Klageantrag mit Merkmal aus der Beschreibung?

Groucho

*** KT-HERO ***
Fasse Deine Bedenken doch mal konkreter, mir erschließt sich einfach kein Ansatz.
Meine Bedenken basieren darauf, dass zum Zeitpunkt der Benutzungshandlungen mangels eines rechtsbeständigen Anspruchs keine Patentverletzung vorgelegen hat.

B kann ja das Streitpatent kennen und nach Recherche und Analyse zum Schluss kommen, dass er keinen rechtsbeständigen Anspruch verletzt.

Es ist meines Erachtens nicht verpflichtet, auch die Beschreibung auf eventuell schutzbegründende Merkmale zu durchsuchen - da wären wir ja wieder beim Schutz des allgemeinen Erfindungsgedankens, der ja durch das PatG 1978 abgelöst wurde.

Seine zunächst also nicht rechtswidrigen Handlungen würden dann durch die spätere Beschränkung rückwirkend rechtswidrig - das kann doch nicht der Sinn einer Beschränkung sein. Deshalb habe ich auch die oben zitierte Stelle aus dem Busse, dass das Patent erst ab Wirksamkeit der Entscheidung des DPMA in der beschränkten Form den weiteren Verfahren zugrundezulegen ist, in dieser Richtung verstanden.
 
Z

Zeppo

Guest
Ich sehe hier noch ein anderes Problem.

Das beschränkte Patent darf weder über den Offenbarungsgehalt noch über den Schutzbereich des ursprünglichen Patents hinausgehen. ABC ist Stand der Technik. Ein neuer Hauptanspruch ABCD wäre also zulässig, weil er eine Teilmenge des ursprünglichen Schutzumfangs ist, ebenso ist ABCD+E zulässig, da in der Beschreibung offenbart.

Dagegen wäre ein Anspruch mit ABCE keine Beschränkung des Patentes sondern eine unzulässige Erweiterung, weil ein solcher Anspruch über den ursprünglichen Schutzumfangs hinausgeht.

Deshalb kann auch keine Verletzung vorliegen.
 
G

Gert

Guest
Da geht einiges durcheinander.

Das Patent besteht, fertig aus. Solange es nicht im Nichtigkeitsverfahren beschränkt wird, ist der Richter im Verletzungsstreit daran gebunden und kann allenfalls aussetzen - bei anhängiger Nichtigkeitsklage. Das ist der Grund, warum man eventuell auf die Beschränkung verzichtet bis die Gegenseite mit der Nichtigkeitsklage droht.

Den "Einwand des freien Standes der Technik" haben wir hier nicht, denn wir sind nicht in einer äquivalenten Verletzung.

Und zum Klageantrag: Abschreiben Anspruch is nich - da müssen konkretere Merkmale rein, sonst kann der Klageantrag schon formal scheitern. Da empfiehlt es sich natürlich, Merkmale aus der Beschreibung oder den Ansprüchen zu nehmen, denn dann bekommt man bei einer späteren Beschränkung keinen Ärger.
 
G

Gert

Guest
Da geht einiges durcheinander.

Das Patent besteht, fertig aus. Solange es nicht im Nichtigkeitsverfahren beschränkt wird, ist der Richter im Verletzungsstreit daran gebunden und kann allenfalls aussetzen - bei anhängiger Nichtigkeitsklage. Das ist der Grund, warum man eventuell auf die Beschränkung verzichtet bis die Gegenseite mit der Nichtigkeitsklage droht.

Den "Einwand des freien Standes der Technik" haben wir hier nicht, denn wir sind nicht in einer äquivalenten Verletzung.

Und zum Klageantrag: Abschreiben Anspruch is nich - da müssen konkretere Merkmale rein, sonst kann der Klageantrag schon formal scheitern. Da empfiehlt es sich natürlich, Merkmale aus der Beschreibung oder den Ansprüchen zu nehmen, denn dann bekommt man bei einer späteren Beschränkung keinen Ärger.
 

Horst

*** KT-HERO ***
Ich denke es ist anzunehmen, dass das Merkmal E in allen Kombinationen offenbart und die Beschränkung möglich ist. Unzulässige Erweiterung soll hier nicht das Problem sein.

