Sorry, aber da muss ich widersprechen. Wenn ich Ansprüche (rechtzeitig) freiwillig gestrichen habe, habe ich nicht auf sie verzichtet. Regel 162 (4) greift nicht, weil ich Gebühren, die nie fällig waren, nicht "nicht rechtzeitig" zahlen kann und weil diese Ansprüche, die ich "bei Einleitung der regionalen Phase" streiche (siehe Ausgangsfrage) außerdem nie zu den Ansprüchen gehört haben, die dem europäischen Erteilungsverfahren zugrunde zu legen sind (R 162 (1)).
Das, was in diesen Ansprüchen offenbart ist, ist aber Teil der ursprünglichen Offenbarung. Und ich kann Änderungen des Patentbegehrens unter Rückgriff auf die ursprüngliche Offenbarung vornehmen. Merkmale, die in ursprünglich eingereichten und vorläufig gestrichenen Ansprüchen stehen, sind dabei nicht anders zu beurteilen bzw. "schlechter gestellt" als Merkmale, die in der ursprünglichen Beschreibung oder den Zeichnungen zu finden sind. Wenn die Änderung eine echte Einschränkung darstellt, die ich zweifellos etwa dann vornehmen dürfte, wenn dieses Merkmal als bevorzugtes Ausführungsbeispiel (nur) in der Beschreibung stünde, dann darf ich diese Änderung auch vornehmen, wenn das Merkmal (nur) in einem ursprünglichen (und bei Einleitung der regionalen Phase gestrichenen) Unteranspruch stand.
Wenn also weiter - und hierauf richtete sich die Frage - der (ich vermute mal aufgrund des Standes der Technik nicht patentfähige) Hauptanspruch (zur Abgrenzung vom Stand der Technik) mit Merkmalen eingeschränkt werden soll, die in einem ursprünglich offenbarten und dann (zunächst) gestrichenen Unteranspruch standen, ist das zulässig, und zwar auch im Rahmen der Erwiderung auf einen Prüfungsbescheid, der die mangelnde Patentfähigkeit beanstandet und im Rahmen dessen der Anmelder aufgefordert wird, eine Stellungnahme einzureichen und, vorbehaltlich des Art. 123, die Anmeldung zu ändern. Ich musste das übrigens schon mehrmals machen und es hat noch kein Prüfer gemeckert.
Anders sieht es ggf. dann aus, wenn sich durch die Hinzunahme der Merkmale des (gestrichenen) Unteranspruchs in den Hauptanspruch ein anderer Gegenstand ergibt, der z.B. als eine Art Aliud zur zunächst beanspruchten Erfindung angesehen werden kann und der nicht recherchiert ist (R 137 (5)). Nach Erstellung des europäischen Recherchenberichts eine Änderung vorzunehmen, die eigentlich eine zusätzliche Recherchegebühr erforderlich machen würde, geht sicher nicht. Hierauf deutet die Ausgangsfrage zugegebener Maßen auch ein wenig hin. Allerdings ist zu unterscheiden zwischen einer zusätzlich fällig werdenden Recherchegebühr, die z.B. anfällt, weil es um Uneinheitlichkeit geht (erster Fall), und einer Nachrecherche (zweiter Fall), die erforderlich werden kann, wenn der Anmelder sich in zulässiger Weise mit einem ursprungsoffenbarten Merkmal einschränkt, welches der Prüfer - etwa weil es in den Ansprüchen nicht vorkam - bei der Erstrecherche zunächst nicht berücksichtigt hat. Im ersteren Fall wäre im Übrigen aber auch die Aufnahme eines Merkmals aus der Beschreibung problematisch. Für den zweiten Fall sehen die Prüfungsrichtlinien ja gerade die Möglichkeit einer Nachrecherche vor (siehe Hinweis in der Ausgangsfrage), die im Übrigen dann nichts extra kostet.
Möglicherweise sieht es auch dann anders aus, wenn R 162 (4) greift, aber das lässt sich ja vermeiden. Im Übrigen findet sich der Anspruchswortlaut regelmäßig auch in der Beschreibung wieder. Selbst wenn ich nach R 162 (4) auf den Patentanspruch verzichtet habe, bedeutet dies möglicherweise nicht zwingend, dass ich damit auch auf die Offenbarung des entsprechenden Merkmals in der Beschreibung verzichtet habe (wobei man sich hierüber sicherlich streiten kann und ich weiß nicht, ob das schon entschieden ist ...). Aber hierzu gibt die Ausgangsfrage nichts her.