Allg. Auf ewig Studentin?

kandidatin

SILBER - Mitglied
Hallo Forum,

kurz vor Ende meines Studiums mache ich mir über meine weitere berufliche Zukunft Gedanken. Die Ausbildung zur Patentanwältin und der Beruf selbst klingen interessant. Wie ich in einem anderen Beitrag gelesen habe, lässt sich der Beruf auch mit einem Kinderwunsch vereinbaren, was mir wichtig ist. Als ich mich über die Ausbildung zum Patentanwalt informiert habe, ist mir aber aufgefallen, dass man ungeheuer lange studieren muss. Wie es aussieht muss man ein Fernstudium absolvieren, Kurse zum Europäischen Patentanwalt absolvieren, an Arbeitsgruppen teilnehmen und ein Jahr in München verbringen, ehe man die Prüfungen ablegen kann. Das Ganze parallel zu einer Vollzeitbeschäftigung! Außerdem gibt es wohl noch weitere Studiengänge (Hagen 2 bis x ???), die ich absolvieren müsste, um irgendwann vollwertige Patentanwältin zu sein. Ich habe zwar nichts dagegen, immer wieder neues hinzuzulernen, aber ich möchte auch nicht ewig Studentin sein, sondern den Beruf ausüben (und natürlich auch Gled verdienen ;)). Zählt man die ganzen Kurse und Studiengänge zusammen, wie lange wird es dauern, um dorthin zu kommen? Danke für Eure Antworten!

Bille
 
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macgyver01

SILBER - Mitglied
Wenn Du die Europäische Eignungsprüfung beim ersten Mal bestehst, dauert das Ganze (deutsche+europäische) ca. 4 Jahre. Die Europäische Eignungsprüfung findet nur einmal pro Jahr statt. Weitere Studiengänge (LL.M. etc.) sind "nice to have", aber nicht notwendig.

Man verdient während der Kandidatenzeit schon Geld (siehe weitere Beiträge hierzu im Forum). Man übt auch (immer selbständiger) den Beruf in gewisser Weise schon aus.

Beachten muss man, dass man als Kandidat (oft promoviert) wieder ganz unten als Lehrling anfängt, der nichts weiß und nichts kann. Dazu muss man bereit sein. Wer nicht bereit ist, wieder ganz unten anzufangen bzw. wessen Ego dadurch gekränkt wird, dass alle mehr wissen und können, sollte die Ausbildung nicht anfangen.

Die Ausbildung ist (teilweise) schon recht anstrengend und -wie Du geschrieben hast- muss man zu einem Vollzeitjob (ca. 40 h normalerweise) noch das Fernstudium machen, für die Europäische Eignungsprüfung lernen etc.

Wenn Du die deutsche und europäische "Zulassung" hast, bist Du (nach jetzigem Stand) vollwertige Patentanwältin.
 
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kandidatin

SILBER - Mitglied
Hallo Macgyver, danke für Deine Antwort! Ich habe jedoch noch weitere Fragen:

Weitere Studiengänge (LL.M. etc.) sind "nice to have", aber nicht notwendig. ... Wenn Du die deutsche und europäische "Zulassung" hast, bist Du (nach jetzigem Stand) vollwertige Patentanwältin.

Reicht es also, "nur" Fernstudium und Amtsjahr zu absolvieren und die deutsche und europäische Prüfung abzulegen? Ich habe gelesen, dass man hiermit noch nicht vor dem europäischen Patentgericht vertreten darf.

Beachten muss man, dass man als Kandidat (oft promoviert) wieder ganz unten als Lehrling anfängt, der nichts weiß und nichts kann. Dazu muss man bereit sein. Wer nicht bereit ist, wieder ganz unten anzufangen bzw. wessen Ego dadurch gekränkt wird, dass alle mehr wissen und können, sollte die Ausbildung nicht anfangen.

Damit habe ich kein Problem, wenn eine Ende (Du sagtest nach ca. 4 Jahren) in Sicht ist. ;)

Die Ausbildung ist (teilweise) schon recht anstrengend und -wie Du geschrieben hast- muss man zu einem Vollzeitjob (ca. 40 h normalerweise) noch das Fernstudium machen, für die Europäische Eignungsprüfung lernen etc.

Das ist natürlich schwierig, gerade wenn man eigentlich schon früh in die Familienplanung einsteigen möchte :eek:. Gibt es hier vielleicht Kandidatinnen oder Patentanwältinnen, die das dennoch gemacht haben?