Dass in Klageanträgen der Anspruchswortlaut rezitiert wird, habe ich schon oft gesehen, manchmal bieten sich auch gar keine anderen Formulierungen an. Häufig kommt auch erst der Anspruchswortlaut und dann mit "insbesondere" die konkrete Ausführungsform.

Man muß sich der Ausgangsfrage wie ein Verletzungsgericht nähern. Und da ist es - wie Gert sagte - egal, welche Aufassung man sich selbst gebildet hat. Ein existierendes Patent wird verletzt. Man muß es dann nichtig klagen.

Ein Verletzer (ABCE) hat sowohl das ursprüngliche Patent (ABC) als auch das beschränkte Patent (ABCE) verletzt. Beschränkung wirkt ex tunc (wie Nichtigkeit, nur Verzicht ex nunc). Also liegt eine Verletzung vor. Die Ausrede, man habe das Patent in beschränktem Umfang nicht kennen können, zieht mE nicht, da schon das alte Patent verletzt wurde.

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Alternativbeispiel:

Ein Verletzer verletzt Anspruchskombination 1+2+3. Verletzungsverfahren wird wegen Nichtigkeitsklage ausgesetzt, die ergibt, dass Ansprüche 1+2 nichtig sind, Anspruchskombination 1+2+3 jedoch erhalten bleibt. Dann entscheiden die Verletzungsrichter auf Verletzung.

Die Verletzungsrichter nehmen dann einfach das Patent in geändertem Umfang, selbst wenn ein Merkmal aus der Beschreibung kommt. Solange alle Merkmale erfüllt sind => Verletzung.
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Durch Teilnichtigkeit und Beschränkung wird der Schutzumfang stets verkleinert. Also hätte ein Verletzer des kleinen Schutzbereichs erst recht bei dem ursprünglichen Schutzbereich Kenntnis von seiner Verletzung haben müssen.

Da kommt man als Verletzer mE nicht raus.
 

Horst

*** KT-HERO ***
Ich denke es ist anzunehmen, dass das Merkmal E in allen Kombinationen offenbart und die Beschränkung möglich ist. Unzulässige Erweiterung soll hier nicht das Problem sein.

Dass in Klageanträgen der Anspruchswortlaut rezitiert wird, habe ich schon oft gesehen, manchmal bieten sich auch gar keine anderen Formulierungen an. Häufig kommt auch erst der Anspruchswortlaut und dann mit "insbesondere" die konkrete Ausführungsform.

Man muß sich der Ausgangsfrage wie ein Verletzungsgericht nähern. Und da ist es - wie Gert sagte - egal, welche Aufassung man sich selbst gebildet hat. Ein existierendes Patent wird verletzt. Man muß es dann nichtig klagen.

Ein Verletzer (ABCE) hat sowohl das ursprüngliche Patent (ABC) als auch das beschränkte Patent (ABCE) verletzt. Beschränkung wirkt ex tunc (wie Nichtigkeit, nur Verzicht ex nunc). Also liegt eine Verletzung vor. Die Ausrede, man habe das Patent in beschränktem Umfang nicht kennen können, zieht mE nicht, da schon das alte Patent verletzt wurde.

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Alternativbeispiel:

Ein Verletzer verletzt Anspruchskombination 1+2+3. Verletzungsverfahren wird wegen Nichtigkeitsklage ausgesetzt, die ergibt, dass Ansprüche 1+2 nichtig sind, Anspruchskombination 1+2+3 jedoch erhalten bleibt. Dann entscheiden die Verletzungsrichter auf Verletzung.

Die Verletzungsrichter nehmen dann einfach das Patent in geändertem Umfang, selbst wenn ein Merkmal aus der Beschreibung kommt. Solange alle Merkmale erfüllt sind => Verletzung.
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Durch Teilnichtigkeit und Beschränkung wird der Schutzumfang stets verkleinert. Also hätte ein Verletzer des kleinen Schutzbereichs erst recht bei dem ursprünglichen Schutzbereich Kenntnis von seiner Verletzung haben müssen.

Da kommt man als Verletzer mE nicht raus.
 
Z

Zeppo

Guest
Das durch eine Beschränkung der Schutzumfang stets verkleinert wird, ist klar.
Aber die Aufnahme eines Merkmals aus der Beschreibung in den Hauptanspruch ist nicht notwendigerweise eine Beschränkung, sondern kann eben auch eine Erweiterung sein. Das hängt vom Einzelfall ab.
 
