Gerichtsstand Honorarklage gegen eigenen Mandanten

Fip

*** KT-HERO ***
Ich vermute, dass ich etwas Offensichtliches übersehe, aber ich frage trotzdem:

Ein deutscher Patentanwalt wird von einem im Ausland ansässigen Mandanten mit einer Nichtigkeitsklage beauftragt. Die von ihm als Prozeßbevollmächtigter geführte Klage führt zur gewünschten Nichtigerklärung des Patents.

Nun zahlt der Mandant die Rechnung nicht. Der Patentanwalt will sein Honorar einklagen, möglichst in Deutschland.

Kann die Klage gemäß § 34 ZPO beim Bundespatentgericht eingereicht werden? Dem Wortlaut nach müsste es gehen. Ich habe von einem solchen Fall allerdings noch nicht gehört.
 

Lysios

*** KT-HERO ***
Kann die Klage gemäß § 34 ZPO beim Bundespatentgericht eingereicht werden? Dem Wortlaut nach müsste es gehen. Ich habe von einem solchen Fall allerdings noch nicht gehört.

Gibt es explizite Vereinbarungen zum materiellen Recht (Vertragsstatut) und zum Gerichtsstand? Wenn nicht, was folgt aus der Rom-I Verordnung bzw. der EuGVVO?

Ergibt sich daraus, dass deutsches materielles Recht anwendbar ist und die deutschen Gerichte international zuständig sind? Wenn ja, dann handelt es sich hier um eine bürgerliche Rechtsstreitigkeit, die nach § 13 GVG vor die ordentlichen Gerichte gehört. Nach § 12 GVG gehört das BPatG nicht dazu.

Die ZPO ist nach § 3 Abs. 1 EGZPO direkt nur für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten vor den ordentlichen Gerichten anwendbar. Ein Rückgriff auf § 34 ZPO über § 99 Abs. 1 PatG kann überhaupt nur im Rahmen der Verfahren vor dem BPatG erfolgen, wozu bürgerliche Rechtsstreitigkeiten gerade nicht gehören.

Was Du aber eigentlich erreichen willst, benötigt aber dann keine Honorarklage, wenn Du Dich auf RVG-Gebühren beschränken würdest. Wenn ein RA mitgewirkt hat, dann ist § 11 RVG für diesen direkt und den PA analog vor dem BPatG anwendbar. Ein Muster für einen Kostenfestsetzungsantrag beim BPatG zu dem Nichtigkeitsverfahren nach § 11 RVG findest Du in dem Buch "Die Vergütung des Patentanwalts" von Albrecht/Hoffmann. Die RVG-Rechnung musst Du dann aber selbst machen.
 

Fip

*** KT-HERO ***
Danke für die Antwort. Ich ahnte, dass es da etwas geben muss, das ich übersehen habe.

Was die Vergütungsfestsetzung nach § 11 RVG angeht, so ist man sich da ja uneins. Das BPatG bejaht die Möglichkeit (GRUR 2002, 732) und das OLG Düsseldorf verneint sie (OLG Düsseldorf, Beschl. vom 23. Juli 2008 — I-2 W 30/08 — Rechtsbeschwerde zugelassen, aber wohl nicht eingelegt - kann gegoogelt werden).
 

Lysios

*** KT-HERO ***
Da es keine Rechtsmittel gegen Kostenentscheidungen des BPatG (außer natürlich der Erinnerung gegen die Entscheidung des Rechtspflegers mit Vorlage an den Senat, falls dieser nicht abhilft) gibt, ist das kein Problem im Nichtigkeitsverfahren.

Mittlerweile ist wohl sogar schon die Zulässigkeit einer Gegenvorstellung gegen die Wertfestsetzung nach §§ 33 RVG zumindest in Markensachen beim BPatG zwischen den Senaten umstritten. Da ist ja eine Beschwerde an den BGH schon nach § 33 Abs. 4 S. 4 RVG ausgeschlossen und man benötigt nicht erst § 82 Abs. 2 MarkenG und § 11 Abs. 3 PatKostG. Für das Nichtigkeitsverfahren ist aber eine Gegenvorstellung wegen § 63 Abs. 3 GKG unstrittig zulässig, da hier ja streitwertabhängige Gerichtsgebühren anfallen und damit §§ 33 RVG nicht anwendbar ist. Eine Beschwerde an den BGH ist da wegen § 66 Abs. 3 S. 3 GKG schon nicht möglich und es braucht nicht §§ 99 Abs. 2 PatG, 11 Abs. 3 PatKostG.
 

Fip

*** KT-HERO ***
Vielleicht ist ja Folgendes als Ergänzung interessant:

Das BPatG ist ein "besonderes Gericht der orderntlichen Gerichtsbarkeit im Sinne des Art. 95 Abs. 1 GG" (BGH Aluminium-Trihydroxid). Es gehört danach zur ordentlichen Gerichtsbarkeit, auch wenn es "besonders" ist.

