Incorporation by Reference / zweiteilige Anspruchsfassung

Marc N. Zeichen

*** KT-HERO ***
Hi Forum,

aus diversen zurückliegenden Diskussionen hier im Forum kann man ja bereits entnehmen, dass man Incorporation by Reference in einer Patentanmeldung besser bleiben lässt, wegen der diversen Unwägbarkeiten bezüglich Offenbarung, unzulässiger Erweiterung usw.

Auch den EPA-Richtlinien ist unter C II 4.18 zu entnehmen, dass man Wesentliches entweder in die Beschreibung aufzunehmen, oder andernfalls Unwesentliches zu streichen hat, wonach im Grunde kaum mehr Platz für Incorporation by Reference bleibt.

So weit so gut -- wie hält man es dann aber mit der Zweiteilung der Anspruchsfassung, insbesondere dann, wenn es eine eigene frühere, aber noch unveröffentlichte "Voranmeldung" gibt.

Sprich, im Prioritätsjahr bzw. vor der Veröffentlichung der früheren Anmeldung wurde die Erfindung weiterentwickelt, und die Weiterentwicklung soll nun eigenständig angemeldet werden (also ohne Inanspruchnahme einer Priorität).

Schreibt man nun in den Oberbegriff des Hauptanspruchs die aus der unveröffentlichten Voranmeldung "bekannten" Merkmale (wobei man dann auch in der Beschreibungseinleitung auf die unveröffentlichte Voranmeldung eingehen sollte), oder geht man besser von demselben Stand der Technik aus, wie man ihn auch in der früheren, unveröffentlichten Anmeldung genannt hatte?

Danke schonmal für alle Meinungen,

Marc.
 
S

Schmunzler

Guest
Ist eine nicht veröffentlichte Patentanmeldung Stand der Technik?

Das dürfte die Frage doch beantworten, oder? :)

(Aber was hat das alles mit "incorporation by reference" zu tun?
 

Alex:jura

*** KT-HERO ***
Ja sie ist Stand der Technick (Art. 54(3) EPÜ) und das beantwortet die Frage nicht!


An Marc... ich habe beim letzten Mal den Oberbegriff der älteren anmeldung gewäht und als kennzeichnendes Merkmal ein neues Merkmal verwendet.

Gruß
Alex
 

Marc N. Zeichen

*** KT-HERO ***
Alex:jura schrieb:
ich habe beim letzten Mal den Oberbegriff der älteren anmeldung gewäht und als kennzeichnendes Merkmal ein neues Merkmal verwendet.
Hi Alex und danke für die Antwort,

hier ist es nur so, dass die derzeitige Anmeldung im Grunde von einem Stand der Technik ausgeht, wie er dem gesamten Patentanspruch 1 der älteren Anmeldung entspricht.

Ich müsste somit im Grunde den kennzeichnenden Teil von Anspruch 1 der früheren Anmeldung auch noch in den Oberbegriff aufnehmen, und hätte erst dann den ordnungsgemäßen Oberbegriff für die derzeitige Anmeldung.

Dann wäre ich aber auch in der gesamten Beschreibungseinleitung an diese Aufteilung gebunden, was ich lieber vermeiden würde, um nicht andauernd auf die frühere Anmeldung Bezug nehmen zu müssen...

Solche Weiterentwicklungen/"Nachanmeldungen" auf noch unveröffentlichte "Voranmeldungen" kommen doch andauernd vor, so dass es hier doch eigentlich ein Standardvorgehen geben müsste?
 
P

PatundPatachon

Guest
Ja; in diesem Fall ist eine einfache Lösung in den Richtlinien genannt: vermeide die zweiteilige Anspruchsfassung.
Siehe RIchtlinien C III 2.3a:
"Es gibt einen speziellen Fall, in dem die der Regel 29 entsprechende Form der Patentansprüche vermieden werden sollte. Dies gilt dann, wenn der einzige einschlägige Stand der Technik aus einer anderen europäischen Patentanmeldung nach Art. 54 (3) besteht."
Und genau das ist für Dich bis zu einer Recherche der Fall, also muss frühestens dann die two-part form verwendet werden. Oder?

D.h. ich würde einteilig schreiben und erst im Prüfungsverfahren, wenn eventueller weiterer Stand der Technik vorliegt, umformen.
 

Alex:jura

*** KT-HERO ***
Wie wär es mit einem einteiligen Anspruch. Dann hast Du kein Problem und der Prüfer müsste sich damit rumschlagen.
Du musst ja nur Neuheut in Bezug auf den Stand der Technik herstellen. Erfindungshöhe/Erfinderischer Schritt ist nur gegenüber dem veröffentlichten Stand der Technik relevant.

Gruß
Alex
 
S

Schmunzler

Guest
Ist SdT nach 54(3) nicht nur, was auch wirklich einmal veröffentlich wurde?
 
