Berechtigung zur deutschen Halbleiterschutzanmeldung

lioness

SILBER - Mitglied
§6 (6) Nr.1 HalblSchG berechtigt Personen zur Inlandsanmeldung von Halbleiterschutz, wenn sie auf Grund einer völkerrechtlichen Vereinbarung oder des Rechts der EG wie Inländer zu behandeln sind.
TRIPS regelt klar die Inländerbehandlung für die Vertragsstaaten und erwähnt auch den Halbleiterschutz explizit.
Anders die PVÜ. Hier gibt es zwar die Inländerbehandlung, der Gegestand richtet sich aber auf Rechte, die den Halbleiterschutz nicht umfassen. Gleichsam ist die PVÜ ein alter völkerrechtlicher Vertrag, während der Halbleiterschutz auf neuere Gesetzgebung zurückgeht.
Kann man davon ausgehen, dass die PVÜ für Halbleiterscutz analog anzuwenden ist oder verbietet sich das? M.E. ist eine Einbeziehung des Hableiterschutzes in die PVÜ nicht einfach möglich.
Was meinen die Kollegen?
 

grond

*** KT-HERO ***
Mir ist Deine eigentliche Frage nicht klar. Hast Du einen potentiellen Anmelder, der aus einem PVÜ-Land kommt, nicht aber aus einem WTO-Staat? Einen Halbleiterschutz wird auch er in Deutschland erlangen können, da Deutschland so oder so keine Staatsangehörigen irgendeines Staates diskriminiert, weshalb es nicht erst eines Diskriminierungsverbotes wie der von Dir angesprochenen bedarf, um die Möglichkeit der Anmeldung zu gewähren.

Falls es um eine prioritätsbezogene Frage geht (fällt einem bei PVÜ ja zwangsläufig als erstes ein), dann bezweifel ich ganz stark, dass ein Prioritätsrecht in irgendeine Richtung ableitbar wäre (dieselbe Problematik ergab sich doch meiner nebulösen Erinnerung nach schon beim Prio-Verhältnis von Patentanmeldung zu Geschmacksmusteranmeldung aber nicht umgekehrt, weil nur einer der beiden Fälle explizit in der PVÜ geregelt ist). Es scheint außerhalb Deutschlands überhaupt kein dem HalblSchG entsprechendes Gesetz zu geben. Das HalblSchG kennt auch selbst keine Priorität und auch in keinem anderen Gesetz wird meines Wissens bezug auf einer Priorität aus einer Topologie genommen.

Überhaupt sollte man sich in Erinnerung rufen, dass das Gesetz der absolute Exot unter den IP-Gesetzen ist und nur auf Betreiben der Siemens AG geschaffen wurde, die damals noch voller Ambitionen im Chip-Bereich war und unter identischer Nachahmung von RAM-Chips durch asiatische Konkurrenz litt (tatsächlich waren die Masken für die Fertigung wohl kopiert worden). Die praktische Relevanz des Gesetzes ist ohnehin nahe Null.
 

Lysios

*** KT-HERO ***
Siehe z.B. Dreier: Die Entwicklung des Schutzes integrierter Halbleiterschaltkreise, GRUR Int 1987, 645.

Also zuerst gab es den Semiconductor Chip Protection Act von 1984 in USA. Der erlaubt aber nur dann Ausländern den Schutz, wenn die entsprechenden Länder einen gleichartigen Schutz den USA Bürgern bieten, so dass z.B. 1986 eine entsprechende EU-RiLi verabschiedet wurde um diesen Nachteil zu vermeiden. Damit existieren überall in der EU solche Gesetze (z.B. in UK, FR, NL seit 1987). Dann gibt es den "Treaty on Intellectual Property in Respect of Integrated Circuits of May 26, 1989", auf dem auch in TRIPS verwiesen wird. Mittlerweile haben die meisten Industriestaaten entsprechende Gesetze.

Also m.E. lässt sich die PVÜ hier schon allein deswegen nicht analog anwenden, da gar keine planwidrige Regelungslücke existiert: Weder in der PVÜ noch in der EU-RiLi und dem HalbSchG.
 

grond

*** KT-HERO ***
Lysios, wie immer danke für Deine Berichtigung! :)

Die Geschichte mit Siemens wurde mir tatsächlich so erzählt, naja, Hörensagen halt. Offenbar gibt es sogar im verhältnismäßig kleinen IP-Bereich urban legends. Vermutlich entstanden aus einer Verkürzung der Motivation der Amis, ihre Industrie vor Nachahmern zu schützen, und der Tatsache, dass es in Deutschland quasi keine Firma außer Siemens gab, die in Deutschland Gebrauch von dem Gesetz hätte machen können.

Erstaunt habe ich gerade festgestellt, dass sogar Wikipedia etwas zum Halbleiterschutz verrät. Die Anmeldezahlen sind seit 2004 immer nur einstellig gewesen. Nettes Zitat:

"In Deutschland gab es bis 2008 noch keine einzige gerichtliche Auseinandersetzung um Topographien von Halbleitern. Aus den USA sind lediglich die beiden Fälle Brooktree Corp. vs. Advanced Micro Devices, Inc. (1992) und Altera Corporation vs. Clear Logic, Inc. (2005) bekannt"
 

lioness

SILBER - Mitglied
Vielen Dank für die Antworten.
Ein Blick in die Rili, die auch in Grur Int 1987 (S.156) abgedruckt ist hilft hier weiter.
Meine Frage war wirklich nicht besonders klar gestellt. Ich fand es halt merkwürdig, dass eine so strenge Anknüpfung der Berechtigung an die EWG und entsprechende völkerrechtliche Verträge für eine Schutzinaberberechtigung gegeben ist. Es entsteht der Eindruck, dass eben gerade nicht Jeder berechtigt sein soll.
 
Oben