Allg. Der richtige Weg?

Tamina

Vielschreiber
Hallo :)

Ich würde gerne Patentanwältin werden, weiß aber nicht, welchen Weg ich wählen soll. Aktuell studiere ich im Bachelor Chemie und nebenher an der FernUni im Bachelor Rechtswissenschaft.
Die Chancen mit einem Chemie-Master eine Kandidaten-Stelle zu bekommen, scheinen leider nicht sehr gut zu sein. Eine Promotion würde ich gerne vermeiden, ein anderer für Chemie-Absolventen zugänglicher Beruf kommt für mich nicht (mehr) in Frage. Nun habe ich unterschiedliche Überlegungen angestellt, was ich tun könnte, um meine Chancen zu maximieren.
1. Ich mache neben dem Master in Chemie noch einen Master in Rechtswissenschaft an der FernUni.
2. Ich studiere neben meinem Master in Chemie noch einen Master in Patentingenieurwesen (HS Jena).
3. Ich studiere neben meinem Master in Chemie Maschinenbau, zunächst auf Bachelor, eventuell dann anschließend noch einen Master.
4. Ich studiere den Chemie-Master ganz normal und absolviere danach ein Staatsexamen in Rechtswissenschaft (oder gleich beide).
5. Statt dem Chemie-Master könnte ich in allen Fällen auch einen Master in Pharmazeutischen Wissenschaften und Technologien machen.
Welchen Weg würdet ihr wählen und warum? Oder würdet ihr den Traum direkt begraben und noch einmal ganz von vorne beginnen, d.h. einen neuen Studiengang suchen, wo ihr euch die spätere Arbeit auch gut vorstellen könnt?
Vielen Dank für die Antworten, ich bin langsam echt verzweifelt, weil ich keine genauen Zukunftspläne habe. Und natürlich habe ich Angst, alles falsch zu machen und ohne Zukunft dazustehen :(
 

Blood für PMZ

*** KT-HERO ***
Hallo Tamina,

die Antwort ist aus meiner Sicht eindeutig. Du hast sie Dir schon selbst gegeben und ich frage mich, warum Du sie verwirfst.

Deine Alternativen 1, 2 und 4 sind Sackgassen. Falls Du wirklich Patentanwältin werden willst, ist die von Dir dabei jeweils genannte Zusatzqualifikation unbrauchbar und führt nicht weiter. Und falls Du Dich plötzlich doch gegen die Patentanwaltslaufbahn entscheidest, ist es bei anderen Lebensplanungen eher nachteilig, diese Wege gegangen zu sein.

Die Alternativen 3 und 5 sind möglich, aber komplett überflüssig. Welche Gründe sollten für einen potentiellen zukünftigen Arbeitgeber ein Anreiz sein, Dich einzustellen, wenn er Dich ohne diese Zusatzqualifikation nicht nimmt? Für die Ausübung des Berufs benötigst Du dieses Fachwissen nicht, denn mit einfachem Maschinenbau muss der Chemiker ohnehin klarkommen, also Du auch jetzt schon.

Bitte immer die Standarddenke in den Köpfen der Entscheider berücksichtigen: Ein Studienansatz ist gut, ein zweiter wird toleriert. Jeder weitere ist von Nachteil und wird als Praxisangst des Bewerbers interpretiert. Du hast schon zwei.

Also ist die eindeutige Lösung: Master und dann Promotion in Chemie. Das geht schneller und dürfte für Dich einfacher sein als jede Deiner 5 Alternativen. Und damit kannst Du hinterher auch noch andere Lebensplanungen realisieren, ohne das irgendwo mühsam erklären zu müssen. Niemand zwingt Dich, die schwierigste Uni, den angesagtesten Spezialbereich oder die beste Note anzupeilen. Such Dir was Praktisches an einem nicht zu teuren Ort und zieh das durch. Sofern Lust und Möglichkeit, dürfen auch zwei oder so Auslandssemester dabei sein.

Die Promotion ist übrigens zur Berufsausübung auch überflüssig. Sie vereinfacht aber nicht nur wie von Dir insoweit richtig gesehen die Stellenfindung, sondern auch gleich das sogenannte praktische Jahr.

Frohes Schaffen

Blood für PMZ
 

Matthias

SILBER - Mitglied
Meines Wissens ist die Promotion in Chemie nach wie vor der faktisch berufsqualifizierende Abschluss. Wenn Dich jemand als Kandidatin einstellt, dann ist derjenige auch Chemiker, und er hat auch promoviert. Ohne Promotion dürften Deine Chancen also in der Tat äußerst schlecht stehen.

Und sich schon Jahre vor dem Ende des Studiums auf einen ganz speziellen Beruf festzulegen halte ich für nicht sonderlich sinnvoll, zumal Deine Fragen nicht darauf schließen lassen, dass Du Dich mit diesem Beruf bereits ausreichend beschäftigt hast. Von all Deinen Optionen führt nur eine zu einer Qualifikation, die in der Praxis tatsächlich von entscheidendem Nutzen sein kann: Jurastudium mit beiden Staatsexamen. Nur dadurch bekommst Du die Vertretungsbefugnis als Rechtsanwältin. Dann brauchst Du aber keine Patentanwaltsausbildung mehr, sondern kannst Dich mit der Doppelqualifikation Chemie/Jura auf Verletzungsfälle stürzen. Ob Du die Zeit aufwenden willst, liegt bei Dir. Die Option Pharma mag für sehr spezialisierte Kanzleien oder Unternehmen von Interesse sein, schränkt aber Deine Möglichkeiten schon deutlich ein. Alle anderen Optionen bringen für die Ausübrung des PA-Berufs als Chemikerin keinen Mehrwehrt.
 

silvio_h

GOLD - Mitglied
Hallo,

ich bin auch Chemiker (promoviert) und momentan in der Ausbildung.

