PA Ausbildung als M.Sc. Wirt.Ing. RWTH

Kandidat_001

Schreiber
Hallo Kandidaten,

ich habe B.Sc. und M.Sc.Wirt.Ing. an der RWTH studiert und bin seit drei Jahren in der Fertigungsplanung bei Bosch tätig. Dort vor allem im Bereich der Analyse von Fertigungsprozesseinflüssen auf das fertige Produkt u.a. Korrelation zwischen Schweißprozessen und der Dichtheit von Ventilen.

Da ich glaube, dass die Fertigung in Deutschland keine große Perspektive mehr haben wird, interessiere ich mich für die Ausbildung zum PA.

Wie schätzt ihr meinen Werdegang in Bezug auf die PA Ausbildung/-Tätigkeit ein? Vielen Dank
 

PriorArtDefense

SILBER - Mitglied
Naja. Die praktische technische Tätigkeit sollte passen. Ob dein Studium anerkannt wird, kann ich dir nicht sagen. Kenne einerseits viele Patentanwälte, die es für besonders wichtig halten, dass man ein vollwertiges technisches Studium absolviert hat. Bei Kanzleien, die diese Philosophie fahren, wirst du es schwer haben. Andererseits gibt es viele Patentanwälte, die Wirtschaftsingenieure sind. Nach Angaben des DPMA kann auch ein Wirtschaftsingenieur zur Ausbildung zugelassen werden, wenn der technische Teil seines Studiums den wirtschaftlichen Teil deutlich überwiegt. Das könnte bei dir der Fall sein.


Ansonsten ist es für die Tätigkeit in einer großen Kanzlei, in der du nur ein eng abgesteckes technisches Gebiet beackerst, vielleicht ganz vorteilhaft, wenn du besonders spezialisiert bist (Fertigungsplanung). Für die Tätigkeit in kleineren Kanzleien, für die eigene Kanzleigründung und für den Aufstieg in größeren Kanzleien (also für alles, was "große Perspektive" bietet), ist aber ein möglichst breites technisches Grundverständnis vorteilhaft, weil es dir ermöglicht, Mandanten mit verschiedenen Tätigkeitsfeldern zu werben und bedienen zu können. "In die Tiefe gehen" musst du dann eh in jedem neuen Mandat.



Bedenke, dass die Ausbildung nochmal drei Jahre dauert und du acht Monate nach München musst. Gerade letzteres wird immer unangenehmer, je älter und örtlich/familiär gebundener man ist. Oder man geht halt ganz nach München.
 
Zuletzt bearbeitet:

Blood für PMZ

*** KT-HERO ***
Hallo Kandidat 001,

wenn die Fertigung in Deutschland keine großen Perspektiven mehr hat, dann gilt das allerdings auch für das Patentwesen.

Als natürlich vereinfachende Kurzfassung: Wir arbeiten für inländische Mandanten, die in ihrer Fertigung etwas verbessern wollen oder bessere Produkte fertigen und anbieten möchten, und für ausländische Mandanten, die deshalb mit Wirkung für Deutschland anmelden, weil sie mit ihren deutschen Wettbewerbern konkurrieren wollen. Würde in Deutschland nichts mehr gefertigt, würden hier auch wesentlich weniger Patente angemeldet.

Und Bosch hat eine sehr große eigene Patentabteilung. Es gibt mithin dort eine Menge Knowhow, um Deine praktischen Fragen zu beantworten. Denkbar wäre sogar, dass Du dort mal ein paar Wochen quasi abgeordnet arbeitest, um das kennenzulernen. Selbst wenn dann klar wäre, dass das nichts für Dich ist, hätten beide Seiten gewonnen, denn die Zusammenarbeit Deiner jetzigen Abteilung mit dem Patentwesen würde sich vermutlich sehr vereinfachen.

Und wenn es gefällt, wäre das doch noch besser. Bosch hat sehr eigene Vorstellungen über die Ausbildung, aber das sollen die Dir lieber selbst erzählen. Meines Wissens lesen hier auch ein paar Mitarbeiter von Bosch mit.

Frohes Schaffen
Blood für PMZ
 

Kandidat_001

Schreiber
Vielen Dank für die ausführlichen Antworten.

Inwiefern unterscheidet sich denn die Ausbildung in der Industrie im Vergleich zu einer Ausbildung in einer Kanzlei. Ganz grundsätzlich, also unabhängig von Bosch.
 

Kandidat_001

Schreiber
Vielen Dank.

Welcher Weg ist denn der Sinnvollere: Ausbildung und Praxiserfahrung in Industrie und dann der Wechsel in die Kanzlei oder Ausbildung in Kanzlei und dann Wechsel in die Industrie?
 

kronion

GOLD - Mitglied
Welcher Weg ist denn der Sinnvollere: Ausbildung und Praxiserfahrung in Industrie und dann der Wechsel in die Kanzlei oder Ausbildung in Kanzlei und dann Wechsel in die Industrie?

