Copy + paste bei Patentanmeldungen

patagonien

Vielschreiber
Nachdem das Thema "Doktorarbeit" in der Öffentlichkeit durch ist, hier eine spezifische Frage:

Seht Ihr beim Erstellen von Patentanmeldungen irgendwelche Probleme, und seien es welche ethischer Natur, wenn man Textstellen wortwörtlich aus alten Patentanmeldungen übernimmt, insbesondere aus solchen, die von jemandem anderen geschrieben wurden und die nicht für den Mandanten eingereicht wurden.

Und ich mein jetzt natürlich nicht Ansprüche:rolleyes:, sondern z.B. Beschreibung des StdT.
 

Lysios

*** KT-HERO ***
Auslege- und Patentschriften unterliegen § 5 Abs. 2 UrhG; siehe etwa Dreier/Schulze
Urheberrechtsgesetz, 3. Auflage 2008, § 5 Rn 11.

Damit ist klar, dass auch hier nicht plagiiert werden darf.
 
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Fip

*** KT-HERO ***
Das man etwas, das urheberrechtlichen Schutz genießt, nicht plagiieren darf, leuchtet ein. Mich würde aber mal interessieren, welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, damit etwas überhaupt urheberrechtsfähig ist. Wann überschreite ich die Schöpfungshöhe. Denn wenn etwas nicht urheberrechtlich schützenswert ist, müsste ich es auch kopieren dürfen.

Wenn der, von dem ich abschreibe, nur ausführt, dass "das Dokument A Merkmale X,Y offenbart, die Lehre jedoch nachteilig sei, weil Merkmal Y nicht ermöglicht, die vorteilhafte Funktion Z auszuführen", um anschließend dazu überzuleiten, dass die Erfindung es aber kann, weil diese an Stelle von Y jetzt Y' verwendet, dann ist das doch lediglich die Feststellung bestimmter Tatsachen oder - bestenfalls - eine auf objektiv nachprüfbaren Tatsachen beruhende Würdigung technischer Zusammenhänge. Außerdem nutzt der Autor (Patentanwalt) einen in Kollegenkreisen als schon standardisiert anzusehenden Aufbau der Einleitung einer Patentschrift.

Was ist daran überhaupt schutzfähig?
 

Lysios

*** KT-HERO ***
Die Untergrenze der urheberrechtlichen Schutzfähigkeit geistert als sogenannte "kleine Münze" durch die Fachliteratur. Die lässt sich wie bei Neuheit, Eigenart, erfinderischer Schritt etc. nur im Einzelfall bestimmen. Deshalb werden sich hier keine allgemeinen Aussagen treffen lassen.

Mit gesundem Menschenverstand wird das aber m.E. in der Praxis sicherlich kein Problem darstellen, wenn man das Problem mit einer gewissen Sensitivität angeht.
 

dahlia

Schreiber
Hallo zusammen,

nur nochmal zur Klarstellung: Offenlegungsschriften und Patentschriften sind nach dem Grundgedanken des § 5 Abs. 2 UrhG urheberrechtsfrei und können frei verwendet, insbesondere vervielfältigt werden (s. Benkhard PatG §23 RN 23). Allerdings mit der Einschränkung, daß die Bestimmungen über Änderungsverbot und Quellenangabe in § 62 Abs. 1 bis 3 und § 63 Abs. 1 und 2 UrhG entsprechend anzuwenden sind (s.a. Dreier/Schulze Urheberrechtsgesetz § 5 RN 9-11).

Offenlegungsschriften und Patentschriften unterliegen also nicht dem Urheberrechtsschutz, es besteht jedoch eine Zitiergebot und ein Änderungsverbot. --> plagiiert werden darf also nicht.
 

Lysios

*** KT-HERO ***
Also dann aber auch diese Klarstellung: Diese urheberrechtsfreien Schriften können in ihrer Gesamtheit mit Quellenhinweis frei verwendet werden und dürfen dann natürlich nicht geändert werden.

