Teil C EQE C-Teil 2008, Anspruch 3

derekreign

Vielschreiber
Mich hat anfangs der Begriff "Erzeugnis, umfassend ... Tinte" verwirrt. Nach gründlicher Überlegung bin ich aber der Auffassung, das umfasst sowohl Erzeugnisse, die z.B. mit Tinte beschriftet sind, als auch die Tinte alleine (ist ja ein Erzeugnis). Es bedeutet nicht, dass die Tinte bspw. in einem Behälter etc. enthalten sein muss.
Anders gesagt, die Tinte kann das Erzeugnis SEIN, oder irgendwie in einem Erzeugnis enthalten, daran angebracht etc. sein.
Auch die Anweisung muss nicht zwingend auf dem Behälter drauf sein (auf der Tinte alleine ginge das ja kaum...), sondern könnte genausogut als Beipackzettel mit dabei sein.

Wie seht ihr das?
 

Fip

*** KT-HERO ***
Ich glaube, die ganze Diskussion dreht sich ziemlich im Kreis. Ob nun nichttechnische Merkmale "als solche" Neuheit herstellen können oder nicht, wird sich wohl so ohne weiteres hier nicht abschließend klären lassen, weil beide Ansichten gute Argumente auf ihrer Seite haben. Ich bin mal auf die Bewertung/Begründung im Examiner's Report gespannt. Da gilt dann wieder nur eine Ansicht, während die andere, selbst wenn gut und nachvollziehbar begründet, 0 Punkte bekommt.

Zu der Anleitung kann ich nur sagen: Es steht ja noch nicht mal im Anspruch, dass die Anleitung schriftlich sein muss. Es kann auch eine mündliche Anleitung sein, eine rein gedankliche, eine auf Tonband oder sonst was. Ich weiß echt nicht, was diese Anleitung mit der Tinte zu tun haben soll oder welchen technischen Beitrag diese Anleitung als solche leistet. Die Informationen in der Anleitung leisten vielleicht einen technischen Beitrag in irgendeiner Form, ok, aber die isolierte Forderung, dass diese Informationen in einer Anleitung enthalten sind?

Naja, wie dem auch sei. Das Ganze läßt sich hier wohl nicht abschließend klären.
 

Horst

*** KT-HERO ***
Wir könne uns wohl nicht gegenseitig überzeugen, müssen wir aber auch nicht. Wir können nur abwarten.

Aber ich habe die angesprochene Entscheidung mal gelesen und sehe in ihr nur die übliche Praxis.

In der angesprochenen Entscheidung T154/04 wird doch auch bei ähnlichem Sachverhalt aufgrund ET widerrufen. Gegenstand ist auch eine Vorrichtung mit bekannten technischen (Prozessor, Computer, usw) und nicht-technischen Merkmalen (Algorithmus).

In den Entscheidungsgründen heisst es dann:

27. Der Beitrag zum Stand der Technik besteht in der Verwendung des bekannten(!) Systems (nicht neu!) zur Durchführung einer
neuartigen Marktanalyse (nicht-technische Merkmale neu), die sich von den in Dokument D1 offenbarten statistischen Berechnungen unterscheidet und daher die Implementierung eines neuen (!, nicht-technisch) Algorithmus zur Verarbeitung der Verkaufsdaten und zur Erzeugung der gewünschten Informationen über die
nicht berichterstattenden Verkaufsstellen erfordert. Dies impliziert jedoch nicht den Einsatz irgendeines neuen technischen
Mittels(!!!!!). Der Beitrag zum Stand der Technik ist daher auf die Implementierung des neuen Algorithmus beschränkt (nicht-technisch!).

28.[...]Der einzige (!!) technische Aspekt des beanspruchten
Systems, nämlich die Verwendung eines Prozessors zur Implementierung des nichttechnischen Verfahrens und des
entsprechenden Algorithmus, ist das naheliegende Resultat der Verwendung von Computersystemen für Marktanalysen
wie beispielsweise in Dokument D1(technische Merkmale aus D1 bekannt).[...]Infolgedessen sind der Hauptantrag und die Hilfsanträge 1 bis 3 mangels erfinderischer Tätigkeit (!) nicht gewährbar (Art. 56 EPÜ).