Bille
 

macgyver01

SILBER - Mitglied
Reicht es also, "nur" Fernstudium und Amtsjahr zu absolvieren und die deutsche und europäische Prüfung abzulegen? Ich habe gelesen, dass man hiermit noch nicht vor dem europäischen Patentgericht vertreten darf.

Man muss sehr viel lernen für die europäische Prüfung. Die Durchfallquote beträgt (je nach Anwendung der Statistik) ca. 65-70%. Das Lernen hierfür geschieht größtenteils im Selbststudium, zusätzlich zum Fernstudium und Amtsjahr.

Das europäische Patentgericht existiert nocht nicht. Wann es und ob es überhaupt jemals existiert, ist offen. Zudem steht nicht fest, was man vorweisen muss, um dort aufzutreten, bzw. wie man es bekommt.


Das ist natürlich schwierig, gerade wenn man eigentlich schon früh in die Familienplanung einsteigen möchte :eek:. Gibt es hier vielleicht Kandidatinnen oder Patentanwältinnen, die das dennoch gemacht haben?

Ich würde von der Familienplanung in der Kandiatenzeit abraten. Für mich war die Kandidatenzeit die stressigste Zeit von allen (auch ohne Kinder). Studium und Promotion waren (bis auf sehr kurze Phasen) bei weitem nicht so stressig.

Ich kenne keinen, der (als Frau) in der Kandidatenzeit ein Kind bekommen hat UND die deutsche und die europäische Prüfung innerhalb von 4 Jahren abgelegt hat. Insbesondere die europäische Prüfung bleibt (da hauptsächlich Selbststudium bei absolut freier Zeiteinteilung) auf der Strecke, so dass es nicht beim 1. Versuch (und oft auch nicht beim 2. Versuch) klappt, d.h. aus ca. 4 Jahren werden 5 Jahre (oder 6 Jahre) bis man beide Prüfungen bestanden hat.
 
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pak

*** KT-HERO ***
Hallo Bille,

Das ist natürlich schwierig, gerade wenn man eigentlich schon früh in die Familienplanung einsteigen möchte :eek:. Gibt es hier vielleicht Kandidatinnen oder Patentanwältinnen, die das dennoch gemacht haben?

Die Schwangerschaft und Geburt ist kein Modell zur Verkürzung der effektiven Ausbildungsdauer ;). Du könntest während der Ausbildung zwar in den Mutterschutz gehen und ggf. auch Elternzeit nehmen, aber mW müsstest Du die verlorengegangene Zeit (Wer es miterlebt hat, der weiß, dass dies eine segensreiche Zeit ist und nicht als verloren angesehen wird) noch nachholen, da diese nicht auf die Ausbildungszeit beim Patentanwalt angerechnet werden dürfte. Ich würde daher zuerst die Ausbildung absolvieren, alternativ zuerst den Kinderwunsch verwirklichen. Aber daran denken: Keiner der beiden gewählten Wege muss auf Anhieb zum Ziel führen :eek:

Was die Zeit der Ausbildung angeht, so hat MacGyver das Wesentliche schon gesagt. Auch brauchst Du nicht mehr als die Deutsche und Europäische Ausbildung bzw. Prüfung, um den Beruf auszuüben.

Gruß

pak
 

kandidatin

SILBER - Mitglied
Ich würde von der Familienplanung in der Kandiatenzeit abraten. Für mich war die Kandidatenzeit die stressigste Zeit von allen (auch ohne Kinder). Studium und Promotion waren (bis auf sehr kurze Phasen) bei weitem nicht so stressig.

Ich würde daher zuerst die Ausbildung absolvieren, alternativ zuerst den Kinderwunsch verwirklichen.

OK, OK, Ihr habt mich überzeugt ...

Das europäische Patentgericht existiert nocht nicht. Wann es und ob es überhaupt jemals existiert, ist offen. Zudem steht nicht fest, was man vorweisen muss, um dort aufzutreten, bzw. wie man es bekommt.

Verstehe! Allerdings habe ich unter

http://www.ktforum.de/showthread.php?2725-EU-Patentgericht

gelesen, dass es nicht mehr lange dauern wird. Wenn es denn dann kommt, möchte man jedoch wahrscheinlich auch dort mitmischen dürfen, oder? Also müsste man eventuell doch noch ein Studium dranhängen ... Wenn der Kinderwunsch (nach den 4 Jahren der normalen Ausbildung) verwirklicht wäre, dann hätte ich allerdings keine große Lust mehr, wieder die Schulbank zu drücken!

