Rückerstattung von Recherchengebühren

Marc N. Zeichen

*** KT-HERO ***
Verhältnis von WO- und Euro-PCT-Anmeldung?

Hmm, also nochmal im Hinblick auf den Wortlaut der Mitteilung des Präsidenten des EPA vom 1. Januar 2006 über die Rückerstattung von Recherchengebühren.

Dort steht unter 1.), dass Recherchengebühren dann zurückgezahlt werden können, wenn das EPA schon früher einen Recherchenbericht erstellt hat, und zwar entweder
  • für eine Anmeldung, deren Priorität in Anspruch genommen wird
  • für eine Teilanmeldung, oder für
  • eine Anmeldung eines Unberechtigten.
Wie ordne ich hier aber eine früher im Rahmen einer PCT-Anmeldung durchgeführte Recherche ein? Weder handelt es sich dabei um eine Teilanmeldung noch um eine unberechtigte Anmeldung. Aber eine PCT-Anmeldung ist doch für eine darauf basierende Euro-PCT-Anmeldung auch nicht eine Anmeldung, "deren Priorität in Anspruch genommen wird"?

Ich meine, in PCT Artikel 11 steht doch, dass "jede internationale Anmeldung [...] in jedem Bestimmungsstaat die Wirkung einer vorschriftsmäßigen nationalen Anmeldung mit dem internationalen Anmeldedatum hat; dabei gilt das internationale Anmeldedatum als das tatsächliche Anmeldedatum in jedem Bestimmungsstaat".

Da steht doch nirgends was von "Priorität"?

Woraus ergibt sich also explizit, dass die Recherchegebühren für eine Euro-PCT-Anmeldung auch im Hinblick auf eine frühere WO-Anmeldung zurückgezahlt werden? Ist die obengenannte Mitteilung des Präsidenten diesbezüglich etwa unvollständig?

Grüße,
Marc.
 
P

PatundPatachon

Guest
Re: Verhältnis von WO- und Euro-PCT-Anmeldung?

Marc N. Zeichen schrieb:
Woraus ergibt sich also explizit, dass die Recherchegebühren für eine Euro-PCT-Anmeldung auch im Hinblick auf eine frühere WO-Anmeldung zurückgezahlt werden? Ist die obengenannte Mitteilung des Präsidenten diesbezüglich etwa unvollständig?
So wie ich das gerade sehe, ergibt sich das aus einer "Vereinbarung zwischen der Europäischen Patentorganisation und dem internationalen Büro der Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO)", die im Amtsblatt 12/2001 zu finden ist. (hier:http://www.european-patent-office.org/epo/pubs/oj001/12_01/12_6011.pdf)

Da steht unter Artikel 5 was zu den Gebühren und der Rückerstattung, und im Anhang der Rest.

Aus dem genannten Artikel würde ich das auch nicht rauslesen.
 

Patentonkel

GOLD - Mitglied
falls ISA=EPA wird in der regionalen Phase vor dem EPA kein ergänzender europäischer Recherchenbericht erstellt. Es fallen demnach überhaupt keine weiteren Recherchengebühren an (Abl. 2005, 438)
 

Marc N. Zeichen

*** KT-HERO ***
Ja danke für den Hinweis. Allerdings kann ich dem Text dieser Vereinbarung zwischen EPA und IB wieder nicht den in Rede stehenden Fall entnehmen, bei dem es ja um die Rückzahlung der Recherchengebühren für eine europäische Patentanmeldung geht. In der Vereinbarung steht:
Von der Behörde [dem EPA] wird die gezahlte Recherchengebühr ganz oder teilweise erstattet, bzw. die Recherchengebühr erlassen oder ermäßigt, wenn ein internationaler Recherchenbericht ganz oder teilweise auf die Ergebnisse einer von ihr durchgeführten früheren Recherche gestützt werden kann (Regeln 16.3 und 41.1).
Dabei betrifft die Regel 16.3 schon wieder nur den Fall der Priorität einer früheren internationalen Anmeldung, und die Regel 41.1 betrifft allgemein frühere sog. "Recherchen internationaler Art" (was auch immer das sein soll), die bei der späteren internationalen Recherche berücksichtigt werden müssen.

In beiden Fällen geht es aber wieder nur darum, dass die Recherchengebühren im Rahmen eines internationalen Recherchenberichts zurückerstattet werden, nicht aber im Rahmen eines europäischen Recherchenberichts.