Der Wechsel von der Kanzlei in die Industrie ist auf jeden Fall möglich, da kenne ich einige Kollegen, die mit ihrer Entscheidung auch zufrieden sind. Man muss sich halt erstmal in neue Aufgabengebiete einarbeiten, die in der Kanzlei ülicherweise nicht vorkommen.

Umgekehrt scheinen viele Kanzleien skeptisch, ob die Ausbildung in der Industrie auch die in der Kanzlei relevanten Aufgaben eines Anwalts abdeckt. Das dürfte sehr auf das Unternehmen ankommen, da die Patentabteilungen sehr unterschiedlich organisiert sind und verschiedene Aufgaben selbst erledigen bzw. an externe Anwälte delegieren.

Unterhalt Dich doch mal mit einem Kollegen aus Eurer Patentabteilung! Vielleicht meldet sich ja hier einer. Bei der Gelegenheit kannst Du auch andere Fragen loswerden, was die Organisation der Industrieausbildung angeht. Und wenn Du dann doch eine Kanzlei suchst, dann kann man Dir in der Patentabteilung vielleicht auch Kanzleien empfehlen (oder eben nicht ;)).

Edit: Wenn Du schon jetzt über einen Wechsel nachdenkst, wäre es vielleicht sinnvoller, die Ausbildung gleich dort zu machen, wo Du dann auch hinmöchtest.
 

Asdevi

*** KT-HERO ***
Vielen Dank.

Welcher Weg ist denn der Sinnvollere: Ausbildung und Praxiserfahrung in Industrie und dann der Wechsel in die Kanzlei oder Ausbildung in Kanzlei und dann Wechsel in die Industrie?

Zu Bedenken wäre, dass die Ausbildung in der Industrie der "lange Weg" ist, bei dem man erst nach mehr als 10 Jahren frühestens Patentassessor wird. Entsprechend alt ist man dann. Das ist mit ein Grund, warum dann der Wechsel in eine Kanzlei eher schwer fällt.
 

PriorArtDefense

SILBER - Mitglied
"erst nach mehr als 10 Jahren frühestens"

§ 158 I PAO hat einen S. 2.

Aber grundsätzlich ist der Sachbearbeiterweg natürlich langwieriger. Schade, dass die meisten Industrieabteilungen in größeren Unternernehmen mittlerweile keine Kandidatenausbildung mehr anbieten... Dein Arbeitgeber gehört auch dazu (wobei diese Information einige Jahre alt ist).
 

Fedx

Vielschreiber
Hallo,

die Wahrscheinlichkeit, dass dein Studium als technisch anerkannt wird ist sehr gering. Unverbindliche Auskunft kann beim DPMA eingeholt werden. Ich habe ebenfalls WirtIng studiert und am Ende blieb mir nur übrig ein Maschinenbau Master nachzuholen.

Viel Erfolg
 

Lysios

*** KT-HERO ***
Will man in der Industrie lieber Patentanwälte mit Kanzlei-Hintergrund?

Nach meinem Verständnis ist die Erfahrung die, dass die ausgebildeten Kandidaten nach Abschluss ihrer Ausbildung ihren Marktwert enorm gesteigert haben. Während der Ausbildung ist der Verdienst aber mindestens mit dem Gehalt eines Entwicklers mit gleicher Erfahrungsstufe in dem Unternehmen vergleichbar.

Das Problem ist dann, dass nach Abschuss der Ausbildung ein marktübliches Gehalt gezahlt werden müsste. Dieses wäre dann aber i.d.R. mit einem enormen Gehaltssprung verbunden. Im Rahmen einer bestehenden Anstellung gibt es dann aber Probleme, solche Gehaltssprünge aufgrund von Beschränkungen der entsprechenden Personalentwicklungsprozesse abzubilden. Dies führt zu der Gefahr, dass aufgrund von besseren Angeboten durch andere Unternehmen (weniger von Kanzleien) die Anstellung in dem Unternehmen gekündigt wird. Das lässt sich etwas abschwächen, indem vertraglich geregelt wird, dass der Kandidat nach Abschluss der Ausbildung einen Teil der Ausbildungskosten entweder "abarbeitet", indem er für eine bestimmte Zeit bei dem Unternehmen bleibt, oder aber eine gewisse Teilsumme erstatten muss. Aber selbst solche Regelungen sind schwierig in der Umsetzung im Rahmen der Unternehmensprozesse und die Zeitristen sind meist trotzdem nicht sehr lang, so dass weiterhin ein hohes Kündigungsrisiko besteht.
 
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