PCT Merfach abhängige Ansprüche - Auslegung der Ausführungsordnung

Gerd

*** KT-HERO ***
Hi,

was genau ist eigentlich damit gemeint:

"Jeder abhängige Anspruch, der auf mehr als einen anderen Anspruch verweist («mehrfach abhängiger Anspruch»), darf nur in Form einer Alternative auf andere Ansprüche verweisen."

Der erste Teil ist ja noch klar, aber was bedeutet das "nur in Form einer Alternative auf andere Ansprüche verweisen" genau?


Ich würde ja verstehen, wen es heißen würde, dass andere Ansprüche nur in Form EINER Alternative auf diesen verweisen dürfen (einfach abhängiger Anspruch verweist auf mehrfach abhängigen), oder " darf sich nur auf Andere Ansprüche mit jeweils nur einfachem Rückbezug beziehen", also dass die Ansprüche, auf die sich dieser mehrfach abhängige Anspruch eben selbst nicht mehrfach abhängig sind.

Aber die Originalformulierung aus der Ausführungsordnung passt irgendwie auf keine der Auslegungen.

Oder bedeutet "einer Alternative" dass ein mehrfach abhängiger Anspruch selbst nicht mehrere Alternativen beinhalten darf, a la "Legierung nach einem der Ansprüche 1 bis 5, gekennzeichnet dadurch, dass das Schwermetall ausgewählt ist aus der Gruppe Blei, Plutonium oder Wolfram"?

Gruß
Gerd
 

upupa

GOLD - Mitglied
"Jeder abhängige Anspruch, der auf mehr als einen anderen Anspruch verweist («mehrfach abhängiger Anspruch»), darf nur in Form einer Alternative auf andere Ansprüche verweisen."

In welcher Jurisdiktion und in welcher Vorschrift war das nochmal so wie von Dir zitiert geregelt?

Zum Vergleich:

R.43(4) EPÜ: "Jeder Patentanspruch, der alle Merkmale eines anderen Patentanspruchs enthält (abhängiger Patentanspruch), hat, wenn möglich in seiner Einleitung, eine Bezugnahme auf den anderen Patentanspruch zu enthalten und nachfolgend die zusätzlichen Merkmale anzugeben. Ein abhängiger Patentanspruch, der sich unmittelbar auf einen anderen abhängigen Patentanspruch bezieht, ist ebenfalls zulässig. Alle abhängigen Patentansprüche, die sich auf einen oder mehrere vorangehende Patentansprüche beziehen, sind soweit wie möglich und auf die zweckmäßigste Weise zusammenzufassen."

§ 9(6) PatV: "Zu jedem Haupt- bzw. Nebenanspruch können ein oder mehrere Patentansprüche (Unteransprüche) aufgestellt werden, die sich auf besondere Ausführungsarten der Erfindung beziehen. Unteransprüche müssen eine Bezugnahme auf mindestens einen der vorangehenden Patentansprüche enthalten. Sie sind so weit wie möglich und auf die zweckmäßigste Weise zusammenzufassen."
 

Gerd

*** KT-HERO ***
Hi,

Ausführungsordnung zum PCT.

6.4
Abhängige Ansprüche

a) Jeder Anspruch, der alle Merkmale eines oder mehrerer anderer Ansprüche enthält (Anspruch in abhängiger Form, nachfolgend bezeichnet als "abhängiger Anspruch"), hat vorzugsweise am Anfang eine Bezugnahme auf den oder die anderen Ansprüche zu enthalten und nachfolgend die zusätzlich beanspruchten Merkmale anzugeben. Jeder abhängige Anspruch, der auf mehr als einen anderen Anspruch verweist ("mehrfach abhängiger Anspruch"), darf nur in Form einer Alternative auf andere Ansprüche verweisen. Mehrfach abhängige Ansprüche dürfen nicht als Grundlage für andere mehrfach abhängige Ansprüche dienen. Gestattet es das nationale Recht des als Internationale Recherchenbehörde tätigen nationalen Amtes nicht, daß mehrfach abhängige Ansprüche anders als in den beiden vorstehenden Sätzen bestimmt abgefaßt werden, so kann in den internationalen Recherchenbericht ein Hinweis nach Artikel 17 Absatz 2 Buchstabe b aufgenommen werden, wenn Ansprüche diesen Bestimmungen nicht entsprechen. Der Umstand, daß die Ansprüche nicht entsprechend diesen Bestimmungen abgefaßt sind, hat in einem Bestimmungsstaat keine Folgen, wenn die Ansprüche entsprechend dem nationalen Recht dieses Staates abgefaßt sind.

b) Jeder abhängige Anspruch ist dahin zu verstehen, daß er alle Beschränkungen des Anspruchs enthält, auf den er sich bezieht, oder im Falle mehrfacher Abhängigkeit alle Beschränkungen des Anspruchs, mit dem er im Einzelfall in Verbindung gebracht wird.

c) Alle abhängigen Ansprüche, die sich auf einen oder mehrere vorangehende Ansprüche rückbeziehen, sind soweit möglich und auf die zweckmäßigste Weise zu gruppieren.

Gruß
Gerd
 

upupa

GOLD - Mitglied
Hi,

was genau ist eigentlich damit gemeint:

"Jeder abhängige Anspruch, der auf mehr als einen anderen Anspruch verweist («mehrfach abhängiger Anspruch»), darf nur in Form einer Alternative auf andere Ansprüche verweisen."

