EPÜ Eingeschränkte Ansprüche (erst) zur mündlichen Verhandlung mitbringen?

Kurt

*** KT-HERO ***
Hallo Forum,

kurze Frage zum mündlichen Einspruchsverfahren, beispielsweise beim EPA.

Sehe ich das richtig, dass Anträge auf eingeschränkte Patentansprüche, die man erst zur mündlichen Verhandlung mitbringt, also nicht vorab bis zur Schriftsatzfrist einreicht, nicht unter das "verspätete Vorbringen" (neuer Tatsachen und Beweismittel) fallen?

Oder gilt das nicht, wenn die Einspruchsabteilung schon in ihrer vorläufigen Auffassung geäußert hat, die geltenden Patentansprüche seien ihrer Meinung nach nicht zu halten? Sprich, müsste man in einem solchen Fall die eingeschränkten Fassungen auf jeden Fall schon bis zur Schriftsatzfrist einreichen, damit sie nicht als verspätet verworfen werden?

Danke vorab,
Grüße Kurt

--
PS: Sehe gerade hier, Teil c). Hmm, vielleicht doch keine gute Idee, die Anträge vorliegend erst in die Verhandlung mitzubringen.
 
Zuletzt bearbeitet:

Asdevi

*** KT-HERO ***
Nein, das ist in der Tat keine gute Idee.

Die Rechtsgrundlage dafür findet man übrigens in Regel 116(2) EPÜ, letzter Satz.
 

Kurt

*** KT-HERO ***
Danke, Rechtsgrundlage ist soweit klar, nur wurde vorliegend nicht dazu
aufgefordert, bis zu dem in Absatz 1 Satz 2 genannten Zeitpunkt Unterlagen einzureichen, die den Erfordernissen des Übereinkommens genügen
...sondern die Schriftsatzfrist wurde ohne weitere Hinweise nur angegeben.
 

Kurt

*** KT-HERO ***
Hmm, Formblatt 2310, und da steht

Der Zeitpunkt, bis zu dem Schriftsätze und/oder Unterlagen eingereicht werden können (R. 116 EPÜ), ist der soundsovielte.

Mit keinem Wort wird aufgefordert, "gewährbare Unterlagen" o.ä. einzureichen. Es wird nur angekündigt, man werde in der Verhandlung über dieses und jenes "diskutieren".
 

Asdevi

*** KT-HERO ***
Ich habe mal ein "Form 2310" auf English rausgesucht. Bei mir steht da fett gedruckt der Satz:

"The final date for making written submissions and/or amendments (R. 116 EPC) is ..."

Beachte insbesondere "amendments" und den Verweis auf Regel 116.

Jedenfalls sollte aus dieser Wortwahl unzweideutig hervorgehen, dass es keine gute Idee ist, die "amendments" nach der "final date" einzureichen.
 

PK_Schach.Matt

*** KT-HERO ***
Das EPA fährt im Moment eine sehr stringente Linie. In dem Fall T 2482/10 wurden neue Ansprüche noch nicht einmal nach dem Erlass des Zwischenbescheides aber vor der Schriftsatzfrist zugestanden, mit der Begründung, man könne es dem Einsprechenden nicht zumuten nach dem Erlass des Zwischenbescheides noch einmal zu recherchieren.

Ich kann jedem nur empfehlen, alle nur erdenklichen Anspruchssätze mit der Beschwerdebegründung einzureichen.
 

Kurt

*** KT-HERO ***
Autsch das ist hart.

Danke für den Hinweis.

R.116 (2) EPÜ Sind dem Anmelder oder Patentinhaber die Gründe mitgeteilt worden, die der Erteilung oder Aufrechterhaltung des Patents entgegenstehen, so kann er aufgefordert werden, bis zu dem in Absatz 1 Satz 2 genannten Zeitpunkt Unterlagen einzureichen, die den Erfordernissen des Übereinkommens genügen.

"kann" aufgefordert werden...