Ich gebe den Vorrednern in vielen Punkten recht, jedoch nicht in allen. Meiner Meinung nach ist die Promotion nicht wirklich zwingend. Wenn du nach dem Master ein Jahr an praktisch-technischer Tätigkeit irgendwie absolvieren kannst (sei es als wissenschaftlicher Mitarbeiter an einer Uni, Institut oder sonstiges oder aber in der Industrie - ich kenne mehrere, die nach dem Diplom oder Master und ohne Promotion in die Industrie gegangen sind), steht dir auch ohne Promotion der Weg zur Patentanwaltsausbildung offen.

Es stellt sich dafür natürlich die Frage, wieso du schreibst, dass andere Berufsoptionen als Chemikerin für dich nicht mehr in Frage kommen und wie sich das mit eben skizziertem Szenario verträgt.

Außerdem gibt es natürlich die bisher unerwähnte Möglichkeit, als Patentsachbearbeiter, Patentingenieur - oder wie auch immer das jeweilige Unternehmen diese Position nun bezeichnet - in einem Unternehmen zu arbeiten. In der Chemie denke ich da beispielsweise an BASF, Bayer, Merck, Celanese, Heraeus, Evonik und viele mehr, die eigene Patentabteilungen haben und bei denen man sowohl als Patentsachbearbeiter als auch mit der Möglichkeit zur Ausbildung zum European Patent Attorney und teils auch zum deutschen Patentanwalt unterkommen kann. Dies ist auch eine weitere Möglichkeit für Absolventen. Da ist aber natürlich eine geschickte Argumentation nötig, warum man denn nun keine Promotion anstrebt, das trifft evtl. bei Kanzleien eher auf Verständnis.

Und wenn man mal ehrlich ist: wenn man tatsächlich früh den Wunsch hegt, im gewerblichen Rechtsschutz zu arbeiten, reichen nun einmal die Kenntnisse aus dem Grundstudium in 90% der Fälle vollkommen aus, wie Blood for PMZ oben bereits schrieb, kommt es sowieso eher darauf an, sich auch in anderen Fachgebieten einarbeiten zu können. Eine wissenschaftliche Arbeit wie eine Promotion ist da nicht wirklich notwendig, auch wenn man sich in der Zeit hinsichtlich Arbeitsorganisation und Selbständigkeit weiterentwickelt.

Abschließend: Eine Empfehlung kann ich natürlich nur abgeben, wenn du darlegst, warum du meinst, dass dies für dich deine einzige Berufsmöglichkeit ist und du nicht als "normale" Chemikerin arbeiten kannst. Sollte es um gesundheitliche Aspekte gehen: als ausgebildeter Chemiker in der Industrie hast du im Wesentlichen auch einen Büro-Arbeitsplatz und lässt in der Regel CTAs die Arbeit mit den Chemikalien verrichten...

Und nun zu guter letzt: ein mit mir befreundeter Absolvent, der im Januar sehr gut in medizinischer Chemie promoviert hat und nun ein dreiviertel Jahr auf Jobsuche war (die Einstiegschancen mit Promotion in der Chemie sind offensichtlich momentan rar, mir erging es ein Jahr zuvor ähnlich) ist nun doch noch untergekommen - nach diversen Vorstellungsgesprächen in der chemischen und pharmazeutischen Industrie fängt er nun bei einer Unternehmensberatung an. Ich möchte damit lediglich aufzeigen, dass Naturwissenschaftler auch noch in Bereichen anfangen können, die du vielleicht noch nicht mit in deine Zukunftsvisionen einbezogen hast. Für eine Information, wo Naturwissenschaftler überall eingestellt werden, empfehle ich Job-Messen, derer bestimmt noch eine Vielzahl bis zu deinem Abschluss stattfinden.
 
Zuletzt bearbeitet:

SwissPatEng

SILBER - Mitglied
Von der Promotion würde ich abraten, vor allem, da du bereits jetzt sagst, dass du eine solche sowieso lieber vermeiden möchtest. Eine Promotion ist nicht einfach ein "9to5"-Job, den man 4 Jahre lang macht und danach gibts den Doktorhut. Der Spass an der Forschung ist eine wichtige Voraussetzung um diese (entbehrungsreiche) Zeit durchzustehen. Um das praktische Jahr "abhaken" zu können gibt es sicher einfachere Lösungen.
Wenn du wirklich auf die Karte IP setzen willst würde ich eine Stelle in einer Firma empfehlen, bei der die (kleine) IP-Abteilung direkt an die F&E-Abteilung angegliedert ist. Bei solchen Firmen gibts häufig "gemischte" Stellen, d.h. man macht etwa zur Hälfte Patentsachen und zur anderen Hälfte F&E-Projekte. So gewinnst du einerseits einen Einblick ins Themenfeld IP und kannst gleichzeitig auch die praktische Tätigkeit sicherstellen (genau genommen in Teilzeit). Je nachdem welche Komponente dir dann besser gefällt kannst du nach 2 Jahren dann komplett auf die jeweilige Schiene wechseln
 

Tamina

Vielschreiber
Vielen Dank für die vielen konstruktiven Antworten!

@Blood for PMZ:
Ich könnte mir vorstellen, dass die Chancen auf eine Kandidaten-Stelle mit einem Maschinenbau-Abschluss deutlich höher sind wie mit Chemie. In diese Richtung habe ich auch viel mehr Stellenanzeigen gefunden. Dementsprechend sah ich das nicht als Zusatzqualifikation, sondern als Umweg zu einer passenden Stelle. Dass viele unterschiedliche Abschlüsse natürlich nicht unbedingt für mich sprechen, kann ich mir schon denken. Ich würde das Ganze dann aber ohnehin mit passenden Praktika ergänzen und so vielleicht auch schon einen Teil oder das ganze Praxisjahr hinter mich bringen.

@Matthias: Leider hat die FernUni den Aufbau-Studiengang zum Staatsexamen noch nicht gestartet, daher lässt sich über den Zeitaufwand nur spekulieren. Ich gehe mal von ca. 3 Jahren Studium plus Referendariat aus. Das dauert dann auch nicht viel länger wie Master und Promotion in Chemie...