Wenn es aber nur darum geht, Auszüge aus solchen Schriften ohne Zitierung zu verwenden, dann ist das nur in dem Rahmen möglich, als ein solcher Auszug per se schon nicht urheberrechtlich schutzfähig ist. Hier befindet man sich schnell in einer Grauzone. Letztlich läuft es darauf hinaus, was einem Leser des Originals als allgemeines Wissen im Kopf verbleibt und er mit dem allgemeinen Wissen den wesentlichen Inhalt der betreffenden Passagen wiedergibt, ohne das das Resultat der Wiedergabe als Bearbeitung des Orignals erkennbar ist, da ja das allgemeine Wissen/Know How nicht durch das Urheberrecht geschützt ist, sondern nur die konkrete Gestaltung.
 

Lysios

*** KT-HERO ***
Mir ist jetzt gerade unter der Dusche bewußt geworden, dass hier vermutlich viele ein Verständnisproblem haben werden, da viele mit urheberrechtlichen Fragestellungen eher selten konfrontiert werden.

Also § 5 Abs. 2 UrhG bezieht sich nur auf ein Dokument als Ganzes. Hinsichtlich seiner Teile besteht der Urheberrechtsschutz weiterhin, so er jemals bestanden hat. Urheberrechtlich schutzfähig sind ja prinzipiell nur persönliche also menschliche Schöpfungen. Bei amtlichen Dokumenten sind diese Menschen z.B. Beamte oder Angestellte. Diese sind erst einmal Inhaber des Urheberrechts. Abgesehen vom persönlichkeitsrechtlichen Teil dürften aber i.d.R. per vertraglicher Vereinbarung bzw. gesetzlicher Verfügung alle urheberrechtlichen Nutzungsrechte an dem Dokument auf das betreffende Amt übergehen (vergleichbar der Inanspruchnahme einer Erfindung, bei der die Persönlichkeitsrechte nicht vom Erfinder übertragbar sind).

Der § 5 Abs. 2 UrhG ist dann eine "gesetzliche Lizenz" an dem Dokument in dem Sinne, dass für das Gesamtdokument kein urheberrechtlicher Schutz besteht. Hinsichtlich der urheberrechtlich schutzfähigen Bestandteile ist aber nichts geregelt, da aufgrund des Änderungsverbots eine Bearbeitung des Dokuments nicht zulässig ist. Das Extrahieren eines Auszugs stellt aber eine Bearbeitung in dem Sinne dar, dass der Rest des Dokuments weggelassen wird. Diese "Lizenz" wird aber erst dann "erteilt", wenn das Dokument "amtlich" wird. Vorstufen, Vorversionen etc. sind noch nicht notwendigerweise "amtlich".

Bei der Patentanmeldung wird diese erst mit der Offenlegung "amtlich". Bei der Patentschrift entsprechend mit deren Erteilung. An den nicht eingereichten Vorversionen der Anmeldung besteht weiterhin voller urheberrechtlicher Schutz. Es wäre z.B. unbillig, die Bestandteile der Vorversionen, die auch in den eingereichten Versionen enthalten sind, zu entwerten indem ihnen nachträglich der Schutz durch das Patentamt entzogen würde.
 

Blood für PMZ

*** KT-HERO ***
@Lysios: Dusche im Büro? Keine schlechte Idee. Bei mir läuft die Prio morgen ab, da wäre eine motivierende Abwechslung jetzt auch nicht schlecht.

Zustimmendes Murmeln zu Deinen Überlegungen. Die Problemstellung aus der Ausgangsfrage von patagonien ist aber doch auch ohne kleine Münze oder ganzheitliche Betrachtung etc. und einfach mit dem Nebensatz "Quellenangabe" zu lösen, denn es war eigentlich nur nach der Verwendung einer kopierten Textpassage in der Beschreibung des StdT einer (neuen) Anmeldung gefragt, jedenfalls verstehe ich patagoniens post so.

Und dabei wird man üblicherweise die Quelle auch angeben, das ist ja gerade der Sinn des Zitats bei der Beschreibung des StdT, also etwa "Die DE 199 99 999 A1 zeigt eine Anordnung mit einer Vorrichtung und einer Einrichtung sowie einem Nippel und einer Lasche, welche mit einer kleinen Kurbel ..." usw. usw.

