Allg. Standort Hamburg

EvtlHHer

Schreiber
Hallo,

ich bin am überlegen, nach Hamburg zu ziehen, und habe noch einige offene Fragen.

1) Wie ist die Marktsituation für Patentanwälte / Kandidaten in Hamburg? Zur besseren Einschätzung: Ich bin promovierter Chemiker, Bereich Organik / Polymere und habe sehr gute Sprachvoraussetzungen (EPA-dreisprachig plus 1).

2) Im Internet findet man einige Kanzleien, gibt es auch Industriestellen?

3) Gibt es empfehlenswerte / nicht empfehlenswerte Arbeitgeber? Ich denke va an international orientierte Kanzleien mit vielen ausländischen Mandanten. Antworten gerne auch per email.

4) Wäre es Eurer Meinung nach sinnvoller, eine Ausbildungsstelle zu suchen (mit bereits Berufserfahrung als Kandidat), oder zu warten und sich als zugelassener EP-PA zu bewerben (evtl. mit einer weiteren nationalen Zulassung, aber ohne DE-Zulassung)?

5) In dem Zusammenhang: wie wichtig ist der deutsche Titel im Vergleich zu dem des EPAs? Ich weiß, das wurde schon an anderer Stelle hier im Forum diskutiert, aber es ware schön, weitere Beiträge evtl mit Bezug auf den Standort zu bekommen.

6) Und was ist mit dem folgenden Satz auf der DPMA-website gemeint: “Wer Patentanwalt eines anderen europäischen Staates ist, kann deutscher Patentanwalt werden, wenn er eine besondere Eignungsprüfung erfolgreich abgelegt hat.”? Kann mir jemand Details zu dieser besonderen Eignungsprüfung nennen? Wären Hagen und/oder das Amtsjahr in dem Falle notwendig?

Danke im Voraus für Eure Antworten!
 

Blood für PMZ

*** KT-HERO ***
Hallo, EvHHler,

1. zur Marktsituation in Hamburg: Es gibt dort etwa 70 bis 80 Patentanwaltskollegen, darunter geschätzt 20 Chemiker. Diese Zahl ist ziemlich konstant. Jeder dieser 20 wird im Schnitt etwa 30 Berufsjahre absolvieren wollen und hoffentlich auch können. Den Bedarf (und mithin die Aussichten für Dich) kann man also leicht ausrechnen. Er liegt bei etwa einem neuen Chemikerkollegen in Hamburg alle ein bis zwei Jahre.

Also wird etwa einmal im Jahr ein Chemiker in Hamburg als Kandidat anfangen. Das könntest 2013 Du sein. Ob Deine guten italienischen und französischen Sprachkenntnisse bei dieser einen offenen Stelle den Ausschlag geben könnten? Ich fürchte, das weiß derzeit noch nicht einmal der mögliche Arbeitgeber selbst. Die Zahl Deiner Mitbewerber wird aber ebenfalls überschaubar sein.

2. Chemische Großindustrie mit eigener Patentabteilung in Hamburg? Mir fällt spontan nur ein Unternehmen ein, das wohl jeder kennt, aber der VPP kennt sicher noch mehr.

3. Empfehlenswerte Arbeitgeber? Diese Frage dürfte bei im Grunde nur einem oder zwei möglichen Arbeitgebern entfallen.

4.Wann nach Hamburg? Das hängt von Dir ab. Du wirst Gründe für den gewünschten Wechsel haben, und diese Gründe neigen dazu, sich bei Zuwarten in Luft aufzulösen ...

5. Mit Bezug auf den Standort: In Hamburg dürfte es noch deutlich wichtiger als etwa in München sein, beide Zulassungen zu haben. Mit nur der EP-Zulassung bist Du auf Großkanzleien festgelegt, die das untereinander regeln können und überhaupt einen höheren EP-Anteil haben. Und Großkanzleien gibt es in Hamburg zwar auch, aber eher nur sehr sehr wenige, und wenn man dann gar nicht mehr wechseln kann ...

6. Patentanwalt mit ausländischer Zulassung in DE? Sonderfall, davon ist in DE noch keine 10mal Gebrauch gemacht worden. Ruf einen dieser Kollegen an (ist auch ein Italiener darunter) oder frag bei der Patentanwaltskammer.

