DE Patentverletzung: Mal eine blöde Anfängerfrage

iakregnif

Schreiber
Sorry vorab, die Frage ist nicht unbedingt angemessen für die kt-Gemeinde. Ich versuchs aber dennoch mal:) ..ist fiktiv

Nehmen wir mal an, Erfinder E patentiert einen Mechanismus mit einem Körper, der zwei Schlitze, Löcher bzw. Ausnehmungen aufweist, die ausgebildet sind zur Aufnahme eines freien Gegenstücks, das eine Gabelung mit zwei Armen aufweist, die in die Ausnehmungen eingesetzt werden. An dem Mechanimus ist noch eine Vorrichtung X (fester Teil des Gegenstücks und zugleich eigentlicher Teil der Erfindung).

Der F kopiert kurzerhand die Erfindung des E - allerdings mit einer Gebelung mit drei Armen und entsprechend drei Löchern bzw. Aufnehmungen. Der eigentliche Teil der Erfindung ist identisch, nämlich das Bauteil, in dem die Löcher eingefasst sind und das Gegenstück mit der Gabelung. Ich verstehe es so: Kopie umfasst Gabelung mit 2 (+X) Armen und der Köper 2 (+X) Löcher - also Patentverletzung, da keine erfinderische Tätigkeit - kein Zusatznutzen.

Analogie als abstraktes Beispiel: PKW-Achse mit einer Aufhängung, die je Achse ausbebildet ist zur Aufnahme eines Rades. In der Erfindung weist der Achskörper drei Gewindelöcher auf, das Rad ebenfalls drei Löcher zur Befestigung mittels Schraube... sehr abstraktes Beispiel

F kopiert die Achse in identischer Bauform, allerdings mit "vier" Gewindelöchern.

Würde in diesem fiktiven Fall eine Patentverletzung vorliegen?
 
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kurisu

Vielschreiber
Servus Kollege,

ich versuche deinen Fall mal kurz zusammenzufassen:

Patentanspruch lautet:
2 Schlitze
2 Arme
Vorrichtung X

Angeblich verletzendes Produkt:
3 Schlitze
3 Arme

Patentverletzung?

Nein, da angeblich verletzendes Produkt nicht Vorrichtung X aufweist.

Die anderen Merkmale sind in dem Produkt jedoch erfüllt, nämlich
die 2 Schlitze: da wenn 3 Schlitze vorhanden sind, auch 2 Schlitze vorliegen;
die 2 Arme: da wenn 3 Arme vorhanden sind, auch 2 Arme vorliegen.

Dies ist eine sogenannte wortsinngemäße Verletzung. Dabei kommt es nicht auf eine erfinderische Tätigkeit an. Auf diese kommt es nur bei der äquivalenten Patentverletzung an, also zB wenn andere, aber naheliegende Mittel als die Arme oder Schlitze verwendet werden.

Wenn das angeblich verletzende Produkt nur das Merkmal der Vorrichtung X nicht aufweist, so könnte man noch eine mittelbare Patentverletzung prüfen.

Hoffe, ich konnte dir ein wenig helfen.
 
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iakregnif

Schreiber
Erschreckend. Man stelle sich vor, dass der Sachverhalt im Markenrecht ähnlich streng gehandhabt werde. Dann wäre ein Logo auf einem Shirt, das mit einer kleinen, kaum sichtbaren Naht von dem eigentlichen Logo abweicht, keine Markenrechtsverletzung.

Aber, besten Dank für die schnelle Rückmeldung.
 

PatFragen

*** KT-HERO ***
[FONT=&quot]Eine schnelle Antowrt muss aber nicht unbedingt richtig sein ;-).[/FONT][FONT=&quot]Nein ernsthafter (und das da oben soll nicht heißen, dass die Antwort falsch war :) ). Für mich ist die Fragestellung sehr unklar und nicht wirklich halbwegs sicher zu beantworten.[/FONT]
[FONT=&quot][/FONT]
[FONT=&quot]
Was ist der Gegenstand des erteilten Anspruchs?
Ein Mechanismus, welcher aufweist:
einen Körper mit zwei Ausnehmungen;
ein Gegenstück mit einer Gabelung mit zwei Armen; und
eine Vorrichtung, welche ein fester Teil des Gegenstücks ist,
wobei jeder der zwei Arme in eine entsprechende der zwei Ausnehmungen eingesetzt ist?

