DE Markenerschöpfung?

Rex

*** KT-HERO ***
Folgender Fall:
A stellt eine Uhr her, prägt seine Marke xyz ein und verkauft die Uhr an den Händler B.
A stellt dann seine Herstellung ein und die Marke xyz erlischt durch Nichtzahlung der Verlängerungsgebühr.
Danach lässt sich C die Marke xyz für Uhren eintragen.
Als C erfährt, dass B die von A gekaufte Uhr unter der Marke xyz anbietet, mahnt er ihn wegen Markenverletzung ab. B beruft sich auf Erschöpfung. Zu Recht?
 
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grond

*** KT-HERO ***
Sehr interessante Fallkonstellation. Ich denke, Erschöpfung kann man ausschließen, weil die mit der Marke gekennzeichnete Ware ja nicht vom Inhaber der neu eingetragenen Marke in Verkehr gebracht wurde. Vermutlich muss man schlicht über allgemeine Rechtsgrundsätze gehen, da in das Eigentumsrecht des B eingegriffen würde, wenn er nachträglich nicht mehr über die ehemals rechtsmangelfreie Ware verfügen könnte. Wäre das anders, könnte man im Antiquitätenhandel groß abräumen.

Ein älteres Recht, aus dem die neu eingetragene Marke gelöscht werden könnte, ist jedenfalls nicht in Sicht.
 
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Rex

*** KT-HERO ***
Sehr interessante Fallkonstellation.

Vielen Dank für Deine Einschätzung, Grond.

Ich habe mir den Fall nicht ausgedacht, sondern nur abgewandelt, d.h. ich bearbeite die Sache gerade. Mich würde sehr interessieren, wie das Gericht entscheidet (gewissermaßen im Sinne einer experimentellen Rechtsfindung :)), aber ich will den Mandanten andererseits keinem unnötigen Kostenrisiko aussetzen.

Schöne Grüße
Rex
 
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lioness

SILBER - Mitglied
Ich denke auch Markenerschöpfung liegt hier nicht vor.
Nach § 24 MG hat der Inhaber einer Marke... nicht das Recht, eine Dritten zu untersagen die Marke.. für Waren zu benutzen, ... die von ihm oder mit seiner Zustimmung ... in den Verkehr gebracht wurde.

Der neue Markeninhaber hat diese Uhren nicht in Verkehr gebracht und auch nicht mit seiner Zustimmung. Daher scheidet Erschöpfung nach § 24 MG aus.

Guter Artikel dazu ist GRUR Int. 1976 Heft 8 Seite 410, der das Problem auf der Grundlage des EU Vertrages beleuchtet.

Gruß Lioness
 

Rex

*** KT-HERO ***
Der neue Markeninhaber hat diese Uhren nicht in Verkehr gebracht und auch nicht mit seiner Zustimmung. Daher scheidet Erschöpfung nach § 24 MG aus.

Ich stimme Dir voll zu. Es stellt sich dann aber die Frage, ob C (trotz der von grond genannten Problematik) die üblichen Ansprüche auf Unterlassung und Schadensersatz hat.
 

lioness

SILBER - Mitglied
Lieber Rex,

die Frage ist natürlich gut und wahrscheinlich nicht so leicht zu beantworten. Ohne dabei in die Tiefe gegangen zu sein, könnte Ströbele Hacker § 14 Rn 28 ff interessant sein. Dann spielt ein Vorbenutzungsrecht keine Rolle, andererseits wird angegeben, dass "eigene Rechte" entgegengahalten werden. Es wird auch auf Rechtsmissbrauch unter § 826 BGB und Unlauterkeit nach § 3 UWG eingegangen. Eine Anwort ist vielleicht nur zu geben, wenn man die Entscheidungen wirklich gelesen hat oder in diese Normen tiefer einsteigt.

Gruß Lioness
 

grond

*** KT-HERO ***
Es stellt sich dann aber die Frage, ob C die üblichen Ansprüche auf Unterlassung und Schadensersatz hat.

Du vertritst also den Markeninhaber? Da es um einen wirklichen Fall geht, sind ja vielleicht noch ein paar mehr Angaben zum Sachverhalt drin. Hat der B die Ware vielleicht schon vor der erneuten Eintragung der Marke angeboten? Dann würde ich in jedem Fall die Finger davon lassen.
 

Rex

*** KT-HERO ***
Du vertritst also den Markeninhaber?

Ja.

Hat der B die Ware vielleicht schon vor der erneuten Eintragung der Marke angeboten?

Nein, der B hat die "Uhr" von A zwar schon vor (Neu-)Anmeldung der Marke erworben, aber ungefähr erst ein Jahr nach der Eintragung angeboten. Beim Anbieten hat er die Marke werbend herausgestellt.
Der C hat nicht nur die Marke eintragen lassen, sondern benutzt sie mittlerweile auch für "Uhren".
 
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studi

GOLD - Mitglied
Vielleicht kann man § 24 MarkenG analog anwenden. Die Interessenlage von B und C zwischen dem geregelten Fall der Markenerschöpfung und dem geschilderten, nicht geregelten Fall, ist m.E. vergleichbar oder gar identisch. Wäre C z.B. Rechtsnachfolger von A, müsste er sich unproblematisch die Markenerschöpfung, die durch den Verkauf von A an B eingetreten ist, entgegenhalten lassen. Wenn schlichtweg dieselbe Marke weitergeführt wird (wenn auch mit Unterbrechung), kann eigentlich nichts anderes gelten, unabhängig von deren Entstehungstatbeständen. Möglicherweise steht in den Gesetzgebungsmaterialien etwas dazu, was gewollt war.