Trotzdem vielen Dank für Eure Antworten. Hat mir bereits weitergeholfen.

Bille
 

philkopter

GOLD - Mitglied
Du kannst meiner Meinung nach die Ausbildung zum Patentanwalt oder evtl. später die Ausbildung um vor dem unified patent court vertreten zu dürfen, nicht mit einer gewöhnlichen Ausbildung oder einem Studium vergleichen. Natürlich hast du immer diese Prüfungen vor Augen (im Hagen Studium) und musst Einsendeaufgaben bearbeiten, aber 90% deiner Tätigkeit sind ein ganz normaler Bürojob. Zudem verdienst du je nach Kanzlei ein anständiges Einstiegsgehalt. Ich jedenfalls fühle mich keineswegs als Auszubildender, sondern fühlte mich bereits nach kurzer Einarbeitungszeit als vollwertiges Mitglied unseres Teams hier. Die Prüfungen als Abschluss der Ausbildung sehe ich eher als Motivation am Ball zu bleiben und sich nicht rein auf praktische Erfahrung zu fokusieren. In anderen Jobs würdest du evtl. keine weiteren Prüfungen schreiben, dafür aber ständige Assessment Center durchlaufen, evtl einen MBA machen (Prüfungen) o.ä.

Wenn du jetzt natürlich weißt, dass dir Prüfungen grundsätzlich nicht liegen und du gerne mit deiner bisherigen Ausbildung am Ende der Lernphase angekommen wärst, dann ist Patentanwalt wohl das falsche.
 

Matthias

SILBER - Mitglied
Das mit der zusätzlichen Ausbildung für das Europäische Patentgericht ist schon richtig (diese Antwort fehlt glaube ich bisher). Das Gericht wird mit 99%er Wahrscheinlichkeit kommen und Patentanwälte werden dafür auch eine Vertretungsbefugnis haben, aber eben nur mit einer Zusatzqualifikation. Wie die aussieht ist bislang nicht bekannt, aber vermutlich wird es auf irgend ein mehrmonatiges (Fern-)Studium mit Abschlussprüfungen hinauslaufen, das nach deutscher Prüfung, EQE etc. (wahrscheinlich) berufsbegleitend zu absolvierend ist. Eine "Großvaterregelung" ist nicht in Sicht. Je mehr Einfluss die Rechtsanwaltslobby nimmt, desto schwieriger wird es...
 

pak

*** KT-HERO ***
..., aber eben nur mit einer Zusatzqualifikation. Wie die aussieht ist bislang nicht bekannt, aber vermutlich wird es auf irgend ein mehrmonatiges (Fern-)Studium mit Abschlussprüfungen hinauslaufen, das nach deutscher Prüfung, EQE etc. (wahrscheinlich) berufsbegleitend zu absolvierend ist. Eine "Großvaterregelung" ist nicht in Sicht. Je mehr Einfluss die Rechtsanwaltslobby nimmt, desto schwieriger wird es...

Damit hast Du es auf den Punkt gebracht. Ich denke, mit dem ersten Hagenstudium, dem Amtsjahr und nicht zuletzt der folgenden Berufsausübung - die seltsame Euopäische Eignungsprüfung und die Vertretung vor dem EPA mal ganz ausgenommen - sollte ein Patentanwlt bereits die notwendige Qualifikation und das Handwerkszeug haben, sich in neue rechtliche Themen, mit denen er (vielleicht) bei dem entstehenden Europäischen Patentgericht konfrontiert wird, einzuarbeiten. Schließlich unterstellt man das ja auch bei einem Rechtsanwalt, der gleich nach dem Studium in sämtlichen Rechtsgebieten loslegen darf, wobei dessen praktische Erfahrung - im Gegensatz zum Patentanwalt unmittelbar nach der Ausbildung - gering(er) ist. Eine Großvaterregelung scheint mir angemessen, vielleicht unter der Voraussetzung, dass der Beruf bereits für einen bestimmten Zeitraum (3 Jahre?) ausgeübt sein muss, ehe man vor dem Europäischen Patentgericht vertreten darf. Eine durch ein Zusatzstudium zu erlangende weitere Qualifikation halte ich für schikanös, das Zusatzstudium wird aber kommen, dafür wird die angesprochene Lobby schon sorgen :(

Gruß

pak
 

arcd007

*** KT-HERO ***
Hi allerseits,

ein paar Eindrücke:

ich hatte im Amtsjahr eine Kollegin, die gerade nach ihrem zweiten Kind die Ausbildung mit dem Amtsjahr weitergeführt hat. Ihre Ausbildungszeit hat mit 2 Kindern und einem Hausbau (und einem fast vollzeitarbietenden Mann) insgesamt 6,5 Jahre gedauert. Also..Kinder bekommen geht sicherlich, nur kann man sich sicherlich auf ein halbes Jahrzehnt Ausbildung einstellen.

