Beitrag nichttechnischer Merkmale zur Patentierbarkeit

Kurt

*** KT-HERO ***
Hi Forum,

in der Rechtsprechung der Beschwerdekammern 1 C 4.2.8 heißt es:

Nichttechnische Merkmale, die nicht mit dem technischen Gegenstand des Anspruchs zur Lösung einer technischen Aufgabe zusammenwirken, d. h. nichttechnische Merkmale "als solche", leisten keinen technischen Beitrag zum Stand der Technik und werden daher bei der Beurteilung von Neuheit und erfinderischer Tätigkeit nicht berücksichtigt.

Hierzu hätte ich

Frage 1:

Wieso steht dort "... leisten keinen technischen Beitrag zum Stand der Technik"?

Entweder leisten irgendwelche Merkmale einen "Beitrag zum Stand der Technik", dann sind sie offenbar Teil des Standes der Technik. Aber hier geht es ja um die Frage, ob irgendwelche Merkmale einen Beitrag zur Erfindung leisten, also nicht zum Stand der Technik gehören.

Auch in den Richtlinien G VII 5.4 steht so was ähnliches:

Leisten die Unterschiede keinen technischen Beitrag, so wird ein Einwand nach Art. 56 erhoben, der damit zu begründen ist, dass ein Anspruchsgegenstand nicht erfinderisch sein kann, wenn er keinen technischen Beitrag zum Stand der Technik leistet.

Wieso um alles schreibt man hier also vom "technischen Beitrag zum Stand der Technik" anstatt meinetwegen vom "technischen Beitrag zum Erfindungsgegenstand"?

Und dann noch

Frage 2:

Kann man aus dem eingangs genannten Zitat aus den Beschwerdekammern im Umkehrschluss folgendes ableiten:

Nichttechnische Merkmale, die nicht mit dem technischen Gegenstand des Anspruchs zur Lösung einer technischen Aufgabe zusammenwirken , d. h. nichttechnische Merkmale "als solche", leisten keinen technischen Beitrag zum Stand der Technik und werden daher bei der Beurteilung von Neuheit und erfinderischer Tätigkeit nicht berücksichtigt.

Mit anderen Worten:

Nichttechnische Merkmale mit technischer Wirkung werden bei der Beurteilung von Neuheit und erfinderischer Tätigkeit berücksichtigt.

Ist das so?

MfG Kurt
 
Zuletzt bearbeitet:

PK_Schach.Matt

*** KT-HERO ***
Nichttechnische Merkmale mit technischer Wirkung werden bei der Beurteilung von Neuheit und erfinderischer Tätigkeit berücksichtigt.
Nein, dass ist nicht so. Ein nichttechnisches Merkmal zeichnet sich gerade dadurch aus, dass es keine technische Wirkung hat. Eine Tischkante rund auszuführen ist ohne die Angabe einer technischen Wirkung reine Gestaltung. Erst mit der Angabe, dass dadurch die Verletzungsgefahr beispielsweise für spielende Kinder reduziert wird, könnte ein derartiges Merkmal technisch machen.

Ursprünglich wurden nichttechnische Merkmale nur bei der erfinderischen Tätigkeit unberücksichtigt gelassen. Dann stellte sich jedoch das Problem, dass bei nachveröffentlichtem Stand der Technik erfinderische Tätigkeit nicht berücksichtigt wird. Die Kammern haben daher diese Rechtsprechung auf die Neuheitsprüfung ausgedeht.

Die Aussage "zum Stand der Technik" ist nicht falsch. Ein bekanntes Gestaltungsmerkmal wird erst dann zum Stand der Technik, wenn mit diesem eine technische Lehre verbunden wird.
 

