Deutsche Rechtsprechung zum Thema 'hypothetische Offenbarung' vor dem Prioritätstag

Brötchen

BRONZE - Mitglied
Ich habe folgendes Problem (Chemiebereich):

Eine vom Gegner als neuheitsschädliches [sic!] Dokument angeführte Publikation offenbart in ihrem "Results"-Teil Ergebnisse und Verfahren, die meilenweit vom erfindungsgemäßen Verfahren entfernt sind.

Im Diskussionsteil jedoch fangen die Autoren ausführlich mit dem Schmieden von "Hypothesen" an, die unter anderem (zumindest teilweise) das patentgemäße Verfahren umfassen und den vorher durchgeführten Versuchen widersprechen (andere Stoffzusammensetzung, anderes Nachweisverfahren, etc.)

Aus meiner Sicht hätte der Fachmann der damaligen Zeit die Aussagen bestenfalls als Sci-Fi abgetan, allerdings erscheint rückblickend (ca. 20 Jahre später) alles recht sinnvoll und durchführbar und daher durchaus schädlich (wenn auch eher für erfinderische Tätigkeit).

Hat jemand (zitierbare) Erfahrung vor dem BPatG (BGH), wie man solche hypothetischen "Lehren", die ja in beinahe jedem wissenschaftlichen Dokument zu finden sind und selten etwas mit echter Arbeitsanleitung zu tun haben, auszulegen hat?

Europäische Rechtsprechung kenne ich, doch dort scheinen mir im Vergleich zur deutschen Rechtsprechung die Maßstäbe klarer und strenger.
 

union

*** KT-HERO ***
Ich kann Dir leider keine deutsche Rechtssprechung dazu nennen, aber welche sind denn die entprechenden europäischen Entscheidungen?
 

Pat-Ente

*** KT-HERO ***
Laut Benkard (§3 Rn 16) ist bei der Beurteilung des Offenbarungsgehalts einer Druckschrift der Kenntnisstand zum (aktuellen) Zeitpunkt der Anmeldung (bzw. am Prioritätstag) entscheidend, also das, was der Fachmann _jetzt_ dem Dokument entnimmt. Leider sind keine deutschen RS-Zitate vorhanden ...

Weiterhin heißt es (§4 Rn 45), dass auch eine beschriebene nicht ausführbare Lehre die Anregung vermitteln kann, mit inzwischen vorhandenen besseren Möglichkeiten eine Ausführung zu versuchen (Verweis auf BPatG Mitt. 1984, 190, 191).
 
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