Eine andere Kollegin hat Ihr Kind erst nach der Ausbildung bekommen und arbeitet jetzt auf freiberuflicher Basis im Wesentlichen halbtags und genießt die Flexibilität.

Ciao

arcd007
 

kandidatin

SILBER - Mitglied
Hallo arcd007,

danke für die Schilderung Deiner Eindrücke!

Hi allerseits,

ein paar Eindrücke:

ich hatte im Amtsjahr eine Kollegin, die gerade nach ihrem zweiten Kind die Ausbildung mit dem Amtsjahr weitergeführt hat. Ihre Ausbildungszeit hat mit 2 Kindern und einem Hausbau (und einem fast vollzeitarbietenden Mann) insgesamt 6,5 Jahre gedauert. Also..Kinder bekommen geht sicherlich, nur kann man sich sicherlich auf ein halbes Jahrzehnt Ausbildung einstellen.

Deine Kollegin hat es dann aber wahrscheinlich sehr zügig durchgezogen, wenn man überlegt, dass eine "einfache" Ausbildung ohne größere Ablenkungen bereits 4 Jahre dauert!

Eine andere Kollegin hat Ihr Kind erst nach der Ausbildung bekommen und arbeitet jetzt auf freiberuflicher Basis im Wesentlichen halbtags und genießt die Flexibilität.

Ist es denn tatsächlich noch so einfach, den Beruf nebenbei freiberuflich auszuüben und sich die Zeit flexibel einteilen zu können? Ich habe aus anderen Beiträgen den Eindruck gewonnen, dass dieas eben nicht mehr so locker geht. Ich frage nochmal nach, weil das im Grunde der Weg ist, den ich einschlagen müsste.

Bille
 

arcd007

*** KT-HERO ***
Hi Bille,

das kommt immer auf die Kanzlei an. Die Kollegin ist sogar von einem Teilzeit-Angestelltenverhältnis ins freiberufliche Verhältnis in einer anderen Kanzlei gewechselt, wollte sie doch nicht an feste Zeiten gebunden sein und je nach Gusto/Umständen den Arbeitsbedarf hoch- oder herunterfahren.

Sie hatte beim entsprechenden Bewerbugsgespräch genau dieses angesprochen und der Kanzlei war dies anscheinend ganz recht. Derzeit ist sie zufrieden, arbeitet mal 40h in der WOche, dann mal wieder weniger als 20h, wenn das Kind krank ist, öfter mal am We oder abends wenn das Kind schläft, etc. Fand sie besser als jeden Tag für einen halben Tag ins Büro kommen zu müssen, aber das muß natürlich jeder selber wissen.

> Ist es denn tatsächlich noch so einfach, den Beruf nebenbei freiberuflich auszuüben und sich die Zeit flexibel einteilen zu können?

Bei ihr ging das recht gut, das sie wenige und nicht dringende, dafür sehr umfangreiche Akten zur Bearbeitung bekommt, da läßt sich die Zeiteinteilung besser machen, als bei vielen kleinen eiligen Sachen. Das ist aber eben kanzleispezifisch und nicht unbedingt verallgemeinerbar.

Ciao

arcd007
 

Matthias

SILBER - Mitglied
@kandidatin: Auf Deine Frage sei gesagt, dass es keinesfalls einfach ist, den Beruf so auszuüben wie Du Dir das vorstellst. Das bedeutet nicht dass es unmöglich ist, aber einfach ist es nicht (mehr).

Vor 10 Jahren hätten Dir hier wahrscheinlich alle gesagt, dass sowas problemlos geht, weil für Patentanwälte immer genug Arbeit da ist, egal wie, wann und wo. Aber der Markt hat sich verändert. Immer mehr Patentanwälte konkurrieren um eine etwa gleichbleibende Arbeit mit sinkender Vergütung bei steigenden Kosten. Vom Generationenproblem und dem verschäften Auge der Behörden auf Scheinselbständige mal ganz zu schweigen. Und die Entwicklung wird sich die nächsten Jahre noch fortsetzen.