Der erste Teil ist ja noch klar, aber was bedeutet das "nur in Form einer Alternative auf andere Ansprüche verweisen" genau?

Vielleicht, dass ein mehrfach abhängiger Anspruch die in Bezug genommenen Ansprüche nur jeweils als Alternative aufnehmen kann, nicht jedoch mehrere dieser Ansprüche in Kombination.

Also erlaubt wäre dann bspw. "7. Vorrichtung gemäß einem der Ansprüche 5 oder 6, wobei..."
Nicht erlaubt wäre dann bspw. "7. Vorrichtung gemäß Anspruch 5 und 6 (in Kombination), wobei..."
 

Gerd

*** KT-HERO ***
hmmm...

Daran, alle Merkmale aus mehreren Ansprüchen kombiniert zu übernehmen habe ich bisher auch noch nicht gedacht. Allerdings würde das ja eher einengend wirken, was dem Zweck von mehrfach abhängigen Ansprüchen ja irgendwie nicht gerecht werden würde.

grübel grübel...

Es wäre ja schon schön, erst mal eine Ahnung zu haben, ob die Betonung auf "eine VARIANTE" liegt, oder auf "EINE Variante".

Auch wenn ich nicht glaube, dass wir der Lösung schon sehr nahe sind, freue ich mich, dass endlich mal jemand mitdiskutiert und ein paar Gedanken einbringt. Irgendwie ist die Antwortfrequenz hier im Forum gerade recht niedrig.

Gruß
Gerd
 

Groucho

*** KT-HERO ***
Ich habe solche Beanstandungen gelegentlich in China, wenn die Ansprüche die Form:

4. Vorrichtung nach wenigstens einem der Ansprüche 1 bis 3

haben, da der Rückbezug durch das "wenigstens" auch mehrere frühere Ansprüche in Kombination erfassen kann. Behoben wird die Beanstandung durch Streichen des Wortes "wenigstens".
 

Karl

*** KT-HERO ***
hmmm...

Daran, alle Merkmale aus mehreren Ansprüchen kombiniert zu übernehmen habe ich bisher auch noch nicht gedacht. Allerdings würde das ja eher einengend wirken, was dem Zweck von mehrfach abhängigen Ansprüchen ja irgendwie nicht gerecht werden würde.

grübel grübel...

Es wäre ja schon schön, erst mal eine Ahnung zu haben, ob die Betonung auf "eine VARIANTE" liegt, oder auf "EINE Variante".

Auch wenn ich nicht glaube, dass wir der Lösung schon sehr nahe sind, freue ich mich, dass endlich mal jemand mitdiskutiert und ein paar Gedanken einbringt. Irgendwie ist die Antwortfrequenz hier im Forum gerade recht niedrig.

Gruß
Gerd


Naja ein Rückbezug auf mehrere Ansprüche in Kombination kann schon Sinn machen und mir war bislang nicht bewust, dass das bei einigen Staaten Probleme bereiten kann.

Beispiel:

X= Gegenstand des Hauptanspruchs
A= Merkmal des Anspruchs 2
B= Merkmal des Anspruchs 3
C= Merkmal des Anspruchs 4

Nehmen wir an: C benötigt in völlig offensichtlicher Weise die Merkmale aus beiden Ansprüche 2 und 3. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn ich zwingend die Begrifflichkeiten, die durch die Mekrmale A und B eingeführt wurden, zur Definition von C verwenden muss (z.B. Merkmal C ist eine Verbindungsstrebe zwischen zwei Teilen, die erst durch die Merkmale A und B eingeführt werden) Nehmen wir weiterhin an, die Merkmale A und B bringen auch einzeln, unabhängig voneinander Vorteile.

In diesem Fall komme ich nur mit einer Rückbeziehung auf die Ansprüche 2 UND 3 mit 4 Ansprüchen hin, ohne etwas zu verlieren. Um die Merkmale A und B jeweils einzeln nur in Kombination mit dem Hauptanspruch zu schützen muss ich diese zwingend direkt (zumindest als eine Alternative) auf den Hauptanspruch zurückbeziehen. Um auch auf X+A+B nen Anspruch zu Richten muss ich auch A3 auf A2 zurück beziehen. Somit haben wir:

A1: Merkmal X
A2: Gegenstand nach A1, gekennzeichnet durch A
A3: Gegenstand nach A1 oder A2, gekennzeichnet durch B

Beziehe ich A4 nur auf A3 zurück (Gegenstand nach A3, gekennzeichnet durch C) wird der Anspruch unklar, denn A3 beinhaltet (um X+B zu schützen) auch den direkten Rückbezug auf A1, sodass ich in A4, wenn dieser nur auf A3 verweist, nicht auf nur im A2 eingeführte Merkmale (die ja aufgrund des als Alternative enthaltenen Rückbezugs in A3 auf A1 nicht obligatorische Bestandteile des A4 sind) zurückgreifen kann. Entsprechend brauche ich - wenn ich mit 4 Ansprüch hinkommen möchte - den Rückbezug "Gegenstand nach A2 und A3".

Kann ich nicht auf zwei Ansprüche in Und-Verknüfung zurückgreifen brauche ich einen Anspruch mehr:

A1: Gegenstand X
A2: Ggst. n. A1, gekennzeichnet durch A
A3: Ggst. n. A2, gekennzeichnet durch B
A4: Ggst. n. A3, gekennzeichnet durch C
A5: Ggst. n. A1, gekennzeichnet durch B

Dies kann dann, je nachdem welche nationale Phasen eingeleitet werden, mehrkosten verursachen.
 
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