Beschwerde neben der Wiedereinsetzung

Alfred

*** KT-HERO ***
Folgende Konstellation:

EPA erlässt eine Zurückweisungsmitteilung nach Art. 90(5) EPÜ, da angeblich der mitgeteilte Mangel hinsichtlich der Zusammenfassung nach R58 EPÜ nicht behoben wurde.

Die Weiterbehandlung ist ausgeschlossen.

Sowohl die Wiedereinsetzung als auch die Beschwerde stehen als Rechtsbehelf bzw. Rechtsmittel zur Verfügung.
Ist es möglich die Beschwerde und die Wiedereinsetzung parallel zu beantragen? Könnte die Beschwerde eingereicht werden und ein Wiedereinsetzungsantrag hilfsweise gestellt werden?

Ist es möglich vor der Beschwerdekammer die Wiedereinsetzung hilfsweise zu beantragen?
 

Asdevi

*** KT-HERO ***
Die Beschwerde reicht man nicht bei der Beschwerdekammer ein, sondern bei der erstinstanzlichen Abteilung, die die Zurückweisung beschlossen hat. Wenn man nur zu blöd war, seinen Abstract richtig zu schreiben, sollte man diesen Mangel mit der Beschwerde beheben. Dann wird die erstinstanzliche Abteilung nach Art. 109(1) abhelfen und der Fall kommt nie vor die Beschwerdekammer.

Man kann hier auch hilfsweise einen Antrag auf Wiedereinsetzung einreichen. Man muss dann beide Gebühren zahlen. Wenn die Beschwerde erfolg hat, wird die Wiedereinsetzungsgebühr als grundlos zurückerstattet. Das macht aber wenig Sinn, denn die Abhilfe bei der Beschwerde ist so gut wie sicher (wenn es nur der Abstract war), während die Gewährung von Wiedereinsetzung unvorhersehbar ist.

Sich hilfsweise beschweren geht nicht. Wenn man beides will, muss die Beschwerde also der Hauptantrag sein.
 

Alfred

*** KT-HERO ***
Hallo Asdevi,

zunächst möchte ich mich für die Antwort bedanken.

Angenommen es wird vor der ersten Instanz hier die Eingangsstelle eine Beschwerde und hilfsweise ein Antrag auf Wiedereinsetzung gestellt.

Nach Art. 109(2) EPÜ wird die Beschwerde, sofern dieser nicht abgeholfen gewesen sein wird, an die Beschwerdekammer weitergeleitet werden müssen. Der hilfsweise gestellte Wiedereinsetzungsantrag wird dann zusammen mit der Beschwerde der Kammer vorlegt werden müssen, da über den Hauptantrag noch nicht entschieden sein wird. Ist diese Konsequenz korrekt?

Anschlussfrage: Steht grundsätzlich, also abgesehen von dem besagten Fall, etwas einer Beschwerde (Hauptantrag) + Weiterbehandlung (Hilfsantrag) entgegen?

Gruß

Alfred
 

Asdevi

*** KT-HERO ***
Nach Art. 109(2) EPÜ wird die Beschwerde, sofern dieser nicht abgeholfen gewesen sein wird, an die Beschwerdekammer weitergeleitet werden müssen. Der hilfsweise gestellte Wiedereinsetzungsantrag wird dann zusammen mit der Beschwerde der Kammer vorlegt werden müssen, da über den Hauptantrag noch nicht entschieden sein wird. Ist diese Konsequenz korrekt?

Zur Antwort kann ich nur mutmaßen, da ich so etwas noch nie am eigenen Mandanten ausprobiert habe.

Der Visser gibt das Prozedere für eine ähnliche Konstellation an, leider ohne eine Quelle zu nennen (in Absatz 6 zu Regel 136(1)). Hier geht es darum, dass man auf eine Rechtsverlustmitteilung nach R. 112(1) innerhalb von 2 Monaten sowohl eine Entscheidung (R. 112(2)) als auch Wiedereinsetzung beantragen kann (R. 136(1)). Die Wiedereinsetzung kann man auch hilfsweise beantragen. Laut Visser wird nun in so einem Fall, sofern die Entscheidung den Rechtsverlust bestätigt, der hilfsweise Wiedereinsetzungsantrag erst nach Rechtskraft der Entscheidung bearbeitet (also evtl. nach einem komplett durchlaufenen Beschwerdeverfahren!).

Im Prinzip ist dein Fall ähnlich, nur quasi weiter fortgeschritten, weil du ja schon eine Entscheidung hast. Nach der Visser-Logik wäre der Wiedereinsetzungsantrag also während des gesamten Beschwerdeverfahrens schwebend anhängig und würde danach bearbeitet werden, falls die Beschwerdekammer die Zurückweisung bestätigt.

Ich halte die praktische Relevanz aber nach wie vor für nicht gegeben. Denn auch ein erfolgreicher Wiedereinsetzungsantrag erfordert nach R. 136(2) die Beseitigung des Mangels, in deinem Fall also das Einreichen einer akzeptablen Zusammenfassung. Wenn du diese also hinbekommst, geht schon die Beschwerde durch. Wenn du sie nicht hinbekommst, hilft die Wiedereinsetzung auch nicht mehr.
 

Alfred

*** KT-HERO ***
Hallo Asdevi,

ein Antrag auf Entscheidung nach Regel 112(2) EPÜ kann durch die Eingangsabteilung selbst entschieden werden und nach J 23/96 muss im gleichen Bescheid über die nachrückenden Wiedereinsetzungsantrag entschieden werden.

Unter der Annahme, dass im debattierten Fall kein Fehler seitens des Anmelders aufgetreten ist, sondern durch den Prüfer verursacht wurde.