Teilzeitmodelle können schon noch möglich sein, aber Du musst damit rechnen dass solche Teilzeit-Zuarbeiter nur die Arbeit bekommen, die sonst keiner will. Das bedeutet, dass das Verhältnis von abrechenbaren zu gearbeiteten Stunden sehr ungünstig ist. Also wenn Du die Hälfte arbeitest, wird Dein Einkommen wahrscheinlich nicht die Hälfte, sondern eher ein Viertel bis ein Drittel des Einkommens einer Vollzeitkraft sein.

Es gibt heute sicher noch ein paar Leute, die solche Modelle leben und bei entsprechender Bescheidenheit und Abwägung der Vor- und Nachteile damit zufrieden sind. Aber ob das in > 4 Jahren, wenn Du dann vielleicht mal fertig bist, noch gehen wird kann Dir jetzt niemand sagen.
 

kandidatin

SILBER - Mitglied
Danke arcd007 und Matthias für Eure Antworten!

das kommt immer auf die Kanzlei an. Die Kollegin ist sogar von einem Teilzeit-Angestelltenverhältnis ins freiberufliche Verhältnis in einer anderen Kanzlei gewechselt, wollte sie doch nicht an feste Zeiten gebunden sein und je nach Gusto/Umständen den Arbeitsbedarf hoch- oder herunterfahren.

Also ist es wohl im Moment noch möglich, wenn man die richtige Kanzlei als Auftraggeber hat.

Es gibt heute sicher noch ein paar Leute, die solche Modelle leben und bei entsprechender Bescheidenheit und Abwägung der Vor- und Nachteile damit zufrieden sind. Aber ob das in > 4 Jahren, wenn Du dann vielleicht mal fertig bist, noch gehen wird kann Dir jetzt niemand sagen.

Ok, das ist klar.

Eine letzte Frage noch: Wie habt Ihr in den Beruf des Patentanwalts bzw. die Ausbildung zum Patentanwalt hereingeschnuppert? Bietet sich hier ein Praktikum an oder würdet Ihr gleich in die Vollen gehen? Ich habe bei anderen Praktika (nicht im Patentbereich) die Erfahrung gemacht, dass man kaum einen Einblick ins Berufsbild erhält bzw. eher ein Hilfsarbeiter für die unliebsamen Aufgaben im Büro/Betrieb ist. Allerdings waren das studiumbegleitende Praktika, bei denen man vielleicht nicht ganz für voll genommen wird ...

Bille
 

Blood für PMZ

*** KT-HERO ***
Hallo Kandidatin,

es kommt weniger auf die auftraggebende Kanzlei und mehr auf deren Mandanten an. Bedenke: Du willst gerade in einen freien Beruf, ohne soziale Absicherung.

Also stellt sich Dir die Frage: Wann kann eine Kanzlei ein Arbeitsvolumen für eine in Teilzeit tätige Patentanwältin anbieten? Antwort: Wenn beispielsweise in einer 3-Mann-Maschinenbaukanzlei gelegentlich Chemie anfällt, zuwenig für einen Chemiker-Kollegen, aber zuviel, um es stöhnend doch selbst zu machen, abzulehnen oder abzugeben. Oder es gibt da einen guten Mandanten, der aber leider seine Weisungen auf französisch oder japanisch schreibt, und da haben alle drei Kollegen in der Schule gefehlt. Oder so.

Da kämst Du - einschlägige Eignung unterstellt - ins Spiel. Nur: Dünnt sich dieser Aufgabenbereich aus, sind auch Deine Aufträge weg, ohne dass Du Einfluss hast oder überhaupt weißt, was läuft. Und nimmt der Aufgabenbereich zu, bist Du ebenfalls weg vom Fenster. Denn dann wird doch ein vollwertiger Kollege gebraucht, der täglich die Telefonate und Emails abarbeitet, sich kümmert und dieses interessant werdende Geschäft vielleicht ausbaut.

Du wirst Dir also äußerst unregelmäßig neue derartige Tätigkeiten bei unterschiedlichen Kanzleien suchen müssen, vielleicht so alle 2 bis 3 Jahre. Da mag dann auch mal ein Ortswechsel erforderlich werden, je nachdem. Das Führen einer Fernbeziehung sollte für Dich also nicht ausgeschlossen sein, auch bei Kinderwunsch. Das schon deshalb, weil auch der Partner vielleicht mal aus Karrieregründen den Arbeitsort wechseln möchte, und dort wo der hingeht, gibt es gerade dann sicher überhaupt keine passende Tätigkeit für Dich. Aber das Problem gibts auch bei anderen Jobs.

