilt wurde. Allerdings konnte man da durchaus eine irgendwie geartete technische Wirkung feststellen, was aber doch meistens der Fall sein sollte (in Deinem Beispiel hat doch "Wandung außen" bestimmt irgendeine Wirkung, die sich von "Wandung innen" unterscheidet).

Irgendeine Wirkung vielleicht schon, aber wenn es (wie hier) das einzige Unterschiedsmerkmal ist, muss es ja ein, bzw. das, wesentliche Merkmal sein, mit dem auch die Aufgabe gelöst wird.

Die typische Argumentation in solchen Fällen endet aber oft schon an der Stelle, man sei ja neu (soweit unbestritten) und erfinderisch (weil das sinnfreie Merkmal logischerweise nirgends nahegelegt ist), und dann wird das Patent erteilt, ohne dass auch nur ansatzweise nach der (nicht vorhandenen) Wirkung, und schon gar nicht nach Aufgabe und Lösung geschaut wird.

Das Amt argumentiert dann gerne, die Aufgabe läge halt in der berüchtigten "Bereitstellung einer Alternative", und diese Aufgabe sei hier erfinderisch gelöst worden (--> weil das sinn- und wirkungsfreie Merkmal nirgends nahegelegt war).

Nach wie vor bin ich aber der Meinung, dass so ein Patent ohnehin nichts bringt, da zu leicht zu umgehen.
Stimmt, nur geht es hier darum, ein Patent einerseits widerrufsbeständig zu machen, und andererseits trotzdem noch die Verletzungsform zu erschlagen.

Dank und Grüße
Kurt
 

asdm

Vielschreiber
Die objektive Aufgabe, die wir damit lösen, besteht darin, eine alternative Lösung für die (aus den Entgegenhaltungen) bereits bekannte Aufgabe bereitzustellen.
...
Und weil wir diese objektive Aufgabe mit unserer zweifellos sowohl neuen als auch nicht nahegelegten Vorrichtung gelöst haben, sind wir jetzt auch erfinderisch.


Zumindest für EP gesprochen:

Es ist so: Alleine die Tatsache, dass "nur" die bereits bekannte Aufgabe gelöst wird, steht einem Patent nicht entgegen. Siehe Rechtsprechung der Beschwerdekammern: "Alternative Lösung einer bekannten Aufgabe" z.B. T 92/92.

Für Dein Ausgangsbeispiel: Die "radial aussen angeordnete Wandung" hat eine technische Wirkung, weil sie das gleiche (technische) Problem löst wie die "radial innen angeordnete Wandung". Ist man nun der Auffassung, dass die "Umordnung" der Wandung wie Du schreibst nicht naheliegend (= erfinderische Tätigkeit liegt vor) ist, so steht dem Patent nichts im Wege.

Ausnahme ist der Fall, in dem das Merkmal den SdT verschlechtert ("nachteilige Änderungen" z.B. T119/82). Dann fehlt die erfinderische Tätigkeit.
 

Pat-Ente

*** KT-HERO ***
Irgendeine Wirkung vielleicht schon, aber wenn es (wie hier) das einzige Unterschiedsmerkmal ist, muss es ja ein, bzw. das, wesentliche Merkmal sein, mit dem auch die Aufgabe gelöst wird.

Bei Anwendung des PSA wird die objektive Aufgabe ja gerade durch die Wirkung des Unterschiedsmerkmals definiert, das demzufolge genau diese Aufgabe löst, da sind wir also schon am Ziel :p

Die typische Argumentation in solchen Fällen endet aber oft schon an der Stelle, man sei ja neu (soweit unbestritten) und erfinderisch (weil das sinnfreie Merkmal logischerweise nirgends nahegelegt ist), und dann wird das Patent erteilt, ohne dass auch nur ansatzweise nach der (nicht vorhandenen) Wirkung, und schon gar nicht nach Aufgabe und Lösung geschaut wird.

Das ist wohl wahr; als Anmelder freut man sich dann zwar über die Patenterteilung, hat aber mitunter selbst Zweifel an der Rechtsbeständigkeit.

Stimmt, nur geht es hier darum, ein Patent einerseits widerrufsbeständig zu machen, und andererseits trotzdem noch die Verletzungsform zu erschlagen.

Tja, wenn man schon auf Grundlage des im Prüfungsverfahrens zitierten SdT selbst Zweifel an der eT hat, ist das natürlich schwierig. Ein motivierter Einsprechender oder Nichtigkeitskläger wird dann womöglich auch für die beknacktesten Merkmale noch eine Offenbarung oder zumindest einen Hinweis finden. Ein paar schöne Rückfallpositionen in den Unteransprüchen können da nicht schaden ... aber klar, damit fällt u.U. die Verletzungsform aus dem Schutzbereich.