Und dafür müsste man selbst und gerade bei einer Verwendung von copy & paste für ein paar Zeilen doch schon auf UrhG § 51 Nr. 2 (Stichwort Zitierfreiheit) zurückgreifen können, den man ja ohnehin braucht, wenn der StdT keine ältere Patentschrift o. ä., sondern ein Fachaufsatz aus einer Zeitschrift ist.
 

Lysios

*** KT-HERO ***
@Blood für PMZ

Ich hatte es eher so verstanden, dass hier gerade ohne Zitat gearbeitet werden soll. Selbst wenn das urheberrechtlich zulässig ist, wäre im wissenschaftlichen Bereich natürlich trotzdem ein Plagiat.

Zitieren darf man immer, wenn man es mit der Länge des Zitats nicht übertreibt. Nur habe ich ehrlich gesagt noch kein Zitat in Gänsefüßchen in einer Patentschrift gesehen.
 

Blood für PMZ

*** KT-HERO ***
@Lysios:

Hmm, was patagonien gemeint hat und eigentlich wissen will, werden wir ohne ihn wohl nicht herausfinden. Nur: Wozu soll ich einen vor mir liegenden und bekannten Stand der Technik in einer Patentanmeldung ausdrücklich würdigen, wenn ich die Quelle gar nicht angeben will? Wenn das ein fragliches oder "vielleicht" gar nicht vorveröffentlichtes Dokument ist, lasse ich es doch sinnvollerweise ganz weg.

Mit den "Gänsefüßchen" spielst Du vermutlich darauf an, dass das Zitat als fremde Zutat kenntlich gemacht werden soll. Bei wissenschaftlichen Werken macht man das ja auch so. Bei Musikwerken geht das aber schon mal gar nicht und der Kommentar von Schricker will das ganz generell von Fall zu Fall differenzieren. Wenn Du (zutreffend:)) keine Gänsefüßchen in Patentschriften kennst, haben "wir" offenbar schon eine andere Übung eingeführt ....

Als Ausgleich nennen wir dafür auch Quellen wie etwa Patentschriften aus dem Deutschen Kaiserlichen Patentamt, deren (urheberrechtlich relevante) Zeit längst abgelafen ist.
 

Gerd

*** KT-HERO ***
Hi,

wie sieht es eigentlich aus, wenn copy & paste nicht nur beim Stand der Technik verwendet wird, sondern auch zur Beschreibung der Erfindung? Und dann evtl. sogar mit Veränderungen?

Wenn also in der Beschreibung ein Teil einer früheren Patentschrift verwendet wird, der nur in den Teilen (einzelne Sätze oder gar nur einzelne Wörter) abgeändert ist, in denen sich die neue Erfindung von der alten Erfindung bspw. der Konkurrenz unterscheidet.
Ggf. wäre auch die Zeichnung kopiert und nur ein paar Details entfernt und/oder hinzugefügt worden.

In USA unterliegen Inhalte von Patenten ja nicht dem Copyright. Dort sollte obiges also unproblematisch sein.

Wie verhält es sich aber, wenn nun eine PCT, die auf einer solchen US Anmeldung basiert, hier in die nationale Phase eintreten soll, die US Patentschrift, von der die Beschreibungs- und Zeichnungsteile abgekupfert sind, aber auf einer DE Anmeldung basiert?

Gruß
Gerd
 

Lysios

*** KT-HERO ***
Wie verhält es sich aber, wenn nun eine PCT, die auf einer solchen US Anmeldung basiert, hier in die nationale Phase eintreten soll, die US Patentschrift, von der die Beschreibungs- und Zeichnungsteile abgekupfert sind, aber auf einer DE Anmeldung basiert?

Interessante Frage.

Das US Patent ist aber urheberrechtlich ein anderes Werk als die deutsche Patentanmeldung. Es ist nur aus dieser durch Übersetzung und weitere Änderungen hervorgegangen. Wiederum ein neues Werk ist die der internationalen Anmeldung zugrunde liegende US-Anmeldung.

