Allg. Frage zum Beschwerdeverfahren

AnNaJF

SILBER - Mitglied
Liebes Forum,

ich hätte heute mal eine kurze Frage zum Beschwerdeverfahren (im Zuge einer Markenlöschung):

Nehmen wir mal folgenden Fall an:
A beantragt im Jahre 2012 die Löschung der B gehörenden Marke M in allen (eingetragenen) Klassen K1, K2 und K3.
Im Jahre 2014 bestätigt das DPMA die Löschung in Klasse K1.
Daraufhin steigt B ins Beschwerdeverfahren vorm BPatG ein.

Kann sich B dadurch letztlich gar "verschlechtern"?
Sprich, kann durch die Beschwerde letztlich, neben der Löschung in Klasse K1, auch die Löschung in den Klassen K2 und K3 angeordnet werden, also über das vom DPMA intendierte Maß hinaus?
Oder ist eine solche Schlechterstellung durch Urteil des BPatG ausgeschlossen, so dass lediglich die Löschung in Klasse K1 bestätigt werden könnte, nicht jedoch weitere Löschungen angeordnet werden können?

Kernfrage:
Wo ist das denn "geregelt"? ;)

Danke!

Vlg
 

Lysios

*** KT-HERO ***
Daraufhin steigt B ins Beschwerdeverfahren vorm BPatG ein.

Die entscheidende Frage ist die, wie B ins Beschwerdeverfahren eingestiegen ist? Im Beschwerdeverfahren am BPatG kann nur anhängig werden, was auch beantragt ist. Das ist ständige Rechtsprechung, genauso wie das Verbot der reformatio in peius (über § 82 Abs. 1 S. 1 MarkenG). Referenzen finden sich in den einschlägigen Kommentaren.

Hat B einfach nur Beschwerde eingelegt (sehr unwahrscheinlich, aber zulässig), dann wird das so ausgelegt, dass eine Beschwerde gegen die gesamte Entscheidung eingelegt wurde. Dann kann die gesamte Entscheidung abgeändert werden, wobei hier sogar meist der Amtsermittlungsgrundsatz gilt (§ 73 Abs. 1 MarkenG).

Ist aber (sehr wahrscheinlich) nur Beschwerde gegen die Löschung eingelegt, dann wird der Antrag auf Löschung von K2 und K3 nur dann am BPatG anhängig, wenn A selbst Beschwerde oder Anschlussbeschwerde (§ 82 Abs. 1 S. 1 MarkenG i.V.m. § 567 Abs. 3 ZPO) einlegt. Eine unselbständige Anschlussbeschwerde kann A nach Ablauf der Beschwerdefrist noch bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung bzw. im schriftlichen Verfahren bis zur Übergabe der Entscheidung des BPatG an die Post eingelegen.
 

Lysios

*** KT-HERO ***
Hat B einfach nur Beschwerde eingelegt (sehr unwahrscheinlich, aber zulässig), dann wird das so ausgelegt, dass eine Beschwerde gegen die gesamte Entscheidung eingelegt wurde. Dann kann die gesamte Entscheidung abgeändert werden, wobei hier sogar meist der Amtsermittlungsgrundsatz gilt (§ 73 Abs. 1 MarkenG).

Nur zur Sicherheit, falls das nicht klar herübergekommen ist: In diesem Fall kann der Grundsatz vom Verbot der reformatio in peius in der Regel nicht durchbrochen werden (und so normalerweise keine Löschung von K2 und K3 durch das DPMA bewirkt werden), während er bei eigener Beschwerde/Anschlussbeschwerde des A natürlich in deren Umfang außer Kraft gesetzt ist. Die Frage nach dem Verschlechterungsverbot stellt sich aber gar nicht erst, wenn die Entscheidung des DPMA über die Abweisung des Antrags der Löschung von K2 und K3 schon nicht beim BPatG anhängig geworden ist.
 

AnNaJF

SILBER - Mitglied
Hey,

vielen Dank.
Die Folgefrage (ich hätte als n. nach der Anschlussbeschwerde gefragt), hast Du damit auch gleich beantwortet. Somit sind eigentlich keine Fragen mehr offen :)

Vielleicht noch eine kurze Nachfrage:
Dh die einzige/primäre Chance des A - geht man von einer Beschwerde gegen die Löschung aus - die Marke des B auch in K2 und K3 gelöscht zu bekommen wäre im o.g. Fall wohl die Einreichung einer Anschlussbeschwerde mit einer entsprechenden Begründung für die Löschung auch in K2 und K3.
Richtig?

Dies kann A noch bis zum Tage der mdl. Verhandlung vorm BPatG (infolge der Beschwerde der B zur Löschung der Marke) tun.
Ebenfalls richtig?

Zwei Fragen:

1) Muss die Anschlussbeschwerde formell als solche bezeichnet werden oder reicht die Stellungnahme zur Beschwerde der Beschwerdeführerin wenn aus dieser Stellungnahme der Wunsch/die Begründung auch in den Klassen K2 und K3 hervorgeht?