Wenn man bei der Eingangsfrage mal den Auslandsbezug weglässt, so überzeugt mich - auch wenn ich "im Gefühl habe", dass Lysios Recht hat - die Begründung nicht wirklich. Es hat wohl noch niemand versucht.
 

Lysios

*** KT-HERO ***
Also ich wüßte nicht, wie man § 12 GVG entgegen seinem klarem Wortlaut so auslegen kann, dass das BPatG damit abgedeckt wäre.

Der Hinweis in der BGH-Entscheidung bedeutet nur, dass der Instanzenzug vom BPatG zum BGH führt, und der BGH wegen § 12 GVG zur ordenlichen Gerichtsbarkeit gehört, so dass das BPatG hier etwas "besonderes" ist.
 

Fip

*** KT-HERO ***
Also ich wüßte nicht, wie man § 12 GVG entgegen seinem klarem Wortlaut so auslegen kann, dass das BPatG damit abgedeckt wäre.

Der Hinweis in der BGH-Entscheidung bedeutet nur, dass der Instanzenzug vom BPatG zum BGH führt, und der BGH wegen § 12 GVG zur ordenlichen Gerichtsbarkeit gehört, so dass das BPatG hier etwas "besonderes" ist.

Ob der BGH das BPatG nur deshalb zur ordentlichen Gerichtsbarkeit zählt, weil die nächste Instanz der BGH ist, glaube ich nicht.

Klar ist, dass § 1 ZPO auf das GVG verweist und das § 12 GVG das BPatG nicht auflistet.

Aber Du selbst sagst zum Beispiel, dass die Patentanwälte § 11 RVG für sich in Anspruch nehmen können, obwohl es Rechtsanwaltsvergütungsgesetz heißt und obwohl darin expilizit und ausschließlich Rechtsanwälte genannt sind und obwohl nur Rechtsanwälte einen auch der Höhe nach gesetzlich normierte Gebührenordnung haben.

Mit deinem Verweis auf § 11 RVG beweist Du selbst, dass sich die ein oder andere Vorschrift doch dann, wenn man den Sinn und Zweck der Vorschrift hinterfragt, auch unter Umständen auf Fälle sinnvoll anwenden lässt, die eigentlich nicht unter den strengen Wortlaut der Vorschrift fallen.

Warum nicht also § 34 ZPO für Honorarklagen von Patentanwälten gegen inländische Mandanten (oder umgekehrt für Rückerstattungsansprüche bei Zuvielzahlung), für Aufwanderstattungsklagen von vom Bundespatentgericht geladenen Zeugen oder Sachverständigen zulassen? Genau diesem Zweck dient doch der § 34 ZPO. Das Gericht, das die Kosten bzw. Gebühren veranlasst hat bzw. vor dem sie entstanden sind und das bereits mit dem Streit- und Prozessstoff vertraut ist soll - auch aus prozessökonomischer Sicht und der einfacheren Sachaufklärung wegen - über solche Klagen entscheiden können. Warum wäre dies im Fall des BPatG zwingend zu verneinen.

Klar, man kann sagen, weil das Gesetz das nicht explizit vorsieht. Das Gesetz sieht aber auch nicht explizit vor, dass Patentanwälten der § 11 RVG zur Seite steht. Wird aber trotzdem gemacht. Komisch. Mal sehr wohl entgegen dem klaren Wortlaut, mal dann doch lieber nicht.

Nochmal, ich denke Du hast im Ergebnis Recht. Aber nicht wegen § 12 GVG.
 

Fip

*** KT-HERO ***
Nochmal, ich denke Du hast im Ergebnis Recht. Aber nicht wegen § 12 GVG.

Da muss ich mich selbst korrigieren. "Aber nicht wegen § 12 GVG" ist zu pauschal. Ich finde nur die Begründung, die lediglich auf den reinen Wortlaut verweist, macht es sich zu einfach. Vielleicht erklärt es sich ja aufgrund des Normzwecks des 12 GVG, den mir nicht ganz klar ist ...
 

Lysios

*** KT-HERO ***
Das Gesetz sieht aber auch nicht explizit vor, dass Patentanwälten der § 11 RVG zur Seite steht. Wird aber trotzdem gemacht. Komisch. Mal sehr wohl entgegen dem klaren Wortlaut, mal dann doch lieber nicht.

Also ich habe geschrieben, dass § 11 RVG ANALOG angewandt wird. Bekanntlich setzt eine Analogie eine planwidrige Regelungslücke voraus. § 12 GVG enthält aber klar eine abschließende Regelung, so dass eben keine planwidrige Regelungslücke vorliegt: Nur die aufgeführten Gerichte gehören zur ordentlichen Gerichtsbarkeit. Also scheidet eine analoge Anwendung von § 12 GVG aus.

