Patentamt mit Offenbarung erschlagen

Kurt

*** KT-HERO ***
Hi Forum,

angenommen, es soll eine PCT-Anmeldung eingereicht werden, die die Priorität(en) mehrerer Voranmeldungen in Anspruch nehmen soll.

Weiterhin angenommen, es besteht keine Zeit, die Unterlagen der PCT-Nachanmeldung ausführlichst zu überarbeiten.

Da nun aber der Inhalt der Prioritätsanmeldung(en) nicht zum Offenbarungsumfang der Nachanmeldung gehört:

Was ist somit davon zu halten, bei der PCT-Anmeldung mehr oder weniger die gesamten Unterlagen der diversen Prio-Anmeldungen hintereinanderzuhängen und einzureichen, um auf diese Weise den gesamten Offenbarungspool der Prioanmeldungen auch für die Nachanmeldung zu erhalten?

Gruß
Kurt
 

pak

*** KT-HERO ***
Geht natürlich alles, dürfte aber schon bei der internationalen Recherche Probleme aufwerfen. Außerdem dürften Kombinationen von Merkmalen aus den unterschiedlichen Prioanmeldungen kaum offenbart sein. Ich würde mich doch zumindest um einen anständigen/zusammenhängenden Anspruchssatz bemühen.

Gruß

pak
 

Kurt

*** KT-HERO ***
OK danke pak, insbesondere natürlich für den Hinweis auf die potenziell problematische Kombination von Merkmalen aus den unterschiedlichen Prioanmeldungen.

Hinsichtlich des Anspruchssatzes -- da ich ja meine Anmeldungen vorbildlicherweise so schreibe, dass der gesamte Anspruchswortlaut (etwas aufgehübscht) auch noch mal in der Beschreibung steht:

Am einfachsten würde ich dann wohl den Anspruchssatz der wichtigsten Prioanmeldung zum Anspruchssatz der Nachanmeldung machen, die Anspruchssätze der anderen Prioanmeldungen dann nicht übernehmen, aber dafür die gesamten Beschreibungen aller Prioanmeldungen hintereinander stellen und so zur Beschreibung der Nachanmeldung machen.

Dann wird schonmal der Anspruchssatz nicht wegen Uneinheitlichkeit bemängelt, andererseits lässt sich der eine oder andere Anspruch der anderen Prioritätsanmeldungen notfalls wieder aus dem Beschreibungstext rekonstruieren. Und die 163 Seiten Beschreibungstext liest eh keiner daraufhin durch, ob das alles auch so richtig zum Anspruchssatz passt oder nicht.

Grüße Kurt
 

pak

*** KT-HERO ***
Aus halbwegs "sauberen" Prioanmeldungen lässt sich ohne Weiteres bzw. ohne größeren Aufwand wohl eine "saubere" internationale Anmeldung stricken. Wenn der Mandant diese Kosten hier einsparen möchte, zahlt er dies später für den erhöhten Bearbeitungsaufwand und unter Inkaufnahme einer fehlenden Offenbarung. Die Summe der Kosten bleibt also die gleiche, die Summe der Probleme wird sich eher erhöhen.

Gruß

pak
 

Kurt

*** KT-HERO ***
Aus halbwegs "sauberen" Prioanmeldungen lässt sich ohne Weiteres bzw. ohne größeren Aufwand wohl eine "saubere" internationale Anmeldung stricken.

Also Du meinst dann:

Aus einer Mehrzahl halbwegs "sauberer" Prioanmeldungen lässt sich ohne Weiteres bzw. ohne größeren Aufwand eine einzige "saubere" internationale Anmeldung stricken.

Hinsichtlich des Passus "ohne Weiteres bzw. ohne größeren Aufwand" habe ich da aber sehr starke Zweifel.

Ich würde da im Gegenteil sogar befürchten, dass man beim Versuch des Mixens ("ohne größeren Aufwand") sowohl einerseits die Qualität der Anspruchssätze der einzelnen Prioanmeldungen ruiniert, als auch andererseits keinen guten übergreifenden Anspruchssatz für die Nachanmeldung erzeugt. Zumal man bei der Einreichung ja noch gar nicht weiß, was später mal der entscheidende Anspruchsgegenstand in der Nachanmeldung werden könnte.
 
