upupa schrieb:
Worin besteht denn der Vorteil, dass ich für den hier geschilderten Fall dann zwei deutsche Patente habe, die zum Teil den gleichen Schutzbereich haben? Das Doppelschutzverbot schneidet doch sowieso nur den überlappenden Teil der ursprgl. Anmeldung raus, oder?
Ja und Nein. Zunächst einmal ist zu unterscheiden, ob ich eine PCT Anmeldung direkt in Deutschland nationalisiere, oder ob ich über eine EP Anmeldung nach Deutschland zurückkomme. Im ersten Fall (PCT) gilt die prioritätsbegründende Patentanmeldung von Gesetzes wegeb als zurückgenommen (unabhängig davon, ob sich etwas überschneidet oder nicht), im zweiten Fall ist die deutsche, prioritätsbegründende Anmeldung in dem Umfang unwirksam, in dem sie sich mit der EP-Anmeldung mit Wirkung für die BRD überschneidet.
Wenn ich aber von vorne herein aus der deutschen Patentanmeldung keine Prio ziehe, sondern aus einer davon unabhängig eingereichten Gebrauchsmusteranmeldung, scheiden die Rücknahme- bzw. Unwirksamkeitsfiktionen des IntPatÜG von vorne herein aus. Die deutsche Patentanmeldung bleibt "am Leben". Das ist sozusagen eine Umgehung des Doppelschutzverbots.
upupa schrieb:
Ist das nicht etwas gewagt? Findet eine EPA-Prüfer oder ein Verletzer ein derart ähnliches Schutzrecht nicht ziemlich schnell bei einer Recherche z.B. über den selben Erfinder oder eben Stichwortkombinationen die in beiden identisch vorkommen?
Auch hier gilt Ja und Nein.
Die Erfahrung zeigt, dass die Rechercheergebnisse beider Ämter oft unterschiedlich sind. Wenn beide Ämter unabhängig voneinander recherchieren und prüfen, ist die Wahrscheinlichkeit, dass am Ende zumindest eines der Ämter ein Schutzrecht erteilt, höher. Entweder es wird unterschiedlicher Stand der Technik gefunden (das gilt insbesondere für Lehrbücher, Zeitschriften, etc.) oder dergleiche Stand der Technik wird unterschiedlich bewertet. Vielleicht ist einfach der eine Prüfer hochmotiviert und dem anderen ist alles mehr oder weniger egal. Es sollte (idealerweise) nicht so sein, es ist aber in der Praxis so. Für manche Anmelder geht es gar nicht so sehr darum geht, die Patente hinterher auch wirklich durchzusetzen, sondern lediglich darum, hohe Anmeldezahlen und viele Erteilungen zu haben (gut für den Aktienkurs, den Arbeitnehmererfinder sowie für Lizenzverhandlungen, bei denen möglichst viele Schutzrechte in Waagschale geworfen werden können).
Letztlich hält man sich mit den € 40,- für ein unabhängiges Gebrauchsmuster, dessen Prioritätsrecht man in den Anmeldeverfahren von Nachanmeldungen nutzt, Optionen offen. Ob man diese hinterher wirklich nutzt, steht auf einem anderen Blatt. Aber man weiß am Priotag ja nie wirklich, was nach 30/31 Monaten PCT Nationalisierungs/Regionalisierungsfrist so alles sein wird, was die Prüfer finden werden oder auf welche Gegenstände man sich hinterher zurückziehen muss etc.