Danke, Arvi, für diesen Hinweis. Die
Entscheidung ist interessant und passt auch irgendwie gut auf meinen Fall, auch wenn sie am Ende nicht wirklich die Festlegung auf eine bestimmte Antwort zulässt. Ich musste beim Lesen der Entscheidung immer wieder mit dem Kopf schütteln, weil die Entscheidungsbegründung eher den Eindruck macht, als habe sich der BGH hier etwas etwas "zurechtbacken" wollen. Dem Kollegen, der die Nachanmeldung zu vertreten hatte und das Prioritätsproblem verbockt hatte, dürfte nach diesem Urteil ein Stein vom Herzen gefallen sein.
Einerseits schreibt der BGH in Rn. 29, wonach sich die Wirksamkeit des Prioritätsanspruchs bemisst und verweist auf Neuheitsprüfung, eindeutige und unmittelbare Offenbarung, etc. (man denke in diesem Zusammenhang auch an den Leitsatz von "Olanzapin"
X ZR 89/07 oder an
"Luftverteiler" oder
"elektronische Funktionseinheit").
Andererseits sagt der BGH in derselben Entscheidung in Rn. 33, die prioritätsbegründenden Unterlagen offenbarten "mittelbar" (!) (nicht:
unmittelbar) und ohne sich auf bestimmte Maßangaben festzulegen (!), nur durch den Begriff "Bühne" eine breite Bereichsangabe, die übliche Bühnengrößen umfasst. Aus den Zeichnungen ergebe sich dann unter Berücksichtigung der darin eingezeichneten Darstellung einer vortragenden Person und üblicher Bühenabmessungen, dass die Folie zumindest 3 m x 4 m sein müsse.
UNmittelbarer können die 12m² wirlich und beileibe nicht offenbart sein. Nur am Rande: Bezugszeichen 38 ist der Zuschauer, Bezugszeichen 40 ist der Vortragende, und der Zuschauer 38 ist im Sitzen größer als Vortragende 40 im Stehen. Naja, es gibt ja kleine und große Menschen. Und wenn ich dann dann die Größe der Köpfe der Zuschauer und des Vortragenden in der zweiten Abbildung in Relation zu der Größe der Autoreifen setze ...
Hier wird also durch
mittelbare (!) Offenbarung eines sehr breiten, vage angegebenen und nur aus einer eingehenden Interpretation der Zeichnungen und einem in einen Begriff hineinzuinterpretierenden allgemeinen Begriffsverständnis herleitbaren "Bereichs" im Prioritätsdokument eine in der Nachanmeldung ganz konkrete Maßangabe
eindeutig und
unmittelbar (!) offenbart. Ähm, nun ja ...
Seit G 2/98 reden alle von "eindeutiger und unmittelbarer" Offenbarung. Gibt es eigentlich Entscheidungen, die sich mal explizit damit auseinandersetzen, was genau eigentlich "eindeutig" und was genau eigentlich "unmittelbar" bedeutet?