Oplutendux

Schreiber
Guten Tag,
Ich bin aktuell Abiturient und bin sehr am Beruf des Patentanwaltes interessiert. Ein Gespräch mit einer befreundeten Patentanwältin hat mich jedoch ins Grübeln gebracht. Deshalb hier die Frage: besteht die Möglichkeit den Patentanwalt weitestgehend zu automatisieren.. bspw den Entwurf von einer KI schreiben zu lassen etc. Des Weiteren Streit sich die Frage ob Patentanwälte in Zukunft bei Einführung des einheitspatentes von „gewöhnlichen“ Juristen aus dem Job gedrängt werden könnten. Dort bereits bestehende Patentanwälte stellt all dies eher weniger ein Problem da.. für Leute die ihre gesamte Ausbildung +Studium noch vor sich haben sicherlich schon..

Mfg
 

der_markus

*** KT-HERO ***
Guten Abend.

Zu deiner ersten Frage:
Patentanmeldungen sind hochkomplexe Texte, die von außen unschuldig aussehen, die aber streng durchchoreografiert sind und in denen jeder Satz und jedes Wort auf die Goldwaage gelegt wurde. Ich habe Zweifel, dass es in absehbarer Zeit KIs geben wird, die Erfindungen verstehen und deren vorteilhafte Ausführungen abstrahieren können, sodass daraus ein in sich stimmiges und durchsetzbares Patent entsteht. Ich glaube nicht, dass ein Patentanwalt ein Patent, das er im Zweifelsfall zu vertreten hat, von einer KI schreiben lässt. Ich glaube, das wird noch eine ganze Weile Handarbeit bleiben, und das ist auch gut so.

Zu deiner zweiten Frage:
Unter der Annahme, dass du mit "gewöhnlichen Juristen" Rechtsanwälte meinst, sehe ich persönlich keine Veränderung in der Vertretungssituation durch das EPG. Rechtsanwälte durften schon immer überall vertreten. Dennoch ist der Berufsstand der Patentanwälte noch nicht verschwunden, sondern wächst, da Patentanwälte nunmal auf diesem Rechtsgebiet speziell ausgebildet sind. Klar gibt es Rechtsanwaltskanzleien, die auf den Gewerblichen Rechtsschutz spezialisiert sind, aber die breite Masse an Rechtsanwälten hat weniger damit zu tun bzw. möchte wenig damit zu tun haben. Insbesondere in Bezug auf Patente fehlt den Rechtsanwälten in der Regel das technische Verständnis oder die Bereitschaft dazu, die der Umgang mit Patenten erfordert.

Meine Empfehlung:
Schön, dass dich der Job interessiert und du in diese Richtung denkst. Mach aber erstmal in Ruhe ein naturwissenschaftlich/technisches Studium und achte evtl. dabei gleich darauf, dass das Studium den Anforderungen des DPMA genügt. Bis du das geschafft hast vergehen 4-5 Jahre und dann kannst du sehen ob dir der Job noch zusagt und wie sich die Branche dann evtl. verändert hat.

MfG
 
Zuletzt bearbeitet:

B_2020

GOLD - Mitglied
@der_markus hat schon einiges vorgetragen.
Wichtig ist sicherlich auch bei Punkt 1, das neben dem Entwurf auch im Prüfungsverfahren aber auch danach noch einiges an Arbeit kommt. Auch hier habe ich meine Zweifel, dass in absehbarer Zeit eine KI eine Verletzungsanalyse, eine Einspruchsanalyse etc. ausreichend sinnvoll gestalten kann. Sicherlich werden entsprechende Tools mehr und mehr helfen können (bspw. bei der Recherche etc.). Gleichwohl wird das Themengebiet auch komplexer.

Zu Punkt 2: Ich würde sogar behaupten wollen, dass durch das EPG der Beruf des Patentanwalts attraktiver wird. Sofern es sich ein Patentanwalt nämlich nun zutraut, darf man als Patentanwalt nun auch bei Verletzungsverfahren vertreten.
 

Oplutendux

Schreiber
@der_markus hat schon einiges vorgetragen.
Wichtig ist sicherlich auch bei Punkt 1, das neben dem Entwurf auch im Prüfungsverfahren aber auch danach noch einiges an Arbeit kommt. Auch hier habe ich meine Zweifel, dass in absehbarer Zeit eine KI eine Verletzungsanalyse, eine Einspruchsanalyse etc. ausreichend sinnvoll gestalten kann. Sicherlich werden entsprechende Tools mehr und mehr helfen können (bspw. bei der Recherche etc.). Gleichwohl wird das Themengebiet auch komplexer.