@silvio_h: Ich möchte nicht als Chemikerin arbeiten, da ich Forschung sehr langweilig finde. Die Analytik wäre eine Option, aber mit Sicherheit nicht auf Dauer. Ich bin kein Verkäufer und möchte auch nicht groß reisen. Im Journalismus war ich jahrelang, da möchte ich auf keinen Fall wieder hin. Und die Jobsuche mit meinem Schwerpunkt würde auch nicht ganz einfach sein (Biochemie). Ich hab mir auch die gesamte Broschüre der GdCh durchgelesen und es kommt einfach nur das Patentwesen in Betracht.

@SwissPatEng: Danke für den guten Tipp. Ich werde mich da auf jeden Fall mal umhören. Da ich ursprünglich aus der Stuttgarter Ecke komme und es hier ja bekanntermaßen viele Patente gibt (wenn auch nicht unbedingt im Chemie-Bereich), könnte da unter Umständen was dabei sein!
 

philkopter

GOLD - Mitglied
Hallo Tamina,

grundsätzlich bin ich immer positiv gestimmt, wenn sich jemand für unser Berufsfeld interessiert. Bitte versteh daher meine Anmerkungen nicht als mögliche Empfehlung dir doch etwas anderes zu suchen sondern eher als Denkanreiz :)

Du sagst du findest Forschung sehr langweilig und möchtest außerdem nicht als Verkäufer arbeiten oder reisen.

Du wirst allerdings im Patentwesen 80% der Zeit mit "Forschern" zu tun haben und dich mit ihnen zusammen oder alleine durch wissenschaftliche Literatur lesen. Du stehst zwar nicht selbst an der Bench, aber unterschätz nicht den wissenschaftlichen Anteil der Arbeit. Dieser ist weitaus größer als der patentrechtliche. Grade in den Naturwissenschaften in denen es nicht andauernd Verletzungs- oder Nichtigkeitsfälle gibt, die eventuell etwas juristischer sind. Das nur als Warnung, aber vielleicht meintest du auch konkret das Experimentieren im Labor was dir nicht gefällt.

Abgesehen davon bist du als Patentrechtler später, nicht als Kandidat, auch Verkäufer verbunden mit erheblicher Reiseaktivität. Als fertiger Anwalt in einer Kanzlei musst du dich permanent um Mandanten bemühen und ihnen deine Dienstleistung verkaufen, was ab und an wirklich ein "andienen" ist. Wenn du nicht in einer großen Kanzlei mit fest etabliertem Mandantenstamm bist, wirst du ohne Ende Klinken putzen! Dazu kommt die entsprechende Reiseaktivität. Wenn ich hier unter den Partnern gucke sind diese eigentlich permanent unterwegs. Entweder auf dem Weg nach Den Haag, Düsseldorf, Mannheim oder internationel zu Konferenzen oder Mandanten zum, da ist es wieder, Klinken putzen.

Als Kandidat wird dir das nicht begegnen bis auf die ein oder andere Verhandlung in Den Haag. Aber du wählst den Beruf ja nicht nur für 3 Jahre. Andere hier im Forum werden dir das sicher so bestätigen können. Du könntest allerdings auch als angestellter Anwalt in der Industrie arbeiten, dann sieht das eventuell schon wieder anders aus (kann ich nicht beurteilen und Stellen sind nicht sooo häufig).

VG
 

Tamina

Vielschreiber
Vielen Dank auch für deine Anregungen, philkopter!

Labor-Arbeit gefällt mir an sich sehr gut, auch mit wissenschaftlicher Literatur habe ich nicht das geringste Problem - sonst würde ich wohl kaum weiterhin Chemie studieren ;) Mein Problem ist, dass man in der Forschung den gleichen Versuch unter Änderung kleinster Parameter extrem häufig durchführt, was in der Regel Jahre beansprucht. Ich bin kein Mensch, der sich jahrelang nur mit einer Sache beschäftigen kann, ohne über den Tellerrand hinauszuschauen. Das ist das Problem bei Chemie-Arbeitsstellen.
Selbstverständlich habe ich als Studentin keine Erfahrung mit der Reisetätigkeit eines Patentanwalts, ich denke jedoch, dass ich eine andere Art von Reisetätigkeit meinte. Die ein oder andere internationale Konferenz oder eine Verhandlung in Den Haag stellen sicher kein Problem dar. Es ging mir eher darum, dass ich nicht wochenlang in einem Hotel am Ende der Welt wohnen und von montags bis sonntags durcharbeiten möchte, wie das beispielsweise bei vielen Unternehmensberatungen der Fall ist.
Beim Verkaufen sieht es nicht so aus, dass ich das nicht machen möchte. Ich bin da nur völlig unbegabt. Kann man sowas mit der Zeit lernen?
Die Industrie sehe ich übrigens als sehr gute Option, als Stuttgarterin habe ich da wie gesagt einige Unternehmen im Umfeld, bei denen es etwas werden könnte. Ich habe allerdings nicht vor, mich darauf zu verlassen. Die Stellen sind mit Sicherheit auch alles andere als unbegehrt und die Anzahl noch kleiner wie für Patentanwälte insgesamt.
 

Blood für PMZ

*** KT-HERO ***
Hallo Tamina,

nach deinen verschiedenen Schilderungen habe ich den Eindruck, dass Du eigentlich nicht unsere fachlichen Empfehlungen benötigst, sondern Dich für eine Woche oder so ganz ruhig zurückziehen solltest, um mit Dir selbst zu klären, was Du in Deinem Beruf tatsächlich einmal machen möchtest - und nicht, was Du nicht machen möchtest.

Du hast sehr viel durchprobiert, es scheinen alles Rohrkrepierer gewesen zu sein. Vielleicht nimmst Du es mir sehr übel, aber versuche mal ganz neutral aus der Sicht des Leiters einer Personalabteilung in einem Unternehmen Deine berufliche Laufbahn zu sehen:

Ganz viel angefangen, lauter halbe Sachen, alles abgebrochen oder nicht konsequent umgesetzt. Sowie es schwierig wurde oder Du den Eindruck hattest, die Aussichten seien nicht so toll, fängst Du was Neues an.

