Rechtl. Haftpflichtversicherung in der Industrie

markovic

BRONZE - Mitglied
Eine (dumme) frage an euch:

Ist die Haftpflichtversicherung fuer Patentanwaelte die in der Industrie arbeiten (in-house attorneys) verpflichtet (oder ueblich)?

Sie vertreten doch immer denselben Mandanten und kann man nicht die Pflichtverantwortung mit dem Arbeitskontrakt irgendwie regulieren?

Ich sehe eher dass sie oft firmen-politisch relevante entscheidungen nehmen aber nicht umbedingt patentrechtlich und sachmaessig die besten sind. (z.B. im Oppo Verzcht auf die Argumente die eigene Patente untermauren wuerden)

M
 

grond

*** KT-HERO ***
Angestellte sind üblicherweise keine Anwälte, sondern Assessoren. Anwalt wird man, indem man Assessor wird und anschließend als Anwalt zugelassen wird. Wenn ein Anwalt sich anstellen lässt, gibt er üblicherweise seine Zulassung als Anwalt wieder auf und ist nur noch Assessor. Nur der Anwalt braucht die Berufshaftplichtversicherung.

Da "Assessor" aber so nach "Assistent" klingt, wollen viele gerne die schönere Berufsbezeichnung behalten, wenn sie angestellt werden. Daher kommt es auch vor, dass der Arbeitgeber dem Angestellten bescheinigt, dass er neben der Anstellung noch freiberuflich Mandanten vertreten darf. Für diese freiberufliche Anwaltstätigkeit bleibt der Angestellte dann eben als Anwalt zugelassen, wofür er wiederum eine Berufshaftpflichtversicherung benötigt. Die zu bezahlen ist dann aber sein Privatvergnügen (nicht sehr teuer, ca. 300€ im Jahr für die minimale Versicherungssumme).

Alles das gilt natürlich nicht für den "European Patent Attorney".
 

markovic

BRONZE - Mitglied
Mich interssiert aber genau die Verantvortung/versicherung von "European Patent Attorneys".

Soll z.B. jemand, der selbstaending namens seiner Firma eine Oppo fuhrt oder ist beim EPA Prüefungsverfahren beteiligt, haftpflichtversichert sein oder nicht.

M
 

grond

*** KT-HERO ***
Mich interssiert aber genau die Verantvortung/versicherung von "European Patent Attorneys".

Das richtet sich nach den Gesetzen des Landes, in dem der zugelassene Vertreter seinen Sitz hat. In Deutschland ist es ihm ohne Anwaltszulassung verboten, gegen Vergütung Mandanten zu vertreten und somit Rechtsberatung zu leisten. Hat er hingegen auch die Anwaltszulassung, hat er sowieso eine Haftpflichtversicherung. Ist er nur zugelassener Vertreter und gleichzeitig Angestellter, hat er keine Berufshaftpflicht und darf auch nur seinen Arbeitgeber vertreten.
 
  • Like
Reaktionen: pak

lioness

SILBER - Mitglied
Ich finde die Frage keinesfalls dumm.
Es stellt sich nämlich genau das Problem, dass man als zugelassener Vertreter in einem Konzern arbeitet und für Tochtergesellschaften aus z.B. aus dem Auslang vertritt. Dann handelt man als zugelassener Vertreter. Bei einem Vorstellungsgespräch habe ich das Problem angesprochen, ob der Arbeitgeber, für den man arbeitet im Falle der Vertretung für eine Tochtergesellschaft haftet und ob das Arbeitsvertraglich geregelt wird.
Die Antwort war nicht befriedigend. Es gab zwar warme Worte, die Firma würde schon für ihre Mitarbeiter geradestehen, jedoch würde das wohl keinen Eingang in einen Arbeitsvertrag finden.
Ich glaube daher, dass man selber haftet. Bin auf weitere Beiträge gespannt!
 

Lysios

*** KT-HERO ***
Es stellt sich nämlich genau das Problem, dass man als zugelassener Vertreter in einem Konzern arbeitet und für Tochtergesellschaften aus z.B. aus dem Auslang vertritt. Dann handelt man als zugelassener Vertreter. Bei einem Vorstellungsgespräch habe ich das Problem angesprochen, ob der Arbeitgeber, für den man arbeitet im Falle der Vertretung für eine Tochtergesellschaft haftet und ob das Arbeitsvertraglich geregelt wird.