Schlussendlich deutet die Formulierung in der Tabelle in der genannten Mitteilung des Präsidenten unter Punkt (2) zwar schon "irgendwie" darauf hin, dass Recherchengebühren in Höhe von Euro 945,- zurückerstattet werden, wenn zuvor eine Internationale Recherche in derselben Sache erstellt worden ist. Aber da man im Patentrecht ja nur darauf bauen kann, dass etwa so ist wie es ist, wenn es tatsächlich im Gesetz geschrieben steht, will ich dem Mandanten nicht etwas versprechen (Gebührenrückzahlung), was sich nachher leider als Gesetzeslücke herausstellt.

Außerdem: die Recherchengebühren bei einer europäischen Patentanmeldung betragen ja laut Gebührenordnung 1000 €. Warum steht dann in der genannten Tabelle zur Höhe der Rückzahlung "vollständig", wenn nicht die ganzen 1000 €, sondern nur 945 € zurückgezahlt werden??

Wer kann Licht in die Sache bringen?

Danke schonmal,
Marc.
 

Marc N. Zeichen

*** KT-HERO ***
@Patentonkel:

danke, das war wohl der entscheidende Hinweis. Dabei ist es im Ergebnis wohl so, dass nicht nur kein ergänzender europäischer Recherchenbericht, sondern überhaupt kein europäischer Recherchenbericht erstellt wird.

Ich stelle mal ein paar hoffentlich passende EPÜ-Textstellen zusammen:

Artikel 157
Internationaler Recherchenbericht (EPA als ausgewähltes Amt)
(1) [...] der internationale Recherchenbericht [... tritt] an die Stelle des europäischen Recherchenberichts [...].
(3) a) Der Verwaltungsrat kann beschließen, unter welchen Voraussetzungen und in welchem Umfang auf einen ergänzenden europäischen Recherchenbericht verzichtet wird.

RiLi E IX 5.4
Ergänzender europäischer Recherchenbericht

Wenn die Anmeldung [...] dem EPA zugeleitet und die Gebühren entrichtet worden sind, erstellt die Recherchenabteilung einen ergänzenden Recherchenbericht, sofern der Verwaltungsrat - wie in B-II, 4.3 ausgeführt - nichts anderes beschlossen hat.

RiLi B-II, 4.3
Ergänzende europäische Recherchen

Eine PCT-Anmeldung, für die das EPA als Bestimmungsamt oder ausgewähltes Amt tätig wird, gilt als europäische Patentanmeldung. Liegt bereits ein internationaler Recherchenbericht vor, so tritt dieser an die Stelle des europäischen Recherchenberichts. Die Recherchenabteilung erstellt einen ergänzenden europäischen Recherchenbericht, sofern der Verwaltungsrat nichts anderes beschlossen hat.

Der Verwaltungsrat beschließt, unter welchen Voraussetzungen und inwieweit auf den ergänzenden europäischen Recherchenbericht verzichtet werden kann. Bisher sind folgende Beschlüsse gefasst worden:

i) Ein ergänzender europäischer Recherchenbericht wird nicht erstellt zu internationalen Anmeldungen, bei denen das EPA als Internationale Recherchenbehörde tätig war.

Amtsblatt 2005, S. 438 Die neue R 44a EPÜ - Einführung des erweiterten europäischen Recherchenberichts
2. Falls das EPA als internationale Recherchenbehörde tätig war, wird bei Eintritt der Anmeldung in die europäische Phase kein ergänzender europäischer Recherchenbericht erstellt.

So, und jetzt noch, warum man in diesem Fall auch keine Recherchengebühren zahlen muss:

Regel 107
Das Europäische Patentamt als Bestimmungsamt oder ausgewähltes Amt - Erfordernisse für den Eintritt in die europäische Phase

(1) e) Für eine internationale Anmeldung nach Artikel 150 Absatz 3 hat der Anmelder die Recherchengebühr nach Artikel 157 Absatz 2 Buchstabe b zu entrichten, wenn ein ergänzender europäischer Recherchenbericht erstellt werden muss.