Kurt

*** KT-HERO ***
Nichttechnische Merkmale mit technischer Wirkung werden bei der Beurteilung von Neuheit und erfinderischer Tätigkeit berücksichtigt.
Nein, dass ist nicht so. Ein nichttechnisches Merkmal zeichnet sich gerade dadurch aus, dass es keine technische Wirkung hat. Eine Tischkante rund auszuführen ist ohne die Angabe einer technischen Wirkung reine Gestaltung. Erst mit der Angabe, dass dadurch die Verletzungsgefahr beispielsweise für spielende Kinder reduziert wird, könnte ein derartiges Merkmal technisch machen.

Um letzteres geht es ja gerade. Beitrag zur Technizität durch ein nichttechnisches Merkmal.

Zur Verdeutlichung den Umkehrschluss aus dem eingangs genannten Zitat der Beschwerdekammern noch mal überarbeitet:

Nichttechnische Merkmale, die mit technischen Merkmalen zur Lösung einer technischen Aufgabe zusammenwirken, werden bei der Beurteilung von Neuheit und erfinderischer Tätigkeit berücksichtigt.


Die Aussage "zum Stand der Technik" ist nicht falsch. Ein bekanntes Gestaltungsmerkmal wird erst dann zum Stand der Technik, wenn mit diesem eine technische Lehre verbunden wird.

Es geht ja gar nicht um ein "bekanntes Gestaltungsmerkmal", sondern um ein Anspruchsmerkmal.

Wieso schreiben die hierzu aber immer (sinngemäß):

Nichttechnische Anspruchsmerkmale leisten keinen technischen Beitrag zum Stand der Technik und werden daher bei der Beurteilung von Neuheit und erfinderischer Tätigkeit nicht berücksichtigt.

...und nicht stattdessen:

Nichttechnische Anspruchsmerkmale leisten keinen technischen Beitrag zum Gegenstand der Erfindung und werden daher bei der Beurteilung von Neuheit und erfinderischer Tätigkeit nicht berücksichtigt.

MfG Kurt
 

hyperandy

*** KT-HERO ***
In der Entscheidung COMVIK T641/00 steht es genau so:

Leitsatz 1:

I. Bei einer Erfindung, die aus einer Mischung technischer und nichttechnischer Merkmale besteht und als Ganzes technischen Charakter aufweist, sind in bezug auf die Beurteilung des Erfordernisses der erfinderischen Tätigkeit alle Merkmale zu berücksichtigen, die zu diesem technischen Charakter beitragen, wohingegen Merkmale, die keinen solchen Beitrag leisten, das Vorliegen erfinderischer Tätigkeit nicht stützen können.


Aber es ist nicht falsch zu sagen, "...nichttechnische Merkmale, die nicht mit dem technischen Gegenstand des Anspruchs zur Lösung einer technischen Aufgabe zusammenwirken, d. h. nichttechnische Merkmale "als solche", leisten keinen technischen Beitrag zum Stand der Technik und werden daher bei der Beurteilung von Neuheit und erfinderischer Tätigkeit nicht berücksichtigt." (Rechtsprechung der Beschwerdekammern 4.2.8.)

Es wohl so zu verstehen, dass dieses Merkmale bei der Erfindung, die ja mit Veröffentlichung Stand der Technik wird, keinen Unterschied zu dem Stand der Technik macht, gegenüber dem man sich abgrenzen muss. "Eine beanspruchte Erfindung ist nur dann neu, wenn sie mindestens ein wesentliches technisches Merkmal enthält, durch das sie sich vom Stand der Technik unterscheidet." (nochmal Rechtsprechung der Beschwerdekammern 4.2.8.) Und dieses Merkmal fehlt eben für nicht-technische Merkmale.

Früher war so etwas wie "mit einem Bleistift auf Papier zu schreiben" technisch, dann kam COMVIK und andere und die IMSI einer SIM-Karte war mit einmal ein Businesskonzept und nicht technisch (vereinfacht gesagt). So kann's gehen.