Frohes Schaffen

Blood für PMZ
 

Pat-Ente

*** KT-HERO ***
6) Und was ist mit dem folgenden Satz auf der DPMA-website gemeint: “Wer Patentanwalt eines anderen europäischen Staates ist, kann deutscher Patentanwalt werden, wenn er eine besondere Eignungsprüfung erfolgreich abgelegt hat.”? Kann mir jemand Details zu dieser besonderen Eignungsprüfung nennen? Wären Hagen und/oder das Amtsjahr in dem Falle notwendig?

Gemeint ist die "Eignungsprüfung für die Zulassung zur Patentanwaltschaft", siehe:
http://www.gesetze-im-internet.de/pazeignprg/index.html

zur Prüfung an sich auch noch in der Patentanwaltsausbildungs- und Prüfungsordnung, §44 ff.:
http://www.gesetze-im-internet.de/patanwapo/BJNR001180967.html#BJNR001180967BJNG001300309
 

EvtlHHer

Schreiber
Vielen Dank für Eure Antworten, va an Blood für PMZ für die ausführlichen Infos!

Ich hatte mir schon gedacht, dass es in Hamburg keine Massen von PAen gibt, aber ca 20... das ist ja erschreckend. Konzentriert sich einfach der Rest in München, oder ist Norddeutschland einfach zu fernab von Industrie?

Das eine Unternehmen kann ich mir wohl denken, was aber verbirgt sich bloß hinter dem Kürzel VPP?

Zu 4. Blood, Du hast natürlich Recht, dass sich mein Grund in Luft auflösen kann, das hindert mich aber trotzdem nicht dran, den einen oder anderen Zeitpunkt in Erwägung zu ziehen - ist halt bloß mit Vor-/Nachteilen verbunden ;-)

Zu 6. Ich hatte nicht vor, eine ausländische Zulassung als solche in DE nutzen zu wollen (oder ist es das, was auf der website der DPMA gemeint ist?), sondern eher als "erleichterte Eintrittskarte" zur deutschen Zulassung. Auch wenn das Amtsjahr in München sicherlich lehrreich und empfehlenswert ist, wäre es für mich eben (nicht nur finanziell, den Aspekt könnte ich verschmerzen) örtlich ein großer Nachteil.
@Pat-Ente: da von einer _besonderen_ Eignungsprüfung die Rede war, dachte ich, es gebe für diesen Fall Prüfungen abweichend von der normalen Eignungsprüfung. Dem ist Deinen Angaben nach wohl nicht so?

Naja, nach den Informationen von Blood muss ich wohl eh noch einmal kräftig nachdenken. Interessant aber, dass Blood von meinen Sprachangaben auf Italienisch geschlossen hat :)

Euch einen geruhsamen Abend!
 

Blood für PMZ

*** KT-HERO ***
Hallo EvtlHHler,

gern geschehen.

So sonderlich erschreckend finde ich eine Zahl "20" von Chemikerpatentanwälten für eine Stadt wie Hamburg eigentlich nicht. In einer Stadt wie Nürnberg gibt es nicht einmal 2 (oder jetzt doch? Ich will ja niemanden provozieren.). Deutschland hat 80.000.000 Einwohner und vielleicht geschätzte 700 bis 800 Patentanwälte, die Chemiker sind. Also "fällt" im Schnitt ein Chemikerkollege auf 100.000 Einwohner. Dann passt das mit den ungefähr 20 für Hamburg schon.

Eigentlich müsste man die Zahlen natürlich in Relation zu den Patentanmeldungen pro Jahr in einer Stadt oder Region setzen, aber wir wollen hier keine wissenschaftlichen Abhandlungen, sondern Small Talk betreiben. Für München gelten alle diese Überlegungen aus naheliegenden Gründen ohnehin nicht, ebenso wie aus nahezu aktuellem Anlass auch nicht für San Marino:).

Der VPP ist der Verband der Patentassessoren und Patentingenieure in DE.

Aus Deiner Formulierung "EPA-dreisprachig plus I" hatte ich irrtümlich ein "I wie Italienisch" gefolgert; wie ich bei scharfem Hinsehen erkenne, war es aber wohl eine 1, kein I. Tja, diese Bezugszeichen ...

Frohes Schaffen

Blood für PMZ
 

arcd007

*** KT-HERO ***
Hi,

>> In dem Zusammenhang: wie wichtig ist der deutsche Titel im Vergleich zu dem des EPAs? Ich weiß, das wurde schon an anderer Stelle hier im Forum diskutiert, aber es ware schön, weitere Beiträge evtl mit Bezug auf den Standort zu bekommen.