Z

Zeppo

Guest
Horst schrieb:
Ein Verletzer (ABCE) hat sowohl das ursprüngliche Patent (ABC) als auch das beschränkte Patent (ABCE) verletzt. Beschränkung wirkt ex tunc (wie Nichtigkeit, nur Verzicht ex nunc). Also liegt eine Verletzung vor. Die Ausrede, man habe das Patent in beschränktem Umfang nicht kennen können, zieht mE nicht, da schon das alte Patent verletzt wurde.
...das widerspricht sich doch. Eben weil die Beschränkung ex tunc wirkt, kann er doch nicht sowohl beschränktes als auch unbeschränktes Patent (=SdT) verletzt haben. Es hat ja fiktiv immer nur das beschränkte Patent existiert!
 
G

Gert

Guest
Mir fällt das Urteil jetzt nicht ein - war Beginn letzten Jahres. Da wurde mit dem alten "Anspruch 1 abschreiben" gebrochen und gefordert, dass der Klageantrag auf die Verletzungsform zugeschnitten sein muss. Gab große Diskussionen.
 
V

VorDerArbeitReiter

Guest
Du meinst sicher diese Entscheidung (Blasfolienherstellung; hier der Leitsatz):

"Streiten die Parteien darüber, ob und mit welchen Mitteln oder mit welcher räumlichkörperlichen
Ausgestaltung die im Patentverletzungsprozeß angegriffene Ausführungsform
Merkmale des Patentanspruchs verwirklicht, so hat das Gericht darauf
hinzuwirken, daß die Mittel, aus denen sich nach dem Klagevorbringen die Benutzung
des Patentanspruchs ergeben soll, im Klageantrag so konkret bezeichnet werden,
daß eine dem Klageantrag entsprechende Urteilsformel die Grundlage für die
Zwangsvollstreckung bilden kann. Die Wiedergabe des Wortlauts des Patentanspruchs
reicht insoweit auch dann nicht aus, wenn der Kläger eine wortsinngemäße
Verletzung geltend macht.
BGH, Urt. v. 30. März 2005 - X ZR 126/01 - OLG Düsseldorf
LG Düsseldorf"


Das meint ich auch in meinem letzten Beitrag mit der Anpassung des Klageantrags auf die konkrete Verletzungsform. D.h. es kann keine Rolle spielen, in den Klageantrag ein konkretes Merkmal der Verletzungsform,welches nicht im Anspruch ist, aufzunehmen, wenn dieses Merkmal nicht aus dem Schutzbereich des Anspruchs herausführt.
 
G

Gert

Guest
Muchas Gracias. War wohl doch vorletztes Jahr.... Jedenfalls hat der Herr Retzer gemeint, man wolle das auch so in München handhaben, wenn ich mich richtig erinnere.
 

Horst

*** KT-HERO ***
@Zeppo: Alles vollkommen richitg. Im vorliegenden gehen wir davon aus, dass das zusätzliche Merkmale tatsächlich einschränkend ist und eine Beschränkung genehmigt werden würde.

Auch die "ex tunc"-Wirkung ist klar. Es ging nur darum, die Unsinnigkeit einer solchen Exkulpation darzulegen.

D.h. es kann keine Rolle spielen, in den Klageantrag ein konkretes Merkmal der Verletzungsform,welches nicht im Anspruch ist, aufzunehmen, wenn dieses Merkmal nicht aus dem Schutzbereich des Anspruchs herausführt.
Dann scheint ja zumindest für solche Merkmale alles in Butter zu sein, die "konkretisierend" wirken. Mit einem konkreten Klageantrag sollte man da das Kostenrisiko minimieren und kann dem Nichtigkeitsverfahren gelassen entgegensehen (im obigen Beispiel).

Wie sieht es aber mit Merkmalen aus, die eher als "zusätzliche" Merkmale zu verstehen sind, d.h. unabhängig von den übrigen sind?

Beispiel 2:

Patent auf einen Hammer mit einem Holzschaft. Verletzer stellt Hammer mit Holzschaft her. Patentinhaber weiß, dass Hammer mit Holzschaft eigentlich bekannt ist. In der Beschreibung gibt es noch das Merkmal, den Hammerkopf aus Gummi herzustellen. Mit dem Hammerkopf aus Gummi wäre das Patent rechtsbeständig (Tatsache).