Sollte B durch die Neueintragung wirklich zum Verletzer werden, dann doch auch in aller Konsequenz. Wäre dann nicht nur sein Weiterverkauf betroffen, sondern bereits der Besitz? Irgendwie passt da was nicht zusammen...
 

grond

*** KT-HERO ***
Vielleicht kann man § 24 MarkenG analog anwenden. Die Interessenlage von B und C zwischen dem geregelten Fall der Markenerschöpfung und dem geschilderten, nicht geregelten Fall, ist m.E. vergleichbar oder gar identisch.

Das denke ich nicht. Wenn z.B. die erste Marke nahezu unbekannt war, der neue Markeninhaber aber enormen Aufwand für die Werbung betreibt und sich der B dann an die gesteigerte Bekanntheit der Marke anhängt, dann würde eine analoge Anwendung von §24 MarkenG dem B das immer erlauben. Spätestens hier würde ich aber Schranken des UWG vermuten wollen. Ich halte es für keine versehentliche Lücke des MarkenG, dass der beschriebene Fall nicht ausdrücklich im MarkenG selbst geregelt ist.
 

Phish

Vielschreiber
Um mal eine andere Meinung zu vertreten:

Meines Erachtens ist das Markenrecht nach § 24 (1) MarkenG erschöpft, und zwar aus dem Grund, da § 24 MarkenG auf das Inverkehrbringen (lies: "erste" Inverkehrbringen) abstellt.

Bezogen auf den hypothetischen Fall heißt das: A hat die Uhr an B verkauft und damit das erste Mal in den Verkehr gebracht. Damit war, ist und bleibt die Uhr im Verkehr. An wen B die Uhr sonst noch so alles verkauft, und ob später ein neuer Markeninhaber C auftaucht, ohne dessen Zustimmung das alles geschieht, kann dahingestellt bleiben, denn die Uhr ist bereits im Verkehr.

BGH I ZR 64/04 sagt:
Da mit dem Erschöpfungsgrundsatz eine Balance zwischen Markenschutz und freiem Warenverkehr erreicht werden soll, soll der Markeninhaber auf der einen Seite die Möglichkeit haben, den wirtschaftlichen Wert seiner Marke durch das erste Inverkehrbringen zu realisieren, auf der anderen Seite soll in der nachfolgenden Kette der Veräußerungsgeschäfte kein Veräußerer durch Beschränkungen des Markenrechts behindert sein. Als Inverkehrbringen versteht man die Übertragung der Verfügungsgewalt über die mit der Marke versehenen Waren auf einen Dritten. Darunter fällt nicht nur die Veräußerung innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums, sondern auch, wie im Streitfall, wenn der Markeninhaber die Ware Abnehmern innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums zum Verbrauch durch beliebige Dritte überlässt.

C kann daher keine Rechte aus der Marke geltend machen, da er einerseits zum Zeitpunkt des ersten Inverkehrbringens nicht Inhaber der Markenrechte war, und andererseits jedes weitere Veräußerungsgeschäft kein Inverkehrbringen mehr ist.

Zwei weitergehende Überlegungen dazu:

  1. Für die Interpretation des Inverkehrbringens als erstes Inverkehrbringen spricht die Formulierung des § 24 (2) MarkenG, wo explizit von einem "weiteren Vertrieb" die Rede ist.
  2. Wenn nach einem Wechsel des Markeninhabers kein weiterer Vertrieb mehr erlaubt wäre, wäre es vermutlich eine prima Geschäftsidee, ein Markenportfolio eines Unternehmens für ein paar Monate zu halten, das Portfolio auf ein neu gegründetes zweites (Schein-)Unternehmen zu übertragen, und als neuer Markeninhaber sämtlichen Weiterverkauf der bisher in Verkehr gebrachten Waren zu untersagen.
 

Lysios

*** KT-HERO ***
Zwei weitergehende Überlegungen dazu:

  1. Für die Interpretation des Inverkehrbringens als erstes Inverkehrbringen spricht die Formulierung des § 24 (2) MarkenG, wo explizit von einem "weiteren Vertrieb" die Rede ist.
  2. Wenn nach einem Wechsel des Markeninhabers kein weiterer Vertrieb mehr erlaubt wäre, wäre es vermutlich eine prima Geschäftsidee, ein Markenportfolio eines Unternehmens für ein paar Monate zu halten, das Portfolio auf ein neu gegründetes zweites (Schein-)Unternehmen zu übertragen, und als neuer Markeninhaber sämtlichen Weiterverkauf der bisher in Verkehr gebrachten Waren zu untersagen.


Aber Du weißt schon, dass ein Vorbenutzungsrecht dem Markenrecht fremd ist? Es spricht also nichts gegen diese Vorgehensweise außer folgender Fall: Zitat Fezer, MarkenG, 4. Auflage, § 14 Rn 1068:

"Die Geltendmachung eines Markenrechts gegenüber einer Vorbenutzung des Zeichens stellt dann eine unzulässige Rechtsausübung dar, wenn die Marke in Kenntnis der Vorbenutzung zur Eintragung angemeldet wird und beabsichtigt ist, die Weiterbenutzung der vorbenutzten Marke zu verhindern (RG GRUR 1927, 304 – Typobar; BGH GRUR 1961, 244, 246 – „natürlich in Revue“; 1962, 522, 524 – Ribana; 1967, 490, 492 – Pudelzeichen; s. zur Anmeldung eines Kennzeichens zur Eintragung in ein Register als Markenrechtsverletzung Rn 1003 ff.). "

Außerdem muss sich hier der Markeninhaber die Zustimmung zum früheren Vertrieb nicht anrechnen lassen. Nur darauf zielt § 24 Abs. 1 MarkenG ab.
 
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