Weitergehende Literatur

https://www.sic-online.ch/fileadmin/user_upload/Sic-Online/2005/documents/514.pdf
http://www.iusmentis.com/patents/epc/comvik/
http://patentepi.com/assets/uploads/documents/epi-information/2006_02_epi_info.pdf
A. Engelfriet, Taking care of business (methods). How the EPO today refuses inventions involving non-technical features, epi-Information 2/2006
 
Zuletzt bearbeitet:

grond

*** KT-HERO ***
Wenn nichttechnische Merkmale keinen Beitrag zum Stand der Technik darstellen, können sie den Fachmann bei der Prüfung der erfinderischen Tätigkeit auch nicht vom Erfindungsgegenstand wegführen.
 

Kurt

*** KT-HERO ***
Entscheidung COMVIK T641/00 Leitsatz 1:

Bei einer Erfindung, die aus einer Mischung technischer und nichttechnischer Merkmale besteht und als Ganzes technischen Charakter aufweist, sind in bezug auf die Beurteilung des Erfordernisses der erfinderischen Tätigkeit alle Merkmale zu berücksichtigen, die zu diesem technischen Charakter beitragen, wohingegen Merkmale, die keinen solchen Beitrag leisten, das Vorliegen erfinderischer Tätigkeit nicht stützen können.

Danke, habe ich ebenfalls gesehen. Auch daraus folgt sinngemäß dasselbe wie weiter oben schon aus der Beschwerdekammern-Aussage gefolgert:
Bei einer Erfindung, die aus einer Mischung technischer und nichttechnischer Merkmale besteht und als Ganzes technischen Charakter aufweist, sind in bezug auf die Beurteilung des Erfordernisses der erfinderischen Tätigkeit alle [und somit auch auch etwaige nichttechnische] Merkmale zu berücksichtigen, die zu diesem technischen Charakter beitragen.

Mit anderen Worten,
Nichttechnische Merkmale mit [Beitrag zur] technischen Wirkung werden bei der Beurteilung von Neuheit und erfinderischer Tätigkeit berücksichtigt.

Dies steht auch im Einklang mit den EPA-Prüfungsrichtlinien an zugehöriger Stelle:
[Die Analyse der Anspruchsmerkmale] kann [...] ergeben, dass einige Merkmale, die [...] prima facie als nicht zum technischen Charakter der Erfindung beitragend beurteilt wurden, bei näherem Hinsehen doch einen technischen Beitrag leisten.


Weiterhin halte ich die oben diskutierte, verbreitete Formulierung mit dem "technischen Beitrag von Anspruchsmerkmalen zum Stand der Technik" immer noch für Unsinn, bestenfalls für irreführend:
Nichttechnische Anspruchsmerkmale leisten keinen technischen Beitrag zum Stand der Technik und werden daher bei der Beurteilung von Neuheit und erfinderischer Tätigkeit nicht berücksichtigt.

...weil es stattdessen allenfalls heißen müsste:
Nichttechnische Anspruchsmerkmale leisten keinen technischen Beitrag zum technischen Charakter einer Erfindung und werden daher bei der Beurteilung von Neuheit und erfinderischer Tätigkeit nicht berücksichtigt.

Noch dazu aber steht diese Aussage im Widerspruch zum Fazit aus dem obigen Leitsatz der Entscheidung COMVIK sowie zum obigen Zitat aus den RiLi, gemäß denen nichttechnische Anspruchsmerkmale unter Umständen bei der Prüfung eben doch berücksichtigt werden müssen -- sofern sie, im Zusammenwirken mit technischen Merkmalen, zum technischen Charakter der Erfindung beitragen.

MfG Kurt
 

hyperandy

*** KT-HERO ***
Noch dazu aber steht diese Aussage im Widerspruch zum Fazit aus dem obigen Leitsatz der Entscheidung COMVIK sowie zum obigen Zitat aus den RiLi, gemäß denen nichttechnische Anspruchsmerkmale unter Umständen bei der Prüfung eben doch berücksichtigt werden müssen -- sofern sie, im Zusammenwirken mit technischen Merkmalen, zum technischen Charakter der Erfindung beitragen.

