EPÜ Beschleunigung Einspruchsverfahren vor dem EPA

Fip

*** KT-HERO ***
Es gibt beim EPA ja die Möglichkeit, die Beschleunigung eines Einspruchsverfahrens zu beantragen, wenn eine Verletzungsklage aus dem relevanten EP Patent anhängig ist (Mitteilung des EPA vom 17.03.2008, Abl. 4/2008, S.221).


Weiß jemand, ob eine Beschleunigung auch möglich ist, wenn keine Verletzungsklage sondern eine negative Feststellungsklage anhängig ist?
 

Asdevi

*** KT-HERO ***
Dagegen spricht, dass es keine Mitteilung des EPA gibt, die bei Feststellungsklagen eine Beschleunigung verfügt. Du kannst die Abteilung natürlich trotzdem lieb bitten. Vielleicht hilft's, vielleicht nicht.
 

Blood für PMZ

*** KT-HERO ***
Hallo Fip,

es gibt einen entscheidenden Unterschied zwischen den beiden Sachverhalten:

Bei einer anhängigen Klage möchte üblicherweise der Beklagte im Patentverletzungsverfahren, also der passive, mit Klage überzogene Teilnehmer, der zugleich Einsprechender, mithin aktiv gewordener Teilnehmer, im Einspruchsverfahren ist, dass letzteres beschleunigt wird, um das Klagepatent möglichst rasch zu beseitigen oder zumindest seinen Schutzumfang einzuschränken. Es sind also in den beiden Verfahren jeweils unterschiedliche Parteien der aktiv gewordene Teilnehmer.

Bei einer negativen Feststellungsklage dagegen fallen die aktiven Teilnehmer zusammen: Der Kläger im Feststellungsverfahren und der Einsprechende im Einspruchsverfahren sind dieselbe Partei. Um eine Beschleunigung im Einspruchsverfahren zu erreichen, müsste man dann also "einfach" selbst eine negative Feststellungsklage einreichen und schon wäre man dabei.

Von daher bezweifle ich, dass man die amtliche Mitteilung des EPA so ohne Weiteres auf Deine Konstellation auslegen kann, wie auch Asdevi angemerkt hat.

Vielleicht ist die Konstellation bei Dir aber auch etwas anders. Es kommt ja auch vor, dass ein Patentinhaber das Verfahren beschleunigen möchte, um in Verfahren gegen Dritte eine Aussetzung zu verkürzen oder Lizenzverhandlungen zu erleichtern. Man könnte ja mal mit dem Vertreter der Gegenseite sprechen, auch wenn sich die Parteien selbst nicht grün sind. Ich vermute, dass einem gemeinsamen Antrag beider Parteien ausdrücklich oder vielleicht auch stillschweigend entsprochen werden würde, wenn man ihn hübsch begründet und dann auch keine Partei Fristgesuche beantragt oder sonst inkonsistent handelt.

Frohes Schaffen

Blood für PMZ
 

Expatriot

GOLD - Mitglied
Was ich mich grade frage ist, ob man in dieser Situation nicht Leistungswiderklage erheben sollte.
Angenehmer Nebeneffekt wäre unter anderem, dass die Beschleunigung des Einspruchsverfahrens in diesem Fall wie üblich möglich sein sollte.

Gibt es, abgesehen vom Willen der Mandantin, eine strategische Überlegung die gegen die Widerklage spricht?
 

Fip

*** KT-HERO ***
@Expatriot: Dagegen spricht, dass meine Mandantin die negative Feststellungklägerin ist und keinen Einfluss darauf hat, ob die Gegenseite (=Patentinhaberin) widerklagend positive Leistungsklage erhebt oder nicht ...


@Blood für PMZ: Andererseits bedarf es für eine negative Feststellungsklage (im Gegensatz zu einer Leistungsklage) eines Feststellungsinteresses nach § 256 ZPO, was im Regelfall eine Abmahnung oder etwas Vergleichbares durch den Patentinhaber voraussetzt.


Es stellt sich die Frage, ob derjenige, gegen den der Patentinhaber in einer Art und Weise agiert, die ein Feststellungsinteresse begründet - z.B. indem der Patentinhaber zahlreiche unberechtigte Abmahnungen auch gegen Kunden des negativen Feststellungsklägers versendet, um sich die daraus resultierende Verunsicherung am Markt zu Nutze zu machen, obwohl er genau weiß, dass das Patent nicht verletzt wird, weswegen er ja auch nicht selbst positive Leistungsklage einreicht, wissend, dass er diese Klage verlieren würde - hinsichtlich der Beschleunigung des Einspruchsverfahrens schlechter gestellt werden sollte als derjenige, gegen den ein Patentinhaber tatsächlich mit einer positiven Leistungsklage vorgeht.


Ich meine in beiden Fällen hat der Einsprechende bzw. der potentielle Patentverletzer ausreichend begründetes Interesse daran, dass das Amt den Einspruch beschleunigt bearbeitet.