Kann ich jetzt schon vorausschauend den Klageantrag auf einen Hammer mit Holzschaft und Gummikopf richten?

In der Begründung würde dann zunächst das Patent Hammer mit Holzschaft aufgeführt, dass verletzt wird.

M.E. müsste sowas auch möglich sein, da man weniger beantragt als man eigentlich haben könnte (alle Hämmer mit Holzschaft ohne die Einschränkung Gummikopf). Nach dem Verfügungsgrundsatz eigentlich möglich.
 
G

Gert

Guest
@Horst: Auf die Verletzungsform kommt es an. Wenn die einen Gummikopf hat musst Du nach dem LG Düsseldorf-Urteil sogar den Gummikopf reinschreiben...
 

Horst

*** KT-HERO ***
Dann werde ich mir das Urteil mal "genauer" durchlesen müssen.

Aus meinem Praktikum am LG Mannheim war ich anderes gewohnt, aber die Vorlieben LGs scheinen verschieden zu sein.

Gegen eine solche Entscheidung habe ich folgende Bedenken:

Nehmen wir mal an, ich beantrage mit Gummikopf und erwirke tatsächlich ein rechtskräftiges Urteil auf Unterlassung gegen den Verletzer.

Der Verletzer will natürlich nicht seinen Betrieb einstellen und schwenkt statt Gummi auf einen weichen Kunststoff (jedenfalls nciht Gummi) um.

Jetzt kann ich erneut klagen, da das ausgesprochene Urteil den Weichkunststoffkopf nicht umfasst? Es muß doch möglich sein, meinen gesamten Schutzumfang in einer Klage durchzusetzen.

Vielleicht erhellt aber auch das Urteilsstudium meinen Geist. Wer lesen kann ist ja bekanntlich klar im Vorteil.
 
K

Kand.

Guest
Bei Umstellung auf einen Kunststoffkopf verstößt er - in Anwendung der sogenannten "Kerntheorie" - immer noch gegen den rechtskräftigen Unterlassungstenor des ersten Verletzungsprozesses. Ein zweiter Verletzungsprozess ist nicht notwendig, selbst wenn der erste Unterlassungstenor auf einen Hammer mit Gummi-(und nicht Kunststoff-)kopf gerichtet war.

Dieser rechtskräftig festgestellte Unterlassungsanspruch kann nämlich - auch bei abgewandelter Ausführungsform - ganz einfach mit einem Ordnungsgeldantrag durchgesetzt werden. Gerade im Wiederholungsfall setzt es hier empfindliche Strafen. Nach der Kerntheorie führt eine spätere Abwandlung der Ausführungsform nicht aus dem Unterlassungstenor heraus, wenn Sie den "Kern" der das Unterlassungsurteil bildenden und die Patentverletzung bejahenden Erwägungen unberührt lässt. Bei dem genannten Beispiel sollten diese ja gerade nicht auf dem Gummikopf des Hammers beruhen.
 
G

GAST_DELETE

Guest
Gast schrieb:
Vielleicht kann man das ganze Mal an folgendem Beispiel etwas konkreter überlegen (bitte alles als Tatsachen hinnehmen):

Verletzungsgegenstand:
Merkmale A, B, C, E

Streitpatent:
Anspruch 1: Merkmal A
Anspruch 2: Merkmal B
Anspruch 3: Merkmal C
Anspruch 4: Merkmal D
(A2-A4 sind Unteransprüche mit multiplen Rückbezügen auf alle vorstehend genannten Ansprüche)

Beschreibung:
Merkmal A, B, C, D und Merkmal E.

Anspruchskombination 1-3 ist nicht rechtsbeständig.
Anspruchskombination 1-4 ist rechtsbeständig. Anspruchskombination 1-3 incl. Merkmal E aus Beschreibung (also Gegenstand A, B, C, E) ist ist auch rechtsbeständig.

Jetzt will Patentinhaber klagen und wünscht sich schnelle Entscheidung und geringes Kostenrisiko. Was rate ich ihm?
Erst abmahnen, dann ggf. klagen:
Geltend zu machender Anspruch: A+B+C+E

Noch Fragen?
 
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