Zusammenfassend ein deutliches Ergebnis. Nach Absatz 27 gibt es kein neues technisches Mittel, ein Widerruf erfolgt aber auf Basis von Art.56.

Analog bei unserem Beispiel wäre das:

Wässrige Tinte ist schon bekannt => kein neues technisches Mittel. Beitrag zum Stand der Technik liegt somit in der Anleitung und damit der Wiedergabe von Informationen => nicht-technisch.

Der einzige technische Aspekt, ein Erzeugnis umfassend eine anleitungsgemäß einsetzbare farbändernde wässrige Tinte zur Umsetzung der Anleitungsinformationen, ergibt sich in naheliegenderweise aus dem nächliegenden Stand der Technik(dem mit der wässrigen Tinte).

Ein Zusammenwirken der Merkmale ist doch nahezu immer gegeben. Ausnahmen bilden evtl. höchstens rein gedankliche Merkmale, G 2/88, etwa der Art: "Bekannte Verwendung eines bekannten Stoffes, wobei der Benutzer an besseres Wachstum denkt."

Wie gesagt, warten wir es ab.
 

PAPA

GOLD - Mitglied
Ich habe auch argumentiert, dass die in A2 offenbarte Tinte ein "Erzeugnis umfassend eine wässrige Tinte" darstellt. Dies ist m.E. sicherlich nicht falsch.
 

grond

*** KT-HERO ***
Fip schrieb:
Ich bin mal auf die Bewertung/Begründung im Examiner's Report gespannt. Da gilt dann wieder nur eine Ansicht, während die andere, selbst wenn gut und nachvollziehbar begründet, 0 Punkte bekommt.
Ich kann mir nicht vorstellen, dass die das gleich im nächsten Jahr nochmal so machen. Ich hatte eher das Gefühl, dass es Angriffe geben wird, die z.B. 10 Punkte geben und solche, die 5 geben. Da es diesmal eine so große Zahl von möglichen Argumentationen gab (was hier allein schon alles diskutiert wurde, was alles nicht unbedingt von der Hand zu weisen wäre), wird man die notwendige Anzahl Punkte aber trotzdem nur zusammenbekommen, wenn man sich für die "richtigen" Angriffe entschieden und nicht die knappe Zeit mit den mit weniger Punkten bedachten Angriffen "verschwendet" hat. Im realen Leben hätte man natürlich alle Angriffe verwertet, weil man nicht auf die sechs Stunden beschränkt gewesen wäre, aber das hier ist ja eine Prüfung und hat daher mit dem realen Leben offenbar nichts zu tun...
 

grond

*** KT-HERO ***
PAPA schrieb:
Ich habe auch argumentiert, dass die in A2 offenbarte Tinte ein "Erzeugnis umfassend eine wässrige Tinte" darstellt. Dies ist m.E. sicherlich nicht falsch.
Dem stimme ich zu. "Erzeugnis" ist ja nur die Anspruchskategorie, in die "Tinte" ohnehin zu subsumieren wäre. "Umfassend" ist offen, also hätte der Anspruch auch einfach "Tinte mit einer Anleitung blabla.." lauten können.
 

Horst

*** KT-HERO ***
Wohl doch mangelnde Neuheit, T 553/02!

Dort ein Produkt umfassend ein Bleichmittel und eine Anleitung.
 

Lysios

*** KT-HERO ***
Also ich habe meine Zweifel, ob wirklich erwartet wurde, das man diese Entscheidung kennt und ob diese Meinung als ständige Rechtsprechung anzusehen ist. Im Rechtsprechungsbuch findet sich dazu nur etwas, woraus man aber nicht ableiten kann, dass man hier einen Neuheitsangriff hätte machen können:

In T 553/02 gelangte die Kammer zu dem Schluss, dass ein Anspruch, der auf ein Erzeugnis mit einem Stoffgemisch (im vorliegenden Fall eine Bleichmittelverbindung) und auf Anweisungen zur Benutzung des Erzeugnisses gerichtet ist, wobei die Anweisungen ohne technische Wirkung für das Erzeugnis sind, nicht nach Art. 52 (2) EPÜ vom Patentschutz ausgeschlossen ist, da der Anspruch eine technische Bedeutung hat und die technischen Merkmale definiert, die für die Definition des beanspruchten Gegenstands - d. h. eines Erzeugnisses, das eine Bleichmittelverbindung umfasst - erforderlich sind. Die Frage der Neuheit war im vorliegenden Fall für die Prüfung der Patentfähigkeit nicht relevant (siehe z. B. T 931/95, ABl. 2001, 441).
 