In der Tat steht das so in den RiLi, es scheint aber ebenfalls fraglich, ob nicht technische Merkmale einen technischen Beitrag leisten können. Vielleicht ist aber das Beispiel von PK_Schach.Matt (abgerundete Tischkanten) nicht schlecht, also ggf. Interpretationssache und auf die Aufgabe bezogen.

Auch in Bezug auf den Beitrag zum Stand der Technik würde ich jetzt die entsprechende Textstelle nicht überbewerten. Gibt vielleicht eine Möglichkeit, diese sinnvoll zu interpretieren oder ist sonst unglücklich formuliert.

Wichtiger wäre es mal zu wissen, was ein "technisches Merkmal" ist und wann es eben nicht technisch ist. Aber das sagt natürlich niemand. Aus der Praxis kann ich sagen, dass gewissen Anmeldungen (Business-Methods, etc.) rigoros zurückgewiesen werden, und man argumentativ nichts dagegen tun kann (die Server auf denen das läuft, ist Stand der Technik, der Rest wie IMSI, Transaction-Identifier, etc. ist nicht technisch). Es soll sogar eine Abteilung des EPAs auf diesem Gebiet in Den Haag geben, die nur damit beschäftigt ist, Anmeldungen zurückzuweisen.

Auf der anderen Seite klappt dieser Approach bei Einsprüchen nie, eine der Prüfungsabteilung entsprechende Argumentation in Einspruchverfahren wird immer ignoriert.
 

Kurt

*** KT-HERO ***
Nur nochmal kurz hierzu:

Weiterhin halte ich die oben diskutierte, verbreitete Formulierung mit dem "technischen Beitrag von Anspruchsmerkmalen zum Stand der Technik" immer noch für Unsinn, bestenfalls für irreführend:
Nichttechnische Anspruchsmerkmale leisten keinen technischen Beitrag zum Stand der Technik und werden daher bei der Beurteilung von Neuheit und erfinderischer Tätigkeit nicht berücksichtigt.

...weil es stattdessen allenfalls heißen müsste:
Nichttechnische Anspruchsmerkmale leisten keinen technischen Beitrag zum technischen Charakter einer Erfindung und werden daher bei der Beurteilung von Neuheit und erfinderischer Tätigkeit nicht berücksichtigt.

Ziemlich genau so wie letzterer Vorschlag äußert sich auch die Entscheidung T 0154/04 ("Estimating sales activity"):
For examining patentability of an invention in respect of a claim, the claim must be construed to determine the technical features of the invention, i.e. the features which contribute to the technical character of the invention.

Also auch hier sinnigerweise die Definition von technischen Merkmalen einer Erfindung als solche Merkmale, die "zum technischen Charakter der Erfindung", und nicht etwa (konfuserweise) "zum Stand der Technik" beitragen.

MfG Kurt
 

grond

*** KT-HERO ***
Ich glaube, Du machst Dir zuviele Gedanken über eine Nichtigkeit. Technisch ist, was einen Beitrag zum Stand der Technik leistet. Um also über die Frage der Technizität eines Merkmals zu diskutieren, bedarf es keines Bezuges auf eine Erfindung, der dann ja auch noch die (vorerst irrelevante) Frage des Zeitrangs des Erfindungsgegenstandes mit sich bringen würde. Jede Erfindung ist am nächsten Tag Stand der Technik, weshalb eine (echte und tatsächliche) Erfindung auch einen Beitrag zum Stand der Technik darstellt. Von daher ist die kritisierte Formulierung auf den ersten Blick etwas verwirrend, aber durchaus korrekt.
 

