Nichtzahlung der Gerichtskosten bei Streitwerterhöhung

Fip

*** KT-HERO ***
Folgender Fall:

Nichtigkeitsklage wird eingereicht, Streitwert vorläufig geschätzt: € 1 Mio., die Gerichtskosten für diesen Streitwert werden fristgerecht eingezahlt, es kommt zur mündlichen Verhandlung und zum Urteil, mit dem das Patent in beschränktem Umfang aufrechterhalten wird. Kostenteilung 50/50

In der mündlichen Verhandlung wird der Streitwert im Einvernehmen mit den Parteien auf € 5 Mio. hochgesetzt. Dies führt dazu, dass beide Parteien Gerichtsgebühren nachzuentrichten haben.

Was passiert wenn der Kläger / der Beklagte dann nichts bezahlt?

Wenn der Gerichtskostenvorschuss bei Einreichung der Klage nicht innerhalb von 3 Monaten nach Einreichung gezahlt wird, dann gilt die Klage als nicht erhoben (PatKostG). Aber was passiert bei Nichtzahlung der mit der Streitwerterhöhung einhergehenden, nachträglichen Gerichtskostenerhöhung?
 

Fip

*** KT-HERO ***
Danke.

Es besteht im Hinblick auf die Regelungen im PatKostG also keine Gefahr, dass die Klage sozusagen nachträglich als nicht erhoben gilt, weil man diese Regelungen "analog" oder "entsprechend" oder sonst wie heranzieht?

Dann kann ich also Nichtigkeitsklage erheben mit "Streitwert vorläufig geschätzt: € 10.000,-" und zahle den Gerichtskostenvorschuss und lasse hinterher, wenn der wahre Streitwert von € 10 Mio. auf dem Tisch liegt und ich verloren habe, die Justiz hinter mir herrennen oder, was ja schon Volkssport ist, die klagende "Universal Capital Investment AG" (ich hoffe, die gibt es nicht wirklich) mit Briefkasten in Lichtenstein und Vorstandvorsitzendem auf den Cayman Islands ist plötzlich und ganz unverhofft insolvent.
 

EQE2009-Gast

*** KT-HERO ***
Fip schrieb:
Dann kann ich also Nichtigkeitsklage erheben mit "Streitwert vorläufig geschätzt: € 10.000,-" und zahle den Gerichtskostenvorschuss und lasse hinterher, wenn der wahre Streitwert von € 10 Mio. auf dem Tisch liegt und ich verloren habe, die Justiz hinter mir herrennen ...
Wie aus der JBeitrO ersichtlich ist, muss das Bundesamt für Justiz nicht viel rennen, da das Verfahren recht schnell zur Vollstreckung führt.

Der Streitwert wird vom Gericht festgelegt. Mir ist zumindest ein Fall bekannt, bei dem das BPatG den (für diesen Fall realistischen und von beiden Parteien übereinstimmend vorgeschlagenen) Streitwert von 10 kEUR gleich auf 100 kEUR heraufgesetzt hat.

Fip schrieb:
oder, was ja schon Volkssport ist, die klagende "Universal Capital Investment AG" (ich hoffe, die gibt es nicht wirklich) mit Briefkasten in Lichtenstein und Vorstandvorsitzendem auf den Cayman Islands ist plötzlich und ganz unverhofft insolvent.
Für derartige Konstellationen gibt es das Instrument der Prozesskostensicherheit, die auch vom Gericht nach billigen Ermessen festgesetzt wird. Falls der vorgeschlagene Streitwert unvernünftig niedrig ist, kann das Gericht dies bei der Festsetzung der Prozesskostensicherheit korrigieren.
 

Fip

*** KT-HERO ***
@ EQE2009-Gast: Ich wollte mit meinem letzten Beitrag eigentlich nicht wirklich die Diskussion weiterführen, sondern lediglich was Plakatives zum Nachdenken in den Raum stellen.

Aber einigen Anmerkungen von Dir kann ich nicht folgen:

EQE2009-Gast schrieb:
Wie aus der JBeitrO ersichtlich ist, muss das Bundesamt für Justiz nicht viel rennen, da das Verfahren recht schnell zur Vollstreckung führt.
Was heißt denn das schon? Vollstreck mal auf den Cayman Islands (das soll jetzt wieder plakativ sein!) ... Einen vollstreckbaren Titel haben ist das eine, die geforderte Leistung auch erhalten, etwas ganz anderes.