Horst

*** KT-HERO ***
Da bin ich auch mal gespannt. Man musste die Entscheidung wirklich gelesen haben, um zu wissen, dass Neuheit deswegen nicht relevant war, weil die mangelnde Neuheit von der Patentinhaberin schlichtweg unstrittig gestellt wurde.

Der Text im Rechtsprechungsband war so nur für das Mandantenschreiben 1:1 verwertbar.

In der Entscheidung kommt es dann - wie hier schon herausgearbeitet wurde - auf das Zusammenwirken der Merkmale an. Ein Zusammenwirken wird dann in der Entscheidung verneint und daher schon Neuheit verneint (in etwa die Gründe von fip).

Die Gründe sind zwar nachvollziehbar, warum aber bspw. in der anderen zitierten Entscheidung im ABl. 2/08 dann nicht auch konsequent auf Neuheit gegangen wird, erschließt sich mir nicht.

Dort sind Computersysteme und sogar ihre Verwendung zur Berechnung von (schlechteren) Versicherungsalgorithmen bekannt. Unterschied liegt lediglich im neuen Algorithmus.

Was ist ein Algorithmus anderes als eine (Rechen-)Anleitung?

Oder umgekehrt, wenn man sagt, der Algorithmus wird auf einem Computersystem ausgeführt oder das Computersystem muss zur Ausführung eingerichtet sein, dann wird eine Anleitung auch an(mit) der Tinte ausgeführt bzw. die Tinte muss eingerichtet sein.

Vielleicht gibt es ja auch ein salomonisches Urteil, in etwa "Alles was nicht neu ist, ist auch nicht erfinderisch." und daher beides in Ordnung. Es bleibt spannend.
 

grond

*** KT-HERO ***
Ich bin, was diesen Punkt angeht, auch gespannt. Eigentlich dürfte es keinen Abzug geben, solange man den Anspruch nicht unter Art. 52 verwirft, sondern unter 54 oder 56. Wenn nur ein Grund von 54 oder 56 als korrekt gewertet wird, muss man sich einmal vor Augen führen, dass für einen einzigen Aspekt immerhin die Punkte für einen Angriff auf einen Nebenanspruch (!) und eine Frage im Mandantenschreiben flötengehen. Damit würde eine "binäre" Benotung nach Art. 54/56 sehr viel mehr Punkte kosten, als zu rechtfertigen wäre.

Was ich auch exemplarisch finde, ist, wie hier trotz der unterschiedlichen Lösungen doch recht deutlich gezeigt wird, dass das für den Beruf notwendige Wissen doch vorhanden ist bzw. durch Quellenstudium aufgefunden wird. Wenn also jemand von den Diskutierenden durchfällt, ist das auch ein (weiterer) Hinweis auf die Untauglichkeit der EQE, die tatsächliche Qualifizierung eines Kandidaten festzustellen...
 

Lysios

*** KT-HERO ***
Gerade habe ich beim Lesen der aktuellen GRUR Int 6/2008 die T 688/05 entdeckt.

Wenn man dieser Entscheidung folgt, dann kann man Anspruch 3 nicht wegen fehlender Neuheit angreifen, indem man ein nichttechnische Merkmal des Anspruchs ausschliesst:

"The concept of "novelty" in Article 54(1) EPC is only defined
for "inventions". It does not apply to the exceptions
enumerated in Article 52(2) EPC. By analogy it could be held
that claim features which do not contribute to the definition
of an "invention" cannot be classified as new or not new in
the sense of Article 54 EPC. Nevertheless they may well form
the only logical link between technical features resulting
from their implementation. They must therefore be taken into
consideration for the examination as to inventive step while
at the same time not being permitted to contribute to it (see
point 4.5 of the reasons)."

Wenn man 4.5 liest, versteht man auch warum das so ist. Jetzt ist die Welt für mich wieder in Ordnung und ich bin zuversichtlich, dass mein Angriff auf Anspruch über die erfinderische Tätigkeit "gewünscht" war.
 

