EPÜ Obligatorische Teilung einer Teilanmeldung, R36(1)b)

Groucho

*** KT-HERO ***
Hallo,

nach R36(1)b) EPÜ kann der Anmelder eine Teilanmeldung zu jeder anhängigen früheren europäischen Patentanmeldung einreichen, sofern die Teilanmeldung vor Ablauf einer Frist von vierundzwanzig Monaten nach einem Bescheid eingereicht wird, in dem die Prüfungsabteilung eingewandt hat, dass die frühere Anmeldung nicht den Erfordernissen des Artikels 82 genügt, vorausgesetzt, sie hat diesen konkreten Einwand zum ersten Mal erhoben.

Ist die zu teilende Anmeldung (EP2) selbst schon eine Teilanmeldung (einer Stammanmeldung EP1), wird teilweise die Meinung vertreten, der "konkrete Einwand" beziehe sich nur auf die unmittelbar vorhergehende Anmeldung (also EP2) nicht aber auf in der Kette weiter zurückliegende Anmeldungen (hier also EP1).

Die Sachlage wäre bei der obligatorischen Teilung demnach anders als bei der freiwilligen Teilung nach R36(1)a), wo ausdrücklich auf die "früheste" Anmeldung abgestellt ist.

Das EPA scheint dies anders zu sehen, und möchte auch bei R36(1)b) alle Bescheide der Kette von Teilanmeldungen heranziehen (etwa RiLi A-IV 1.1.1.4), also auch Einheitlichkeitsbeanstandungen, die bei der EP1 erhoben wurden.

Gibt es hier praktische Erfahrungen, wie das EPA in diese Fällen tatsächlich vorgegangen ist? Insbesondere wäre auch interessant, was das EPA unter einem "konkreten Einwand" versteht.

Ein Beispiel (das die EPA-Interpretation voraussetzt):
EP1 enthält die Gegenstände A , B, C, die in EP1 als drei uneinheitliche Erfindungen bezeichnet wurden.

1) Teilanmeldung EP2 enthält die Gegenstände B und C. Ist der Einwand, B und C seien uneinheitlich ein neuer konkreter Einwand?

2) Teilanmeldung EP2 enthält die Gegenstände B, C und D. D ist ursprünglich offebart, war aber in EP1 nicht beanssprucht. Ist der Einwand, B, C und D seien uneinheitlich ein neuer konkreter Einwand?
 

Asdevi

*** KT-HERO ***
EPO Guidelines, Part A, Chapter IV, 1.1.1.4 (letzter Absatz):

"In example 1, the period for mandatory division of EP2 (by filing EP3) is
calculated from the first communication in examination raising a
specific objection of lack of unity for the first time (see A-IV, 1.1.1.3). In
this example, if a unity objection is raised in respect of EP1, regardless
of whether the same objection is subsequently raised in respect of
EP2, it is the unity objection in respect of EP1 which triggers the start of
the twenty-four-month period
for mandatory division of EP2 under
Rule 36(1)(b) (see A-IV, 1.1.1.3(i) to (vi), for the relevant dates
triggering the start of this period). If, on the other hand, a unity
objection is raised in respect of EP2 which was not raised in respect of
EP1, the period for mandatory division of EP2 is triggered by the unity
objection in respect of EP2."

Also das EPA legt die Regel so aus, dass auch hier die gesamte Kette von Anmeldungen betrachtet wird, entgegen dem strengen Wortlaut (müssen sie ja auch, sonst wäre die 24-Monate-Regel komplett für die Hose). Ein BoA hat darüber wohl noch nicht entschieden, aber ich kann mir kaum vorstelen, dass sie das anders auslegen würden.
 
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Gerd

*** KT-HERO ***
Hi,

Du müsstest das "If on the other hand..." aber auch noch hervorheben, weil gerade das hier entscheidend ist.

Grouchos Variante 1 würde dem von Dir hervorgehobenen Sachverhalt entsprechen.
Seine Variante 2 dagegen dem mit "If on the other hand..." eingeleiteten Sachverhalt.

Da Merkmal D noch nicht vorher als uneinheitlich moniert worden war, dürfte dies ein neuer konkreter Einwand sein, und somit eine neue 24-monatige Phase einläuten.

Merke:
Immer ein paar Offenbarungen mit in die Anmeldung schreiben, die komplett sachfremde Gegenstände betreffen, und diese dann immer nur Stück für Stück in den aufeinanderfolgenden Teilanmeldungen beanspruchen, um alle paar Jahre einen neuen konkreten Einwand zu provozieren... ;)

Gruß
Gerd
 

Asdevi

*** KT-HERO ***
Immer ein paar Offenbarungen mit in die Anmeldung schreiben, die komplett sachfremde Gegenstände betreffen, und diese dann immer nur Stück für Stück in den aufeinanderfolgenden Teilanmeldungen beanspruchen, um alle paar Jahre einen neuen konkreten Einwand zu provozieren... ;)

Wenn du das erst nach ein paar Jahren machst, wird der Prüfer die 137(3) oder (5) ziehen und du hast gelitten (keine neue Frist). Wenn, dann müsste man schon in jeder Teilanmeldung vor der Recherche einen sachfremden Gegenstand in Ansprüche gießen.
 

Gerd

*** KT-HERO ***
Hi,

so hatte ich das eigentlich auch gemeint (sorry, evtl. etwas unklar ausgedrückt).

Jedes Reservemerkmal bringt 24 Monate plus die Zeitspanne von der Einreichung der jeweiligen Teilanmeldung bis zum ersten Bescheid mit dem Einwand der Uneinheitlichkeit.

Das kann halt ein kostspielige Sache werden, weil jedes Mal auch die bisher angefallenen Erhaltungsgebühren nochmal anfallen. Aber wenn der Mandant das gerne hätte...

Eine interessante Frage wäre vielleicht noch, ob ein Bescheid auch einen Uneinheitlichkeitseinwand bezüglich Erfindungen zum Inhalt haben kann, die nicht in den Ansprüchen, sondern nur in der Beschreibung genannt sind, und der Prüfer nach der dritten erschlichenen "Fristverlängerung" die nächsten 20 "potenziellen Erfindungen" aus der Beschreibung auch in dem Bescheid aufführt, weil er Lunte gerochen hat, und dem Treiben ein Ende setzen will.

Gruß
Gerd
 
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