Opt-in/Opt-out

PatFragen

*** KT-HERO ***
Hallo zusammen,
ich habe noch einige Probleme Mandanten hinsichtlich der Opt-in/Opt-out Möglichkeiten zu beraten und würde mich interessieren wie hier die einzelnen Ansichten sind.

Ein Punkt, bei der Frage, ob man bei einem erteilten EP-Patent die Opt-out Möglichkeit wahrnimmt oder nicht, ist ja wohl die Höhe der Jahresgebühren. Die kann man in meinen Augen einfach vergleichen, da man ja weiß, wieviel man für die einzelnen Länder beim Bündelpatent bisher bezahlt und wieviel man bei nicht ziehen der Opt-out Möglichkeit zu zahlen hätte. Oder gibt es noch andere Zahlen zu berücksichtigen?

Die Auswirkungen der einheitlichen Gerichtsbarkeit sind nach meinem Verständnis jedoch sehr schwer einzuschätzen. Wie will man es gewichten, dass man das gesamte Patent in einer Nichtigkeitsklage (womöglich bei einer Lokalkammer, die ein Nichtigkeitsverfahren bisher noch gar nicht kannte, bzw. mit nationalen "älteren Rechten") vernichtet bekommt, gegenüber Möglichkeiten der Aufrechterhaltung in zumindest einigen Ländern? Oder auch die Kosten eines Verletzungsprozesses, wenn alle Länder gleichzeitig streitig sind, gegenüber der Möglichkeit nur in einem Land (z.B. Deutschland) zu klagen und sich beim Obsiegen dann gütlich zu einigen? Hat sich hier schon jemand überlegt, ob es da einfache Parameter gibt, die man dabei heranziehen kann (und wenn ja welche :) ) ?
 

Pat-Ente

*** KT-HERO ***
Man muss hier zwei Sachen unterscheiden, nämlich erstens ob man ein Gemeinschaftspatent wählt oder ein klassisches Bündelpatent und zweitens, falls das Bündelpatent gewählt wird, ob man den opt-out nutzt.

Nur bei der ersten Frage (Gemeinschaftspatent vs. Bündelpatent) sind die Jahresgebühren relevant, und nur nach Entscheidung für ein Bündelpatent wird die opt-out Frage relevant. Das Gemeinschaftspatent unterliegt auf jeden Fall der Gerichtsbarkeit des UPC, da gibt es keine Wahl. Die opt-out Frage betrifft aber auch ältere (erteilte) Europäische Patente, die nach in-Kraft-treten des UPC-Agreements dem UPC unterliegen würden, sofern man sie nicht aktiv durch ein opt-out herausnimmt. Und das ist in der Tat die schwierigere Frage ... ich fürchte, einfache Parameter gibt es hier nicht.

Wenn ein Patent ein UPC-Nichtigkeitsverfahren überstanden hat (oder Chancen hat, es zu überstehen), ist es sicherlich als sehr stark anzusehen; vielleicht kann man also Patente, die bereits einen Einspruch (incl. Beschwerde) überlebt haben, eher im UPC lassen, um es dann bei der Rechtsdurchsetzung einfacher und kostengünstiger zu haben und sich nicht evtl. in mehreren Ländern gegen eine Nichtigkeit wehren zu müssen. Erwägungen könnten auch das Marktumfeld betreffen: Wenn etwa die hauptsächliche Konkurrenz außerhalb von DE sitzt und tätig ist, könnte man dank UPC trotzdem z.B. in Düsseldorf klagen.
 

Ah-No Nym

*** KT-HERO ***
Ich kann nur zustimmen, dass die "Stärke" eines Patents ein entscheidender Faktor sein sollte.

Dies gilt insbesondere, da die Streitwertabhängigen erstattungsfähigen Kosten (nicht die Gerichtskosten), die in einem Nichtigkeitsverfahren vor dem UPC durchaus mehrere 100k € betragen können, einem KMU problemlos das Genick brechen können ...

also: Einspruch/Nichtigkeit überlebt => kein opt-out
erf. Tätigkeit nur aufgrund wohlwollendem Prüfer => nichts wie raus :)

Grüße

Ah-No Nym
 

PatFragen

*** KT-HERO ***
Danke für den Hinweis auf die Berücksichtigung der "Stärke" des Patents.

Jetzt aber unabhängig von opt-in/opt-out für die bereits erteilten EP-Patente, würde der Hinweis auf die möglichen hohen Kosten eines Nichtigkeitsverfahrens (und im Prinzip ja wohl auch hinsichtlich einer möglichen Niederlage im Verletzungsverfahrens) vor dem UPC, ja eigentlich bedeuten, dass jedes KMU tunlichst die Hände von einem Gemeinschaftspatent lassen sollte, da ja im voraus die Stärke eine Patents (Klarheit einer Verletzung) nicht unbedingt feststeht. Außer natürlich bei meinen Mandanten, da die stets nur hervorragende und starke Patente haben :D.
 

maroubra

*** KT-HERO ***
Als jemand, der auch Inhouse arbeitet sehe ich die Sache so:
Viele Unternehmen werden mit 99% Wahrscheinlichkeit nicht auf einmal damit beginnen, auf breiter Front Patentverletzungsverfahren gegen Konkurrenten auf der Basis der eigenen Schutzrechte zu führen. Vielmehr wird versucht, eine aussergerichtliche Einigung zu erzielen, wobei die Patente als Druckmittel verwendet werden.


Auf der Basis dieser Motivation sehe ich den Opt-Out als beste Alternative: das eigene Portfolio ist für Dritte in den einzelnen Staaten schwieriger zu bekämpfen und gleichzeitig kann man sich im Falle einer erfolgreichen Patentverletzungsklage, die man sowieso nur auf der Basis eines sehr starken Patents verfolgen wird, die Kosten auch in den einzelnen Staaten zurückholen.


Ich sehe damit für Akteure, die ihr Portfolio hauptsächlich defensiv nutzen, keinen Grund, nicht den Opt-Out zu erklären.
 
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