D

Dr. No

Guest
Ist SdT nach 54(3) nicht nur, was auch wirklich einmal veröffentlich wurde?
Art. 54(3) EPÜ definiert das, was auch als nachveröffentlichter oder neuheitsschädlicher SdT bezeichnet wird. Nach Art. 54(3) EPÜ gehören auch europäische Patentanmeldungen zum SdT, deren Anmeldetag vor dem Anmeldetag der zu prüfenden Anmeldung liegt, die aber erst nach diesem Tag veröffentlicht wurden.

Dieser nachveröffentlichte SdT ist nur bei der Neuheitsprüfung zu berücksichtigen.

Die korrespondierende Norm im deutschen Recht ist §3(2) PatG, hier natürlich mit deutschen Patentanmeldungen (+EP/PCT mit Deutschland benannt/bestimmt).
 

Marc N. Zeichen

*** KT-HERO ***
Schon wahr, aber im Gesetz heißt es ja:

"[sinngemäß: zum Stand der Technik gehören auch nachveröffentlichte ältere Rechte] ..., die aber erst nach diesem Tag veröffentlicht wurden."

Das bedeutet, dass frühere Anmeldungen, die aus irgendeinem Grund nicht veröffentlicht werden, überhaupt keinen Stand der Technik darstellen.

Fragt sich nur, in welcher Form solche früheren Anmeldungen vom Prüfer als Stand der Technik zu berücksichtigen sind, solange sie noch nicht veröffentlicht worden sind (eigentlich gar nicht, da man ja nicht in die Zukunft blicken und feststellen kann, ob sie veröffentlicht "werden werden").

Grüße Marc.
 

Horst

*** KT-HERO ***
Marc N. Zeichen schrieb:
Fragt sich nur, in welcher Form solche früheren Anmeldungen vom Prüfer als Stand der Technik zu berücksichtigen sind, solange sie noch nicht veröffentlicht worden sind (eigentlich gar nicht, da man ja nicht in die Zukunft blicken und feststellen kann, ob sie veröffentlicht "werden werden").
Bei mir war es in diesen Fällen bisher so, dass der Prüfer im Bescheid auf eine anonyme, noch zu veröffentlichende Anmeldung hingewiesen hat, die neuheitsschädlich wäre.

Mit der Erwiderung sollte man dann beantragen, dass ein neuer Bescheid erst dann ergehen soll, wenn die Anmeldung tatsächlich veröffentlicht wurde.

Ansonsten rate ich auch zur einteiligen Fassung und nachträglichen Nennung des relevanten StdT erst im Prüfungsverfahren.
 

Marc N. Zeichen

*** KT-HERO ***
Danke, werde jetzt mal versuchen, den Anspruch einteilig zu halten -- ohne dass der Satz so verschachtelt wird, dass jeder gleich mit der Frage nervt, warum haben Sie den eigentlich nicht zweiteilig gemacht ;)

Grüße,
Marc
 

Groucho

*** KT-HERO ***
Ersetze das "dadurch gekennzeichnet, dass" doch einfach durch ein "wobei", dann hast Du ohne Aufwand eine einteilige Anspruchsfassung, die genauso lesbar ist wie die geplante zweiteilige.
 

Marc N. Zeichen

*** KT-HERO ***
Groucho schrieb:
Ersetze das "dadurch gekennzeichnet, dass" doch einfach durch ein "wobei", dann hast Du ohne Aufwand eine einteilige Anspruchsfassung, die genauso lesbar ist wie die geplante zweiteilige.
Das ist genau das Problem: Ein gepflegtes "wobei" benötige ich üblicherweise, und besonders im vorliegenden Fall, bereits im Oberbegriff, und ein zweites "wobei" möchte ich aus Gründen des Stils und der Verständlichkeit vermeiden...
 

Alex:jura

*** KT-HERO ***
Wie wäre es mit einem Listenartigen aufführen von Merkmalen?

Oberbegriff umfassend
- Merkmal 1
-Merkmal 2, wobei ...
-etc.
-

Gruß

Alexander
 

Marc N. Zeichen

*** KT-HERO ***
Alex:jura schrieb:
Wie wäre es mit einem Listenartigen aufführen von Merkmalen?

Oberbegriff umfassend
- Merkmal 1
-Merkmal 2, wobei ...
-etc.
-
Jo, mach' ich immer so. Nur, wenns kompliziert wird, sieht es bei mir so aus

Oberbegriff umfassend
  • Merkmal 1
  • Merkmal 2
  • Merkmal 3, wobei ...
dadurch gekennzeichnet, dass
kennzeichnender Teil, wobei...

Jetzt noch ein zusätzliches "wobei" anstelle der Zweiteilung, und der Anspruch wird gar gräßlich.

Gruß Marc
 
Oben