Durchgriff auf die Erfinder

Alex:jura

*** KT-HERO ***
Folgender Fall

A hat einen Entwicklungsvertrag mit B. B stehen alle Erfindungen der A zu.

  • Fall B nimmt die Erfindungen der Mitarbeiter von A direkt in Anspruch. Geht das?
  • Fall A überträgt ohne formale Inanspruchnahme der Erfin. Was denkt Ihr hierzu?
Bin gespannt.
Gruß
Alex
 

union

*** KT-HERO ***
Hallo Alex:jura

zu 1.: § 6 (1) ArnbErfG sagt doch, dass der Arbeitgeber (und nicht irgendein Vertragspartner des Arbeitgebers) eine Diensterfindung unbeschränkt oder beschränkt in Anspruch nehmen kann.

Somit sollte meiner Meinung nach B nicht in der Lage sein die Diensterfindungen der Mitarbeiter des A in Anspruch zu nehmen.

zu 2.: Wenn keine Inanspruchnahme gegenüber dem Erfinder erfolgt, so wird diese Erfindung für den Erfinder nach Ablauf von vier Monaten nach erfolgter Meldung frei (§ 8(1) Nr..3.)

Somit hat der A meiner Meinung nach keinen Anspruch auf die Erfindung wenn er sie nicht in Anspruch nimmt und kann sie somit auch niemanden übertragen...

Andere Meinungen?

union
 

grond

*** KT-HERO ***
union schrieb:
Andere Meinungen?
Ein Ausweg könnte sein, dass "Arbeitgeber" gesellschaftrechtlich weit gefasst zu interpretieren wäre, also dass der Arbeitgeber aufgrund des Entwicklungsvertrages plötzlich eine BGB-Gesellschaft der beiden Firmen wird. Oder aber, dass B aufgrund des Vertrages für A handeln und die Inanspruchnahme erklären durfte. Nachdem aber in der Rechtsprechung mit den Vorschriften des ArbNEG nicht gerade arbeitgeberfreundlich umgegangen wird, wäre ich da extrem vorsichtig. Wenn der Arbeitnehmer gutmütig ist, ihm im Zweifel die Erfindung noch einmal für eine Prämie abkaufen...
 

Groucho

*** KT-HERO ***
Der "Arbeitgeber" im Sinne des Gesetzes ist meines Erachtens der, dessen Arbeitnehmer der Erfinder ist. Der Arbeitnehmer muss nach Reimer Schade Schippel aufgrund eines privatrechtlichen Vertrags ... im Dienst eines anderen ... unselbstständige, fremdbestimmte Arbeit in persönlicher Abhängigkeit zum Dienstgeber leisten (§1, Rn 2).

Das ist für die Mitarbeiter von A nur für A, nicht aber für B erfüllt, so dass B deren Erfindungen nicht in Anspruch nehmen kann.
 

union

*** KT-HERO ***
Eine andere Möglichkeit, die bei gutmütigen Erfindern möglich sein sollte, ist die Übertragung der Erfindungen seitens der Erfinder auf den B (ohne dazwischen geschaltete Inanspruchnahme durch A).

union
 

EK

*** KT-HERO ***
Alex:jura schrieb:
A hat einen Entwicklungsvertrag mit B. B stehen alle Erfindungen der A zu.

  • Fall B nimmt die Erfindungen der Mitarbeiter von A direkt in Anspruch. Geht das?
  • Fall A überträgt ohne formale Inanspruchnahme der Erfin. Was denkt Ihr hierzu?
Klarer Fall: In beiden Fällen liegen die Rechte an der Erfindung noch bei den Erfindern, da zunächst A die Erfindung in Anspruch hätte nehmen müssen.
 
B kann aber, sofern mit A vereinbart, die IA für A aussprechen. Dann geht die Erfindung vom Erfinder auf seinen AG, also A über und damit auch auf B.

Grundsätzlich ist eine solche Konstruktion zulässig, nicht aber, wenn sie gewählt wird, um sich um Vergütungsansprüche zu drücken...
 

EK

*** KT-HERO ***
Patenter_Anwalt schrieb:
B kann aber, sofern mit A vereinbart, die IA für A aussprechen. ...
Grundsätzlich ist eine solche Konstruktion zulässig, ...
Das klingt spannend. Kannst Du das bitte genauer erklären? Meiner Meinung nach darf zwar ein (bevollmächtigter) Vertreter des Arbeitgebers (z.B. Leiter der Patentstelle od. dgl.) die Meldung in Empfang nehmen und die Inanspruchnahme erklären; nicht jedoch ein anderer Arbeitgeber.
 

Lysios

*** KT-HERO ***
EK schrieb:
Das klingt spannend. Kannst Du das bitte genauer erklären? Meiner Meinung nach darf zwar ein (bevollmächtigter) Vertreter des Arbeitgebers (z.B. Leiter der Patentstelle od. dgl.) die Meldung in Empfang nehmen und die Inanspruchnahme erklären; nicht jedoch ein anderer Arbeitgeber.
Das ist etwas formuliert worden. Gemeint ist hier sicher die Situation, dass der Arbeitgeber die Erfindungen seiner Arbeitnehmer im Voraus abgetreten hat. Es ist in vielen Konzernen üblich, dass z.B. die Erfindungen von Tochterfirmen der Mutterfirma gehören.