Und wenn er nicht aufgefordert wird, "kann" er auch Pech haben :-x

Grüße Kurt
 

pak

*** KT-HERO ***
Das EPA fährt im Moment eine sehr stringente Linie. In dem Fall T 2482/10 wurden neue Ansprüche noch nicht einmal nach dem Erlass des Zwischenbescheides aber vor der Schriftsatzfrist zugestanden, mit der Begründung, man könne es dem Einsprechenden nicht zumuten nach dem Erlass des Zwischenbescheides noch einmal zu recherchieren.

Autsch das ist hart.

Hallo Kurt+Schach_Matt,

wenn man häufiger auf der Angreiferseite sitzt, sieht man diese stringente Linie durchaus positiv. Ich erlebe regelmäßig, dass der Patentinhaber erst auf den letzten Drücker mit denjenigen Anspruchsfassungen herausrückt, die er erteilt haben möchte. Das ist grundsätzlich nachvollziehbar, meist sind dies dann aber Ansprüche, die um (teilweise auch "nur" in den Zeichnungen offenbarte) Merkmale ergänzt wurden, wobei man diese Merkmale bei der ersten Einspruchsrecherche gar nicht auf dem Schirm haben konnte, so dass im Grunde eine neue Recherche durchgeführt werden muss, um einen erfolgreichen Angriff starten zu können. Wenngleich ich die Vorgehensweise grundsätzlich verstehen kann, so empfinde ich diese in einigen Fällen als mißbräuchlich.

Gruß

pak
 

Asdevi

*** KT-HERO ***
Das EPA fährt im Moment eine sehr stringente Linie. In dem Fall T 2482/10 wurden neue Ansprüche noch nicht einmal nach dem Erlass des Zwischenbescheides aber vor der Schriftsatzfrist zugestanden, mit der Begründung, man könne es dem Einsprechenden nicht zumuten nach dem Erlass des Zwischenbescheides noch einmal zu recherchieren.

Ich kann jedem nur empfehlen, alle nur erdenklichen Anspruchssätze mit der Beschwerdebegründung einzureichen.

Vorsicht, bei T2482/10 war es die zweite Instanz! Kurts Frage bezog sich auf das Verfahren vor der Einspruchsabteilung, also erste Instanz. Da ist es nicht ganz so streng wie in der Beschwerde, aber trotzdem sollte man Fristen, die man gesetzt bekommt, registrieren und ernst nehmen.
 

PK_Schach.Matt

*** KT-HERO ***
Vorsicht, bei T2482/10 war es die zweite Instanz!
Es ging mir bei meiner Aussage eigentlich nur darum, darauf hinzuweisen, dass das EPA immer stringenter wird.

Letzendlich liegt die Zulassung neuer Anträge oder Beweismittel immer im Ermessen der Beschwerdekammer oder Einspruchsabteilung. Es gab jedoch Zeiten, da war das EPA großzügiger als heute. Die von mir zitierte Entscheidung finde ich jedoch sehr extrem und es bleibt abzuwarten ob das eine Einzelentscheidung bleibt. Ich jedenfalls gehe nicht davon aus.

Einen neuen Antrag oder ein neues Beweismittel in der mündlichen Verhandlung zuzulassen kann gutgehen, aber die Gefahr ist sehr groß, dass es das nicht tut.

Im Übrigen stimme ich Pak zu. Auch ich finde es manchmal zum Kotzen, wenn der Anwalt in der mündlichen Verhandlung versucht, seine Strategie vollständig umzukrempeln.
 
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Karl

*** KT-HERO ***
Hallo Kurt+Schach_Matt,

wenn man häufiger auf der Angreiferseite sitzt, sieht man diese stringente Linie durchaus positiv. Ich erlebe regelmäßig, dass der Patentinhaber erst auf den letzten Drücker mit denjenigen Anspruchsfassungen herausrückt, die er erteilt haben möchte. Das ist grundsätzlich nachvollziehbar, meist sind dies dann aber Ansprüche, die um (teilweise auch "nur" in den Zeichnungen offenbarte) Merkmale ergänzt wurden, wobei man diese Merkmale bei der ersten Einspruchsrecherche gar nicht auf dem Schirm haben konnte, so dass im Grunde eine neue Recherche durchgeführt werden muss, um einen erfolgreichen Angriff starten zu können. Wenngleich ich die Vorgehensweise grundsätzlich verstehen kann, so empfinde ich diese in einigen Fällen als mißbräuchlich.