Du wolltest doch mal Chemie. Warum eigentlich? Die Entscheidung hast Du doch erst vor wenigen Jahren (Bachelor, also wohl vor 1 oder 2 Jahren) getroffen. Wusstest Du nicht, was Chemiker so tun? Hattest Du vor 1 oder 2 Jahren keinen Überblick über den Arbeitsmarkt? Du warst doch keine 18 oder 19 mehr, wenn Du noch irgendwo ein paar Jahre mit journalistischen Jobs zugebracht hast. Warum hast Du eigentlich mit Bachelor angefangen, wenn Du doch offenbar ohnehin mehr wolltest? Und kaum angefangen, treibt Dich die Panik dazu, ein weiteres Studium an einer Fernuni in einem total anderen Gebiet (Rechtswissenschaft) anzufangen. Drohte ein Scheitern in Chemie? Warst Du nicht ausgelastet? Wesentlich sinnvoller wäre es doch gewesen, erst einmal eine Sache durchzuziehen. Hältst Du Deine eigene frühere Entscheidung also für eine krasse Fehlleistung?

Nicht uns sollst Du diese Fragen beantworten, sondern Dir selbst. Genau das wirst Du nämlich ziemlich gnadenlos in einem Einstellungsgespräch bei Bayer und ähnlichen Unternehmen abgefragt werden. Und diese Fragen bekommst Du erst recht, wenn Du nochmals etwas Neues anfängst und etwa mit einem "Umweg Maschinenbau" versuchst, bei Daimler, BMW oder VW eine Stelle zu bekommen.

Es geht nicht darum, immer ein stromlinienförmiges Bild zu vermitteln. Keiner in unserer Branche tut das, wir sind alle mindestens um eine Ecke gebogen, sonst wären wir nicht da, wo wir sind. Der Vorschlag von SwissPatEng ist zum Beispiel grundsätzlich gut, würde aber gerade bei Dir beim Einstellungsgespräch "danach" genau den vorurteilsbehafteten Eindruck verstärken, den der Personaler ohnehin hat (nix halbes und nix ganzes, die Frau), da wäre ich vorsichtig. Versuch nicht, im Internet immer weitere Ideen herauszudaddeln, sondern lieber etwas wirklich fertig zu machen und anzuwenden. Wenn der Journalismus schon eine Fehlentscheidung gewesen war, sollte es die Chemie eigentlich nicht schon wieder sein. Mach Dir zumindest selbst Dein Leben ein wenig plausibel und überlege, was Du wirklich willst.

Frohes Schaffen

Blood für PMZ
 

Tamina

Vielschreiber
Hallo :) Danke für deine Antwort! Ich weiß, ich soll mir selbst die Fragen beantworten. Dennoch werde ich sie hier ebenfalls beantworten, da das wohl ein bisschen falsch rüberkam ;)
In der Tat probiere ich sehr viel aus, das liegt aber daran, dass ich jede Menge Interessen habe und in Vieles durch Hobby-Tätigkeiten und/oder Freunde reinrutsche. Abgebrochen habe ich in meinem Leben bis jetzt exakt eine Sache, nämlich ein Studium in International Business Management.
Die Entscheidung für Chemie habe ich vor über drei Jahren getroffen. Ich war im ersten Semester sehr krank, daher hat sich mein Studium verzögert. Selbstverständlich habe ich mich auch damit beschäftigt, welche Berufe man als Absolvent ausüben kann. Wenn man sich in einem Fachgebiet nicht auskennt, dann kann man sich allerdings nur sehr schwer vorstellen, wie die Forschung abläuft. Ich habe mir das Ganze wohl eher praktisch vorgestellt, d.h. man forscht anhand von selbst durchgeführten Versuchen und macht auch sehr viel Verschiedenes. Leider entwickelt man stattdessen Theorien, führt die Versuche nicht selbst durch und macht über Jahre hinweg das Gleiche. Im Journalismus habe ich übrigens mit 16 angefangen, die Entscheidung für Chemie habe ich mit 20 getroffen.
Die Berufsaussichten waren mir durchaus bekannt, allerdings stellt man ja erst im Studium fest, für welche Gebiete das Herz schlägt und für welche nicht. Und die Schwerpunkte mit guten Aussichten sind eben überhaupt nicht mein Fall.
Ich habe nicht aus Panik ein weiteres Studium aufgenommen, sondern aus Interesse! Das Studium ist für mich ein reines Hobby, ich strebe dort nicht unbedingt nach Bestnoten oder einem Abschluss in der Regelstudienzeit. In der Rechtsabteilung eines Unternehmens als Sachbearbeiter würde ich niemals arbeiten wollen. Zudem konnte ich so auch während meiner Krankheit etwas Sinnvolles tun, im Chemie-Studium konnte ich zu diesem Zeitpunkt nicht viel leisten, da ich an meine Wohnung gefesselt war.
Zusammenfassend kann man sagen, dass ich die Entscheidung für ein Chemie-Studium mittlerweile bereue. Die Entscheidung, ein Doppelstudium zu betreiben, auf keinen Fall.
Was ich (beruflich) möchte, weiß ich eigentlich ganz genau. Es soll ein abwechslungsreicher Job sein, in dem man mit anderen Menschen zusammenarbeitet. Gerne teilweise eine Büro-Tätigkeit, aber rauskommen muss ich auch mal. Und ich möchte mich nicht jahrelang mit dem gleichen Problem beschäftigen.
 