PK_Schach.Matt

*** KT-HERO ***
Ich glaube, Du machst Dir zuviele Gedanken über eine Nichtigkeit. Technisch ist, was einen Beitrag zum Stand der Technik leistet.
Ich finde das schon verwirrend. Einen Beitrag zum Stand der Technik leistet eine technische Lehre, die neu und erfinderisch ist. Eine technische Lehre, die diese Voraussetzungen nicht erfüllt, ist aus dem Stand der Technik bekannt und/oder nahegelegt kann diesen daher nicht bereichern oder einen Beitrag dazu leisten.

Wenn man das so versteht, dann könnte man meinen, dass alles technisch ist, was neu und erfinderisch ist. Wozu existiert dann das Kriterium der Technizität überhaupt?

Ich denke, dass eine Formulierung wie "technisch ist, was grundsätzlich einen Beitrag zum Stand der Technik leisten könnte" klarer wäre.

Nichtsdestotrotz ist die ganze Sache auch meiner Meinung nach eher theoretischer Natur.
 

Kurt

*** KT-HERO ***
Noch kurze Folge"frage":

Eine Vorrichtung, die ausschließlich dazu dient, beispielsweise Pläne, Regeln und Verfahren für gedankliche Tätigkeiten auszuführen, oder Informationen wiederzugeben, fällt selbstverständlich nicht unter den Patentierungsausschluss der Nicht-Technizität.

Ist ja eigentlich klar, nur kommt mir der Prüfer gerade mit so einer Argumentation...
 

Kurt

*** KT-HERO ***
Moo-ment noch mal.

Also in der schon zitierten Rechtsprechung der Beschwerdekammern 1 C 4.2.8 heißt es:
Nichttechnische Merkmale, die nicht mit dem technischen Gegenstand des Anspruchs zur Lösung einer technischen Aufgabe zusammenwirken, d. h. nichttechnische Merkmale "als solche", leisten keinen technischen Beitrag zum Stand der Technik und werden daher bei der Beurteilung von Neuheit und erfinderischer Tätigkeit nicht berücksichtigt.

Auch sagt T 208/84 (VICOM):
Decisive [for the invention to be patentable (?!)] is what technical contribution the invention as defined in the claim when considered as a whole makes to the known art.

Möglicherweise liegt hier der Kern der Sache begraben:

Die Beschwerdekammern ebenso wie die Entscheidung VICOM haben mit der vielfach gebrauchten Formulierung "nichttechnische Merkmale leisten keinen technischen Beitrag zum Stand der Technik " anscheinend Technizität und Neuheit/Erfindungshöhe durcheinandergeworfen bzw. vermischt

Denn, wie auch die Entscheidung T 0154/04 ("Estimating sales activity") schreibt:
The presence of technical character in an invention is an absolute requirement that does not imply any new contribution to the prior art.
... hat Technizität alleine nichts mit einem "Beitrag zum Stand der Technik" zu tun. Auch ohne Neuheit/Erfindungshöhe kann eine vermeintliche Erfindung natürlich technisch sein.

Patentierbar allerdings wird die Erfindung erst dann, wenn sie nicht nur einen "Beitrag zum Stand der Technik" leistet (=neuer und erfinderischer Überschuss), sondern wenn dieser Überschuss zudem auch noch technisch ist.

Mit anderen Worten, wenn eine Erfindung einen "nichttechnischen Beitrag zum Stand der Technik" leisten könnte und würde, wenn also die zwar wunderbar neuen und erfinderischen Überschussmerkmale allerdings alle nicht-technisch sind, dann greift der Patentierungsausschluss der Nicht-Technizität. Wenn andererseits aber lauter schöne technische Merkmale vorhanden sind, diese sich jedoch nicht vom Stand der Technik unterscheiden, dann liegt zwar Technizität vor, aber der Patentierungsausschluss mangelnder Neuheit/Erfindungshöhe greift.