Ein Problem könnte darin gesehen werden, dass das Amt nicht prüfen kann, ob die Handlungen des Patentinhabers nach nationalem Recht ausreichend sind, um überhaupt ein Feststellungsinteresse zu begründen. Andererseits wird wohl niemand eine negative Feststellungsklage einreichen, nur um eine Beschleunigung eines Einspruchsverfahren zu erreichen.
 

Expatriot

GOLD - Mitglied
Vielen Dank FIP für den ausführlichen Beitrag. Jetzt sehe ich da klarer :). In der EPA-Rechtsprechung konnte ich jetzt in der Kürze der Zeit zumindest nichts finden, was Deiner Argumentation entgegensteht.

Viel Erfolg beim Begründen.
 

Asdevi

*** KT-HERO ***
Es stellt sich die Frage, ob derjenige, gegen den der Patentinhaber in einer Art und Weise agiert, die ein Feststellungsinteresse begründet - z.B. indem der Patentinhaber zahlreiche unberechtigte Abmahnungen auch gegen Kunden des negativen Feststellungsklägers versendet, um sich die daraus resultierende Verunsicherung am Markt zu Nutze zu machen, obwohl er genau weiß, dass das Patent nicht verletzt wird, weswegen er ja auch nicht selbst positive Leistungsklage einreicht, wissend, dass er diese Klage verlieren würde

Wenn das Patent offensichtlich nicht verletzt wird, hätte man eventuell mit einer einstweiligen Verfügung auf Unterlassung der Abmahnungen Erfolg.
 

Asdevi

*** KT-HERO ***
Nach genauerem Nachdenken komme ich zu dem Schluss, dass man auch die Ansicht vertreten könnte, dass eine negative Feststellungsklage dem Dringlichkeitsinteresse an einem Einspruch sogar entgegenspricht. Der Einsprechende bringt hier ja vor, dass er das Patent gar nicht verletze. Warum sollte er dann gesteigertes Interesse an dessen Vernichtung haben?
 

Fip

*** KT-HERO ***
Die Frage, ob man ein Patent verletzt oder nicht, ändert doch nichts daran, dass man Interesse haben kann, dass Patent aus dem Weg zu räumen, damit man an dem Nachbau der vom Patent geschützten Lehre nicht mehr gehindert ist. Denn auch wenn man mit seinem aktuellen Produkt das Patent nicht verletzt, kann es ja sein, dass an der Lehre des Patents durchaus etwas dran ist, dass man auch gerne machen möchte. Allerdings ist fraglich, ob das ein überzeugender Grund für eine Beschleunigung ist, da gebe ich Dir Recht.


Außerdem ist es doch so, dass man selbst dann, wenn das eigene Produkt das Patent nicht verletzt, es durchaus "nervig" sein kann, wenn der Patentinhaber am Markt gegenüber den Wettbewerbern, die patentrechtliche Laien sind, rumerzählt, man würde es (vielleicht ja doch) verletzen, und wenn man auf Nummer sicher gehen will, dann solle man doch bei ihm, dem Patentinhaber, kaufen. Dann hilft zwar auch die gerichtliche Feststellung gegen den Patentinhaber, dass man das Patent nicht verletzt, noch besser wäre aber, das Patent ist schlicht weg. Denn am sichersten verletze ich ein Patent dann nicht, wenn es das Patent gar nicht gibt.


Schließlich ist es ja so, dass (fast) nie etwas wirklich offensichtlich ist. Auch wenn man sich (eigentlich) sicher ist, dass man das Patent nicht verletzt, verbleibt ja immer ein bisschen Restunsicherheit, Äquivalenz und Co lassen grüßen. Daher ist man gut beraten, als vermeintlicher Patentverletzer, der der Meinung ist, das Patent nicht zu verletzen, als weiteren Sargnagel auch den Einspruch zu versuchen, solange man noch kann.


Und zu guter Letzt: Die Frage, ob ein Einspruchsverfahren beschleunigt behandelt werden sollte, richtet sich ja nicht nur nach den rein subjektiven Interessen des Patentinhabers oder des vermeintlichen Verletzers/Einsprechenden. Es gibt ja auch objektive Kriterien, die eine Beschleunigung rechtfertigen, wie etwa die Vermeidung von sich widersprechenden Entscheidungen der Verletzungsgerichte einerseits und der Ämter in den Rechtsbeständigkeitsverfahren andererseits. Die Beschleunigung dient der Verfahrensökonomie und einer erhöhten Richtigkeitsgewähr der zu treffenden Entscheidung.
 

Asdevi

*** KT-HERO ***
Die Frage, ob man ein Patent verletzt oder nicht, ändert doch nichts daran, dass man Interesse haben kann, dass Patent aus dem Weg zu räumen, damit man an dem Nachbau der vom Patent geschützten Lehre nicht mehr gehindert ist. Denn auch wenn man mit seinem aktuellen Produkt das Patent nicht verletzt, kann es ja sein, dass an der Lehre des Patents durchaus etwas dran ist, dass man auch gerne machen möchte. Allerdings ist fraglich, ob das ein überzeugender Grund für eine Beschleunigung ist, da gebe ich Dir Recht.