Ich gehe davon aus, dass der Patentinhaber bei der US Patentschrift nicht das dafür zwingend vorgeschriebene Copyright-Statement verwendet hatte. Dann hat er mit der Veröffentlichung des Patents in den USA auf sein Urheberrecht daran verzichtet und es in die Public Domain gestellt. Das geht in USA, in Deutschland und Österreich nach der h.M. aber nicht, so dass in Deutschland das Urheberrecht daran noch besteht.

Man könnte jetzt aber argumentieren, dass der Inhaber des Urheberrechts an dem urheberrechtlichen Werk des US-Patents damit konkludent jedermann das Recht eingeräumt hat, damit machen zu können, was er will, sofern dem nicht patentrechtliche Ansprüche entgegenstehen. In Deutschland könnten dann allenfalls nur patentrechtliche Ansprüche aus einem aus der deutschen Anmeldung möglicherweise hervorgegangen Patent entgegegengehalten werden.
 

Gerd

*** KT-HERO ***
Hi,

Ich gehe davon aus, dass der Patentinhaber bei der US Patentschrift nicht das dafür zwingend vorgeschriebene Copyright-Statement verwendet hatte.

Damit könntest Du z.B. richtig liegen.

in Deutschland und Österreich nach der h.M. aber nicht, so dass in Deutschland das Urheberrecht daran noch besteht.

Eben darum die Frage.

Man könnte jetzt aber argumentieren, dass der Inhaber des Urheberrechts an dem urheberrechtlichen Werk des US-Patents damit konkludent jedermann das Recht eingeräumt hat, damit machen zu können, was er will, sofern dem nicht patentrechtliche Ansprüche entgegenstehen. In Deutschland könnten dann allenfalls nur patentrechtliche Ansprüche aus einem aus der deutschen Anmeldung möglicherweise hervorgegangen Patent entgegegengehalten werden.

Also insofern kein Problem, da der Beschreibungstext oder die Zeichnungen wohl nicht Gegenstand der beanspruchten Erfindung sein dürften?

Wobei...Argumentieren kann man ja immer, was nicht zwingend heißen muss, dass es dann auch so ist.

Weiß jemand etwas genaueres hierzu?

Und was könnte man im Falle eines doch in DE bestehenden Urheberrechts tun? Die der nationalen Phase zugrunde liegenden Unterlagen dürfen ja nicht über die Anmeldung wie eingereicht hinausgehen.
Wäre man in dem Fall ggf. gezwungen, auf die entsprechenden Beschreibungsteile und Zeichnungsblätter zu verzichten, mit dem Risiko, dass die Ansprüche evtl. nicht mehr ausreichend gestützt wären?

NACHTRAG:

Nach § 23 UrhG ist zumindest das Herstellen der Bearbeitung zulässig, da es sich ja nicht um eine Verfilmung, bildende Kunst, ein Bauwerk oder eine Datenbank handelt.

Wäre die Verwendung dieser Bearbeitung im DE Anmeldeverfahren vod dem DPMA als einer Behörde dann ggf. nach § 45 UrhG zulässig?

NACHTRAG ENDE

Gruß
Gerd
 
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Lysios

*** KT-HERO ***
Wäre die Verwendung dieser Bearbeitung im DE Anmeldeverfahren vod dem DPMA als einer Behörde dann ggf. nach § 45 UrhG zulässig?

Hier kommt ja nur der § 45 Abs. 1 UrhG in Betracht. Dann gilt aber trotzdem nach § 63 Abs. 1 S. 1 UrhG, dass eine Quellenangabe notwendig ist.

Im übrigen bin ich sehr zuversichtlich, dass die Argumentation mit der konkludenten Einwilligung in die freie Benutzung der US Patentschrift an jedermann nur schwer zu entkräften sein kann. Ich bezweifele aber, dass es hierzu irgendeine Veröffentlichung gibt.

Nachtrag: Außerdem gilt ja noch das Änderungsverbot des § 62 UrhG.
 
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