Langer Rede kurzer Sinn, die nun viel diskutierte Formulierung "nichttechnische Merkmale leisten keinen technischen Beitrag zum Stand der Technik" ist zwar wohl richtig, aber zudem nicht nur verwirrend (©grond), sondern vermischt wohl auch noch Neuheit/Erfindungshöhe mit Technizität.

Ich plädiere dafür, diese Formulierung keinesfalls weiterhin zu verwenden...

Grüße
Kurt
 

grond

*** KT-HERO ***
Ich verstehe das Problem nicht. Hier scheint man irrtümlich der Meinung zu sein, ein "Beitrag zum SdT" habe irgendetwas mit den Patentierungserfordernissen zu tun. 1. es gibt einen Stand der Technik 2. der Stand der Technik ändert sich jeden Tag 3. dieser Fortschritt erfolgt durch Beiträge zum Stand der Technik Daraus lässt sich aber nicht folgern, dass ein Beitrag zum Stand der Technik erfinderisch sein müsste. Man könnte sogar diskutieren, ob ein Wiederentdecken einer verlorenen technischen Lehre ein Beitrag zum Stand der Technik wäre. In diesem Fall bräuchte es nicht einmal Neuheit im Sinne des Patentgesetzes, um einen Beitrag zum Stand der Technik zu leisten. Ich bin mir sehr sicher, dass die Beschwerdekammern da nichts "vermischen" und im Gegenteil sogar sehr genau trennen.
 

PK_Schach.Matt

*** KT-HERO ***
Nein, gerade nicht! Sonst könnte man uns im Prüfungsverfahren auch nur Patente entgegenhalten und nicht auch Anmeldungen, die nie über die Hürden der Neuheit und erfinderischen Tätigkeit springen.
:confused: Das versteh ich nicht. Eine bekannte, bereits offenbarte technische Lehre stellt doch keinen "Beitrag zum Stand der Technik" dar.

Das Argument mit den Anmeldungen halte ich für einen Schmarrn. Nur weil der Anmelder einer Anmeldung nicht in der Lage ist einen patentierfähigen Anspruchsgegenstand in seiner Anmeldung zu formulieren heißt das doch noch lange nicht, dass der Anmeldung als solches keine patentierfähige technische Lehre entnehmbar ist. Außerdem, ist doch eine technische Lehre in einem Prüfungsverfahren nicht deshalb nicht zitierbar, weil sich die selbe technische Lehre in einem früheren Dokument findet, oder?

Hier scheint man irrtümlich der Meinung zu sein, ein "Beitrag zum SdT" habe irgendetwas mit den Patentierungserfordernissen zu tun.
Doch, der Meinung bin ich schon. Es wird zwar immer von "Bereicherung des Stands der Technik" gesprochen wofür der Erfinder seine Belohnung durch das Patent erhält, aber ich sehe gerade keinen Unterschied zu "Beitrag zum Stand der Technik".

Aber nochmal, ich halte das alles für interessante theoretische Diskussionen.
 
Zuletzt bearbeitet:

grond

*** KT-HERO ***
Eine bekannte, bereits offenbarte technische Lehre stellt doch keinen Beitrag zum Stand der Technik dar.
Dem würde ich mich wahrscheinlich anschließen, es bleiben halt Randaspekte: ist beispielsweise eine unabhängige Veröffentlichung eines nachveröffentlichten Anmeldungsgegenstandes nicht auch ein Beitrag zum SdT, da dieser identische Gegenstand nun auch allgemein bekannt ist? Eine nichterfinderische neue technische Lehre stellt aber in jedem Fall einen Beitrag zum SdT dar, beispielsweise dadurch, dass sie weitere technische Lehren für den Fachmann offensichtlich macht. Grob vereinfacht: die technische Lehre P2 ist erfinderisch, wenn sie sich nur durch Kombination der älteren Offenbarungen D1, D2 und D3 ergibt, nicht jedoch, wenn es noch eine P1 gibt, die die Lehren von D1 und D2 kombiniert und somit selbst gegenüber D1 und D2 nicht erfinderisch war. Also war die P1 ein Beitrag zum SdT, obwohl sie selbst nicht erfinderisch war.
Doch, der Meinung bin ich schon. Es wird zwar immer von Bereicherung des Stands der Technik gesprochen wofür der Erfinder seine Belohnung durch das Patent erhält, aber ich sehe gerade keinen Unterschied zu Beitrag zum Stand der Technik
Ich sehe da sogar den entscheidenden Unterschied. Wie ich übrigens schon weiter oben anmerkte, ist die Frage, ob ein nichttechnisches Merkmal einen Beitrag zum SdT leisten kann, auch anders herum wichtig: ein nichttechnisches Merkmal in der Entgegenhaltung kann den Fachmann nicht zum Erfindungsgegenstand der zu prüfenden Patentanmeldung oder davon weg führen. Man denke z.B. an eine Gestaltung eines alten Sportwagens einerseits und einer (gestalterisch und technisch nur teilweise entsprechenden) bestimmten Formgebung einer Motorhaube, die es einem angefahrenen Fußgänger erlaubt, mit geringeren Verletzungen über das Auto zu rollen.
 

Kurt

*** KT-HERO ***
Und dann haben wir da noch nachstehende Abrechnung mit der in Rede stehenden ominösen Formulierung "Beitrag zum Stand der Technik" (im Zusammenhang mit Technizität), ebenfalls aus der Entscheidung T0154/04 ("Estimating sales activity"):

Actually, any reference to the prior art in the context of Article 52(2) and (3) EPC [Technizität] would lead to insurmountable difficulties; the prior art, the "state of the art" in the terminology of the Convention, is a complex concept finely tuned by a combination of provisions, Articles 54 to 56 EPC, and depending on the filing and priority dates of the application or patent as well as on the patentability requirement involved. There is, however, no rule whatsoever defining the prior art which should be applied in the context of Article 52(2) EPC.

It is simply inconceivable that the contracting states missed such an important point in the conclusion of the Convention. Hence, there are convincing reasons why the "contribution" or "technical effect" approach should be abandoned, which the boards did some ten years ago.

"Unüberwindliche Schwierigkeiten" und "Unbegreiflich" -- Mein Reden.
 

grond

*** KT-HERO ***
Und dann haben wir da noch nachstehende Abrechnung mit der in Rede stehenden ominösen Formulierung
Nur nebenbei: "ominös" kommt von "omen", also "Vorzeichen". Ominös wären also beispielsweise dunkle Wolken am Vorabend eines Unglückstages. Ich sage das nur, weil mir in letzter Zeit immer häufiger "ominös" im Sinne von "mysteriös" begegnet. Als Patentanwalt ist man ja erfreulicherweise von Berufs wegen zum Korinthenkacken ermächtigt. Zur Hauptsache: das ist wohl eher keine Abrechnung mit einer eventuell verwirrenden Formulierung, sondern die Abkehr von der älteren Rechtsprechung, derzufolge ein Anspruchsgegenstand als nichttechnisch unter Art. 52(2) EPÜ zurückgewiesen wurde, wenn die neuen Merkmale des Anspruchs nichttechnischer Natur waren, die technischen Merkmale aber alle vorbekannt waren. Das Problem daran ist eben, dass Art. 52 (2) EPÜ aber gar nicht auf einen SdT verweist. Daher ist man dazu übergegangen, den Anspruchsgegenstand in seiner Gesamtheit auf Technizität zu prüfen und ihn dann unter dem Gesichtspunkt der mangelnden erfinderischen Tätigkeit zurückzuweisen, weil die einzig neuen Merkmale ja eben nichttechnisch sind und damit keinen Beitrag zum Stand der Technik (sic) leisten können. Das heißt also, keinen technischen Fortschritt begründen.
 
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