Ein Praktikum ist unbedingt geboten, wenn Du für die Ausbildung irgendetwas aufgeben musst. Zwei Wochen reichen, damit Du erkennst, ob Du auf die Dauer in einem papierverarbeitenden Betrieb leben kannst, ohne Schraubenzieher, Voltmeter, Reagenzglas und Messreihen, immer unter Zeitdruck. "Papier" schließt virtuelles Papier ein. Da Du nichts kannst und keine brauchbare Tätigkeit durchführen wirst, zahlt die Kanzlei immer drauf, denn irgendjemand muss sich ja um Dich kümmern.

Frohes Schaffen

Blood für PMZ
 

Asdevi

*** KT-HERO ***
Eine letzte Frage noch: Wie habt Ihr in den Beruf des Patentanwalts bzw. die Ausbildung zum Patentanwalt hereingeschnuppert? Bietet sich hier ein Praktikum an oder würdet Ihr gleich in die Vollen gehen? Ich habe bei anderen Praktika (nicht im Patentbereich) die Erfahrung gemacht, dass man kaum einen Einblick ins Berufsbild erhält bzw. eher ein Hilfsarbeiter für die unliebsamen Aufgaben im Büro/Betrieb ist. Allerdings waren das studiumbegleitende Praktika, bei denen man vielleicht nicht ganz für voll genommen wird ...

Ich bin in die Vollen gegangen, wie du so schön sagst, und habe es - zum Glück - nicht bereut.

Praktikum sehe ich persönlich als schwierig, da man als ahnungsloser Kandidat in der Anfangszeit oder Praktikant bei ordentlicher Betreuung nur zusätzlichen Aufwand und damit Kosten verursacht. Also wird man dir Hilfsarbeiterjobs geben, die eher wenig Kenntnisse erfordern, wie du schon vermutest. Übersetzungen oder Anspruchsanpassungen dürften das Höchste der Gefühle sein.

Wenn du vorher schnuppern willst, solltest du vielleicht zu einer Kanzlei gehen, wo du (zur Not über Ecken) schon jemanden kennst, so dass sich jemand aus Nettigkeit verpflichtet fühlt, dir die richtige Arbeit zu zeigen. Wir hatten mal die Schwester der Schwiegertochter eines Partners da, um die wurde sich sehr gut gekümmert, aber dem betreffenden Partner hat das ganz klar Einbußen beschert.
 

Karl

*** KT-HERO ***
Zum Thema freiberufliche Teilzeitarbeit:

Dies hat eine Reihe von Nachteilen:

- Freiberufliche Mitarbeiter sind die Puffer für schwankende Arbeitsmengen. Wenn also die nächste Wirtschaftskrise kommt, und dadurch zeitweise weniger Aufträge, dann bist du die erste, die dadurch nix (oder fast nix) mehr bekommt. Zwar würde ich sagen, dass die Auftragsschwankungen nach Wirtschaftslage der Unternehmen (und somit auch nach der gesamtlage der Wirtschaft) in der Patentbranche insgesamt eher unterdurchschnittlich stark sind (auch in der Krise wollen Unternehmen ungerne auf die Grundlage ihrer zukünftigen Marktposition verzichten... Da werden erstmal die normalen Arbeiter etc. in Kurzarbeit geschickt, bevor im Bereich F&E (und somit auch im damit stark verknüpften Bereich Patentwesen) gespaart wird). Diese Schwankungen landen dann jedoch konzentriert bei den freien Mitarbeitern...

Wenn du als freier Mitarbeiter trotzdem zuverlässig Aufträge bekommen willst, solltest du für die Kanzlei frei tätig sein, für die du auch Kandidate warst bzw. du benötigst eine starke Bindung an die Kanzlei. Wenn sie dich (viele Jahre) kennen und deine Arbeit (seit langem) schätzen, dann werden sie sich Mühe geben, dir weiterhin zumindest so viele Aufträge zu geben, dass du dir nix anderes suchst... Hast du keine guten Kontakte und die Wirtschaftslage verschlechtert sich, wirds hässlich.

