Frage an Chemiker - Nahrungs- und Genussmittel

pak

*** KT-HERO ***
Hallo liebe Kollegen der Fachrichtung Chemie,

ich habe heute erstmals die Anfrage hinsichtlich der Patentierung eines Nahrungsmittels auf den Tisch bekommen. Nach Studium der Kommentare weiß ich, dass Nahrungs- und Genussmittel seit 1967 (PatÄndG) patentfähig sind, also

1. das Nahrungs- und Genussmittel selbst
2. Verfahren zur Herstellung des Nahrungs- und Genussmittels (Rezepte)
3. Verwendungen
4. Formgebungen des Nahrungs- und Genussmittel

Während mir als Techniker die Punkte 2 bis 4 relativ klar sind, muss ich im Punkt 1 mal die Chemiker unter Euch bemühen:

Bei 1. geht es wohl um die Zusammensetzung (Milch, Salz, Pfeffer, Farbstoffe etc.). Wie aber begründet Ihr hier die erfinderische Tätigkeit? Kann es darauf hinauslaufen, dass der Geschmack eines Puddings o. ä. verbessert wird ? Ich denke nicht, da der Geschmack doch sehr subjektiv ist. Läuft es letztlich darauf hinaus, die erfinderische Tätigkeit dadurch zu belegen, dass durch die bestimmte Zusammensetzung die Herstellung erleichtert ist?

Dank vorab

pak
 

pak

*** KT-HERO ***
Hmmm ... ist die Frage zu banal? Oder fehlen Euch weitere Informationen?

Konkret geht es um ein Nahrungsmittel, dessen einzelne Bestandteile bzw. Zutaten bereits wohlbekannt sind und auch in der Natur vorkommen.

Gruß

pak
 

hallepeter

Vielschreiber
Die Frage ist ja bereits deshalb nicht banal, weil es um Kämie geht:p.

Spass beiseite: Es gelten die üblichen Patentierungsregeln, d.h. Neuheit (ist die Kombination 1:1 vorbeschrieben) und erfinderische Tätigkeit. Dass die Zutaten separat bekannt sind, ist m.E. nicht entscheidend. Für die erfinderische Tätigkeit kommt es darauf an, ob es zur Lösung des technischen Problems naheliegend war, die Zutaten zu kombinieren.

Es ist also wichtig, das technische Problem zu definieren. Auch Geschmack lässt sich mehr oder weniger gut objektiv bewerten, möglicherweise sogar (objektiv) quantifizieren. Es muss ja nicht unbedingt der Geschmackstest mit 200 Testpersonen sein, sondern 10 oder 5 oder 3 Testpersonen reichen vielleicht aus. Häufig gibt es bei Lebensmitteln sogar gut quantifizierbare Parameter, beispielsweise das Quellvermögen bei einem Kuchen.

Ich würde in der Anmeldung einige auf dem einschlägigen Fachgebiet relevante Parameter erwähnen und in einer Art experimentellem Teil versuchen, diese Parameter zu quantifizieren.
 

Lysios

*** KT-HERO ***
Ich habe hier keine Ahnung. Aber ich fand es sehr lustig, die im Schulte zitierten BGH-Entscheidungen Suppenrezept und Käsegericht zu lesen. Tolle Ansprüche waren das.

Aber damit ist auch klar, dass nur Nahrungsmittel als solche erst seit 1967 patentierbar sind. Deren Herstellung ist auch schon vorher patentierbar gewesen.

Also die Erfindungshöhe kann durch eine Geschmacksverbesserung alleine nicht erreicht werden. Das sagt schon der Schulte, 8. Auflage, § 1 Rn 320. Und so würde ich auch die BGH-Entscheidungen verstehen.
 

pak

*** KT-HERO ***
Also die Erfindungshöhe kann durch eine Geschmacksverbesserung alleine nicht erreicht werden. Das sagt schon der Schulte, 8. Auflage, § 1 Rn 320. Und so würde ich auch die BGH-Entscheidungen verstehen.

Davon gehe ich eigentlich auch aus ...

Es muss ja nicht unbedingt der Geschmackstest mit 200 Testpersonen sein, sondern 10 oder 5 oder 3 Testpersonen reichen vielleicht aus. Häufig gibt es bei Lebensmitteln sogar gut quantifizierbare Parameter, beispielsweise das Quellvermögen bei einem Kuchen.

... der Geschmackstest mit Testpersonen behauptet aber das Gegenteil.

Oder ist es ein einfaches für den Chemiker, einen anderen Vorteil (wie beispielsweise Schmilzt in der Hand, nicht im Mund) aus dem Hut zu zaubern, der dann eben eher technischer Natur ist?

pak
 
Zuletzt bearbeitet:

hallepeter

Vielschreiber
Lysios,

ich widerspreche Dir. Selbstverständlich kann eine (gegebenenfalls auf geeignete Weise zu quantifizierende) GeschmacksVERBESSERUNG erfinderisch sein, nämlich wenn sie durch den Stand der Technik nicht nahegelegt wird.

Das Gegenteil behauptet auch Schulte nicht (8. Auflage, §1 Rdn 320). Dort steht nur, dass "eine besondere ästhetische Wirkung die Erfindungshöhe nicht begründen [kann], wenn nur eine geschmackliche ABWANDLUNG vorliegt". Das ist doch etwas ganz anderes. Würde ich jedenfalls argumentieren.

