Spätberufen - aber zu erfahren?

P

Patenter Anwalt

Guest
Dirk36 schrieb:
Hallo,

nach einem Studium der Physik, das ich vor mehreren Jahren mit Auszeichnung abgeschlossen habe, bin ich seitdem in einem großen Konzern tätig. (...) habe ich mich inzwischen ins obere Management „hochgearbeitet“, wo ich allerdings nach wie vor sehr enge Berührung zu hochaktuellen fachlichen Themenstellungen habe. Ich bin Mitte dreißig.

Aus meinen beruflichen Kontakten kenne ich die Tätigkeiten eines Patentanwaltes gut (...) Letztlich habe ich mich - nach reiflicher (!!) Überlegung - entschlossen, diesen Beruf zu ergreifen. Der finanzielle Aspekt ist für mich persönlich dabei übrigens wenig relevant.

Das Ergebnis meiner Anfragen und Bewerbungen um eine Kandidatenstelle - u.a. bei namhaften Kanzleien - ist jedoch sehr ernüchternd.
Sehr geehrter Dirk36,

Ich glaube Ihnen Ihre Geschichte nicht ganz. Wenn sie denn stimmt, so werden Sie tatsächlich Schwierigkeiten haben.

Alles, was Sie hier mitteilen an Entgegnungen, die man Ihnen gemacht hat, ist völlig plausibel. Entweder schneiden Sie auf ("grosser Konzern", "oberes Management" - ist es nicht doch eher die technische Leitung einer Start-Up mit 20 Mitarbeitern ?) oder Sie sind so naiv, dass die Zweifel der PAs, bei denen Sie sich beworden haben, berechtigt sind.

Sie sind also (zumindest innerlich) ein Aussteiger. Das müssen Sie erklären. Sie wollen also (wie es einer meiner Vorredner sehr treffend formuliert hat) Sachbearbeiter werden. Die PAs, mit denen Sie als "oberer Manager" zu tun hatten, waren sicherlich eher Partner oder erfahrene Leute. Als Anfänger werden Sie aber Sachbearbeiter sein, und Lehrling dazu. Sie stehen vor diesen erfahrenen PAs, deren Arbeit Sie gerne machen wollen, wie jene Leute, die Sie selbst in Ihrer Abteilung eingestellt, vor Ihnen standen : als Novize, der Sie um Ihre Stelle beneidet.
Komisch, dass Sie nicht merken, wie merkwürdig Ihr Fall ist, mit Ihrer Managementerfahrung !

Es gibt in unserem Beruf Spätberufene, Ihr Alter an sich ist noch kein Problem. Das Problem ist, dass Sie ein Aussteiger sind, und wie Sie damit umgehen.
Sagen Sie nicht, dass Geld Sie nicht interessiert. Sowas kommt nie gut an, die Kanzlei stellt Sie ein, damit Sie mehr erwirtschaften als Sie kosten, und nicht dafür, dassSie neue, subversive Ideen unter die Mitarbeiter tragen, oder Neid erregen.
Warum benutzen Sie gewisse Reizworte nur mit Anführungsstrichen ? Stehen Sie nicht mehr dazu ? Wenn Sie als PA erfolgreich sind, verhandeln Sie mit solchen Managern wie Sie jetzt einer sind : wenn Sie jetzt keine Selbstachtung haben, geht das langfristig auf der anderen Seite des Spiegels auch nicht gut.
Dass Sie in Ihrer Stellung wichtige Entscheidungen nur nach reiflicher Überlegung treffen, erwartet man. Warum stellen Sie das so heraus ? Vielleicht waren Sie als Manager doch keine so grosse Nummer, oder merken jetzt, dass Sie das Zeug dazu nicht haben, ganz nach oben zu kommen. (Wer hat das schon ?)
Das Wort "hochaktuell" sieht auch nicht sehr vielversprechend aus, irgendwie etwas windschief, beflissen. Jedes Gebiet, auf dem irgendwo technische Entwicklung betrieben wird, ist hochaktuell, ob es sich nun um Kläranlagen, Wandfarbe oder Nanotechnologie handelt. Sie können sich Ihre Mandanten schliesslich nicht aussuchen, und für einenPA sind hochaktuelle Gebiete nicht leichter oder schwieriger als andere.
Was eine "Themenstellung" ist, ist mir auch nicht ganz klar. Wenn Sie vom Manager zum PA-Lehrling mutieren wollen, müssen Sie mal Ihr Powerpoint-Deutsch ablegen und - back to basics - sorgfältig formulieren lernen.

