'Überstunden', Regelung und Vergütung

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Plempi

Guest
@ u.n. own

"Dagegen kann man auch nichts sagen; wohl aber dagegen, dass manche Anwälte/Kanzleien die Ausbildung NUR únter diesen Gesichtspunkten sehen."

Ist doch auch legitim. Egal was die Ausbildungsordnung darstellt (obwohl mir noch immer nicht beantwortet wurde, wer für die Einhaltung dessen zuständig ist) als Patentanwalt hat man keinen Lehrauftrag, d.h. man ist zur Ausbildung nicht verpflichtet. Ob ein Anwalt dann doch ausbildet und wie er das dann macht, ist etwas anderes, oft individuelles.

Wenn es aber tatsächlich derartige Kanzleien gibt, die das nur im besagten Gesichtspunkt sehen, wieso lässt man sich dann dort überhaupt ausbilden. Einerseits wird hier im Forum behauptet, die Situation für Kandidaten ist dermassen gut, dass jeder eine Kandidatentstelle bekommt. Andererseits verstehe ich dann nicht, wieso man die besagten Kanzleien nicht verlässt.

Und vergessen Sie mal kurz, was ich bisher zu Übestunden geschrieben habe.

Diese Betrachtungsweise ist nämlich auch möglich. Als Anfänger-Kandidat kann man noch akzeptieren, dass man Überstunden macht, schließlich will man sich einarbeiten und auch den Platz in der Kanzlei "festigen". Aber mit der zunehmenden Erfahrung wird die Arbeitszeit dennoch nicht geringer. Folglich leistet man aber auch mehr, was sich aber in mehr als nur 100 € im Monat plus bemerkbar machen müsste. Oft macht sich aber gar nichts bemerkbar.

Natürlich hat man nicht die Erfahrung eines fertigen Anwalts und damit auch nicht die Leistungsfähigkeit, die man sich bezahlen lassen könnte. Nur in wievielen Fällen von bearbeiteten Akten muss der Anwalt korrigieren. Und wie arbeitsintensiv ist die Korrektur tatsächlich für ihn? Sprich wieviel von seiner Zeit geht verloren? Ich glaube es wird zunehmend weniger. Und wie oft befindet man sich tatsächlich mit dem Ausbilder im persönlichen Gespräch, dass man sagen könnte, die Zeit ist ein "Verlust" für ihn?

Zusammengenommen denke ich, dass der von Ausbildern vorgetragene "wirtschaftliche Verlustfaktor" bei einem Kandidaten einfach nur die Jammertour ist, die von Arbeitgebern allgemein zu vernehmen ist.

Ich bin der festen Überzeugung, dass jeder Kandidat seinen monatlichen Verdienst auch tatsächlich erwirtschaftet. Dafür, dass davon der Kanzlei nur ein Bruchteil bleibt, kann ein Kandidat nichts. Lohnnebenkosten, hohe Kanzleiraummieten, Tilgung von Schulden, der gesättigte Markt, die Konkurrenz zu anderen Kanzleien usw. dafür sollte nicht der Kandidat aufkommen. Und selbst wenn der Ausbilder 7 Tage die Woche 12 Stunden arbeitet, es ist sein Leben, und es sollte dem Kandidaten nicht vorgehalten werden.

Aber ich lese hier auch oft, dass der Ausbilder vor dem Kandidaten nach Hause geht. Manchmal auch, dass Kandidaten relativ gut geregelte Arbeitszeiten haben mit kaum Überstunden, wohl zwar die Ausnahme.

Ich selbst weiss auch nicht, wie man das lösen könnte, da man im Endeffekt doch immer ausgeliefert bleibt und angewiesen ist auf die Kanzlei. Und da im Durchschnitt alle Kanzleien das so praktizieren, wäre auch nur die Beseitigung von unbezahlten bzw. unadäquat bezahlten Überstunden in allen Kanzleien eine Lösung. Aber ohne eine überwachende Institution ist man als Kandidat recht einsam. Die Benennung von "Ausbeuterkanzleien" oder "Sklavenarbeiterkanzleien" auf einer öffentlichen Liste wäre natürlich möglich. Und ich denke, dass sich die Kanzleien auch mit geregelten Überstunden bemühen würden, nicht auf dieser Liste zu erscheinen, um sich die Schande zu ersparen. Aber bevor das passiert, stößt man mit irgendwelchen anderen Gesetzen zusammen und die Liste geht unter.

Andererseits wäre vielleicht auch die Möglichkeit gegeben, dass man die komplette Kandidatenzeit als Selbständiger macht, da kann eigentlich keine Kanzlei wegen Kandidatenkosten jammern. Und schließlich ist man als Anwalt später sowieso selbständig, die relativ kurze Zeit als Angestellter ist denke nicht auschlaggebend. Ob man aber wegen den geringeren "Ausbildungskosten" deswegen als Kandidat weniger zu arbeiten hätte, ist fraglich.