Blood für PMZ

*** KT-HERO ***
Und ich möchte mich nicht jahrelang mit dem gleichen Problem beschäftigen.

Hallo Tamina,

Dein letzter Satz erinnert mich (und vermutlich auch sehr viele Kollegen) daran, dass es in jeder Kanzlei und auch jeder Patentabteilung eines Unternehmens Akten gibt, die den betreffenden Patentanwaltskollegen ein Berufsleben lang beschäftigen, immer wieder mal ein kleines bisschen. Häufig hat man sie bei Markensachen schon vom Senior übernommen und übergibt sie mit zwanzig Beiakten später seinen eigenen Nachfolgern ... das Patent hat man angemeldet, gegen den Prüfer durchgesetzt, abgezweigt, im Ausland angemeldet, geteilt, verteidigt gegen Einsprüche, Arbeitnehmererfindervergütungen ausgerechnet, Patentverletzer verfolgt, die letzte Nichtigkeitsverhandlung beim BGH dann nach Ablauf der maximalen Schutzdauer ... und man kann den Text auswendig, samt Druckfehler in Spalte 14 oben rechts.

Egal. Wir leben davon.

Bevor einer der Mituser kommt und Dir erläutert, dass Patentanwälte nur im stillen Kämmerlein hausen und ihre Akten von der Grauen Eminenz durch einen Türschlitz zugeschoben bekommen und daher gerade keinerlei Kontakt zu ihren Mitmenschen haben: Bei uns ist alles möglich. Nicht überall, nicht für jeden, nicht für das gewünschte Geld, nicht zu jeder Zeit und schon gar nicht alle Wünsche auf einmal, aber irgendwie ist alles machbar.

Wenn Dein Hobby etwas Journalistisches ist, wird sich der Kollege Köllner als Schriftleiter der "Mitteilungen der deutschen Patentanwälte" in 10 Jahren über Deine Mitarbeit freuen. Falls Du Politik magst, im Bundesverband der Patentanwälte werden auch in 20 Jahren noch Kollegen gesucht werden, die gerne Verabredungen mit und im Bundesjustizministerium haben und mit Abgeordneten sprechen möchten. Oder Du steigst bei den Kollegen mit ein, die dieses Forum betreuen. Alles ehrenamtlich neben unserem Hauptberuf versteht sich.

Also gehst Du zu Recht davon aus, dass Dir unser Beruf gefallen könnte. Nur bleibt es dabei: Du musst irgendwie glaubhaft machen können, auch bei Problemen mehr als 4 Jahre bei der Stange zu bleiben. Mit dem schon abgebrochenen Managementstudium hast Du schon drei im Lebenslauf, da sollte wirklich gar nichts mehr dazu kommen, was keine logische Fortsetzung des schon gehabten ist. Chemie ist viel. Wenn Dir Dein Spezialgebiet (Biochemie?) nicht gefällt, nimm ein anderes. Chemiker extrudieren auch Folien, beschichten Bleche, rühren großtechnische Pampe, ersinnen Lötlegierungen, recyceln Abfallwertstoffe. Das geht alles in die Richtung Maschinenbau, die Dir ja gerade vorschwebt, ohne dass Du das Etikett wechseln musst. Wechsle die Uni (musst Du vielleicht sowieso), den Ort, mache 1 Jahr Chemie im Ausland. Mache irgendetwas, was Dir Spaß macht, was Du bezahlen kannst, was Deinen Lebenslauf von oben nett aussehen lässt und nicht so, als seist Du ein flüchtendes Kaninchen, das dann irgendwann mit 40 ohnehin ein vegetarisches Restaurant aufmacht oder einen Secondhandshop. Sehr nette Leute, die so etwas machen, aber sie hätten das alles auch viel einfacher haben können. Und Du entscheidest ziemlich genau jetzt, wie es weitergeht.

Frohes Schaffen

Blood für PMZ
 

Tamina

Vielschreiber
Hallo und nochmal vieen Dank für die hilfreichen und konstruktiven Antworten! Dieses Forum ist wirklich toll :)
Die von dir genannten chemischen Bereiche kingen mir ziemlich nach Technischer Chemie bzw. Verfahrenstechnik. Das ist fachlich leider überhaupt nicht mein Fall. Am Maschinenbau interessiert mich Arbeitsgestaltung und Produktionstechnik, d.h. die Lösung ganzheitlicher Probleme unter Einbeziehung des Maschinenbaus, der Medizin, der Psychologie, der Rechtswissenschaft und der Wirtschaftswissenschaft. Die Technische Chemie und die Verfahrenstechnik sind mir zu "fachidiotisch". Man stellt sich Fragen: "Platzt der Reaktor?", "Wie wird mein Stoff möglichst rein?", "Wie zerhacke ich das jetzt am besten?" und rechnet dann ohne Rücksicht auf Verluste in anderen Bereichen.
Die Universität wollte ich in der Tat wechseln. An meiner sind die Schwerpunkte Technische Chemie, Makromolekulare Chemie und Materialwissenschaft, alles absolut nichts für mich. Zudem ist die Organisation wirklich unterirdisch, man bekommt Termine erst auf den letzten Drücker und das lässt sich auch einfach schlecht mit der Finanzierung vereinbaren.
Leider kann ich aufgrund meiner Krankheit nicht ins Ausland oder weiter weg. Acht Wochen sollten gerade so möglich sein, mehr nicht. Daher habe ich mir mal die Studiengänge an den drei anderen umliegenden Universitäten angeschaut und habe die Folgenden für interessant befunden:
Schwerpunkt auf Biochemie mit Wahlmodulen in Biologie
Schwerpunkt auf Biologie mit Wahlmodulen in Biochemie
Schwerpunkt Medizinische Chemie
Pharmazeutische Wissenschaft und Technologie
Bei allen diesen Studiengängen habe ich das Problem mit dem passenden Beruf, falls es mit Patenten nicht klappt, und den Aussichten.
Lebensmittelchemie
Ernährungsmedizin
Bei diesen beiden Studiengängen weiß ich nicht, ob ich zugelassen werden kann. Die Arbeit in der Lebensmittelanalytik kann ich mir zudem nicht genau vorstellen, wird da mehr anhand von Geräten mit Auswertung von Spektren analysiert (würde mir nicht gefallen) oder macht man auch selbst Nachweise im Labor (würde mir gefallen)? Beim anderen Studiengang würde ich dann in die Ernährungsberatung, am liebsten in eine Klinik. Er ist aber eher auf Forschung ausgerichtet und die Frage ist, wie groß die Chancen auf so einen Job dann sind.
Außerdem hatte ich mir einen Wechsel zu Pharmazie überlegt. Die Arbeit in einer Krankenhausapotheke würde mir sicher Spaß machen. In eine normale Apotheke will ich allerdings nicht.
Und zuallerletzt hatte ich mir sogar nicht konsekutive Master-Studiengänge angeschaut. Interessieren würde mich beispielsweise Personalentwicklung oder Planung und Partizipation. Allerdings kosten solche Studiengänge meistens extrem viel und es wird auch schon Berufserfahrung vorausgesetzt, die ich nicht habe.
Ich war auch schon so frustriert, dass ich mir überlegt habe, bei der Agentur für Arbeit ein duales Studium in Richtung Berufsberatung zu machen.
Hast du noch irgendeine Idee, was man bei der Interessenlage und mit den Berufswünschen in die gleiche Richtung machen kann? Mir gehn ehrlich gesagt langsam die Ideen aus...
Hinterlasse ich hier wirklich so einen Hippie-Eindruck? :D Ich bin absolut nicht so. Keine Second-Hand-Shops und schon gleich zehnmal keine Veggie-Restaurants. Ich bin Fleisch-Esser und hasse die Wichtigtuerei der meisten Veganer und Vegetarier (klar, da gibts auch Ausnahmen). Das wird also sicher nicht passieren :D
 