Wenn die Anmeldung (ggf. von einem Chemiker:D geschrieben) in der Beschreibung und unter Bezugnahme auf glaubhafte Effekte detailliert ausführt, warum das alles überraschend war, wird die Akte m.E. beim Amt den normalen Weg gehen.
 

Lysios

*** KT-HERO ***
Das Gegenteil behauptet auch Schulte nicht (8. Auflage, §1 Rdn 320). Dort steht nur, dass "eine besondere ästhetische Wirkung die Erfindungshöhe nicht begründen [kann], wenn nur eine geschmackliche ABWANDLUNG vorliegt". Das ist doch etwas ganz anderes. Würde ich jedenfalls argumentieren.

Also nach meinem Verständnis ist eine Verbesserung immerhin auch eine Abwandlung. Und wenn es hier wirklich auf solche Spitzfindigkeiten ankäme, dann würde ich eine entsprechende Klarstellung in einem derartigen Kommentar erwarten.

Sprichst Du denn hier aus Erfahrung? Gibt es tatsächlich solche Patente? Ich wäre wirklich sehr erstaunt. Nach der Rechtsprechung können Düfte nicht über das Urheberrecht oder das Markenrecht geschützt werden. Für einen "guten" Geschmack kann nichts anderes gelten. Und dann soll es ausgerechnet auf diese Weise sogar einen Patentschutz für den guten Geschmack geben? Also das passt nicht in mein Weltbild.

Siehe zur Suppenrezept-Entscheidung z.B. Hansen, "Zum Schutz von Lebensmitteln bzw. Arzneimitteln im Gebrauchsmusterrecht - Anmerkungen zur Praxis nach der Schokoladentafel-Entscheidung des BGH in GRUR 1975, 367", GRUR 1976, 162:

"Verbesserungen an gegenständlichen Lebensmitteln, die ausschließlich die Geschmacksnote oder -richtung betreffen, sind von der Eintragung ausgeschlossen. Nicht etwa weil sie untechnischer Natur wären - eine derartige frühere Auffassung ist mit der Suppenrezept-Entscheidung aufgegeben worden -, sondern weil die geschmacklichen Vorteile sich erst beim Verzehr auswirken. Zu diesem Zeitpunkt besteht die rechtliche Gleichstellung von Lebensmitteln mit Gebrauchsgegenständen nach Ansicht des BGH nicht mehr. Dagegen ist anzunehmen, daß Lebensmittel, deren ästhetisches Aussehen verbessert wird - auch Verbesserungen ästhetischer Art kann nach der Garagentor-Entscheidung technischer Charakter zukommen - gebrauchsmusterschutzfähig sind."

Oder hier BPatG: BPatG 24.07.1978 16 W (pat) 81/77 "Menthonthiole", GRUR 1978, 702:
"Da der erzielte technische Fortschritt sich nicht in bloßen geschmacklichen Nuancierungen erschöpft, geht auch der Hinweis der Einsprechenden auf die BGH-Entscheidung in GRUR 1966, 250 Suppenrezept - an der Sache vorbei."
 
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grond

*** KT-HERO ***
Ich habe "Suppenrezept" auch so in Erinnerung, dass sich der BGH damals zu einer salomonischen Entscheidung durchgerungen hat: "im Prinzip schon, nur gibt es halt leider nichts, was in der geschmacklichen Wirkung ausreichend überraschend genug wäre, um erfinderisch zu sein (nicht einmal Scheiße mit Erdbeeren)"
 
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Groucho

*** KT-HERO ***
So, jetzt mal Butter bei die Fische! Gibt es solche Patente oder nicht :confused:?

Chemiker ran ;)!

pak
Zwar kein Chemiker, aber nach kurzer Recherche:

EP 1 845 797 B1: Lebensmittelzusammensetzung
EP 1 498 498 B1, Anspruch 11: Schokolade
EP 0 974 272 B1, Süssstoff, Anspruch 4: Getränk
 
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pak

*** KT-HERO ***
Hallo Croucho,

danke für den Tipp bzw. die Mühe, hätte man sicher auch selbst machen können ;-). Offensichtlich ist die Aufgabenstellung überhaupt kein Problem, wobei ich zwei "Extreme" sehe:

Der Anmelder gibt unverhohlen zu, dass es ihm lediglich um eine Geschmacksverbesserung geht:

Aufgabe mit Geschmack.gif

Der Anmelder sucht einen messbaren Wert, wie bspw. die Süße, und "optimiert" diesen:

Aufgabe mit Messbarer Süsse.gif

Letztgenannte Vorgehensweise scheint die von Hallepeter angesprochene zu sein:

Ich würde in der Anmeldung einige auf dem einschlägigen Fachgebiet relevante Parameter erwähnen und in einer Art experimentellem Teil versuchen, diese Parameter zu quantifizieren.

Scheint aber in beiden Fällen zu funktionieren ...

Na dann Prost!

pak
 
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Lysios

*** KT-HERO ***
Naja, in den ersten beiden Fällen passt es nicht:

1. Hier ist das Problem: "reducing of hypertension while reducing the aftertaste of the product containing the active agents", also gerade nicht nur der Geschmack

2. Hier schreibt der Vertreter des Anmelders selbst, dass es sich gerade nicht um Nahrung handelt.

Der dritte Fall könnte auch ein Unfall gewesen sein, der in Deutschland nichts rechtsbeständig sein könnte.
 
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