Soll der so lauten? Und das noch zusammen mit deiner Aussage

"Vorrichtung X (fester Teil des Gegenstücks und zugleich eigentlicher Teil der Erfindung)"?
Dann würde mich erstmal der Anspruch aus den Pantoffeln hauen :). Und wenn mir nen Kandidat so nen Anspruch vorlegen würde, der zumindest schon eine Neuanmeldung mit mir gemacht hätte, wäre der sehr schnell wieder aus der Tür ;-).

Der eigentliche Teil der Erfindung hat keinerlei Wechselwirkungen mit den anderen Elementen des Anspruchs. Was sollen die denn dann im Anspruch und was ist das für eine Erfindung, die nur in einem "Vorhandensein" besteht ;-) ?

Wenn das "Verletzungsprodukt" nun gerade diese Vorrichtung nicht aufweist, dann wird es zumindest mal mit einer wortsinngemäßen Verletzung schwierig ;-). Aber das ist ja auch völlig OK, weil es ja genau den nach deiner Aussage "eigentlichen Teil der Erfindung" nicht aufweist. Wieso sollte es also, wegen dem Aufweisen von anderen Merkmalen aber gerade nicht des "eigentlichen Teils der Erfindung" eine Patentverletzung sein? Logisch würdest du sonst gerade versuchen, etwas was bei der Anmeldung deiner Erfindung schon Stand der Technik war, d.h. der Mechanismus ohne Vorrichtung X, die gerade die Erfindung ausmacht, hinterher in den Schutzbereich reinbekommen zu wollen und dich wundern, dass das nicht klappt ;-). Was hast du denn für eine Vorstellung vom Patentschutz ;-) ?

Das ist übrigens auch im Markenrecht, bei all den grundlegenden Unterschieden, zwischen Marken und Patenten, entsprechend. Wenn du da gerade den "prägenden" Markenbestandteil nicht aufweist, bzw. abgewandelt hast, dann besteht halt nunmal keine Verwechslungsgefahr. Dazu kommst du aber nicht "durch Abweichung bei einer kleinen kaum sichtbaren Naht".
Auch mit der äquivalenten Patentverletzung wirst du wohl eher auf die Schnauze fallen, wenn gerade die Vorrichtung X als eigentlicher Teil der Erfindung nicht verwirklicht ist, d.h. wohl darin gerade die "erfinderische Tätigkeit" begründet ist, wird es wohl nicht ein "naheliegendes Austauschmittel" sein, es wegzulassen (oder stellt das dritte Paar Ausnehmung/Arm gerade dein Austauschmittel dar? ), weil das nicht mit dem Erteilen eines Patents auf Grund einer erfinderischen Tätigkeit, welche auf der Vorrichtung X basiert zusammenpasst ;-).

Aber auch hier ist das wieder völlig OK, weil ja genau deine Erfindung nicht verwirklicht wird. Aufpassen solltest du dabei aber auch, wer gegenüber wem eine erfinderische Weiterbildung ist bzw. sein muss, um etwas zu erreichen ;-). Der Verletzungsform hilft es für die Frage, ob sie verletzt oder nicht, meist nicht unbedingt weiter, wenn sie eine erfinderische Weiterbildung ist. Das hätte sonst ziemliche Auswirkungen bei abhängigen Patenten ;-).

Das wäre eine Interpretation deines Sachverhalts, wobei dabei halt vermutet wird, wie vorhandene Widersprüche aufzulösen sind bzw., Unklarheiten auszulegen sind :). Beispielsweise schreibst zu bei dem Patent, dass der eigentliche Teil die Vorrichtung X ist. Bei der Verletzungsform schreibst du aber eigentlich, dass die eigentliche Erfindung verwirklicht wäre ("Der eigentliche Teil der Erfindung ist identisch, nämlich das Bauteil, in dem die Löcher eingefasst sind und das Gegenstück mit der Gabelung"). Also was ist jetzt der "eigentliche Teil der Erfindung" (und was heißt das für dich eigentlich ;-) )? Die Vorrichtung X oder das Löcher/Arme-Stück? Und ist die Vorrichtung nun vorhanden oder nicht? Und deine "Analogie" ist weder eine "Analogie" noch ein Beispiel, weil da ja anscheinend weder Patent noch Verletzungsform etwas wie eine "Vorrichtung X" aufweist ;-).