Sackzement. Jetzt habe ich einen ganzen Tag dazu gebraucht zu eruieren, dass und warum der Mandant für eine Euro-PCT-Anmeldung definitiv keine Recherchegebühren mehr bezahlen muss. Bin ich eigentlich blöd? Ich meine, das war doch keine schwierige Rechtsfrage, sondern nur die Überprüfung einer Formalität.

Grüße Marc.
 

Marc N. Zeichen

*** KT-HERO ***
@Lysios:

Man korrigiere mich, aber ich bin inzwischen der Meinung, dass alle diese zitierten Mitteilungen des Präsidenten zum Thema Rückzahlung oder Rückerstattung von Recherchengebühren überhaupt nicht auf das Euro-PCT-Verfahren passen.

In allen diesen Mitteilungen geht es wohl nur um die Rückerstattung von Gebühren im internationalen Rechercheverfahren, weshalb diese Mitteilungen sämtlich wohl nicht anwendbar auf die hiesige Fragestellung sind.

Grüße Marc.
 

Lysios

*** KT-HERO ***
Marc N. Zeichen schrieb:
In allen diesen Mitteilungen geht es wohl nur um die Rückerstattung von Gebühren im internationalen Rechercheverfahren, weshalb diese Mitteilungen sämtlich wohl nicht anwendbar auf die hiesige Fragestellung sind.
Das sehe ich auch so. Ich hatte mich auf die Frage mit den 1000 € bezogen.

Jetzt verstehe ich aber auch erst die Konfusion. 1000 € (bzw. 960 €) für die Rückerstattung hast Du so interpretiert, dass die europäische Recherchengebühr nach Zahlung beim Eintritt in die europäische Phase zurückerstattet wird. Aber die angesprochenen 945 € Rückerstattung beziehen sich auf die (zumindest beim EPA) 1615 € Recherchengebühr für eine andere internationale Anmeldung. Hier bekommt man also auch im Falle ISA=EPA nicht alles zurück im Rahmen der internationalen Recherche.
 

Marc N. Zeichen

*** KT-HERO ***
Andere Vorteile oder Rabatte durch PCT-Anmeldung?

Wo wir gerade beim Thema Rückerstattung bzw. Kostenrabatte durch die PCT-Recherche sind:

Gibt es eigentlich noch andere Länder, in denen sich die Kosten der Nationalisierung einer PCT-Anmeldung gegenüber einer eigenständigen nationalen Anmeldung reduzieren?

Der Mandant will halt immer wissen, warum er zuerst a) die deutsche Anmeldung zahlen soll, dann b) tausende Euro für die PCT-Anmeldung, und am Ende c) nochmal die volle Summe einer nationalen Anmeldung für jede Nationalisierung.

Sprich, spart der Anmelder (neben der Gebühr für die europäische Recherche und der gewonnenen Zeit) noch nennenswert irgendwas durch die PCT-Anmeldung gegenüber dem direkten nationalen Weg?

Grüße Marc
 

grond

*** KT-HERO ***
Re: Andere Vorteile oder Rabatte durch PCT-Anmeldung?

Marc N. Zeichen schrieb:
Sprich, spart der Anmelder (neben der Gebühr für die europäische Recherche und der gewonnenen Zeit) noch nennenswert irgendwas durch die PCT-Anmeldung gegenüber dem direkten nationalen Weg?
Die Entscheidung für eine PCT-Anmeldung fällt man bestimmt nicht, um direkt Geld zu sparen. Man macht eine PCT-Anmeldung, wenn man im Tausch gegen eine höhere Anfangsinvestition später doch noch Abstand von der Weiterverfolgung in vielen Ländern nehmen können will. Hätte man gleich in zehn Ländern national angemeldet, wären sofort hohe Kosten fällig geworden, bevor sich die betriebsinterne Relevanz der mutmaßlichen Erfindung sich auch nur ansatzweise abschätzen lässt. So kann man immer noch einen Rückzieher machen, musste dafür aber ziemlich hohe Anmeldekosten inkauf nehmen.
 

Marc N. Zeichen

*** KT-HERO ***
Re: Andere Vorteile oder Rabatte durch PCT-Anmeldung?

Ja - ist schon klar, dass man diese u.U. entscheidenden Vorteile einer PCT-Anmeldung irgendwie auch bezahlen muss.

Nur ist es eben als emotionale Stütze für den Mandanten ganz nett, wenn man sagen kann, du sparst später sogar noch dies und das (z.B. die europäische Recherchengebühr).