silvio_h

GOLD - Mitglied
Hallo noch mal,

ich bekomme insgesamt einfach den Eindruck, dass vielleicht nicht das Fachgebiet das Problem darstellt, sondern die "Höhe" der Qualifikation.

Mein Problem ist, dass man in der Forschung den gleichen Versuch unter Änderung kleinster Parameter extrem häufig durchführt, was in der Regel Jahre beansprucht. Ich bin kein Mensch, der sich jahrelang nur mit einer Sache beschäftigen kann, ohne über den Tellerrand hinauszuschauen. Das ist das Problem bei Chemie-Arbeitsstellen.

Das kommt schon sehr auf das Fachgebiet an, man kann in der Chemie auch anders promovieren und wissenschaftlich arbeiten. Aber weiter unten führst du ja aus, dass du eher überhaupt nicht wissenschaftlich arbeiten willst.

Wenn man sich in einem Fachgebiet nicht auskennt, dann kann man sich allerdings nur sehr schwer vorstellen, wie die Forschung abläuft. Ich habe mir das Ganze wohl eher praktisch vorgestellt, d.h. man forscht anhand von selbst durchgeführten Versuchen und macht auch sehr viel Verschiedenes. Leider entwickelt man stattdessen Theorien, führt die Versuche nicht selbst durch und macht über Jahre hinweg das Gleiche.
[...]
Was ich (beruflich) möchte, weiß ich eigentlich ganz genau. Es soll ein abwechslungsreicher Job sein, in dem man mit anderen Menschen zusammenarbeitet. Gerne teilweise eine Büro-Tätigkeit, aber rauskommen muss ich auch mal. Und ich möchte mich nicht jahrelang mit dem gleichen Problem beschäftigen.

Tja, praktische Arbeit ist etwas für Fachkräfte, an denen es ja bekanntlich mangelt. Mit einem Studium und evtl. Promotion bist du aber keine Fachkraft und somit kein Praktiker, sondern jemand, dessen Arbeit im Denken besteht und mit Schlussfolgerungen aus diesem Denken. Die Praktiker sind dann für die Umsetzung des Gedachten da. Und da macht es keinen Unterschied, ob du im Patentwesen oder in der Forschung arbeitest, ab einer gewissen Qualifikation arbeitest du nicht mehr praktisch. Für praktisches Arbeiten sind billigere Arbeitskräfte gedacht.

Die Arbeit in der Lebensmittelanalytik kann ich mir zudem nicht genau vorstellen, wird da mehr anhand von Geräten mit Auswertung von Spektren analysiert (würde mir nicht gefallen) oder macht man auch selbst Nachweise im Labor (würde mir gefallen)? Beim anderen Studiengang würde ich dann in die Ernährungsberatung, am liebsten in eine Klinik. Er ist aber eher auf Forschung ausgerichtet und die Frage ist, wie groß die Chancen auf so einen Job dann sind.
Außerdem hatte ich mir einen Wechsel zu Pharmazie überlegt. Die Arbeit in einer Krankenhausapotheke würde mir sicher Spaß machen. In eine normale Apotheke will ich allerdings nicht.
Und zuallerletzt hatte ich mir sogar nicht konsekutive Master-Studiengänge angeschaut. Interessieren würde mich beispielsweise Personalentwicklung oder Planung und Partizipation. Allerdings kosten solche Studiengänge meistens extrem viel und es wird auch schon Berufserfahrung vorausgesetzt, die ich nicht habe.
Ich war auch schon so frustriert, dass ich mir überlegt habe, bei der Agentur für Arbeit ein duales Studium in Richtung Berufsberatung zu machen.

Im oberen Teil des Zitats kommt wieder der Hang zum Praktischen. Da würde ich einfach empfehlen, nach dem Bachelor aufzuhören mit Chemie und mit diesem Abschluss in die Industrie zu gehen. Dann solltest du einen Job finden, wo du viel praktisch machen kannst, aber nicht nur Laborant bist.

Weiter unten in diesem Zitat zeigst du einfach nur wieder deine Unentschlossenheit und deine Oberflächlichkeit. Derart weite Interessensprünge sind einfach nur möglich, wenn man nichts wirklich tiefgreifend macht. Dies ist im Patentwesen leider ungeeignet, da man sich da sehr tiefgreifend mit rechtlichen Belangen beschäftigen muss und mit Oberflächlichkeit später im Berufsleben, wenn es um rechtssichere Beratung von Mandanten geht, sicher nicht weit kommt.