Aber auch bei typischen Entwicklungsaufträgen an Firmen außerhalb eines Konzerns ist es sehr oft üblich, dass der Auftraggeber alle Rechte an den Enwicklungsergebnissen des Auftragnehmers haben will - also auch an Erfindungen.

Letztere Konstellations ist hinsichtlich der Berechnung der Erfindervergütung meist einfacher.
 

EK

*** KT-HERO ***
Lysios schrieb:
Das ist etwas formuliert worden. Gemeint ist hier sicher die Situation, dass der Arbeitgeber die Erfindungen seiner Arbeitnehmer im Voraus abgetreten hat. Es ist in vielen Konzernen üblich, dass z.B. die Erfindungen von Tochterfirmen der Mutterfirma gehören.

Aber auch bei typischen Entwicklungsaufträgen an Firmen außerhalb eines Konzerns ist es sehr oft üblich, dass der Auftraggeber alle Rechte an den Enwicklungsergebnissen des Auftragnehmers haben will - also auch an Erfindungen.

Letztere Konstellations ist hinsichtlich der Berechnung der Erfindervergütung meist einfacher.
Das habe ich verstanden. Es geht mir jedoch konkret um die Frage, ob ein anderer als der Arbeitgeber eine Inanspruchnahmeerklärung abgeben kann. Das ist meiner Meinung nach nicht möglich.
 

Lysios

*** KT-HERO ***
EK schrieb:
Das habe ich verstanden. Es geht mir jedoch konkret um die Frage, ob ein anderer als der Arbeitgeber eine Inanspruchnahmeerklärung abgeben kann. Das ist meiner Meinung nach nicht möglich.
Das geht über eine Bevollmächtigung. Auch das ist gängige Praxis in Konzernen mit einer zentralen Patentabteilung, die entsprechend bevollmächtigt wird.
 

EK

*** KT-HERO ***
Lysios schrieb:
Das geht über eine Bevollmächtigung. Auch das ist gängige Praxis in Konzernen mit einer zentralen Patentabteilung, die entsprechend bevollmächtigt wird.
Abgesehen davon, daß "gängige Praxis" nicht zwangsläufig mit "rechtlich belastbar" gleichzusetzen ist (das möchte ich an dieser Stelle nicht diskutieren), geht die ursprüngliche Anfrage meiner Auffassung nach nicht von konzernverbundenen Unternehmen aus, sondern von einem ersten Unternehmen (Auftraggeber) und einem davon völlig unabhängigen zweiten Unternehmen (Auftragnehmer). Funktioniert das Bevollmächtigen auch in einem solchen Fall? Und wenn ja: Woraus ergibt sich dies, wenn doch im Gesetz ganz klar festgelegt ist, wer die Inanspruchnahme zu erklären hat, nämlich der Arbeitgeber des Erfinders?
 

Fip

*** KT-HERO ***
union schrieb:
EK schrieb:
Funktioniert das Bevollmächtigen auch in einem solchen Fall? Und wenn ja: Woraus ergibt sich dies,
Warum nicht einfach aus §164 BGB ?
Das frage ich mich auch ...

Stellvertretung ist doch nichts Ungewöhnliches. Und mir fällt jetzt spontan nicht ein, warum das bei einer IA, die ja nichts weiter als eine einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung mit Gestaltungswirkung (oder so ähnlich) ist, ausgeschlossen sein soll. Wenn es an der Vollmacht nicht hapert, dann hätte ich damit kein wirkliches Problem ...

Oder übersehe ich was?
 

Alex:jura

*** KT-HERO ***
Es könnte auf den Empfängerhorizont ankommen. D.h., dass er vielleicht dies nicht annahemen müsste.
zudem wäre das Geschäft schwebend unwirksam. Was heist das für die Inanspruchnahmefrist von 4 Monaten? Muss die Genehmigung vor Ablauf der 4 Monate vorliegen?
 

union

*** KT-HERO ***
Alex:jura schrieb:
Es könnte auf den Empfängerhorizont ankommen. D.h., dass er vielleicht dies nicht annahemen müsste.
zudem wäre das Geschäft schwebend unwirksam. Was heist das für die Inanspruchnahmefrist von 4 Monaten? Muss die Genehmigung vor Ablauf der 4 Monate vorliegen?
Wenn man davon ausgeht, dass B eine wirksame Vollmacht von A hat, und dass B alles schön §164- BGB-gemäß durchführt ("im Namen des A, etc., ...), warum sollte dann dieses Rechtsgeschäft schwebend unwirksam sein?

Dem Empfänger muss die Willenserklärung lediglich zugehen ("Machtbereich des Empfängers") damit den Vorschriften genüge geleistet ist (§130 BGB). "Annehmen" muss der Empfänger sie aber nicht, da es sich doch um ein einseitiges Rechtsgeschäft handelt... Oder?
 

