Reichweite des Schadenersatzanspruchs bei schuldhaft unberechtigter Abmahnung

Fip

*** KT-HERO ***
Klar ist, dass eine unberechtigte Verwarnung aus einem Schutzrecht einen Schadenersatzanspruch auslösen kann. Wie weit reicht dieser?

Konkret: Können die Kosten einer Nichtigkeitsklage als Schaden vom Verwarner zu erstatten sein? Ich denke insbesondere an die Konstellation, dass das unberechtigt verwarnende und finanziell liquide deutsche Unternehmen nur Lizenznehmer des nordkoreanischen Parteifunktionärs (= Patentinhaber) ist, gegen den sich die nach erfolgreicher Nichtigkeitsklage zugunsten des Nichtigkeitsklägers ausgesprochene Kostenentscheidung wohl nie vollstrecken lassen wird.

Gibt es dazu Rechtsprechung?
 

Lysios

*** KT-HERO ***
Wichtig ist ja hier, dass die ungerechtfertigte Abmahnung tatsächlich schuldhaft erfolgt ist.

Rechtsprechung zu dieser speziellen Konstellation, wo Abmahner und Schutzrechtsinhaber auseinanderfallen, kenne ich aber auch nicht.

Aber wenn ein Schadensersatzanspruch besteht, dann muss jeder echte Schaden, der durch die ungerechtfertigte Verwarnung entstanden ist und der Abgemahnte sich dafür nicht selbst fehlerhaftes Verhalten anrechnen lassen muss, ersetzt werden.

Wenn also nachgewiesen werden kann, dass der Titel aus dem Kostenfestsetzungsverfahren nicht durchgesetzt werden kann, dann ist dieser mit vom Ersatzanspruch umfasst.

Eine Schwierigkeit sehe ich darin, dass bei der Abmahnung tatsächlich das ganze Patent betroffen ist, also der gesamte Titel (es also wirklich notwendig war, das ganze Patent zu vernichten, um sich zu verteidigen). Weiterhin dürfte es schwierig sein, die Nichtdurchsetzbarkeit glaubhaft zu machen. Wenn es aber gelingt, dann wird man im Gegenzug den Titel aber an den Abmahner abtreten müssen, um eine mögliche Bereicherung zu vermeiden, falls der Titel doch durchsetzbar wäre.
 

grond

*** KT-HERO ***
Durfte der Lizenznehmer denn überhaupt abmahnen? Hatte er eine Exklusivlizenz?

Außerdem stellt sich die Frage, ob eine Nichtigkeitsklage eine adäquat kausale Folge einer unberechtigten Abmahnung aus dem Schutzrecht ist. Da bin ich im Zweifel. Eine negative Feststellungsklage vielleicht schon, aber gleich ein Angriff auf das Schutzrecht?

Dann stellt sich noch die Frage, inwiefern der Lizenznehmer an die Bestandskraft des Schutzrechts glauben durfte. Normalerweise darf er auf die makellose Arbeit unserer Ämter vertrauen. Gab es etwas, was er hinsichtlich der Nichtigkeit wusste oder wissen musste? Hat der Nichtigkeitskläger ihm als Reaktion auf die unberechtigte Abmahnung den später bei der Nichtigkeitsklage verwendeten SdT vorgelegt?

Eine Überlegung wert wäre auch die Frage, ob die Nichtigkeitsklage mit dem Schadensminderungsgrundsatz konform wäre, demzufolge der Geschädigte gehalten ist, das Mittel der Schadensabwendung zu wählen, das bei gleicher Abwendungseignung den geringeren Schaden beim Rechtsverletzer verursacht.
 

Lysios

*** KT-HERO ***
Außerdem stellt sich die Frage, ob eine Nichtigkeitsklage eine adäquat kausale Folge einer unberechtigten Abmahnung aus dem Schutzrecht ist. Da bin ich im Zweifel. Eine negative Feststellungsklage vielleicht schon, aber gleich ein Angriff auf das Schutzrecht?

Wenn eine negative Feststellungsklage keine Aussicht auf Erfolg hätte, weil das Schutzrecht tatsächlich verletzt wird und keine Zweifel hinsichtlich der Berechtigung des Abmahners in Bezug auf das Patent bestehen, dann ist eine Nichtigkeitsklage doch eine zwingende Notwendigkeit weil das Verletzungsgericht i.d.R. an die Rechtsbeständigkeit gebunden ist. Dann gibt es doch keine andere Verteidigungsmöglichkeit? Die Frage ist dann für mich nur, ob man das Patent in seiner Gesamtheit angreifen muss, um sich zu verteidigen.
 

grond

*** KT-HERO ***
Wenn eine negative Feststellungsklage keine Aussicht auf Erfolg hätte, weil das Schutzrecht tatsächlich verletzt wird und keine Zweifel hinsichtlich der Berechtigung des Abmahners in Bezug auf das Patent bestehen, dann ist eine Nichtigkeitsklage doch eine zwingende Notwendigkeit weil das Verletzungsgericht i.d.R. an die Rechtsbeständigkeit gebunden ist. Dann gibt es doch keine andere Verteidigungsmöglichkeit?

Ja. Aber kann das einfach belegt werden, dass das Schutzrecht wohl verletzt wurde? Will man das in der Situation als Abgemahnter überhaupt?