P.S.: Wer hat denn hier negative Bewertungen verteilt, insbesondere für die ursprüngliche Frage? Die war doch durchaus berechtigt ...
 

Kurt

*** KT-HERO ***
Für Dein Ausgangsbeispiel: Die "radial aussen angeordnete Wandung" hat eine technische Wirkung, weil sie das gleiche (technische) Problem löst wie die "radial innen angeordnete Wandung". Ist man nun der Auffassung, dass die "Umordnung" der Wandung wie Du schreibst nicht naheliegend (= erfinderische Tätigkeit liegt vor) ist, so steht dem Patent nichts im Wege.

Ich widerspreche. Es mag zwar irgendeine technische Wirkung dieser Wandung vorhanden sein. Alleine das "Umordnen" der Wandung aber, selbst wenn es nicht naheliegend ist, begründet aber noch keine erfinderische Tätigkeit, da es nicht zur Lösung der Aufgabe beiträgt.

Falls es sich zudem (wie hier) um das einzige Unterschiedsmerkmal handelt, dann ist auch die objektive Aufgabe ausschließlich anhand dieser "Umordnung" der Wandung festzustellen. Dann muss mit dieser Umordnung aber 1. überhaupt eine Wirkung verbunden sein, und 2. muss die Umordnung im Hinblick auf diese Wirkung weiterhin nicht naheliegend gewesen sein.

Nur wenn also zusätzlich zum vorhandenen Unterschiedsmerkmal auch 1. und 2. erfüllt sind, kann patentiert werden, aber nicht schon alleine deswegen, weil überhaupt ein Unterschiedsmerkmal vorhanden ist.
 

Kurt

*** KT-HERO ***
Irgendeine Wirkung vielleicht schon, aber wenn es (wie hier) das einzige Unterschiedsmerkmal ist, muss es ja ein, bzw. das, wesentliche Merkmal sein, mit dem auch die Aufgabe gelöst wird.
Bei Anwendung des PSA wird die objektive Aufgabe ja gerade durch die Wirkung des Unterschiedsmerkmals definiert, das demzufolge genau diese Aufgabe löst, da sind wir also schon am Ziel :p
Stimmt -- genau dann kommt allerdings noch die Hürde ins Spiel, nach der das Unterschiedsmerkmal gerade angesichts der "selbstgenerierten Aufgabe" erfinderisch sein muss.

Zieht man also aus irgendeiner Figur als letztes Unterschiedsmerkmal eine verschobene Gehäusewandung heraus, so wird man meistens irgendwas von "geringeres Gewicht" oder "stabiler" als Vorteil faseln.

Die Aufgabe ist dann eben, die bekannte Vorrichtung leichter und stabiler zu machen, und dann muss es bezogen auf diese neue Aufgabe immer noch nicht naheliegend sein, die Wandung zu verschieben. Genau daran scheitern dann aber diese "wirkungslosen" Unterschiedsmerkmale am Ende.
 

asdm

Vielschreiber
Ich widerspreche. Es mag zwar irgendeine technische Wirkung dieser Wandung vorhanden sein. Alleine das "Umordnen" der Wandung aber, selbst wenn es nicht naheliegend ist, begründet aber noch keine erfinderische Tätigkeit, da es nicht zur Lösung der Aufgabe beiträgt..


Nimms mir nicht übel, aber alleine Deine Position zur technischen Wirkung hat jetzt schon so oft gewechselt, da wird die Diskussion schwierig. Jetzt wechselt auch noch Deine Position zur alternativen Lösung.

Mein letzter Versuch:

Es ist intrinsisch in dem Begriff "alternative Lösung", dass das neue, alternative Merkmal die Aufgabe löst. Wenn es also so ist (wie du jetzt sagst, im Gegensatz zum Ausgangspost), dass das neue, alternative Merkmal die Aufgabe NICHT löst, so reden wird schlicht nicht von dem Szenario einer Alternativlösung und das Problem muss umformuliert werden.
 

Kurt

*** KT-HERO ***
Es ist intrinsisch in dem Begriff "alternative Lösung", dass das neue, alternative Merkmal die Aufgabe löst.

Es ist? Ist es nicht. Das Argument, dies sei eine "alternative Lösung", behauptet die Patentinhaberin bzw. das Amt, welches dieses Patent erteilen will.