PAPA

GOLD - Mitglied
Dies ist mal wieder ein klassischer Fall von zwei "vertretbaren" Lösungswegen.

Die oben zitierte Entscheidung zur fehlenden Neuheit (die ich definitiv nicht kannte) legt mir jedoch den Verdacht nahe, dass hier ein "trickreicher" Aufgabensteller genau diese Fallkonstellation im Sinn hatte und somit auf fehlende Neuheit hinaus wollte.

Da jedoch andererseits in der bisherigen Rechtsprechung (v.a. in Entscheidungen zu Software) stets betont wurde, dass auch ein nicht-technisches Merkmal die Neuheit herstellen, jedoch keinen Beitrag zur erfinderischen Tätigkeit leisten kann, habe ich ganz klar auf dieser Linie argumentiert.

Mal sehen, ob dies zu einem Punktabzug (oder im Sinne der EQE2007 zu Null punkten) führt.

Wäre im Übrigen mal interessant zu wissen, ob die genannte Entscheidung zur fehlenden Neuheit in der Liste der Entscheidungen aufgeführt ist, die man eigentlich kennen sollte?????
 

Fip

*** KT-HERO ***
PAPA schrieb:
Da jedoch andererseits in der bisherigen Rechtsprechung (v.a. in Entscheidungen zu Software) stets betont wurde, dass auch ein nicht-technisches Merkmal die Neuheit herstellen ... kann ...
Also, ich habe noch nicht eine einzige Entscheidung gesehen, die dies so festgestellt hat. Es wird in den hier zitierten Entscheidungen zugegebener Maßen immer gesagt, ein nichttechnisches Merkmal als solches kann die Erfindungshöhe nicht begründen, aber bei der Formulierung der Aufgabe berücksichtigt werden, und so weiter. Aber es wird nie explizit, eindeutig und positiv gesagt, dass es die Neuheit herstellt. Es wird immer nur irgendwie "implizit" mitgelesen, so nach dem Motto, im Ergebnis hat die Kammer auf mangelnde erfinderische Tätigkeit abgestellt. Daraus wird dann geschlossen, dass der Gegenstand neu war, ohne dass die Entscheidungen klar herausstellen, dass die Neuheit auch tatsächlich auf dem nichttechnischen Merkmal als solchem beruht hat.

Vielleicht hat die Kammer auch schlichtweg gedacht, es ist einfacher, das Patent als nicht erfinderisch zu widerrufen, um der gegebenenfalls wesentlich aufwendigeren Argumentation im Hinblick auf Neuheit von nichttechnischen Merkmalen als solchen aus dem Weg zu gehen.

Ich würde jedenfalls gerne mal eine Entscheidung sehen, die eindeutig feststellt, dass der Gegenstand des Anspruchs neu ist, weil das nichttechnische Merkmal als solches die Neuheit herstellt.

Dem gegenüber stehen zahlreiche Entscheidungen, die explizit formulieren, dass ein nichttechnisches Merkmal als solches, dass keinen technischen Beitrag zur Erfindung leistet, Neuheit nicht herstellen kann.
 

Fip

*** KT-HERO ***
Im übrigen zur zitierten T 688/05:

"The concept of "novelty" in Article 54(1) EPC is only defined for "inventions". It does not apply to the exceptions enumerated in Article 52(2) EPC."

Dasselbe gilt für Art. 56 und die erfinderische Tätigkeit. Warum soll ich deshalb die Frage der Neuheit anders behandeln als die der Erfindungshöhe? Die entgegengesetzte Aussage wäre die richtige Schlussfolgerung: Wenn, wie sonst gefordert, nichttechnische Merkmale bei der Beurteilung der Erfindungshöhe unberücksichtigt bleiben (mit Ausnahme der Formulierung der technischen Aufgabe), dann sind sie auch bei Neuheit nicht zu berücksichtigen, weil sowohl für das Konzept der Neuheit als auch für das Konzept der erfinderischen Tätigkeit gilt, dass sie vom EPÜ nur in Bezug auf "Erfindungen" definiert sind.


"By analogy it could be held that claim features which do not contribute to the definition of an "invention" cannot be classified as new or not new in the sense of Article 54 EPC."