Lysios

*** KT-HERO ***
Natürlich geht das über eine Bevollmächtigung. Wer daran Zweifel hat, kann z.B. in den einschlägigen Werken von z.B. Bartenbach nachlesen.

Eine Schiedstellenentscheidung, die das bestätigt ist z.B.

INSTANZ: Schiedsstelle ArbErf016/03
DATUM: 18.Juni2004
QUELLE: GewRechtssch2004, 588
STICHWORT: Erfindungsmeldung auf Formular "Patentanmeldung"; Ordnungsgemäßheit
einer Erfindungsmeldung bei späterer Behandlung als
erweiterungsfähig; Inanspruchnahme durch Muttergesellschaft
LEITSATZ: (nicht amtlich):
1. Wird eine vom Arbeitgeber als erweiterungsfähig im Sinne einer
Unvollständigkeit angesehene Erfindungsmeldung nicht innerhalb der
Zweimonatsfrist des ArbEG§5Abs2, 3 als nicht ordnungsgemäß gerügt,
dann wird die Frist für die Abgabe der Inanspruchnahmeerklärung
nicht unterbrochen, unabhängig davon, ob ein später vom Erfinder
nachgemeldeter Zusatz zu der gemeldeten Erfindung als Beweis für
die fehlende Fertigstellung der ursprünglich gemeldeten Erfindung
angesehen werden kann.
2. Eine Inanspruchnahmeerklärung durch die Mutergesellschaft der
Arbeitgeberin des Erfinders ist wegen fehlender Sachlegitimation
der erklärenden Muttergesellschaft unwirksam, wenn eine
Bevollmächtigung der Muttergesellschaft durch die
Tochtergesellschaft nicht bestanden hat.
 

grond

*** KT-HERO ***
Lysios schrieb:
Eine Schiedstellenentscheidung, die das bestätigt
Sind Schiedsstellenentscheidungen in rechtlicher Hinsicht wirklich immer belastbar, will sagen, zitierfähig? Das ist ja nun keine Gerichtsentscheidung oder gar eine des BGH.


2. Eine Inanspruchnahmeerklärung durch die Mutergesellschaft der
Arbeitgeberin des Erfinders ist wegen fehlender Sachlegitimation
der erklärenden Muttergesellschaft unwirksam, wenn eine
Bevollmächtigung der Muttergesellschaft durch die
Tochtergesellschaft nicht bestanden hat.
Und mit der logischen Umkehrung von Leitsätzen wäre ich immer vorsichtig, auch wenn mir keine besonders einleuchtenden Erklärung einfallen würde, warum der obige Leitsatz nicht tatsächlich eine direkte Umkehr zulassen sollte. (Wenn da "schon allein deswegen" stünde, wäre die Gefahr der logischen Umkehr offensichtlich). Zudem sind in der zitierten Entscheidung A und B konzernverbunden, es bliebe der Fall von zwei lediglich kooperierenden selbständigen Firmen.
 

Lysios

*** KT-HERO ***
Also zitierfähig sind diese in jedem Fall, sonst würden diese Entscheidungen nicht so reichlich in der Fachliteratur veröffentlicht und zitiert :)

Wegen §37 ArbEG ist die besondere Rolle der Schiedsstelle gegeben.

Ich habe natürlich die komplette Entscheidung in der Datenbank. Hier die relevante Passage:

Zwar mag in rechtsgeschäftlicher
Vertretung des Arbeitgebers eine andere Person vergütungsrechtlich
bedeutsame Erklärungen abgeben, aber weder ist eine
Bevollmächtigung der Muttergesellschaft durch die
Tochtergesellschaft im Verlauf des Verfahrens nachgewiesen worden,
noch ein Datum, welches auf die Wahrung der Inanspruchnahmefrist
schließen lassen könnte. Die von der Antragsgegnerin vorgelegten
Unterlagen, insbesondere der Auftrag der Muttergesellschaft an die
Antragsgegnerin über Entwicklungs- und Konstruktionsleistungen vom
1.Auguat1997 weisen - auch nicht mittelbar - eine Bevollmächtigung
der Muttergesellschaft zur Abgabe rechtsverbindlicher Erklärungen
im Zusammenhang mit Arbeitnehmererfindungen nicht nach. Schließlich
ist auch der Hinweis der Antragsgegnerin unbehelflich, eine
konkludente Inanspruchnahme mit dem Antragsteller sei vereinbart
worden und erfolgt, weil der dazu ins Feld geführte Schriftwechsel
vom 10.Dezember2001 und 15.Januar2002 weit nach Ablauf der
maßgeblichen Inanspruchnahmefrist stattfand. Hintergrund mag
allenfalls eine frei vereinbarte Übertragung der Erfindungsrechte
auf die Antragsgegnerin oder ihre Muttergesellschaft gewesen sein,
was jedoch ein Rechtsgeschäft unter Privaten und keine
Rechtsübertragung nach ArbEG§6, ArbEG§7 darstellen würde. | Somit
ist diese Diensterfindung kraft Gesetzes, nämlich nach
ArbEG§8Abs1Nr3 frei geworden.
 
Oben