Gruß

pak

Wobei grade Merkmale, die nur in den Zeichnungen offenbart sind sehr oft eine dankbare Angriffsfläche hinsichtlich 123(2) bieten. Werden nur einige der in der jeweiligen Zeichnung offenbarten Merkmale aufgenommen, andere jedoch nicht, kann es sich um eine Zwischenverallgemeinderung handeln (T 191/93)
 
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Asdevi

*** KT-HERO ***
Wobei grade Merkmale, die nur in den Zeichnungen offenbart sind sehr oft eine dankbare Angriffsfläche hinsichtlich 123(2) bieten. Werden nur einige der in der jeweiligen Zeichnung offenbarten Merkmale aufgenommen, andere jedoch nicht, kann es sich um eine Zwischenverallgemeinderung handeln (T 191/93)
Schon, aber das muss man alles erstmal durchkauen in der Verhandlung.

Ich habe hier auch eine Akte mit Einspruchbeschwerde, wo der Patentinhaber nach der vorläufigen Meinung der Beschwerdekammer gemeint hat, noch 24 zusätzliche Hilfsanträge einreichen zu müssen, die mehr oder weniger Permutationen der in den bisherigen 6 Hilfsanträgen enthaltenen zusätzlichen Merkmale sind.

Dafür fehlt mir dann jegliches Verständnis. Der Einspruch läuft seit 2009, das kommt jetzt alles doch ein bisschen spät. Und ich bezweifle, dass die Kammer große Lust haben wird, in der Verhandlung 30 Hilfsanträge durchzuackern.
 
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pak

*** KT-HERO ***
Hallo Karl+Asdevi,

Wobei grade Merkmale, die nur in den Zeichnungen offenbart sind sehr oft eine dankbare Angriffsfläche hinsichtlich 123(2) bieten. Werden nur einige der in der jeweiligen Zeichnung offenbarten Merkmale aufgenommen, andere jedoch nicht, kann es sich um eine Zwischenverallgemeinderung handeln (T 191/93)

Richtig, mit dem Vorwurf der Zwischenverallgemeinerung kann man durchaus etwas erreichen.

Schon, aber das muss man alles erstmal durchkauen in der Verhandlung.

Auch das stimmt, denn zuweilen beschleicht mich das Gefühl, dass die nicht jede Einspruchsabteilung den notwendigen Weitblick besitzt, die Zwischenverallgemeinerung zu erkennen. Da verliert man mal ganz schnell eine Instanz ...

Ich habe hier auch eine Akte mit Einspruchbeschwerde, wo der Patentinhaber nach der vorläufigen Meinung der Beschwerdekammer gemeint hat, noch 24 zusätzliche Hilfsanträge einreichen zu müssen, die mehr oder weniger Permutationen der in den bisherigen 6 Hilfsanträgen enthaltenen zusätzlichen Merkmale sind.

Bleibt die Frage, wie man dem - quasi gesetzlich - einen Riegel vorschieben kann. Derzeit ist man stark von der diesbezüglichen Einstellung der jeweiligen Einspruchsabteilung/Beschwerdekammer abhängig.

Gruß

pak
 

ppa

GOLD - Mitglied
Um nochmal auf diesen Thread zurück zu kommen.


das mit den 24 Permutationen wird nicht gehen, da die anträge konvergieren müssen.
also muss der Gegenstand immer weiter eingeschränkt werden.


und was das Thema neue anträge und zulässigkeit angeht:
es gilt das Prinzip der wahrugn des rechtlichen gehörs.


in der schriftsatzfrist kann der Pi neue anträge zur beschr. aufrechterhlatung einreichen,
der einsprechende kann darauf dann erwidern - spätestens in der mdl Verhandlung.
darauf hin kann dem PI - und wird im allgemeinen auch - bei neuen Argumenten zugestanden werden, neue anträge zu stellen. Meine Erfahrung ist, dass die einspruchsabteilung das auch macht,
die anträge müssen dann aber konvergieren,also enger werden.
 
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