Was soll das denn bedeuten? Gibt es jetzt Merkmale, die weder "neu" noch "nicht neu" sind, sondern irgendetwas dazwischen? Damit auf eine Erfindung ein Patent erteilt wird, muss die Erfindung neu sein (Art. 52). Wie aber kann ich ein Patent erteilten auf eine Erfindung, die sich aufgrund der Anspruchsmerkmale weder als "neu" noch als "nicht neu" klassifizieren läßt. Was heißt überhaupt "klassifizieren"? Und kann ich ein Patent erteilen, wenn die Erfindung in Bezug auf Neuheit nicht "klassifizierbar" ist, Art. 52 aber Neuheit als wesentliche Voraussetzung enthält? Oder muss eine Erfindung, die nichttechnische Merkmale als solche enthält, bezüglich dieser Merkmale, die ja nicht eindeutig klassifizierbar sind, die Anforderung der Neuheit in Bezug auf diese Merkmale erst gar nicht erfüllen? Das wäre mir dann aber wirklich neu ...

Gleichzeitig sollen diese Merkmale aber irgendwie bei der Erfindungshöhe berücksichtigt werden, wenn sie eine logische Verbindung zwischen den technischen Merkmalen herstellen, aber nicht dazu beitragen dürfen. Und das, ohne zu wissen, ob die Merkmale nun "neu" oder "nicht neu" sind. Aha! Jetzt ist mit die Sache klar.

Und wieso ist überhaupt ein Merkmal, dass eine "logische Verbindung" zwischen technischen Merkmalen herstellt, ein nichttechnisches Merkmal "als solches". Ist eine logische Verbindung zweier technischer Merkmale kein technischer Beitrag?


Also ich finde die Entscheidung merkwürdig und was die Begründung angeht, unverständlich und etwas schwach.
 

grond

*** KT-HERO ***
Fip schrieb:
Wenn [...] nichttechnische Merkmale bei der Beurteilung der Erfindungshöhe unberücksichtigt bleiben (mit Ausnahme der Formulierung der technischen Aufgabe), dann sind sie auch bei Neuheit nicht zu berücksichtigen, weil sowohl für das Konzept der Neuheit als auch für das Konzept der erfinderischen Tätigkeit gilt, dass sie vom EPÜ nur in Bezug auf "Erfindungen" definiert sind.
Tatsächlich werden Neuheit und erfinderische Tätigkeit im EPÜ jeweils inbezug auf einen Stand der Technik bezogen für Erfindungen definiert. Insofern sind sie, wie Du sagst, sozusagen gleichartig definierte Anforderungen.


"By analogy it could be held that claim features which do not contribute to the definition of an "invention" cannot be classified as new or not new in the sense of Article 54 EPC."

Was soll das denn bedeuten? Gibt es jetzt Merkmale, die weder "neu" noch "nicht neu" sind, sondern irgendetwas dazwischen?
Ich denke, es geht darum, dass isolierte Merkmale eben gerade nicht Gegenstand der Neuheitsprüfung sein können, sondern immer nur die Gesamtheit aller Merkmale. Es soll anhand dieser fehlerhaften Analogie klargemacht werden, dass auch die Vorstellungen bezüglich der Anwendung des Art. 52(2) fehlerhaft sind.

Eine Mischung aus nicht-technischen und technischen Merkmalen kann nach Art. 52(2) nicht zurückgewiesen werden, weil die Gesamtheit des Gegenstandes beurteilt werden muss. Besitzt dieser technischen Charakter, greift der Ausschluss von Art. 52(2) nicht. Und analog dazu können eben auch in der Neuheitsprüfung nicht einzelne Merkmale als neu oder nicht neu klassifiziert werden, um zu einem Urteil über die Neuheit des gesamten Gegenstandes zu kommen. Wäre dies möglich, wäre keine elektronische Schaltung neu, weil jedes verbaute Bauteil für sich genommen schon bekannt war. Der zitierte Satz wäre also eine Hypothese, welche dann negiert wird. Damit soll begründet werden, warum eine Isolierung von technischen und nicht-technischen Merkmalen bei der Prüfung von Art. 52(2) nicht möglich ist, ebenso wenig wie es das bei der Prüfung der Neuheit möglich ist.


Gleichzeitig sollen diese Merkmale aber irgendwie bei der Erfindungshöhe berücksichtigt werden, wenn sie eine logische Verbindung zwischen den technischen Merkmalen herstellen, aber nicht dazu beitragen dürfen.[...]