Der deutsche Titel ist m.E. der Wichtigere, denn ohne ihn kann man keine vernünftige Rechtsberatung machen, kann nicht Partner in der PA-Kanzlei werden, etc.


>> Wäre es Eurer Meinung nach sinnvoller, eine Ausbildungsstelle zu suchen (mit bereits Berufserfahrung als Kandidat), oder zu warten und sich als zugelassener EP-PA zu bewerben (evtl. mit einer weiteren nationalen Zulassung, aber ohne DE-Zulassung)?

Das kommt darauf an, ob man schnell deutscher PA werden will oder lieber ein vernünftiges gehalt während der Ausbildung. Bei "schnell" bleibt einem meistens nur die Option einer Kanzlei, bei "Gehalt" eher die Industrie. Eine weitere nationale Zulassung interessiert hier - außer vielleicht Großkanzleien und dann auch nur US und ggf. noch F - wahrscheinlich niemand. Ein dänischer Titel oder dergleichen mag zwar nett sein, für die Arbeit in dt. kanzleien dürfte er praktisch keine Relevanz haben.

Ciao

arcd007
 

EvtlHHer

Schreiber
Danke auch Dir für Deine Antwort arcd007.

Der deutsche Titel ist m.E. der Wichtigere, denn ohne ihn kann man keine vernünftige Rechtsberatung machen, kann nicht Partner in der PA-Kanzlei werden, etc.

Erstaunlich, und ich dachte schon, das mit (in realistischer Zukunft) Kommen des einheitlichen EP-Patents die nationalen Zulassungen eher in den Hintergrund rücken. Aber vielleicht ist das gerade für Deutschland doch noch Zukunftsmusik.

Schönes WE Euch allen!
 

Blood für PMZ

*** KT-HERO ***
Erstaunlich, und ich dachte schon, das mit (in realistischer Zukunft) Kommen des einheitlichen EP-Patents die nationalen Zulassungen eher in den Hintergrund rücken. Aber vielleicht ist das gerade für Deutschland doch noch Zukunftsmusik.

Hallo EvtlHHer,

imho ist das auch keine Zukunftsmusik, es gibt nicht einmal einen Trend dahin.

Die EP-Zulassung ist ausreichend für Tätigkeiten in den Patentabteilungen der Großindustrie. Da dient sie quasi als Glaubhaftmachung dafür, dass Du den Job beherrschst, für den Du eingestellt bist. Unter Umständen reicht sie auch in Großkanzleien in München, in denen einige Kollegen die Mandanten sehen und ggf. Post unterschreiben, andere Kollegen dagegen die Sacharbeit machen. Da ist es egal, wer nun welche Zulassung hat, das kann man alles regeln.

In kleineren Kanzleien und generell in Kanzleien außerhalb Münchens sieht das anders aus. Dort kommt der mittelständische Mandant in Dein Besprechungszimmer, möchte ein neues deutsches Gebrauchsmuster anmelden, ebenso ein passendes Geschmacksmuster. Die dazugehörige neue Marke wird diskutiert und natürlich die beiden ärgerlichen Widerspruchsverfahren, die aufgrund einer älteren Marke beim Bundespatentgericht beziehungsweise beim Harmonisierungsamt laufen. Und dann dieser Streit mit dem ausgeschiedenen Mitarbeiter wegen der Arbeitnehmererfindervergütung. Der geht jetzt vor die Schiedsstelle beim Deutschen Patent- und Markenamt! Und dann gibt es da noch so einen beabsichtigten eiligen Einspruch gegen ein deutsches Patent eines Konkurrenten, welches gerade unverständlicher Weise erteilt worden ist. Und klagen will der Konkurrent auch noch, womöglich wieder beim Landgericht Braunschweig wie beim letzten mal ... gut dass da gleich in einer Verhandlungspause mit Deiner Hilfe noch ein Vergleich abgeschlossen werden konnte ...

Eine EP-Zulassung in der Kanzlei wird natürlich auch gebraucht, denn viellecht gibts ja nächstes Jahr eine Prionachanmeldung zu dem Gebrauchsmuster. Wär schon sinnvoll, man hätte die Zulassung selbst und persönlich. Aber ohne DE-Zulassung bearbeitest Du von der ganzen Palette nichts. Und daher auch nicht die EP-Nachanmeldung im Folgejahr.

Frohes Schaffen

Blood für PMZ
 
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