Zuletzt bearbeitet:

pak

*** KT-HERO ***
Dann sind die Prioanmeldungen entweder "quick and dirty" geschrieben oder die Gegenstände aus den Prioanmeldungen gehören von vorneherein nicht in eine Anmeldung (Einheitlichkeit). Ist zumindest meine Erfahrung.

Gruß

pak
 

Kurt

*** KT-HERO ***
Die Prioanmeldungen sind alle tipptopp und betreffen Produkte aus einem ähnlichen Produktbereich, die zwar unterschiedlich sind, aber klare Überschneidungen aufweisen.
 

Kurt

*** KT-HERO ***
Nö das geht nicht.

Die Hauptanspruchsgegenstände der Prioanmeldungen sind total verschieden, größere Ähnlichkeiten finden sich allenfalls in Unteransprüchen weiter hinten.

Ich will ja nur den gesamten Prio-Offenbarungspool für den Fall der Fälle in die Nachanmeldung retten, und nicht vorab die Möchtegern-Super-Duper-Anmeldung stricken, die alles und nichts beansprucht.

Weil ich das jetzt schon öfters hatte, dass in der Prioanmeldung Offenbarung steht, die man im Prüfungsverfahren der Nachanmeldung dringend bräuchte, aber nicht hernehmen darf.

Betrifft natürlich nicht meine eigene eigenen Anmeldungen!
 

pak

*** KT-HERO ***
Mit anderen Worten willst Du mehrere voneinander unabhängige Erfindungen zusammenfassen, so dass es in jedem Fall auf eine Uneinheitlichkeit hinausläuft. Dann mach das eben mit allen sich daraus ergebenden Problemen (Nichtrecherchierbarkeit etc.).

pak
 

Kurt

*** KT-HERO ***
Nö, darauf läuft es nicht hinaus.

Wie ich bereits schrub:
Ich will nur den gesamten Prio-Offenbarungspool für den Fall der Fälle in die Nachanmeldung retten, und nicht vorab die Möchtegern-Super-Duper-Anmeldung stricken, die alles und nichts beansprucht.

Es geht ja nicht darum, nachträglich ein mordsmäßiges Aliud aus den Ansprüchen zu konstruieren, sondern meistens ist es eben nur die eine bestimmte Kleinigkeit, die zwar in der Prioschrift steht, aber dummerweise in der Nachanmeldung fehlt.
 

Fragender

GOLD - Mitglied
Nö, darauf läuft es nicht hinaus.

Wie ich bereits schrub:


Es geht ja nicht darum, nachträglich ein mordsmäßiges Aliud aus den Ansprüchen zu konstruieren, sondern meistens ist es eben nur die eine bestimmte Kleinigkeit, die zwar in der Prioschrift steht, aber dummerweise in der Nachanmeldung fehlt.

Die dann aber möglicherweise die Prio-Beanspruchung unwirksam werden lässt...
Meistens ist das ja kein Problem. ;-)

Gruß, Fragender
 

pak

*** KT-HERO ***
Die Hauptanspruchsgegenstände der Prioanmeldungen sind total verschieden, größere Ähnlichkeiten finden sich allenfalls in Unteransprüchen weiter hinten.

Wie Du dann den Gegenstand des einen Hauptanspruchs mit den Unteransprüchen des anderen Hauptanspruchs ordentlich kombinieren können willst, ohne dies zumindest in dem neuen Anspruchssatz sauber zu formulieren, ist mir schleierhaft. Sei´s drum, Du machst das schon ;)

Gruß

pak

PS: In der Zeit, die Du hier diskutierst, hättest Du das wahrscheinlich schon erledigt.:rolleyes:
 

Kurt

*** KT-HERO ***
Genau, ich mach das dann schon. Betonung auf dann (wenn und falls es notwendig werden sollte) -- bloß nicht jetzt :p
 

Kurt

*** KT-HERO ***
Hi und noch mal kurz hierzu:

Es geht ja nicht darum, nachträglich ein mordsmäßiges Aliud aus den Ansprüchen zu konstruieren

Wenn ich nochmal darüber nachdenke, geht es allerdings möglicherweise doch genau darum, "nachträglich ein mordsmäßiges Aliud [...] zu konstruieren".