§ 12 GVG ist auch erkennbar nicht verfassungswidrig zustande gekommen und auch erkennbar selbst nicht verfassungswidrig. Eine Auslegung von § 12 GVG entgegen dem klaren Willen des Gesetzgebers ist daher nur schwerlich möglich. Womit hast Du da ein Problem?

Da das BPatG aber dem BGH untergeordnet ist, wird es aber trotzdem als "besonderes" Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit bezeichnet, weil es zwar nicht nach § 12 GVG ein "echtes" ordentliches Gericht ist, aber trotzdem der BGH als oberstes Bundesgericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit Entscheidungen des BPatG aufheben und abändern kann.
 

Fip

*** KT-HERO ***
Nun ja, das BPatG wird im GVG nicht erwähnt, allerdings wird das GVG im PatG an vielen Stellen erwähnt.

Wenn § 99 PatG verlangt, die Vorschriften der ZPO und des GVG entsprechend anzuwenden, sofern das PatG bestimmte Regelungen nicht enthält und die Besonderheiten des Verfahrens vor dem BPatG dies nicht ausschließen, stellt sich die Frage, ob man § 12 GVG, § 34 ZPO nicht "entsprechend" auch für das BPatG anwenden könnte.

Fakt ist, dass das PatG keine Regelungen zu Honorarklagen enthält, die sich auf die sachliche Zuständigkeit des BPatG nach § 34 ZPO stützen. Diese wären also nur dann nicht möglich, wenn die Besonderheiten des Verfahrens vor dem BPatG eine Klage vor dem BPatG, die sich auf eine sachliche Zuständigkeit nach § 34 ZPO stützt, ausschließen würde.

Dies vermag ich nicht ohne weiteres zu erkennen. Das BPatG entscheided regelmäßig über die Kosten, hat Kostenfestsetzungs- und Urkundenbeamte, die Senate haben Geschäftsstellen, das BPatG ist für alle Tätigkeiten, die auch vor den ordentlichen Gerichten eine Rolle spielen, bestens ausgerüstet (Beweiserhebung, Zeugenvernehmung, Kostenfestseztungsverfahren, Ausfertigung vollstreckbarer Urteilsausfertigungen, Erstellung von Rechtskraftzeugnissen und was es noch so gibt). Von der Organisationsstruktur her sehe ich keine Probleme.

Ist also das Verfahren vor dem BPatG so "besonders", dass es die sich auf § 34 ZPO stützende Klage ausschließt? Wenn ja, warum eigentlich?

Lass uns die Diskussion hier abbrechen. Es bringt ja nichts ... Auch wenn ich Dir im Ergebnis ja Recht gebe, werden wir das hier nicht zu unserer beiden Zufriedenheit zu Ende bringen.

Bei der Nichtnennung der Patentanwälte im § 11 RVG von einer planwidrigen Regelungslücke auszugehen, halte ich im Übrigen für gewagt. Es kann doch nicht angehen, dass Nicht-Rechtsanwälte (sprich Patentanwälte) sich Vorschriften zu eigen machen, die die Pfründe der Rechtsanwaltschaft sichern sollen. Da ist gar nichts planwidrig, sondern das ist genau so gewollt.
 

Lysios

*** KT-HERO ***
Wenn § 99 PatG verlangt, die Vorschriften der ZPO und des GVG entsprechend anzuwenden, sofern das PatG bestimmte Regelungen nicht enthält und die Besonderheiten des Verfahrens vor dem BPatG dies nicht ausschließen, stellt sich die Frage, ob man § 12 GVG, § 34 ZPO nicht "entsprechend" auch für das BPatG anwenden könnte.

Das ist falsch und das habe ich hier auch schon geschrieben: Die ZPO kann nach § 99 Abs. 1 PatG N U R entsprechend für V E R F A H R E N vor dem BPatG angewendet werden. Dazu muss erst einmal ein solches Verfahren vor dem BPatG zugelassen werden.

Das GVG weist die bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten den ordentlichen Gerichten zu. Das BPatG gehört nicht dazu. Eine anderweitige Zuweisungsnorm für bürgerliche Rechtsstretigkeiten an das BPatG existiert nicht.

Folglich kann eine Honorarklage nicht vor dem BPatG anhängig gemacht werden und es wird die Klage nach § 17a Abs. 2 GVG an ein zuständiges Gericht verweisen.

Ein Anwendungsbereich für § 34 ZPO in Verfahren vor dem BPatG (z.B. Nichtkeitsklage, Beschwerdeverfahren nach PatG, MarkenG usw.) ist für mich überhaupt nicht ersichtlich.
 
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