Eben. Das ist ein Interesse, das jeder Wettbewerber hat. Ich sehe nicht, wie durch die Einreichung einer negativen Feststellungsklage dieses Interesse gesteigert werden sollte.

Die Situation ist been nicht analog zur Verletzungsklage. Wenn dort das angegriffene Produkt unter die Ansprüche fällt, ist für den Beklagten die einzige Möglichkeit, in der Verletzungsklage zu obsiegen, die Vernichtung des Patents. Der Ausgang des einen Verfahrens hängt damit unmittelbar vom Ausgang des anderen ab.

Bei einer negativen Feststellungsklage und einem Einspruch geht es dagegen um zwei völlig verschiedene Punkte, die auch unterschiedlich entschieden werden können. Es ist ja möglich, dass der Einspruch scheitert, aber die Feststellungsklage trotzdem Erfolg hat. Der Feststellungskläger braucht den Sieg im Einspruch nicht - im Gegenteil, sollte er im Eisnpruch gewinnen, erledigt sich dadurch seine Feststellungsklage.
 
Zuletzt bearbeitet:

Fip

*** KT-HERO ***
Eben. Das ist ein Interesse, das jeder Wettbewerber hat. Ich sehe nicht, wie durch die Einreichung einer negativen Feststellungsklage dieses Interesse gesteigert werden sollte.


Soweit ok. Siehe aber z.B. letzter Absatz meines vorherigen Beitrags.

Die Situation ist been nicht analog zur Verletzungsklage. Wenn dort das angegriffene Produkt unter die Ansprüche fällt, ist für den Beklagten die einzige Möglichkeit, in der Verletzungsklage zu obsiegen, die Vernichtung des Patents. Der Ausgang des einen Verfahrens hängt damit unmittelbar vom Ausgang des anderen ab.

Bei einer negativen Feststellungsklage und einem Einspruch geht es dagegen um zwei völlig verschiedene Punkte, die auch unterschiedlich entschieden werden können. Es ist ja möglich, dass der Einspruch scheitert, aber die Feststellungsklage trotzdem Erfolg hat. Der Feststellungskläger braucht den Sieg im Einspruch nicht - im Gegenteil, sollte er im Eisnpruch gewinnen, erledigt sich dadurch seine Feststellungsklage.


Ich kann verstehen, dass man die Verletzungsklage und die Feststellungsklage nicht so ohne weiteres über einen Kamm scheren kann, aber die Unterschiede, die Du machst, sehe ich dieser Schärfe nicht.


Zunächst einmal ist die Feststellungsklage nichts anderes als eine Verletzungsklage mit umgekehrten Rubrum. Gegenstand des Verfahrens, sieht man mal von den unterschiedlichen Klageanträgen und deren unmittelbaren Rechtsfolgen ab, ist jeweils vergleichbar. Bei einer negativen Feststellungklage bleibt sogar der Patentinhaber für die Frage der Verletzung beweisbelastet. Er muss als Beklagter beweisen, dass eine Verletzung vorliegt, wenn er sich gegen die negative Feststellung zur Wehr setzt. Und wenn der Feststellungskläger die Klage verliert, dann ist er gerichtlich festgestellter Patentverletzer, genau wie wenn er eine Verletzungsklage verlieren würde.


Natürlich ist es möglich, dass der Einspruch scheitert, aber die Feststellungsklage trotzdem Erfolg hat. Es ist aber auch möglich, dass der Einspruch Erfolg hat und die Feststellungklage scheitert. Dann braucht der Einsprechende den Sieg im Einspruchsverfahren sehr wohl. Und bei einem Verletzungsverfahren ist es auch möglich, dass der Beklagte (der vermeintliche Verletzer) diese gewinnt. Dann braucht er den Sieg im Einspruch genauso wenig.


Ich finde daher nicht, dass es unter dem Strich einen so relevanten Unterschied macht.
 

grond

*** KT-HERO ***
In der Mitteilung steht doch, dass der Beschleunigungsantrag durch "einen Beteiligten am Einspruchsverfahren" gestellt werden kann und somit beiden Parteien offensteht. Damit sollten sich Symmetrieüberlegungen zwischen Verletzungs- und Feststellungsklagen eigentlich erledigen, da auch bei einer Verletzungsklage die klagende Partei den Antrag auf Beschleunigung des Einspruchs stellen kann.

Ein Grund für die Bestimmung dürfte auch in einer gesteigerten Verfahrensökonomie liegen. Würde die Feststellungsklage ausgesetzt, um auf das Ergebnis des Einspruchs zu warten, wäre auch hier eine äquivalente Situation vorhanden. Von daher sehe ich nicht, weshalb der Beschleunigungsantrag keine Chance haben sollte. Man bedenke auch, dass das EPÜ und die Mitteilungen des EPAs nicht ausschließlich für Deutschland geschrieben werden, so dass unter "Verletzungsklage aus einem europäischen Patent" u.U. auch eine Feststellungsklage nach deutschem Recht subsumiert werden könnte.

Also: einfach machen.
 
Oben