Mit anderen Worten, ich reiche die PCT-Anmeldung beispielsweise mit dem Anspruchssatz der Voranmeldung #1 ein und hänge die gesamten Beschreibungen und Figuren der Voranmeldungen #1-#5 hintendran.

Bekomme ich dann im Laufe der kommenden Monate und Jahre Schwierigkeiten mit dem Anspruchssatz #1, und/oder entwickelt sich das Produkt des Mandanten tatsächlich mehr in Richtung einer der Voranmeldungen #2-#5: kann ich in einem solchen Fall den Anspruchssatz #1 (mehr oder weniger) streichen, und stattdessen (aus den mit eingereichten Beschreibungen/Figuren beispielsweise der Voranmeldung #3) den dortigen ursprünglichen Anspruchssatz #3 rekonstruieren und das Patentbegehren stattdessen darauf richten?
 
Zuletzt bearbeitet:

Kurt

*** KT-HERO ***
Führe ich meinen Monolog mal weiter.

IPwiki schrieb:
Unzulässige Erweiterung des Gegenstands der Anmeldung
Änderungen der Patentansprüche dürfen weder zu einer Erweiterung des Gegenstands der Anmeldung noch dazu führen, dass an die Stelle der angemeldeten Erfindung eine andere gesetzt wird [→ aliud])

IPwiki schrieb:
Gegenstand der Anmeldung
Der Gegenstand bzw. Inhalt der Patentanmeldung ist durch deren Offenbarungsgehalt bestimmt.

IPwiki schrieb:
Offenbarungsgehalt der Patentanmeldung
Der [nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs] maßgebliche Inhalt der Anmeldung ist anhand der Gesamtheit der ursprünglich eingereichten Unterlagen zu ermitteln. Er ist nicht auf den Gegenstand der in der Anmeldung formulierten Patentansprüche beschränkt. Entscheidend ist vielmehr, was der mit durchschnittlichen Kenntnissen und Fähigkeiten ausgestattete Fachmann des betreffenden Gebiets der Technik den ursprünglichen Unterlagen als zur Erfindung gehörend entnehmen kann.

Es ist also zulässig, den Gegenstand der Anmeldung, der ja nicht auf den Gegenstand der Patentansprüche beschränkt ist, nachträglich im Rahmen der Gesamtoffenbarung zu ändern.

Es ist demnach auch nicht ausgeschlossen, die ursprünglich eingereichten Patentansprüche zu streichen und durch Patentansprüche zu ersetzen, die auf einen anderen Anspruchsgegenstand gerichtet sind, sofern der andere Anspruchsgegenstand der Ursprungsoffenbarung (als zur Erfindung gehörig) entnehmbar ist.

Die Änderung des Anspruchsgegenstands auf ein (ursprünglich offenbartes) aliud sollte also im Bereich des Möglichen liegen.

Vorliegend handle es sich um einen Erfindungskomplex, der in Form von fünf am selben Tag eingereichten Prioritätsanmeldungen niedergelegt wurde.

Der Einfachheit halber wird nun eine PCT-Anmeldung mit den Patentansprüchen der Prioanmeldung #1 sowie mit den Figuren und Beschreibungen sämtlicher Prioanmeldungen #1-#5 eingereicht.

Beansprucht wird somit zunächst nur der Anspruchsgegenstand #1. Der Anmeldungsgegenstand umfasst jedoch den gesamten übergreifenden Erfindungskomplex gemäß der Prioanmeldungen #1-#5, was der Fachmann der Gesamtheit der eingereichten Unterlagen entnimmt.

Somit kann später der in der PCT-Anmeldung eingereichte Anspruchssatz #1 gestrichen und beispielsweise durch einen der anderen Anspruchssätze #2-#5 (oder durch einen im Rahmen der Ursprungsoffenbarung vollständig neu, insbesondere auch breiter als #1 formulierten Anspruchssatz) ersetzt werden.

