Wer glaubt, als Kollegenarbeiter hafte man allenfalls "in den Kosten der Ausarbeitung", der darf diesen Glauben gerne behalten und damit glücklich werden. Es besteht bei jedem Patentanwalt durchaus eine erhebliche Wahrscheinlichkeit dafür, dass dieser Glaube niemals auf die Probe gestellt oder sonst erschüttert wird.
Der Glaube wird von den Versicherungsgesellschaften allerdings nicht geteilt. Natürlich müssen die nicht richtig liegen und gerade diese werden verständlicherweise eher etwas mehr Panik verbreiten als nötig. Sie wollen ja "mehr Absicherung" verkaufen. Mit dieser Abwägung muss jeder selbst klarkommen. Übrigens: Die Versicherung macht hier im obenerwähnten "Innenverhältnis" einen Schaden gegenüber dem Kollegenarbeiter geltend, es ist nicht die Kanzlei, die im Beispiel von arcd007 irgendeinen Haftungsfall weiterreicht. Die Kanzlei und auch womöglich der Mandant (der weiß ohnehin von nichts) werden da gar nicht gefragt. An einem Gespräch mit dieser Versicherung wird man im Fall der Fälle nicht vorbeikommen. Die Sache vereinfacht sich, wenn man die gleiche Berufshaftpflichtversicherung hat wie die Kanzlei, dann reden die beiden Sachbearbeiter der Versicherung miteinander und der Glaube aus Absatz 1 kann fröhlich weiterleben, abgesehen vom eventuell vereinbarten Selbstbehalt, aber der liegt ja im akzeptablen Streifen.
Die Versicherungen sehen einen Vertrag zwischen i) Auftrag vergebender Kanzlei und ii) auftragnehmendem Patentanwaltskollegen (also Kollegenarbeiter) als Vertrag unter Gleichen. Auf beiden Seiten stehen Patentanwälte, die Ahnung von der Materie haben, wissen, wie lange man für so etwas braucht und der potentielle Kollegenarbeiter weiß auch, ob er die entsprechende Sache überhaupt fachlich (etwa vom technischen Gebiet oder im Hinblick auf hier konkret benötigten Fremdsprachenkenntnisse) etc. bearbeiten könnte. Und vor allem hat jeder Patentanwalt natürlich das Recht, einen Auftrag abzulehnen, wenn er es fachlich oder zeitlich nicht kann, ihm die Sache zu heikel oder riskant ist oder er ganz einfach keine Lust hat.
Einen entsprechenden Vortrag von einer der einschlägigen Versicherungen hat es im Herbst letzten Jahres beim Bayrischen Patentanwaltsverein gegeben, unter den Themen war auch laut Kurzskript "Regressrisiko von angestellten Patentanwälten und freien Mitarbeitern". Ich war nicht dort und weiß es nur vom Hörensagen. Auch der Bundesverband hatte da in einem der letzten Jahre ein Seminar zu unter anderem diesem Themenkreis. Wie üblich werden ohnehin wieder diejenigen nicht dort gewesen sein, die es am meisten betrifft.
Mag sein, dass die von mir wiedergegebene Auffassung nicht gefällt und als ungerecht empfunden wird. Aber es hat jeder die Möglichkeit in einschlägigen Kommentaren aus dem Rechtsanwaltsbereich nachzulesen. Das Hineinschauen überlasse ich jedem selbst, denn laut der Zeitschrift "Versicherungsrecht 1986" (zitiert nach Hartung/Holl BO vor § 11 Rdn 18) geht der Bundesgerichtshof im Hinblick auf den schier uferlosen Pflichtenkreis des Anwalts in seiner Rechtsprechung zu Haftungsfragen von der "Idealfigur eines juristischen Supermannes" aus. Das wäre mir jetzt doch zu deprimierend.