2) Angenommen der mdl. Verhandlungstermin sei bereits für Januar 2015 anberaumt.
Kann sich durch Einreichung einer Anschlussbeschwerde das ganze Prozedere bis zur Urteilsfindung nochmal massiv verzögern oder ist eher davon auszugehen dass der Verhandlungstermin bleibt und das Urteil auch an diesem Tage gefällt wird?
Oder wird über die Anschlussbeschwerde ohnehin gesondert/nachgelagert entschieden?
Hat da jemand Erfahrungswerte?

Danke.
 
Zuletzt bearbeitet:

Lysios

*** KT-HERO ***
Die Anschlussbeschwerde des A ist nur ein Antrag in der Beschwerde des B. Entsprechend gering sind die Anforderungen an eine entsprechende prozessuale Willenserklärung und deren Auslegung durch das Gericht; sie kann sogar nur bedingt eingelegt werden. Sie muss allerdings schriftlich erfolgen; notfalls zu Protokoll der Geschäftsstelle des BPatG vor Verhandlungsende oder zu Protokoll während der Verhandlung.

Wenn sie erst am Verhandlungstag eingelegt wird, dann dürfte klar sein, dass dann keine abschließende Entscheidung in der Verhandlung ergehen wird. Ob und inwieweit Verzögerungen entstehen, dürfte davon abhängen, wie rechtzeitig vor der Verhandlung der Antrag gestellt wird, inwieweit neue Angriffsmittel und darauf entsprechende Verteidigungsmittel des B eingeführt werden, und wie sich die Komplexität im Einzelfall (etwa hinsichtlich Benutzungsfragen) darstellt.
 

Asdevi

*** KT-HERO ***
Noch als Ergänzung:

Die Anschlussbeschwerde ist insoweit ein relativ stumpfes Schwert, dass sie unselbstständig ist, also vom Bestehen der Beschwerde des B abhängt.

Sollte B während der Verhandlung mitbekommen, dass die Sache auf eine Löschung von K2 und/oder K3 hinauslaufen wird, kann er immer noch die Beschwerde zurücknehmen, worauf die Anschlussbeschwerde unzulässig wird. Normalerweise geben die Senate vor der Beratung mehr oder weniger deutliche Anzeichen, wie sie die Sache sehen. B kann also entsprechend reagieren.

A hätte dies nur verhindern können, wenn er selbst während der Beschwerdefrist eine eigene "echte" Beschwerde eingelegt hätte.
 

AnNaJF

SILBER - Mitglied
Danke für die Antworten.
Alle Fragen dazu geklärt.

Nur der Vollständigkeit wegen:
Könnte eigentlich ein Dritter (C) irgendwann später nochmal versuchen die Marke M dann auch in den Klassen K2 und K3 löschen zu lassen?
Oder könnte A das sogar auf irgendeinem Wege nochmal selbst versuchen?

Danke.
 
Zuletzt bearbeitet:

Lysios

*** KT-HERO ***
§§ 322, 325 ZPO sind für das kontradiktorische Löschungsverfahren sogar schon auf den Beschluss des DPMA entsprechend anwendbar, soweit dieser bestandskräftig geworden ist. Erst recht gilt das natürlich für den Beschluss (§ 70 Abs. 1 MarkenG) des BPatG mit dessen Rechtskraft. Eine Wiederholung eines rechtskräftig zurückgewiesenen Antrags durch denselben Antragsteller ist damit ausgeschlossen.
 

AnNaJF

SILBER - Mitglied
§§ 322, 325 ZPO sind für das kontradiktorische Löschungsverfahren sogar schon auf den Beschluss des DPMA entsprechend anwendbar, soweit dieser bestandskräftig geworden ist. Erst recht gilt das natürlich für den Beschluss (§ 70 Abs. 1 MarkenG) des BPatG mit dessen Rechtskraft. Eine Wiederholung eines rechtskräftig zurückgewiesenen Antrags durch denselben Antragsteller ist damit ausgeschlossen.

Danke. Ergibt ja auch Sinn, sonst würde das System auch ad absurdum geführt.
Ein Dritter C könnte allerdings auch die Löschung in Klasse K2, K3 "nochmals" versuchen, richtig?
 

Lysios

*** KT-HERO ***
Ein Dritter C könnte allerdings auch die Löschung in Klasse K2, K3 "nochmals" versuchen, richtig?

Ein Strohmann vermutlich nicht, obwohl das nach meiner Kenntnis bislang noch nicht entschieden wurde. Im übrigen steht A noch, soweit nach § 55 Abs. 1 MarkenG zulässig, die Löschungsklage offen.
 

AnNaJF

SILBER - Mitglied
Ein Strohmann vermutlich nicht, obwohl das nach meiner Kenntnis bislang noch nicht entschieden wurde. Im übrigen steht A noch, soweit nach § 55 Abs. 1 MarkenG zulässig, die Löschungsklage offen.

Natürlich nicht durch einen Strohmann sondern irgendeinen unabhängigen Dritten mit eigenen, berechtigten, Interessen.

Danke.
 
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