Wenn deutsches Arbeitsrecht anwendbar ist, dann läßt sich die Frage doch schon mit dem Hagen-Skript zum Arbeitsrecht beantworten. Arbeitgeber und Arbeitnehmer haften ggü. dem Dritten als Gesamtschuldner, der Arbeitnehmer hat aber ggü. dem Arbeitgeber einen Freistellungsanspruch. Bei verbundenen Unternehmen nach § 15 AktG wird man daher davon ausgehen können, dass das verbundene Unternehmen (wenn überhaupt) nur den Arbeitgeber in Anspruch nimmt, so dass der Arbeitnehmer nicht auf seinen Freistellungsanspruch angewiesen ist.

Wie das aber in anderen Rechtsordnungen gelöst wird, entzieht sich aber auch meiner Kenntnis.
 

studi

GOLD - Mitglied
Arbeitgeber und Arbeitnehmer haften ggü. dem Dritten als Gesamtschuldner, der Arbeitnehmer hat aber ggü. dem Arbeitgeber einen Freistellungsanspruch.
Abhängig vom Verschulden und geltenden Verschuldenmaßstab kann es zur Schadensteilung oder voller Übernahme des Schadens des Arbeitgebers durch den Arbeitnehmer kommen(grobe Fahrlässigkeit im letzteren Fall). Dann nützt einem die vorherige Freistellung im Außenverhältnis auch nichts mehr.

Bei verbundenen Unternehmen nach § 15 AktG wird man daher davon ausgehen können, dass das verbundene Unternehmen (wenn überhaupt) nur den Arbeitgeber in Anspruch nimmt, so dass der Arbeitnehmer nicht auf seinen Freistellungsanspruch angewiesen ist.
Das glaube ich nicht. Auch hier kann der Schaden am Ende weitergereicht werden.

Am ehesten erhält man Sicherheit dadurch, dass die Haftungsmaßstäbe des Angestellten deutlich niedriger sind, als die des beauftragten PA. Das heißt, die gleiche Handlung wäre bei einem Anwalt bereits fahrlässig, während sie dies beim Angestellten noch nicht sein muss. Ich habe zwar noch nie davon gehört, dass Patentabteilungen ihre Angestellten in Regress nehmen kenne aber auch Modelle, woe sich sowas fast aufdrängt. Wenn die ausgeübte Funktion so haftungsträchtig ist, würde ich mich versichern lassen oder Abstand davon nehmen.
 
Zuletzt bearbeitet:

Lysios

*** KT-HERO ***
@studi

Was Du schreibst gilt für jeden Arbeitnehmer. Da sehe ich keine Unterschiede, die bei einem Patentsachbearbeiter mit oder ohne Zulassung besonders sind.

Mir sind nur Fälle bekannt, wo für Organe (z.B. Geschäftsführer) solche Haftpflichtversicherungen abgeschlossen werden. Die sind aber gerade keine Arbeitnehmer.

Also ich sehe hier kein besonderes Risiko und keine besondere Notwendigkeit für eine spezielle Haftpflichtversicherung. Wahrscheinlich gibt es so etwas gar nicht am Markt für bloße Arbeitnehmer.

Für European Patent Attorneys gibt es aber über das epi eine solche Versicherung. Da wird ja ständig dafür im epi Information Journal geworben.
 

studi

GOLD - Mitglied
Was Du schreibst gilt für jeden Arbeitnehmer. Da sehe ich keine Unterschiede, die bei einem Patentsachbearbeiter mit oder ohne Zulassung besonders sind.
Lioness und markovic waren an eine Risikoeinschätzung interessiert. Dein Beitrag Klang zumindest in meinen Ohren ein bischen nach "es kann nix passieren wegen Freistellung". Deswegen habe ich nochmal zu den Grundlagen ausgeholt.

Die Bearbeitung im Konzern ist sicher möglich, das läuft bei den Justiziaren auch nicht anders. Dabei muss jedoch sichergestellt sein, dass der beratene Unternehmensteil arbeits -bzw standesrechtlich wirklich zum Arbeitgeber gehört. Es kommt vor, dass vom Zulieferer bis zum Kooperierenden in F&U, Hinz und Kunz vorbeischickt werden. Das ist nichts anderes als Auftragsnahme eines rechtlich selbstständigen Unternehmen an ein anderes, egal wie man es etikettiert. Für den Sachbearbeiter bedeutet das standesrechtlich unzulässige Rechtsberatung, mit allen Konsquenzen im Fall eines Fehlers.