Also grundsätzlich kann man (und sollte hier aus naheliegenden Gründen) hier natürlich ausgedachte Beispiele machen, aber man sollte diese in sich widerspruchslos und möglichst klar darstellen, weil es sonst mit der Beantwortung unnötig schwer wird ;-). Und "Klarheit" ist ein sehr wichtiger Bestandteil des Berufs :).[/FONT]
 
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Hans35

*** KT-HERO ***
Um in einem fiktiven Fall die Frage "Würde eine Patentverletzung vorliegen?" zu beantworten, müssen einerseits Angaben zum Patent und andererseits zum Verletzungsgegenstand vorliegen, die alle auszulegen sind.

Das Patent ist ein Stück Prosa, es besteht aus (technischen) Worten und Begriffen, die in Form von Patentansprüchen in einen Zusammenhang gestellt und durch Beschreibung und Zeichnung erläutert werden, was oft als "technische Lehre" bezeichnet wird. Im Zentrum stehen dabei die Patentansprüche, die ja den Schutzbereich bestimmen. Ggf. ist aber erst noch an Hand der Patentbeschreibung die Bedeutung der dabei verwendeten Worte zu klären, und zwar so, dass am Ende möglichst jeder Fachmann dieselbe Vorstellung davon hat, was da erfunden und patentiert wurde, d.h. was diese Erfindung leisten, welches technische Problem sie lösen soll.

Der Verletzungsgegenstand ist hingegen ein realer technischer Gegenstand, von dem evtl. gar keine Beschreibung mit bestimmten Worten zur Verfügung steht. Er muss für eine Verletzungsklage zunächst beschrieben werden, was, aus Sicht der Parteien, gern mit genau denselben Worten geschieht, wie im Patentanspruch, oder auch mit ganz anderen Worten (Beispiel: Sind die Impulse in der verletzenden Schaltung Rechteckimpulse, oder sind sie trapezförmig?). Hier kommt es letztlich darauf an zu bestimmen, was der Gegenstand technisch leistet, wie er das macht und welche Mittel er dafür einsetzt.

Erst wenn diese Vorarbeit getan ist, geht es daran festzustellen, ob der Verletzungsgegenstand die patentierte Erfindung benutzt. Dafür muss er - neben anderen Dingen - zumindest dasselbe leisten, und zwar tatsächlich leisten, was die patentierte Erfindung mit Worten - nämlich im Rahmen der Patentansprüche - zu leisten verspricht. Dabei müssen dafür aber nicht immer identische Mittel verwendet werden; der Einsatz "äquivalenter" Mittel genügt.

Das alles so in einen fiktiven Fall zu packen, dass es sich erkennbar auf eine bestimmte Frage konzentriert, zu der du eine Antwort haben möchtest, scheint mir schon recht anspruchsvoll. Zumindest musst du schon deshalb mit recht unterschiedlichen Antworten rechnen, weil jeder den fiktiven Fall anders auslegt. Aber es hat ja auch niemand gesagt, dass es einfach ist.

Etwas einfacher kannst du es dir machen, wenn du von einem realen Patent ausgehen kannst, zu dem vielleicht bereits eine Auslegung durch ein Gericht vorliegt. Dann brauchst du deine Phantasie nur noch, um den Verletzungsgegenstand an deine Frage anzupassen.
 

Expatriot

GOLD - Mitglied
Hallo iakregnif,

ich wollte noch auf die BGH-Entscheidung Schneidmesser I hinweisen, die die Auslegung von von Zahlenangaben behandelt. Demnach ist es keineswegs zwingend der Fall, dass die Zahlenangabe 3 eine Ausgestaltung mit 2 umfasst.

Aber es kommt, wie immer, auf die Umstände des einzelnen Falls an. Eine abstrakte Schutzbereichsbestimmung ist meist nicht möglich, erst recht nicht lediglich anhand eines Anspruchs und ohne Beschreibung und ggfs. Zeichnungen. Entscheidbar ist lediglich, ob eine - ich formulier's mal neutral - zu prüfende Ausführungsform in den Schutzbereich fällt oder nicht.

Im Übrigen kann ich mich sonst meinen Vorpostern PatFragen und Hans35 anschließen.

Viele Grüße,
Expatriot
 
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