Murmelt vor sich hin
Kurt
 

Asdevi

*** KT-HERO ***
Das dürfte sehr auf den Zeitpunkt der späteren Änderung und das nationale Recht ankommen. Für EP verweise ich mal auf Regel 137 EPÜ, der solchen Ansinnen relativ enge Grenzen zieht.

Sobald eine Recherche durch das EPA erfolgt ist, kannst du nicht mehr zu einem nicht recherchierten Gegenstand wechseln, R. 137(5) (Ausnahme nur nach der neuen Regel 164(1), wenn EPA ISA war; dann kannst du einmal bei Eintritt in die EP-Phase wechseln). Außerdem gibt 137(3) dem Prüfer die Blankovollmacht, nach der ersten jegliche weiteren Änderungen abzulehnen, wenn er sie nicht für sachdienlich hält.

Wenn du also den Gegenstand wechseln wilst, solltest du möglichst schnell merken, dass das notwendig ist.
 

Kurt

*** KT-HERO ***
angenommen, es soll eine PCT-Anmeldung eingereicht werden, die die Priorität(en) mehrerer Voranmeldungen in Anspruch nehmen soll.

Da nun aber der Inhalt der Prioritätsanmeldung(en) nicht zum Offenbarungsumfang [...] gehört:

Was ist somit davon zu halten, bei der PCT-Anmeldung mehr oder weniger die gesamten Unterlagen der diversen Prio-Anmeldungen hintereinanderzuhängen und einzureichen, um auf diese Weise den gesamten Offenbarungspool der Prioanmeldungen auch für die Nachanmeldung zu erhalten?

Was ist von der Alternative zu halten, den Inhalt der bei der Anmeldung beanspruchten Prioritätsanmeldung(en) nicht "hinten dranzuhängen", sondern "nur" durch Verweis einzubeziehen in die Erfindungsoffenbarung (aka "incorporation by reference")?

Dies scheint geregelt zu sein in PCT R. 4.18 und PCT R. 20.6 (und etwas verständlicher dargestellt im Euro-PCT-Leitfaden II.B.4, wenngleich dort offenbar bezogen auf den Fall, dass versehentlich Teile der Anmeldung nicht eingereicht worden sind).

Mit anderen Worten, PCT-Nachanmeldung auf Erfindung #1 einreichen, Prio der früheren Anmeldungen #1-#5 beanspruchen, UND Anmeldungen #1-#5 ausdrücklich durch Verweis einbeziehen in die PCT-Nachanmeldung?

Danke für weitere Meinungen
Kurt
 

Kurt

*** KT-HERO ***
Mangels Ausbleiben anderslautender Meinungen meine ich feststellen zu können, dass es prinzipiell möglich erscheint, eine PCT-Nachanmeldung auf eine Erfindung #1 einzureichen, dabei die Priorität der früheren Anmeldungen #1 bis #5 zu beanspruchen
(deren Offenbarungsgehalt dank des vorformulierten Wortlauts im PCT-Anmeldeformular:

Einbeziehung durch Verweis: Ist ein in Artikel 11 Absatz 1 Ziffer iii Buchstabe d oder e genannter Bestandteil der internationalen Anmeldung oder ein in Regel 20.5 Absatz a genannter Teil der Beschreibung, der Ansprüche oder der Zeichnungen nicht anderswo in der internationalen Anmeldung, aber vollständig in einer früheren Anmeldung enthalten, deren Priorität, zu dem Datum, an dem ein oder mehrere in Artikel 11 Absatz 1 Ziffer iii genannte Bestandteile zuerst beim Anmeldeamt eingegangen sind, beansprucht wird, so wird dieser Bestandteil oder Teil, vorbehaltlich der Bestätigung nach Regel 20.6, für die Zwecke der Regel 20.6 in diese internationale Anmeldung einbezogen.
..."automatisch" durch Verweis in die PCT-Anmeldung einbezogen wird),
und dass dann innerhalb von zwei Monaten nach Anmeldedatum der PCT-Anmeldung (falls erforderlich) Inhalte aus den Prioritätsanmeldungen #1 bis #5 in die PCT-Nachanmeldung aufgenommen werden können.
 
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