Außer dieser gibt es aber offenbar keinerlei weitere "Rabatte" bei der Nationalisierung einer PCT-Anmeldung gegenüber unmittelbaren nationalen Anmeldungen?

Grüße Marc.
 

Lysios

*** KT-HERO ***
Re: Andere Vorteile oder Rabatte durch PCT-Anmeldung?

Also mein (scheinbar naives) Verständnis bzgl. PCT war bislang, dass der entscheidende Vorteil ist, mit einem Verwaltungsakt in praktisch allen Ländern zugleich eine Patentanmeldung vorzunehmen.

Als weiterer Vorteil schien mir bislang, dass man mit einem Recherche- und ggf. Prüfungsverfahren (IPER) möglicherweise entscheidende Erkenntnisse hinsichtlich der Erteilungsaussichten gewinnt. Das Ganze noch mit der weiteren zeitlichen Verzögerung, so dass man auch intern Klarheit bzgl. der Anmeldung gewinnt und auch die weitere Marktentwicklung beobachten kann, um so zu entscheiden, in welchen Ländern man letztlich tatsächlich Patentschutz erlangen will.

Aber scheinbar ist das nicht überzeugend genug?
 

Lysios

*** KT-HERO ***
Re: Andere Vorteile oder Rabatte durch PCT-Anmeldung?

Ein positiver Aspekt hinsichtlich des weltweiten einzigen Anmelde-, Recherche-, und Prüfungsverfahren ist auch noch, dass ich mich nur einer einzigen Sprache bedienen muss. Ggf. eben Deutsch.
 

Marc N. Zeichen

*** KT-HERO ***
Re: Andere Vorteile oder Rabatte durch PCT-Anmeldung?

Das sind sicher alles unbestreitbare (und unbestrittene) Vorteile.

Nur gab es in einer Patentanwaltskanzlei meines Vertrauens mal ein PCT-Merkblatt, in dem stand, dass "einige Ämter" Kosten aus dem internationalen Verfahren anrechnen, ohne diese "einigen Ämter" näher zu spezifizieren.

Daher würde ich gerne ermitteln, welche Ämter (außer dem europäischen Patentamt) dies wohl sein könnten. Den Verfasser des fraglichen Merkblatts kann ich nicht fragen, da dieser mir unbekannt verzogen ist.

Grüße Marc
 

Marc N. Zeichen

*** KT-HERO ***
Re: Andere Vorteile oder Rabatte durch PCT-Anmeldung?

Lysios schrieb:
Ein positiver Aspekt hinsichtlich des weltweiten einzigen Anmelde-, Recherche-, und Prüfungsverfahren ist auch noch, dass ich mich nur einer einzigen Sprache bedienen muss. Ggf. eben Deutsch.
Das nun ja wohl eher nicht? Die PCT-Anmeldung hat ja lediglich die Wirkung einer nationalen Anmeldung. Alle nationalen "Anmelde-, Recherche-, und Prüfungsverfahren" laufen später jedoch unverändert in der jeweiligen Landes- bzw. Amtssprache und zudem separat völlig unabhängig voneinander ab (gut, die Anmeldung entfällt, aber das ist auch schon alles).

Grüße Marc
 

Lysios

*** KT-HERO ***
Re: Andere Vorteile oder Rabatte durch PCT-Anmeldung?

Klar, nach Eintritt in die regionale/nationale Phase ist das so und die Ergebnisse der internationalen Phase sind auch nicht verbindlich. Aber was ich meinte war, dass ich mich in der internationalen Phase nur einer Sprache bedienen muss, und da gibt es eben auch Recherche und Prüfung. Ich sehe das schon als wesentlichen Vorteil.
 

Lysios

*** KT-HERO ***
Re: Andere Vorteile oder Rabatte durch PCT-Anmeldung?

Marc N. Zeichen schrieb:
Daher würde ich gerne ermitteln, welche Ämter (außer dem europäischen Patentamt) dies wohl sein könnten.
Mit einer Zusammenfassung kann ich nicht dienen. Aber Du kannst Dir selbst die entsprechenden Daten aus den Anhängen zum PCT Applicants Guide extrahieren:

http://www.wipo.int/pct/guide/en/

So sieht es z.B. für das EPA aus:
http://www.wipo.int/pct/guide/en/gdvol2/annexes/ep.pdf
 
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