Es ist nicht unmöglich, dass Sie, wenn man Ihnen die Gelegenheit dazu gibt, ein guter PA werden können. Ich hoffe, Sie nehmen es mir aber nicht übel, wenn ich Ihnen sage, dass ich Sie nicht zu einem Gespräch einladen möchte : das Risiko ist mir zu gross.

Überlegen Sie bitte genau, was Sie als Aussteiger genau wollen, in dem halben Jahrhundert, das Ihnen noch bleibt. Vielleicht arbeiten Sie noch ein halbes Jahrzehnt so weiter bis Sie finanziell auf Dauer so unabhängig sind, dass Sie dann etwas völlig anderes machen können, z.B. ein karitatives Projekt für Menschen, die aus unserer Gesellschaft herausgefallen sind. Oder suchen Sie sich eine Management-Stelle in einem Bereich, wo Sie mit Ihrer Erfahrung wirklich etwas umkrempeln können, z.B. im öffentlichen oder sozialen Bereich, da können Sie dann auch Ihre Anführungsstriche glaubhaft ausleben.

Lieber Dirk36, wenn Ihre Geschichte stimmt, dann kann ich Sie mit diesen Bemerkungen wohl kaum aus dem Gleichgewicht gebracht haben.
 
P

Plempi

Guest
@ Patenter Anwalt

"... wenn ich Ihnen sage, dass ich Sie nicht zu einem Gespräch einladen möchte : das Risiko ist mir zu gross."

Welches Risiko birgt denn bitte ein Gespräch mit Herr Dirk36?? Das einzige, was Sie investieren würden, wäre ein wenig Zeit. Und wenn Sie, wie in so vielen anderen Postings auch, nahezu permanent mit einem Abschluss zum sozialen Angaschmon enden, dann sollten gerade Sie am wenigsten ein Gespräch scheuen.


Und Herr Dirk36 sollte sich nicht mit ThinkPink unterhalten. Herr Dirk36 wird auf ewig gebunden und geknechtet werden. ThinkPink trägt in seiner E-mail die schwarze Sprache von Mordor, die ich hier nicht aussprechen möchte.
 
S

S'Gästle

Guest
Ich wusste immer, dass Pink die dämonische Sprache Mordors ist...

Aber was ist Angaschmon? Die neue Stufe der Rechtschreibreform?

Zum Thema (ohne konkreten Bezug), ich selbst habe da wenig Erfahrung, aber wollte wenigstens einmal anmerken, dass es einige gibt, die mit dem "Sie haben einen Studienabschluss gemacht, damit haben Sie ja freiwillig den Weg in Management gewählt"-Zwang, der in der Industrie zu herrschen scheint (wie ich aus einigen Bewerbungsgespräche erfuhr, wo man mir erläuterte, dass zunächst etwas Arbeit in der Forschung möglich sei, aber ich dann "höhere" Aufgaben entgegennehmen müsste). Ich sage nicht, dass das überall so ist, aber ich sage, dass einige Leute von uns nicht das studiert haben, was sie studiert haben, um nachher ein Betriebswirtschaftler zu werden.

Manche merken das dann erst, wenn sie die Managerlaufbahn erst mal eingeschlagen haben - und das hat oft wenig mit Qualifikation zu tun, sondern mit dem, was man tun will. Ich kenne jemanden, der ist aus der Industrie von einem Managerposten an eine Position an der Uni zurückgekehrt, und es gab da wenig Probleme, weil er letztendlich das tat, was er tun wollte.

Ich persönlich habe den Berufsweg des Patentanwalts übrigens gewählt, weil ich mit der Technik etwas in Kontakt bleiben wollte - und weder als Programmierer noch als Manager enden wollte.
 
H

Hugo

Guest
Ich war selbst weit fortgeschritten und ebenfalls über 35 Jahre. Die gleichen Aspekte, die Du für Deine Entscheidung angibst, waren auch für mich relevant.

Auch ich habe ein wenig Probleme bei der Suche gehabt, aber letztendlich habe ich meine Vergangenheit nicht zu weit herausgestellt. Schließlich bin ich in einer kleineren Kanzlei mit interesanten Mandaten und sehr aufgeschlossenem Ausbilder gelandet.

Eine Kanzlei, die Dir vorwirft, Du wirst Dich nicht einordnen können, wird Dich sicherlich auch nicht wie einen berufserfahrenen Menschen ausbilden wollen (anderenfalls gäbe es diese Probleme ja nicht), sondern sich so geben, wie es zu Hauf in diesem Forum berichtet wird.

Also Glück und Augen auf bei der Suche.

Hugo
 
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