Solltest du also nach dem Bachelor-Abschluss arbeiten gehen und dabei merken, dass du doch mehr willst, kannst du schließlich jederzeit ein weiteres Master-Studium - evtl. in einem Bereich, der dir durch deine Arbeit erst nahe gekommen ist - anschließen.
 

Tamina

Vielschreiber
Hallo :)

Danke auch für deine Antwort. Meine Familie und meine Freunde werden sicher bestätigen können, dass ich eher der theoretische und absolut nicht der praktische Mensch bin. Chemie stellt da eine Ausnahme dar, weil ich wirklich gerne selbst im Labor arbeite und mir einen reinen Büro-Job ohne Abwechslung, wie ihn die meisten Chemie-Jobs darstellen, einfach nicht vorstellen kann.
Übrigens bin ich absolut nicht oberflächlich, ich habe eine große Anzahl von Interessen und beschäftige mich mit allen auf tiefgehender Ebene. Ich wüsste nicht, warum das nicht möglich sein sollte. Dazu kommt eine nahezu unbändige Neugier und Wissensdurst. Mit einem Bachelor (bzw. zwei Bachelor-Abschlüssen) in den Beruf einzusteigen, wäre nahezu fahrlässig. Spätestens nach einem halben Jahr würde mir die Motivation fehlen, überhaupt für die Arbeit aufzustehen. Und leider kann man sich als Frau dank Familienplanung nicht einfach dafür entscheiden, irgendwann später noch einen Master zu machen.
Dazu kommt, dass man mit einem Chemie-Bachelor (ich rede hier nicht von den FH-Studiengängen mit Technik-Bezug) überhaupt keinen Job bekommt. Und wenn, dann ist der absolut unterbezahlt. Das will ich mir auch nicht antun.
 

silvio_h

GOLD - Mitglied
[...] dass ich eher der theoretische und absolut nicht der praktische Mensch bin. Chemie stellt da eine Ausnahme dar, weil ich wirklich gerne selbst im Labor arbeite und mir einen reinen Büro-Job ohne Abwechslung, wie ihn die meisten Chemie-Jobs darstellen, einfach nicht vorstellen kann.

Die Arbeit eines Chemikers mit Master-Abschluss oder Promotion mag zwar tatsächlich hauptsächlich im Büro stattfinden, jedoch würde ich ohne Abwechslung so nicht unterschreiben. Gerade bei der Arbeit in der F&E gibt es viele Meetings, wechselnde Projekte sowie viele andere Leute, mit denen man interagieren muss (meine Lebensgefährtin ist ebenfalls promovierte Chemikerin und arbeitet bei einem Unternehmen mit ~1.200 Angestellten in der Solar-Branche in der F&E).

Das ist durchaus abwechslungsreicher als den Alltag, der sich mir in der Patentanwaltskanzlei stellt.

Dazu kommt, dass man mit einem Chemie-Bachelor (ich rede hier nicht von den FH-Studiengängen mit Technik-Bezug) überhaupt keinen Job bekommt. Und wenn, dann ist der absolut unterbezahlt. Das will ich mir auch nicht antun.

Falls du eine Ausbildung zum Patentanwalt anstrebst, kannst du während der 26 Monate in einer Kanzlei ebenfalls von einer Unterbezahlung ausgehen, wenn du dich mit anderen Chemie- oder Biochemie-Absolventen vergleichst, die in der Wirtschaft arbeiten. Schlimmer wird die Situation noch im sogenannten Amtsjahr (2 Monate DMA, 6 Monate BPatG), in denen du vom Amt/Gericht zwar sozialversichert wirst, aber sonst kein Einkommen beziehst. Das kannst du dir dann nebenbei (insofern du Zeit dafür findest) über freie Mitarbeit bei deiner Ausbildungskanzlei oder auch einer anderen dazu verdienen.

Nach diesem Gesichtspunkt ist wohl eine Position in einem Unternehmen, wo du dich zum European Patent Attorney ausbilden lässt (gibt es beispielsweise auch zahlreich bei Pharma-Unternehmen), vielversprechender.

Damit kombinierst du in idealer Weise die wirtschaftliche Sicherheit mit abwechslungsreichen Aufgabengebieten (den jeweiligen verschiedenen Patentthemen) und dem Kontakt zu Menschen (Kollegen in der F&E, Marketing-Abteilung etc).

Von einer Stelle in einer Kanzlei würde ich dir wohl abraten, da siehst du selten andere Menschen, bist wohl mehr Stress ausgesetzt und hast eine finanziell unsichere, aber andererseits auch mit mehr Entwicklungsmöglichkeiten versehene Zukunft.
 
Zuletzt bearbeitet:

johnny

Schreiber
Guten Tag,

ich hätte da noch eine weitere Idee. Versuch doch einfach ein Praktikum in einer Kanzlei, welche ein Gebiet bearbeitet, welches Dich interessiert (Homepage ansehen,...). In unserer Kanzlei gibt es häufiger Praktikanten, Abiturienten, Studenten (Jura, Naturwissenschaftler,..), "Fertig Studierte". Da kannst Du das Alltagsgeschäft kennen lernen und hast ggf. Kontakt zu Kandidaten. Das könnte Dir bei der Entscheidung für oder gegen den Patentanwaltsberuf helfen.

Grüße
 

Blood für PMZ

*** KT-HERO ***
Hallo Tamina,

gerne glauben wir Dir, dass Du vielseitig interessiert bist und viele Hobbies hast. Sicher bist Du auch fleißig und intelligent. Und ich halte es für gut möglich, dass der Beruf des Patentanwalts etwas für Dich wäre. Das berücksichtigt auch die vergleichsweise hohe Zahl an Frauen in unserem Beruf und ebenfalls ihren relativ hohen Anteil etwa im Kammervorstand. Auch der Tipp von Johnny ist sehr richtig: Schau Dir einfach an, was bei uns so gemacht wird.