- Freiberuflich für eine Kanzlei arbeiten heisst zumeist, du kriegst einen %-Satz des Umsatzes durch abrechenbare Stunden. Ein Teil des Umsatzes wird für die laufenden Kosten der Kanzlei verwendet. Ein weiterer Teil verbleibt als Gewinn bei den Partnern. Alle aus Formalgebühren, Grundgebühren etc. entstehenden Gewinne bleiben auch bei den Partnern.

- Soziale Absicherung gibt es für dich aufgrund der Bezahlungsmodalitäten (% vom Umsatz) quasi nicht...

- Die unschönen Aufträge (unbequeme Erfinder / Technisch anspruchsvoll / Bescheidserwiderung zu einer nicht gut übersetzten EP Anmeldung mit JP Prio....etc.) landen vermutlich vorwiegend bei dir. Das senkt das abrechenbare Stunden/reale Stunden Verhältnis und erhöht dazu noch signifikant die Menge der frustrierenden beruflichen Erfahrungen...

Fazit: Du hast fast alle Nachteile des Berufs des Patentanwalts (insbesondere die lange und aufwändige Ausbildung), aber die meisten Vorteile bleiben dir versagt. Letztendlich ist es ohnehin fraglich, ob die aufwändige Ausbildung lohnt, wenn du die so erlangte Qualifikation nur halbtags nutzen möchtest. Wenn du dann für halbtags nicht mal ansatzweise bei der Hälfte des Einkommens landest, wird es wirklich dünn.


P.S. Ich sehe den Beruf "Patentanwalt" insgesamt sehr positiv und habe nie bereut, die Ausbildung begonnen zu haben. Trotzdem bin ich beim Thema Patentanwalt als Teilzeitjob kritisch... Du kannst dir also denken, was die Leute, die selbst für eine normale Tätigkeit als Patentanwalt schon immer die große wirtschaftliche Katastrophe prophezeien zu einer Teilzeittätigkeit sagen werden...
 

Karl

*** KT-HERO ***
Ich bin in die Vollen gegangen, wie du so schön sagst, und habe es - zum Glück - nicht bereut.

Praktikum sehe ich persönlich als schwierig, da man als ahnungsloser Kandidat in der Anfangszeit oder Praktikant bei ordentlicher Betreuung nur zusätzlichen Aufwand und damit Kosten verursacht. Also wird man dir Hilfsarbeiterjobs geben, die eher wenig Kenntnisse erfordern, wie du schon vermutest. Übersetzungen oder Anspruchsanpassungen dürften das Höchste der Gefühle sein.

Wenn du vorher schnuppern willst, solltest du vielleicht zu einer Kanzlei gehen, wo du (zur Not über Ecken) schon jemanden kennst, so dass sich jemand aus Nettigkeit verpflichtet fühlt, dir die richtige Arbeit zu zeigen. Wir hatten mal die Schwester der Schwiegertochter eines Partners da, um die wurde sich sehr gut gekümmert, aber dem betreffenden Partner hat das ganz klar Einbußen beschert.

Ich würde auch eher zu einem direkten Einstieg ohne vorheriges Praktikum raten, weil du dabei nix zu verlieren hast. Wenn es dir nicht liegt, kündigst du halt. Für die Zeit hast du dann - wie ein Praktikant - reingeschnuppert. Unterschied: Du wurdest bezahlt...

Ich glaube allerdings, das man sich, wenn du nen Praktikum machen willst, um dich kümmern wird. Die Kanzlei denkt dann daran, dass du ein potentieller Kandidat bist. Im Gegensatz zu einem Kandidat können Sie dich kostenlos testen. Das Problem, dass du am Anfang mehr kosten als Nutzen bringst (auch wenn du nix verdienst als Praktikant) stellt sich bei Kandidaten im ersten halben Jahr genauso, und trotzdem bildet man sie - aufgrund des zu erwartenden Profits im 2. und 3. Jahr - aus.

Wenn du im Laufe des Praktikums dann zunehmend nurnoch für´s Kaffekochen zuständig bist, dann weist du, dass die Kanzlei eher nicht drann interessiert ist, die als Kandidaten einzustellen xD
 

Matthias

SILBER - Mitglied
Man muss nicht unbedingt selbst die Ausbildung bereut haben um Leute, die jetzt (also bei einem Stand von etwa 3300 Patentanwälten, im Vergleich zu etwas über 2000 vor 10 Jahren) noch anfangen wollen auf die sich deutlich veränderten Umstände hinzuweisen. Es hält sich nach wie vor das Gerücht, man müsse nur durch den "Flaschenhals" (also die Kandidatenausbildung, mit der angeblich die Menge der Patentanwälte an den Bedarf angepasst wird) hindurch und habe traumhafte berfufliche Bedingungen. Das war vielleicht mal so, ist es aber nicht mehr. Das merke nicht nur ich in meiner täglichen Arbeit, sondern viele Kollegen die ich kenne auch.