Die Hauptfrage ist eigentlich, ob man überhaupt bereit ist, Überstunden zu machen. Dessen Regelung ist dann sekundär.

Ich (und nicht so wie in anderen Threads, hier ist wirklich ICH gemeint) kann nämlich den Ausspruch "Wir haben diesen Auftrag angenommen, Sie müssen ihn jetzt machen." absolut nicht ausstehen.
 
P

paule

Guest
@Plempi: so werden wir uns schon eher einig.

Die Krux an dem System ist tatsächlich die mangende Überwachung: Die ist zwar prinzipiell in §10 Abs. 2 APrO geregelt: Der Präsident des DPMA beaufsichtigt die ausbildenden Patentassessoren. Nach §11 Abs . 1 Nr. 4 APrO kann die Ausbildungsbefugnis entzogen werden, wenn der Patentassessor seine "Pflicht zur gewissenhaften Ausbildung grob vernachlässigt" und eine zweimalige Ermahnung ... erfolglos geblieben ist. Vielleicht sollten die Kandidaten dem Präsidenten öfter mal Bericht erstatten über die Ausbildung. Nur hätte man sich's dann wohl endgültig mit dem Chef verdorben.... Mich würde mal interessieren, ob der Präsident des DPMA schon jemals so eine Ermahnung ausgesprochen hat oder schon jemals aus diesem Grund eine Ausbildungsbefugnis entzogen hat. Außerdem wird man ja im Allgemeinen nicht gezwungen, Überstunden zu machen sondern macht das freiwillig, um sich zu beweisen oder um sich von anderen Kandidaten durch Leistungsbereitschaft abzuheben.

Bleibt also nur der Wechsel des Ausbilders (§15 APrO). Da weiss man aber auch nie, ob man nicht vom Regen in die Traufe kommt.

Was mich im Zusammenhang mit dem Wechsel mal interessieren würde, wäre, ob da eine Frist einzuhalten ist. In dem entsprechenden Paragraphen steht nichts. Wenn jetzt ein netter Patentanwalt aus der Verwandtschaft dem DPMA anzeigt, dass er ab sofort meine Ausbildung übernimmt und ich mich mit ihm dafür nach Feierabend jeden Tag eine Stunde treffe, sollte das doch gehen!? Kann der Arbeitsvertrag weiterlaufen ohne Ausbildungsvertrag?
 

Marc N. Zeichen

*** KT-HERO ***
grond schrieb:
Hm, eine Neuanmeldung dauert gerne mal zwei Wochen, wenn es eine komplexere Thematik ist (Umfang der Anmeldung dann 20 bis 25 Seiten). Einen Recherchenbericht oder eine Bescheidserwiderung mache ich in zwei oder drei Tagen.
Sehr interessante Aussage. Zwei Wochen ist allerdings schon eine extrem lange Zeit sogar für mich, der sich durchaus gründlich und oft etliche Tage mit einer Neuanmeldung beschäftigt. Das ist doch nicht etwa im Chemiebereich?

Mein Ausbilder gab mir allerdings öfters das Signal, dass ich zu langsam bin, und dass eine Neuanmeldung in 8 Stunden fertig sein muss. Seine Kanzlei rechnet durchschnittlich allerdings auch "nur" 1,5k€ (netto, ohne Grundgebühr) für eine Neuanmeldung ab...

Da würde mich einmal interessieren, wie viel bei euch für eine der von dir erwähnten komplexeren Neuanmeldungen dem Mandanten in Rechnung gestellt wird (netto, ohne Grundgebühr). Ich tippe einmal auf > 4k€ - richtig?
 
G

Grübler

Guest
Ich kann Marks Frage leider nicht beantworten (habe von unseren Abrechnungen noch nicht genügend mitbekommen, um einen Mittelwert angeben zu können, würde aber denken, dass wir so bei 2 - 2,5 k€ liegen), habe vielmehr selber eine:

Ich lese gerade eine US-Anmelde-Akte: Anmeldung eingereicht, 2 Bescheide, dann eine "final office action" mit Zurückweisung der Anmeldung. Es geht mit einem "appeal" weiter, dann stehe ich gerade bei dem 3. Bescheid nach dem Appeal, und so dick, wie die Akte ist, kommen bestimmt noch 2-3 Bescheide und entsprechend viele Erwiderungen von unserem US-Vertreter. Abgesehen davon, dass ich das Gefühl habe, dass hier die Argumente immer wieder gebetsmühlenartig wiederholt werden, und ich somit den Sinn dahinter nicht ganz sehen kann, stellen sich mir die folgenden Fragen:

  • Ist diese Unmenge an Bescheiden eigentlich typisch für ein US-Anmeldeverfahren?
  • Lohnt sich das für den Anmelder eigentlich noch? Das muss doch immens teuer werden...
Was sind Eure Erfahrungen?
 