Das ist im Übrigen so ziemlich die einzige Konstellation, die ich mir vorstellen kann, in der ein Patentsachbearbeiter einen Freistellungsanspruch brauchen könnte. Dieser betrifft nämlich nur außervertragliche Ansprüche, die ein Dritte gegen den schädigenden Arbeitnehmer hat, nicht die vertraglichen Ansprüche die im normalen Verkehr auftreten. Diese bestehen nämlich nur zwischen den Unternehmen selbst und nicht in Bezug auf die Angestellten. Man müsste sich schon insbesondere was Deliktisches leisten, um in diesen Genuss zu kommen. Z.B. eine dicke Patentschriften aus den Fenster auf den Kopf des Geschäftsführers des Dritten fallen lassen.
 

Han Solo

SILBER - Mitglied
Lysios hat eigentlich alles schon gesagt: das epi wirbt für so eine Art Haftpflichtversicherung für zugelassene Vertreter, dh für epi Mitglieder, die zB keine national zugelassenen Anwäklte sind, die dann evtl je nach nationalem Recht auch eine Haftpflicht haben, die auch das Auftreten vor dem EPA einschließt.

Ich glaube nicht, dass Markovic die deutschen Detailregelungen in extenso studieren will

@Markovic: lies die letzen epi news, frage bei der angebenen Adresse nach wegen der Haftpflicht (Umfang, Schadenssumme) und frage dann Deinen Arbeitgeber, ob der Dir das evtl. bezahlt, das wäre mein pragmatischer Rat. Ansonsten dürften dann auch Deine lokalen Gestze zur Angestelltenhaftung anwendbar sein, die Du von einem Anwalt Dir erklären lassen solltest.
 

Khisanth

SILBER - Mitglied
Vielleicht als Ergänzung: für angestellte Assessoren ist mit Hinblick auf Tätigkeiten für Ihren eigenen Arbeitgeber irrelevant, ob sie die deutsche Zulassung haben oder nicht (die meisten mir bekannten Syndikuspatentanwälte, also angestellte Assesoren, halten die Zulassung auch eher wegen der Mitgliedschaft im Versorgungswerk als für den Titel), weil das Berufsrecht ohnehin verbietet, dass man als Anwalt den eigenen Arbeitgeber vertritt (§ 41a Patentanwaltsordnung). Betreut man also Fälle des eigenen Arbeitgebers, so besteht kein Mandatsverhältnis, sondern man handelt autorisiert durch eine entsprechende Angstelltenvollmacht als Arbeitnehmer.


Solange kein Mandatsverhältnis besteht, kann es auch keine anwaltliche Haftung geben, d.h. das Haftungsthema ist bis auf die von Studi erwähnten Extremfälle zur Arbeitnehmerhaftung praktisch erledigt.


Ich bin überfragt und wäre an Meinungen interessiert, ob die Tätigkeit eines Zugelassenen Vertreters ohne deutsche Zulassung (Darf der überhaupt Rechtsberatung leisten?) ein Mandatsverhältnis darstellt... Ich meine mich zu erinnern, dass gerade Versuche unternommen werden, das zu regeln.
Sicher ist er in jedem Fall wieder, wenn er für seinen Arbeitgeber handelt (Art. 134 EPÜ).


Schwierig wird es bei den angesprochenen Fällen, bei denen der Arbeitgeber möchte, dass man für einen Dritten tätig wird. Das ist bei den meisten Unternehmen, wie von lioness berechtigterweise angesprochen, nicht befriedigend geregelt, nicht zuletzt deshalb, weil viele Industriepatentleute der älteren Generation selbst keine Zulassung(en) haben oder nicht in einer Kanzlei gelernt haben und ihnen das Gefühl für die Brisanz der Thematik fehlt.


Beim DPMA ist die Problematik wieder dadurch entschärft, dass man großzügiger ist, verschiedene Gesellschaften eines Konzerns als EINEN Arbeitgeber zu betrachten. Das EPA zeigt sich da ein wenig bockig (man kann höchstens versuchen, Angestellter zweier Konzernteile zu werden).


