Äquivalenz lassen wir hier mal außer Acht.
Im Gegenteil, das wäre wohl die wichtigste Grenze für ein "ersatzweises" Betrachten der Neuheit und damit die Haupt-Antwort auf die Ausgangsfrage.
Immerhin, die Kriterien für Neuheit und für eine
wortsinngemäße Patentverletzung dürften noch in etwa übereinstimmen, aber eine Patentverletzung unter Verwendung äquivalenter Austauschmittel wird regelmäßig einen Gegenstand betreffen, der gerade nicht neuheitsschädlich wäre. Geht es aber um die Abschätzung der Erfolgsaussicht einer Verletzungsklage, so wird die Neuheitsbetrachtung (als Kriterium, ob eine wortsinngemäße Verletzung vorliegt) regelmäßig nicht ausreichen.
Wollte man dann das "durch-den-Stand-der-Technik-Nahegelegt-sein" (als Gegenstück zur äquivalenten Patentverletzung) zur Neuheitsbetrachtung hinzunehmen, so würde man recht dramatische Unterschiede in den Kriterien feststellen. Das beginnt schon damit, dass dafür ein zweiter Stand der Technik vorliegen muss.
Immerhin, manchmal ist für die Patentfähigkeit auch (wie gemäß einer der letzten Diskussionen) die Frage eines "technischen Effekts" im Vergleich zu dem nicht-neuheitsschädlichen nächstliegenden Stand der Technik (dessen Rolle hier vom Verletzungsgegenstand gespielt wird) zu betrachten. Da gibt es durchaus gewisse Ähnlichkeiten mit "äquivalenten Austauschmitteln" im Verletzungsfall.
Für die Frage, ob ein Gegenstand patentverletzend ist, ist die zu Diskussion gestellte Hilfsbetrachtung wohl trotzdem allenfalls ein grober Anhaltspunkt, der eher zu Fehlschlüssen führen kann, als dass er hilfreich ist. Denn in der Praxis liegt eine wortsinngemäße Verletzung wohl eher selten vor. Oder sie ist zumindest eher selten streitig.