G

Gast999

Guest
In der Regel gibt es in USA nur zwei Becheide, einen non-final und dann einen final. Wird die Anmeldung nach der final Office Action nicht erteilt, kannst noch eine Eijngabe machen, falls der Prüfer dann auch nicht bereit ist, zu erteilen, bekommst Du eine advisory action. Die Anmeldung gilt dann eigentlich als zurückgewiesen.

Der Appeal entspricht in etwa der Beschwerde. Aber: hat der Prüfer bei der advisory Action die vorgeschlagenen Änderungen nach der final Action nicht zur Akte gegeben, kannst Du diese während des Appeals nicht geltend machen. Da außerdem die Entscheidung beim Appeal überwiegend die Entscheidung des Prüfers stützt, ist er eigentlich meist sinnlos. Der andere Weg, um die Anmeldung weiterzuführen ist eine continuation oder continuation-in part application, was bedeutet, daß das Prüfungsverfahren von vorne beginnt, da dies eine neue Anmeldung ist.

Also zu Deinen Fragen:

  • Die Anzahl der Bescheide ist in der Regel weniger, nämlich 2, non-final und final (die advisory entspricht falls negtiv dem Rückweisungsbeschluß. Alles andere danach ist entweder nicht mehr Erteilungsverfahren oder nicht mehr Erteilungsverfahren (ungefähr Beschwerde).
  • Kommt darauf an, wie wichtig das Ganze ist (und wieviel Kohle der Mandant ausgeben möchte). Mein schlimmstes Erlebnis war application -> appeal beantragt -> continuation-in part -> Erteilung nach non-final und final mit Telefonkonferenz mit Prüfer US-Anwalt und Mandant und dazwischen bei jedem Bescheid schön drei Monate Verlängerung
Falls jetzt jemand nachrechnet, wie lange ich Kandidat sein müßte: Ich bin Pat.Ing. seit 10 Jahren.

Kleiner Tipp: Falls Du jetzt denkst, die continuation wäre besser, geht das zumindest während der 3 + 3 Monate zur zur Einreichung der Begründung des Appeals auch noch. Danach gehe ich davon aus, daß es auch noch geht, solange die ANmeldung lebt, aber genau belegen kann ich das aus dem Kopf jetzt nicht.

Fazit: In USA ist das eigentliche Verfahren bezgl. der Anzahl straffer, man kann es aber bis zum Sankt-Nimmerlein-Tag verlängern.
 
G

Gast999

Guest
Wer Rechtschreibfehler findet darf sie behalten.

Außerdem unter 1. muß das erste nicht mehr neues heißen.
 
G

grond

Guest
Marc N. Zeichen schrieb:
Zwei Wochen ist allerdings schon eine extrem lange Zeit sogar für mich, der sich durchaus gründlich und oft etliche Tage mit einer Neuanmeldung beschäftigt. Das ist doch nicht etwa im Chemiebereich?
Nö, habe ich ja irgendwo geschrieben: Elektrotechnik, Medizintechnik, Informatik, Wald & Wiese beschreibt mein Spektrum ganz gut...


Da würde mich einmal interessieren, wie viel bei euch für eine der von dir erwähnten komplexeren Neuanmeldungen dem Mandanten in Rechnung gestellt wird (netto, ohne Grundgebühr). Ich tippe einmal auf > 4k€ - richtig?
Um die 2000 € +/- 10 %.
 

Marc N. Zeichen

*** KT-HERO ***
grond schrieb:
Um die 2000 € +/- 10 %.
Auweia, das ist dann aber ein Stundenlohn, der nicht mehr so arg viel über einem Au-Pair-Mädchen liegt! Um es etwas überspitzt zu formulieren ;)

Jeder Handwerker rechnet dir bald schon das Doppelte ab.

Das kann auf Dauer wohl nicht so bleiben bei dir. Zwei Wochen PA-Arbeit für 2k€, das ist Dumping.

MfG, Marc.
 
G

grond

Guest
Marc N. Zeichen schrieb:
grond schrieb:
Um die 2000 € +/- 10 %.
Das kann auf Dauer wohl nicht so bleiben bei dir. Zwei Wochen PA-Arbeit für 2k€, das ist Dumping.
Ja, ich weiß. Deshalb habe ich auch irgendwo geschrieben, dass meine Kanzlei ganz bestimmt nicht an mir verdient. Aber Sorgen mache ich mir schon ein bisschen, wie ich entsprechend produktiver werden soll. Aber vielleicht habe ich dann auch nicht immer die verkorksten Fälle oder werde auch schneller und oberflächlicher... :/
 
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