Es ist ja sogar so, dass wenn die Vollstreckung gegen den beklagten Patentinhaber, der die Klage verloren hat, erfolglos bleibt, der obsiegende Kläger die Gerichtskosten zahlen muss. Das nennt sich dann "sekundärer Kostenschuldner" oder "Zweitschuldner".

EQE2009-Gast schrieb:
Der Streitwert wird vom Gericht festgelegt. Mir ist zumindest ein Fall bekannt, bei dem das BPatG den (für diesen Fall realistischen und von beiden Parteien übereinstimmend vorgeschlagenen) Streitwert von 10 kEUR gleich auf 100 kEUR heraufgesetzt hat.
Na ja. Erstens sollte mein Beispiel auch nicht wirklich realistisch sein, sondern durch Übertreibung meine Überlegung verdeutlichen. Zweitens habe ich es (jetzt mal ganz realistisch) noch nie erlebt, dass ein Streitwertanhebung durch das Gericht vor der mündlichen Verhandlung und/oder ohne Rücksprache mit den Parteien erfolgt ist. Drittens kann es mir auch egal sein, denn durch die Zahlung des Gerichtskostenvorschusses wird die Klage zugestellt und das Verfahren läuft.

EQE2009-Gast schrieb:
Für derartige Konstellationen gibt es das Instrument der Prozesskostensicherheit, die auch vom Gericht nach billigen Ermessen festgesetzt wird. Falls der vorgeschlagene Streitwert unvernünftig niedrig ist, kann das Gericht dies bei der Festsetzung der Prozesskostensicherheit korrigieren.
Das wäre mir neu. In § 81 (6) PatG (und auch in § 110 ZPO) steht "auf Verlangen des Beklagten" und nicht "nach billigem Ermessen des Gerichts". Woher hast Du das?

Außerdem ist die Prozesskostensicherheit nur für Kläger aus recht wenigen, eher exotischen Ländern überhaupt zulässig. Lichtenstein, um bei meinem übertrieben plakativen Beispiel zu bleiben, gehört meines Wissens nicht zu diesen Ländern, weil es EWR Land ist.
 

EQE2009-Gast

*** KT-HERO ***
Fip schrieb:
@ EQE2009-Gast: Ich wollte mit meinem letzten Beitrag eigentlich nicht wirklich die Diskussion weiterführen, sondern lediglich was Plakatives zum Nachdenken in den Raum stellen.
Dann entschuldigen Sie bitte vielmals meine letzte Antwort.

Fip schrieb:
Das wäre mir neu. In § 81 (6) PatG (und auch in § 110 ZPO) steht "auf Verlangen des Beklagten" und nicht "nach billigem Ermessen des Gerichts". Woher hast Du das?
§ 81 (6) S. 2 bzw. § 112 Abs. 1 ZPO. § 81 (6) S. 1 PatG , § 110 ZPO betreffen nur die Frage, ob Sicherheit geleistet werden muss, nicht die Höhe.
 

Fip

*** KT-HERO ***
Was also nützt mir der Gedanke an die Sicherheitsleistung, wenn - wie fast immer - keine Sicherheitsleistung festgesetzt wird, weil sie gar nicht zulässig ist?
 

Pat-Ente

*** KT-HERO ***
Fip schrieb:
Außerdem ist die Prozesskostensicherheit nur für Kläger aus recht wenigen, eher exotischen Ländern überhaupt zulässig. Lichtenstein, um bei meinem übertrieben plakativen Beispiel zu bleiben, gehört meines Wissens nicht zu diesen Ländern, weil es EWR Land ist.
Das kann auch weniger exotische Länder treffen: Z.B. für die USA ist das von dem jeweiligen Bundesstaat abhängig - ich habe einen Fall erlebt, in dem ein US-Unternehmen in DE Prozesskostensicherheit leisten musste.
 

Fip

*** KT-HERO ***
Das mit den USA stimmt natürlich. Dass das sogar von den Bundesstaaten abhängig ist, habe ich auch schon mal gehört, und diese Aussage hält sich hartnäckig. Aber wo und wie finde ich das raus? Hat da jemand eine zuverlässige Quelle?
 

Pat-Ente

*** KT-HERO ***
Die Prozesskostensicherheit beruht auf §110 (1) ZPO und tritt für nicht in der EU ansässige Kläger u.a. dann nicht ein, wenn dies in einem völkerrechtlichen Vertrag geregelt ist (§110 (2) Nr. 1 ZPO).

Weiteres sollte sich z.B. in einem ZPO-Kommentar finden.
 
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