Dieses Argument geht aber fehl, wenn nicht gleichzeitig nachgewiesen wird, dass da nicht nur irgendein Unterschiedsmerkmal ist, sondern dieses auch die Aufgabe löst, und zwar erfinderisch.

Wenn es also so ist (wie du jetzt sagst, im Gegensatz zum Ausgangspost), dass das neue, alternative Merkmal die Aufgabe NICHT löst, so reden wird schlicht nicht von dem Szenario einer Alternativlösung und das Problem muss umformuliert werden.

Nein, es war von Anfang an klar die Rede davon, dass das Unterschiedsmerkmal irgendein allerletztes, irgendwo noch aufgetriebenes Unterschiedsmerkmal ist, welches mit der ursprünglichen Aufgabe oder vermeintlichen Erfindung nichts zu tun hat und nur deswegen herangezogen wird, um künstlich Neuheit und vermeintliche Erfindungshöhe gegenüber einer Entgegenhaltung herzustellen, die dieses Merkmal zufällig nicht aufweist.

Und dass das nicht geht (bei den Ämtern jedoch trotzdem öfters durchrutscht), darüber sind wir uns nun wohl alle einig.
 

Asdevi

*** KT-HERO ***
Nein, es war von Anfang an klar die Rede davon, dass das Unterschiedsmerkmal irgendein allerletztes, irgendwo noch aufgetriebenes Unterschiedsmerkmal ist, welches mit der ursprünglichen Aufgabe oder vermeintlichen Erfindung nichts zu tun hat und nur deswegen herangezogen wird, um künstlich Neuheit und vermeintliche Erfindungshöhe gegenüber einer Entgegenhaltung herzustellen, die dieses Merkmal zufällig nicht aufweist.

Und dass das nicht geht (bei den Ämtern jedoch trotzdem öfters durchrutscht), darüber sind wir uns nun wohl alle einig.

Zunächst einmal ist es sehr schwierig, das Problem abstrakt zu diskutieren. Beim PSA wird die Aufgabe ausgehend vom Unterschied zum Stand der Technik definiert. Wenn man also irgendeine Wirkung dieses "hinterletzten Merkmals" auffinden kann, dann ist das Problem, eben diese Wirkung zu erzielen, und nichts anderes, schon gar nicht, was in der anmeldung als "Problem" bezeichnet wird. Letzteres ist beim PSA irrelevant.

Wenn man keine solche Wirkung finden kann, dann ist das Problem die Bereitstellung einer Alternative. Hier tendiert das EPA dazu, willkürliche Abwandlungen als offensichtlich anzusehen und kein Patent zu erteilen.

Wie das beim DPMA ist, das weiß ich nicht so genau.
 

Expatriot

GOLD - Mitglied
Dann werde ich mal bei Asdevi fortfahren.

Nach BGH-Rechtsprechung ist die Erfindungshöhe daran zu messen, was die Erfindung tatsächlich leistet. Zuerst ist der Fachmann zu bestimmen. Die objektive Problemstellung ist durch Auslegung aus dem Patentanspruch zu ermitteln. Eine in der Anmeldung oder dem Patent angegebene Aufgabe ist daher nur bei der Auslegung zu berücksichtigen, ansonsten aber, wie beim Aufgabe-Lösungs-Ansatz, bedeutungslos.

Basierend auf der so ermittelten Aufgabe ist zu prüfen, ob die beanspruchte Lehre insgesamt im Stand der Technik so angelegt war, dass sie für den Fachmann nahegelegen hat. Soweit ich mich erinnere, wird eine Alternativlösung vom BGH grundsätzlich als naheliegend angesehen. Klassisches Beispiel ist die kinematische Umkehr von Komponenten.

Dein vorliegendes Wandproblem klingt ein wenig danach. Auch wenn die erfinderische Tätigkeit im Ergebnis eigentlich einheitlich bewertet werden sollte, ergeben sich nach meiner (kurzen) Erfahrung immer wieder Unterschiede. Im Allgemeinen führt der Aufgabe-Lösungs-Ansatz meiner Meinung nach leichter zur Bejahung von erfinderischer Tätigkeit als der BGH-Ansatz.

Just my 2 cents

---EDIT---
Die Aufgabe "Alternativlösung" beim Aufgabe-Lösungs-Ansatz ist aus meiner Sicht lediglich eine Hilfskonstruktion. Wenn das verbleibende Unterschiedsmerkmal nämlich die gleiche technische Wirkung wie der Stand der Technik hat, gibt es wohl keine andere objektive Aufgabe als "Schlage eine Alternative zum StdT vor".
---/EDIT---
 
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