Nur habe ich unverändert und zunehmend Zweifel, dass Du solange durchhältst. Stattdessen drängen sich mir (und vermutlich auch anderen Leuten, die irgendwo mit Bewerbungen für vielleicht ganz andere Positionen zu tun haben) eher folgende Gedanken in den Vordergrund Deiner Argumente:

Spätestens nach einem halben Jahr würde mir die Motivation fehlen, überhaupt für die Arbeit aufzustehen.

Nicht der Satz ist ein Fehler; ich vermute nämlich, er ist sehr ehrlich und selbsterkennend. Nur stell Dir vor, Du müsstest einen eigenen Mitarbeiter einstellen, und hättest Deine Bewerbung vorliegen und ziemlich genau diesen Eindruck: Nimmst Du Dich? Du hast den Satz in Bezug auf Dich nicht ansprechende Tätigkeiten gesagt. Aber riskiert ein potentieller Arbeitgeber, dass Du die Dir zugewiesene Arbeit total toll findest? Und glaubst Du wirklich, dass ein Maschinenbauingenieur nach dem Master dann einen Job bekommt, der allen Ernstes den oben von Dir aufgeführten Kriterien entspricht, also Ganzheitlichkeit usw.? Einen grundsätzlichen Unterschied zu der von Dir genannten verfahrenstechnischen Vertiefungsrichtung bei der Chemie kann ich nämlich in der Praxis nicht erkennen, und wir haben nun berufsbedingt mit allen derartigen Menschen ziemlich viel zu tun, ebenso auch mit Elektrotechnikern und Physikern etc. Das nimmt sich in dieser Beziehung alles sehr wenig. Die Fachrichtung gibt Dir nur das technische Können, irgendetwas hinterher damit anzufangen. Was Du dann real im Beruf machst, entscheidest Du (und andere) viel später.

Frohes Schaffen

Blood für PMZ
 

Tamina

Vielschreiber
Hallo und nochmal danke für die ganzen Antworten!

Eine Stelle im Unternehmen mit Ausbildung zum European Patent Attorney klingt auf jeden Fall sehr gut. Eine solche Stelle könnte ich bereits nach dem Bachelor suchen, wenn ich das richtig verstanden habe. Und da heutzutage die meisten Stellen befristet sind, könnte ich in einem halben bis ganzen Jahr sehen, ob das tatsächlich ein Berufsfeld für mich ist oder ich das doch völlig falsch eingeschätzt habe. Auf jeden Fall würde ich dann nicht völlig umsonst irgendwas studieren und erst danach merken, dass es die völlig falsche Richtung war.
Falls mir die Arbeit dann tatsächlich gut gefällt, könnte ich immer noch über die acht Jahre Berufserfahrung zur Patentanwalt-Prüfung zugelassen werden. Allerdings habe ich noch nichts darüber gefunden, ob hierzu ein Master notwendig ist?
Ein Praktikum ist selbstverständlich geplant, allerdings muss ich mit der Bewerbung leider noch warten, bis meine Prüfungstermine bekannt sind. Aber ich denke, das sollte trotzdem klappen :)

Natürlich hast du Recht damit, dass mich so niemand einstellen würde - einschließlich mir selbst. Aber im Vorstellungsgespräch sage ich solche Dinge nicht...
Der Unterschied des Maschinenbaus ist meiner Meinung nach der Schwerpunkt. Ich hätte dann Arbeitsgestaltung/Produktionstechnik gewählt. Das sind beides Bereiche, in denen man sich schon im Studium zusätzlich mit Psychologie, Medizin, Recht und Wirtschaft beschäftigt. Ich glaube auch nicht, dass diese Probleme rein ingenieurwissenschaftlich gelöst werden können ;)
 

silvio_h

GOLD - Mitglied
Ich bin zwar verblüfft, aber für die Zulassung zur EQE reicht offenbar tatsächlich ein Bachelor-Abschluss aus:

http://www.epo.org/law-practice/legal-texts/html/caselaw/2013/d/clr_v_2_1.htm

Ich möchte dir allerdings nicht allzu viel Hoffnung machen, dass ein Unternehmen dich mit einem Bachelor-Abschluss bereits für solche eine Position einstellt. Suche am besten mal nach Stellenanzeigen von Unternehmen für so eine Position. Ich bin mir ziemlich sicher, dass Master/Diplom oder eine Promotion bei den meisten Angeboten als Voraussetzung aufgeführt sein wird.

Dahingegen ist für die Zulassung zur Prüfung in Deutschland der Master offenbar notwendig:

http://dpma.de/amt/aufgaben/patenta...hnisches/naturwissenschaftlstudium/index.html

Dagegen spricht - wie ja bei der dir beabsichtigten Variante über die lang währende Berufstätigkeit -, dass auch BA-Abschlüsse in diesem Fall zugelassen werden:

http://dpma.de/amt/aufgaben/patenta...tentsachbearbeiter/voraussetzungen/index.html

Im Zweifel hilft eine Anfrage beim DPMA. Ich glaube, den Fall, dass jemand mit Bachelor-Abschluss zur Prüfung nach § 158 PAO zugelassen wurde, gab es wahrscheinlich noch nicht. Vor 10 (bzw. 8) Jahren waren Bachelor-Abschlüsse eben noch nicht so üblich.
 
Zuletzt bearbeitet:

Tamina

Vielschreiber
Danke nochmal für die Antwort :)

Kennt sich jemand mit der Berufserfahrung nach Bachelor genauer aus? Ansonsten frag ich echt mal dort an und wenn es euch interessiert, poste ich auch gerne die Antwort ;)

Ansonsten habe ich mir in den letzten Tagen noch überlegt, wo es noch lang gehen könnte. Bauchemie/biologie wäre eine Option - Proben nehmen, im Labor untersuchen, Schutz- und Sanierungspläne ausarbeiten und überwachen... Allerdings habe ich bis jetzt nur den Master in Bautenschutz an der HS Wismar gefunden und der kostet zu viel Geld :(
Die zweite Alternative wäre Optics and Photonics, aber da hab ich noch nicht genau rausgefunden, was man da macht.
 
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