Meiner Meinung nach ist der Sachverhalt zu knapp geschildert, um sich eine gefestigte Meinung zu bilden.
 

Fip

*** KT-HERO ***
Den tatsächlichen Sachverhalt habe ich natürlich verfremdet und vereinfacht dargestellt. Aber ich weiß ehrlich gesagt nicht, was eine konkretere Schilderung des Sachverhalts ändern würde. Was müsste denn an Sachverhalt hinzukommen, damit die Schadensersatzpflicht des Abmahners sicher bejaht werden würde, bzw. was müsste hinzukommen, damit die Schadensersatzplicht sicher verneint werden könnte?

Natürlich muss man in Ermangelung von Angaben im Sachverhalt, die in Zweifel ziehen könnten, dass der Abmahner eine ausreichende Lizenz hat, davon ausgehen, dass dies unproblematisch ist. Gleiches gilt auch für andere Aspekte, die der Sachverhalt nicht thematisiert.

Klar dürfte auch sein, dass Vollstreckungsversuche in Nordkorea von vorne herein aussichtslos sind.

Ich kann auch ziemlich sicher sagen, dass die Abmahnung nicht "weggedacht" werden kann, ohne das dann die Annahme zuträfe, dass keine Nichtigkeitsklage eingelegt worden wäre.

Man könnte den Fall dahingehend weiterdenken, dass der vermeintliche Verletzer gerade wegen der Aussichtslosigkeit der späteren Vollstreckung gegen den im Nichtigkeitsverfahren zu verklagenden Patentinhaber die Nichtigkeitsklage vermeiden wollte und sich erst für die Klage entschieden hat, nachdem seine Versuche, sich gegen die Patentverletzungsklage zu stemmen, zweitinstanzlich vor dem OLG gescheitert sind.

Letztlich bleibt aus meiner Sicht die entscheidende Frage schlicht die Reichweite des Schadenersatzanspruchs. Nur woran genau mache ich die fest?

Die Staatskasse macht es sich im Übrigen einfach. Wenn beim unterlegenen Beklagten nichts zu holen ist, dann holt man sich die Gerichtskosten halt beim Kläger, trotz obsiegen (insbesondere interessant bei nachträglicher Streitwerterhöhung).

Vielleicht wäre es sinnvoll, den § 81 PatG dahingehend zu ändern, dass zumindest derjenige, gegen den ein Dritter Ansprüche aus einem Patent geltend macht, auch diesen Dritten verklagen kann und nicht gezwungen ist, notwendigerweise den im Register eingetragenen Patentinhaber zu verklagen.
 

grond

*** KT-HERO ***
Klar dürfte auch sein, dass Vollstreckungsversuche in Nordkorea von vorne herein aussichtslos sind.

Warum in Nordkorea? Du kannst doch hier den Vergütungsanspruch des Nordkoreaners gegen den Abmahner pfänden.

EDIT: und das Schutzrecht oder andere Schutzrechte des Nordkoreaners in Deutschland könntest Du auch pfänden. Das dürfte bei Konstellationen, bei denen der Nordkoreaner mutmaßlich nur zu dem Zweck vorgeschoben ist, um dem in Deutschland sitzenden Abmahner genau die Kosten der Nichtigkeitsklage zu ersparen, recht interessant sein.
 
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Fip

*** KT-HERO ***
Warum in Nordkorea? Du kannst doch hier den Vergütungsanspruch des Nordkoreaners gegen den Abmahner pfänden.

EDIT: und das Schutzrecht oder andere Schutzrechte des Nordkoreaners in Deutschland könntest Du auch pfänden. Das dürfte bei Konstellationen, bei denen der Nordkoreaner mutmaßlich nur zu dem Zweck vorgeschoben ist, um dem in Deutschland sitzenden Abmahner genau die Kosten der Nichtigkeitsklage zu ersparen, recht interessant sein.

Also: Wenn ich das Patent nichtig geklagt habe, dann gibt es kein Patent und keinen Vergütungsanspruch mehr, das bzw. den ich pfänden könnte. Schließlich habe ich beides mit der Nichtigkeitsklage gerade vernichtet. Und bevor die Nichtigkeitsklage erfolgreich war, habe ich ja noch gar keinen Schadenersatzsanspruch, der mich zur Pfändung berechtigt, weil dieser ja erst durch den Wegfall des Patents entsteht.
 

grond

*** KT-HERO ***
Also: Wenn ich das Patent nichtig geklagt habe, dann gibt es kein Patent und keinen Vergütungsanspruch mehr, das bzw. den ich pfänden könnte. Schließlich habe ich beides mit der Nichtigkeitsklage gerade vernichtet.

Das weiß ich ja nicht, hätte ja auch eine Teilnichtigkeit sein können. Das war jedenfalls nicht eindeutig und unmittelbar offenbart...

Ich hatte ja zudem von eventuellen anderen Schutzrechten des Nordkoreaners geschrieben. Schön wären solche, von denen der Abmahner auch eine Exklusivlizenz hat. Das wäre schon deshalb nett, weil der die Lizenz deshalb haben könnte, weil er das Schutzrecht tatsächlich verletzt. Das ergäbe u.U. eine schöne Position für Dich.

Forderungen zu vollstrecken, benötigt oft mehr Detektiv- als Anwaltsarbeit.
 
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