@kandidatin: Was das Praktikum angeht, so sei angemerkt dass die übliche Bezeichnung für solche Praktikanten in einigen Kanzleien das Wort "Wasserträger" ist. Das sagt denke ich alles. Ich glaube nicht dass Du mit einem Praktikum von nur zwei Wochen o.ä. einen realistischen Einblick vom Beruf selbst bekommst. Du wirst am Anfang nicht annähernd unter dem zeitlichen Druck stehen, den Du später hast, wenn Du von dieser Arbeit leben musst. Du kannst zwar schnell viel lernen und das ist sicher spannend, aber später ist das alles Routine und Du denkst ganz anders darüber. Ich kenne Leute die nach etwa einem Jahr Kandidatenausbildung abgesprungen sind (weil es keinen Spaß gemacht hat, weil der Partner nicht mehr mitgespielt hat, o.ä.) und zu diesem Zeitpunkt geht das auch noch. Nach der Prüfung ist ein Wechsel in die Industrie oder an die Hochschule i.d.R. aber nicht mehr möglicht, also sollte man sich dann irgendwann schon sicher sein.

Was die kritischen Töne zur Teilzeitarbeit angeht kann ich meinen Vorrednern nur zustimmen. Du kannst eine solche Tätigkeit, die Dir vorschwebt, nicht annähernd mit einem Heimarbeitsverhältnis in einem Unternehmen oder einer Behörde vergleichen. Du bist selbständige One-Woman-Show-Unternehmerin und musst Deine Dienstleistung ständig neu verkaufen, Deine Kunden zufriedenstellen (bzw. die Erwartungen übererfüllen), bist für Deine Arbeit haftbar und bei nachlassender Arbeit (was überhaupt nicht an schlechter Arbeit liegen muss, sondern z.B. an einer wirkschaftlichern Schieflage des Mandanten liegen kann, die immer wieder vorkommen) bist Du die erste die leer ausgeht. Das ist keine Miesmacherei, sondern schlicht die Weitergabe von Erfahrung. Also überlege Dir das genau.
 

Blood für PMZ

*** KT-HERO ***
Hallo,

interessant, dass trotz sehr unterschiedlicher persönlicher Erfahrungen die Meinungen sich im Ergebnis doch sehr ähneln. Nur die Schwerpunkte werden etwas anders gesetzt.

Beim Wert eines Praktikums weiche ich noch ab. Meine Betonung liegt dabei auf dem obenstehenden Satz "Ein Praktikum ist unbedingt geboten, wenn Du für die Ausbildung irgendetwas aufgeben musst." Viele von uns haben/hatten Promotions- oder Habilitationsstellen oder andere Jobs oder diese in Griffnähe. Für die Aufnahme einer Kandidatenstelle müssen sie gekündigt oder abgelehnt werden. Und diese Stellen sind dann weg und kommen auch nicht wieder, wenn man nach ein paar Tagen den Patentkram hinschmeißt, weil man sich etwas völlig anderes vorgestellt hat.

Es geht nicht um eine vollständige und realistische Betrachtung des Berufsbildes, sondern um die knallharte Erkenntnis, ob man sein zukünftiges Berufsleben für mehrere Jahrzehnte nahezu ausschließlich mit der gedrängten Bearbeitung von dicken Akten mit merkwürdigen Problemen von weitgehend unbekannten fremden Leuten zubringen will. Wobei man sich diese Probleme nicht aussuchen kann, sondern machen muss, was kommt, und eine eigene Kreativität nur noch in arg abstrakter Form einbringen kann. Und für diese Aha- oder vielmehr Ograuenhaft-Erkenntnis reichen zwei (unbezahlte oder für lau bezahlte) Wochen. Jurastudenten haben diese Erkenntnis im ersten Semester und brechen frühzeitig ab.

Die zwei Wochen reichen auch, um die interessanten Bereiche des Berufes zu erkennen und festzustellen, ob die im Büro sonst so tätigen Personen eigentlich einen halbwegs zufriedenen Eindruck machen. Man kann sie auch nach den Gründen fragen. Und dann die Entscheidung treffen.

Frohes Schaffen

Blood für PMZ
 
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