Zu Punkt 2: Ich würde sogar behaupten wollen, dass durch das EPG der Beruf des Patentanwalts attraktiver wird. Sofern es sich ein Patentanwalt nämlich nun zutraut, darf man als Patentanwalt nun auch bei Verletzungsverfahren vertreten.
Chat gpt kann doch jetzt schon einfache Verträge z.B. Mietverträge oder Anwaltsbriefe schreiben.. unterscheidet sich die Tätigkeit so sehr von dem Beschreiben eines Patentes?

Ich finde es beruhigend zu hören das der Beruf zukunftsträchtig ist, wenn auch komplexer und wahrscheinlich mit anderen Anforderungen. Zumindest die Beratungstätigkeit sollte doch weitestgehend erhalten bleiben, oder?
 

der_markus

*** KT-HERO ***
Chat gpt kann doch jetzt schon einfache Verträge z.B. Mietverträge oder Anwaltsbriefe schreiben.. unterscheidet sich die Tätigkeit so sehr von dem Beschreiben eines Patentes?

Kurz: ja! Die Tätigkeit ist vielseitig und komplex. Das Verfassen von Anmeldungen ist nur ein kleiner Teil der Tätigkeit. Wie @B_2020 zutreffend angemerkt hat, geht es erst danach ins Eingemachte, nämlich im Prüfungsverfahren, Einspruchs- und Nichtigkeitsverfahren. Spätestens in diesen Verfahren bekommt man mögliche Mängel bei der Abfassung einer Anmeldung schonungslos vor Augen geführt. Niemand wird die Auslegung von Stand der Technik und die Abfassung einer geeigneten Gegenargumentation einer KI überlassen. Ich könnte mir auch vorstellen, dass die Spruchkörper in den Ämtern und Gerichten höchst gereizt reagieren würden, wenn sie merken, dass ihnen KI-Texte vorgesetzt werden. Und für so Standard-Anwaltsbriefe oder einfache Vereinbarungen braucht es keine KI, dafür hat jeder Patentanwalt Vorlagen im Schrank.

Außerdem gibt es ja neben dem Patent- und Gebrauchsmusterrecht noch weitere Rechtsgebiete, z.B. Marken, Designs, Arbeitnehmererfindergesetz. Diese sind weniger geradlinig und tendenziell noch komplexer. Insbesondere im Markenrecht beruht vieles auf persönlicher Würdigung, Argumentation und Erfahrungssätzen. Ich möchte nicht wissen, wie ein Gutachten zu einer Markenkollision von einer KI aussehen würde.

Unterm Strich könnte, wie schon gesagt wurde, durch KI eine gewisse Unterstützung erfolgen, aber das letzte Wort wird immer der Anwalt haben. Im Zweifelsfall hat der Anwalt seine Arbeit persönlich zu vertreten, auch unter Haftungsaspekten! Da wird sich niemand auf eine KI verlassen.
 

Userin

Schreiber
Vielleicht hier ganz interessant, ChatGPT hätte nicht mal die Vorprüfung der europäischen Eignungsprüfung bestanden:

Ich denke auch, dass AI einem den Beruf sicherlich in einigen Bereichen erleichtern wird. Die Korrespondenz in Prüfungs- und Einspruchsverfahren und da vor allem auch mündliche Verhandlungen werden aber nie gänzlich ersetzt werden können. Das Schreiben von Patentanmeldungen macht nur einen kleinen Teil des Patentanwaltsberufes aus, dass selbst wenn AI das übernehmen kann, immer noch genug für PatentanwältInnen zu tun bleibt.
 

DerSucher

BRONZE - Mitglied
Nur mal die Frage eines Naivlings, der selbst keine Ahnung hat, sich aber Gedanken macht. Meint nicht irgendwie jeder, dass der eigene Beruf unersetzbar sei? Ist nur ein Gefühl
 

Pat-Ente

*** KT-HERO ***
Noch eine Anmerkung zu ChatGPT und Konsorten: Deren Leistung beruht im Wesentlichen auf statistischen Betrachtungen, d.h. welche Worte tauchen in Zusammenhang mit welchen anderen Worten auf (vereinfacht gesagt). Das kann sehr hilfreich sein, wenn man z.B. Stand der Technik für eine Erfindung / ein Patent sucht, und es kann natürlich auch hilfreich beim Ausarbeiten einer Patentanmeldung sein. Aber man wird sich für letzteres (noch lange) nicht darauf verlassen können, es wird immer noch eine entsprechend geschulte Person zumindest Vor- und Nacharbeit leisten müssen. Bekanntermaßen können AI-Programme sprachlich einwandfreie und auf den ersten Blick logisch klingende Texte schreiben, die inhaltlich drastische Fehler enthalten - ganz einfach deshalb, weil diese Programme den Inhalt nicht verstehen (und schon gar keine Ahnung von technischen Zusammenhängen haben). Dieses Risiko kann man bei einer Patentanmeldung nicht eingehen. Mag sein, dass bessere Fähigkeiten bezüglich des Inhalts noch entwickelt werden, aber da dürfte noch einige Zeit ins Land gehen.
 
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