Ich kann deshalb nur folgendes vorschlagen: nach Möglichkeit immer als Angestellter auftreten und, wenn überhaupt, nur nachrangig als Zugelassener Vertreter/deutscher Anwalt, d.h. unter dem Namen die Nummer der Angestelltenvollmacht nennen. Ggf. darauf hinwirken, dass eigene Firma, nicht der Zulieferer, Einspruch einlegt. Weiterhin, wenn es geht, einen Haftungsausschluss mit dem Arbeitgeber/dem Dritten vereinbaren. Alternativ und sauber, aber ungeliebt: eine Patentabteilung kann sich, Mitgliedschaft wenigstens eines deutschen Anwalts vorausgesetzt, als Kanzlei einrichten und als solche mit Haftpflichtversicherung den Rest des Konzerns betreuen.
 

Lysios

*** KT-HERO ***
Solange kein Mandatsverhältnis besteht, kann es auch keine anwaltliche Haftung geben, d.h. das Haftungsthema ist bis auf die von Studi erwähnten Extremfälle zur Arbeitnehmerhaftung praktisch erledigt.


Ich bin überfragt und wäre an Meinungen interessiert, ob die Tätigkeit eines Zugelassenen Vertreters ohne deutsche Zulassung (Darf der überhaupt Rechtsberatung leisten?) ein Mandatsverhältnis darstellt... Ich meine mich zu erinnern, dass gerade Versuche unternommen werden, das zu regeln.

Was verstehst Du denn unter einem Mandat? Willst Du vielleicht auf einen Geschäftsbesorgungsvertrag i.S.d. § 675 BGB hinaus? Der kommt bei einem angestellten Anwalt im Innenverhältnis natürlich nur zwischen dessen Arbeitgeber und dem Dritten (z.B. einem verbundenen Unternehmen) zustande. Der beinhaltet aber eine Bevollmächtigung i.S.d. §§ 164 ff. BGB. Der Arbeitgeber erteilt dann an den angestellten Anwalt Untervollmacht für den Dritten, die damit dessen Arbeitsvertrag ergänzt. Diese Bevollmächtigung ist doch auch ein Mandat? Schließlich haftet der Dritte für das Verschulden des Angestellten (ob Anwalt oder nicht); vgl. §§ 51 Abs. 2, 85 Abs. 2 ZPO, 278 BGB.

Was eine Rechtsdienstleistung ist, wird ja klar in § 2 RDG definiert, welches das Rechtsberatungsgesetz schon lange abgelöst hat. Deswegen sollte man in diesem Zusammenhang nicht mehr von Rechtsberatung sprechen. Jedenfalls stellt § 2 Abs. 3 Nr. 6 RDG klar, dass die Erledigung von Rechtsangelegenheiten innerhalb von verbundenen Unternehmen keine Rechtsdienstleistung ist.

Damit ist klar, dass nur ein Problem für Dritte besteht, die kein verbundenes Unternehmen darstellen. Im Rahmen von Kooperationen tritt diese Konstellation aber auch häufig auf, so dass man einen angestellten Anwalt auch dafür gut gebrauchen kann.

Aber selbst im Rahmen des Geschäftsbesorgungsvertrags bei verbundenen Unternehmen können natürlich Haftungsprobleme auftreten. Eine unmittelbare deliktische Haftung besteht auch für den Arbeitnehmer immer, selbst wenn er nicht Vertragspartner ist. Und eine Problematik i.S.v. § 179 BGB kann sich auch schnell ergeben, da meist alles nur konkludent geregelt ist.

Aber das sind also nur theoretische Probleme. In der Praxis wird nur vorsätzliches Handeln des Arbeitnehmers ein Problem für diesen darstellen.

Selbständige European Patent Attorneys, die nicht Patentanwalt sind, gibt es in Deutschland durchaus einige. Und die müssen in jedem Fall einen direkten Geschäftsbesorgungsvertrag abschließen, also ein Mandat in Deinem Sinne haben.

Art. 134 EPÜ ist in Deutschland eine gesetzliche Norm. Insbesondere ist dabei in DE und NL der Art. 134 Abs. 6 EPÜ zu beachten, der den Spielraum des deutschen Gesetzgebers enorm einschränkt. So ist dann auch § 3 RDG zu verstehen, weil hiermit das RDG nicht zu Art. 134 EPÜ im Widerspruch steht.
 
Oben