Und wieso ist überhaupt ein Merkmal, dass eine "logische Verbindung" zwischen technischen Merkmalen herstellt, ein nichttechnisches Merkmal "als solches".
Vermutlich wollen sie genau darauf hinaus: das nicht-technische Merkmal, von dem man annehmen könnte, es wäre pauschal durch Art. 52(2) und (3) ausgenommen, kann eben doch zu berücksichtigen sein (also letztlich technisch und durch Art. 52(3) freigestellt werden). "Technisch" und "nicht-technisch" sind ja ohnehin eher fiktive Begriffe, denn was soll z.B. an Software nicht-technisch sein, außer dass eine solche Fiktion durch Art. 52(2) erzeugt wird?
 

PAPA

GOLD - Mitglied
Trotzdem bin ich (m.E. zu recht) davon ausgegangen, dass Anspruch 3 neu ist, denn:

die flüssige Tinte aus der Entgegenhaltung (als Produkt) wies keine - wie auch immer geartete - Anleitung mit spezifisch genannten Anweisungen auf.

Daher habe ich i.W. gesagt:

"Unterschied zum St.d.T.: Anleitung
Dies kann jedoch keine erfinderische Tätigkeit begründen, da eine Anleitung keinen "technischen Beitrag" liefert und somit nicht weiter zu berückischtigen ist."

Wenn ich mich recht erinnere, wurde bei Entscheidungen zu teils auf technische Mittel teils auf "software as such" gerichteten Patentansprüchen (jedenfalls früher) immer so argumentiert.
 

grond

*** KT-HERO ***
Der Examiner's Report zum C-Teil offenbart, dass sowohl Angriffe wegen mangelnder Neuheit, als auch wegen mangelnder erfinderischer Tätigkeit volle Punkte bekamen. Punkte gab es sogar auch für die etwas ungewöhnlichere Argumentation, dass Annex 2 selbst auch als Instruktionen angesehen werden kann. Also gab es offenbar gar keine falsche Möglichkeit.

Ob die Prüfungskommission hier nach dem 2007er Debakel noch die Bewertungsmaßstäbe gerade gerückt hat? :)
 

Das gelbe U

*** KT-HERO ***
Ich finde die Argumentation, dass Annex 2 eine Anleitung darstellt, zwar auch ungewöhnlich - allerdings nicht weniger ungewöhnlich als das Patentieren von Gebrauchsanweisungen. Ich war mir in der Prüfung nicht sicher und hab den Anspruch zwei mal angegriffen - beide Lösungen sind jetzt als richtig bewertet worden.

Eine "falsche" Lösung gab es aber demnach: Das Kombinieren von A2 mit A6. Und da stimme ich der PK auch zu.
 

Lysios

*** KT-HERO ***
Das gelbe U schrieb:
Eine "falsche" Lösung gab es aber demnach: Das Kombinieren von A2 mit A6. Und da stimme ich der PK auch zu.
Wo steht das denn? Ich habe nur gefunden, dass es für "inventive step attacks with A2 alone" die volle Punktzahl gab.
 

grond

*** KT-HERO ***
Lysios schrieb:
Wo steht das denn? Ich habe nur gefunden, dass es für "inventive step attacks with A2 alone" die volle Punktzahl gab.
Ich habe noch nicht wirklich viele Examiner's Reports zu C-Teilen der vergangenen Jahre gelesen, finde aber beim vorliegenden sehr unbefriedigend, dass man keine Ahnung hat, inwieweit andere Ansätze mit Punkten belohnt werden. Es wird eine Wunschkombination von Angriffen vorgestellt - heißt das, dass alle anderen Kombinationen und Argumentationen keine Punkte bringen oder bleiben diese der Willkür des Korrektors überlassen? Außerdem ist mir aufgefallen, dass nirgendwo im Examiner's Report steht, wofür es garantiert keine Punkte gab. Man wollte wohl das Fiasko mit der Äußerung "such attacks were rewarded 0 points" - oder wie die Formulierung lautete - vom letzten Jahr vermeiden. So gibt es natürlich wenig Möglichkeiten, die Bewertung für sich zu überprüfen, wenn es keinerlei Aussagen zur Bewertung abseits der Musterlösung gibt.
 
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