Die praktische Relevanz könnte sich doch aus den Kosten ergeben. Die Wiedersetzungsgebühr würde bei 640 Euro hingegen die Beschwerdegebühr zwischen 1880 bis 2255 liegen oder Rückzahlung.

Unter der Annahme, dass kein Fehler seitens des Anmelders aufgetreten ist, sondern durch den Prüfer verursacht wurde.

Ein Hauptantrag auf Aufhebung der Entscheidung anstelle einer Behebung der Entscheidung durch die Eingangsstelle sollte, sofern die Eingangsstelle ihren Fehler nicht einsieht, zur Weiterleitung an die Beschwerdekammer führen. Zudem könnte doch ein Wiedereinsetzungsantrag gestellt werden, indem auf die vorgebrachten, vermeintlichen Fehler der Eingangsstelle eingegangen wird.
Sofern die Beschwerdekammer dem Hauptantrag nicht zustimmt, würde notfalls die Wiedereinsetzung greifen.

Gruß

Alfred
 

Alfred

*** KT-HERO ***
Fortsetzung:

In einem Hilfsantrag ohne Wiedereinsetzung könnte auch auf die vermeintlichen Fehler des Prüfers eingegangen werden. Wenn die Beschwerdekammer dem nicht zustimmt und das Vorbringen des Hilfsantrags ohne Wiedereinsetzung mit dem Hilfsantrag der Wiedereinsetzung übereinstimmt, würde der Hilfsantrag auf Wiedereinsetzung auch keinen Sinn ergeben. Erscheint es logisch?

Die gleiche Situation sollte sich dann auch im Falle einer möglichen hilfsweisen Weiterbehandlung und einer Beschwerde ergeben.

Würde sich zusammengenommen als Schlussfolgerung ergeben, dass eine Beschwerde und eine Wiedereinsetzung/Weiterbehandlung parallel oder hilfsweise logisch ausschließen und entweder die Beschwerde oder die Wiedereinsetzung/Weiterbehandlung für die entsprechenden Fälle eingereicht werden sollte?
 

Asdevi

*** KT-HERO ***
Hallo Asdevi,

ein Antrag auf Entscheidung nach Regel 112(2) EPÜ kann durch die Eingangsabteilung selbst entschieden werden und nach J 23/96 muss im gleichen Bescheid über die nachrückenden Wiedereinsetzungsantrag entschieden werden.
Schon wieder was gelernt. Dann weiß der Visser das wohl falsch.

Unter der Annahme, dass im debattierten Fall kein Fehler seitens des Anmelders aufgetreten ist, sondern durch den Prüfer verursacht wurde.

Die praktische Relevanz könnte sich doch aus den Kosten ergeben. Die Wiedersetzungsgebühr würde bei 640 Euro hingegen die Beschwerdegebühr zwischen 1880 bis 2255 liegen oder Rückzahlung.

Darunter kann ich mir jetzt schwer etwas vorstellen. Wie sollte eine falsche oder fehlende Zusammenfassung durch den Prüfer verursacht sein? Wenn die Entscheidung aber wirklich auf einem Verfahrensfehler des EPA beruht, kann man die Beschwerdegebühr zurückverlangen. Dann ist die Beschwerde sogar billiger als die Wiedereinsetzung.

Ein Hauptantrag auf Aufhebung der Entscheidung anstelle einer Behebung der Entscheidung durch die Eingangsstelle sollte, sofern die Eingangsstelle ihren Fehler nicht einsieht, zur Weiterleitung an die Beschwerdekammer führen.

Solche Anträge kann man nicht stellen. Die Beschwerde wird im einseitigen Verfahren immer zunächst von der ersten Instanz geprüft, und wenn möglich wird abgeholfen. Es gibt keinen Unterschied zwischen "Aufhebung der Entscheidung" und "Behebung der Entscheidung".
 

Asdevi

*** KT-HERO ***
In einem Hilfsantrag ohne Wiedereinsetzung könnte auch auf die vermeintlichen Fehler des Prüfers eingegangen werden. Wenn die Beschwerdekammer dem nicht zustimmt und das Vorbringen des Hilfsantrags ohne Wiedereinsetzung mit dem Hilfsantrag der Wiedereinsetzung übereinstimmt, würde der Hilfsantrag auf Wiedereinsetzung auch keinen Sinn ergeben. Erscheint es logisch?

Sorry, aber das ist mir zu unklar. Ich dachte erst, es geht hier um abstrakte verfahrensrechtliche Fragen, aber offensichtlich hast du einen konkreten Fall im Kopf. Was soll der "Hilfsantrag ohne Wiedereinsetzung" sein? Was wird denn da beantragt, wenn nicht die Aufhebung der Entscheidung?
 

Alfred

*** KT-HERO ***
Darunter kann ich mir jetzt schwer etwas vorstellen. Wie sollte eine falsche oder fehlende Zusammenfassung durch den Prüfer verursacht sein? Wenn die Entscheidung aber wirklich auf einem Verfahrensfehler des EPA beruht, kann man die Beschwerdegebühr zurückverlangen. Dann ist die Beschwerde sogar billiger als die Wiedereinsetzung.

Sofern der Prüfer im Rahmen einer Mitteilung nach R58 die Beanstandungen falsch dargestellt haben sollte, kann eine Fehlerbeseitigung innerhalb der Frist von 2 Monaten auch nicht erfolgen.
 

Alfred

*** KT-HERO ***
Solche Anträge kann man nicht stellen. Die Beschwerde wird im einseitigen Verfahren immer zunächst von der ersten Instanz geprüft, und wenn möglich wird abgeholfen. Es gibt keinen Unterschied zwischen "Aufhebung der Entscheidung" und "Behebung der Entscheidung".

OK, das stimmt.

Sorry, aber das ist mir zu unklar. Ich dachte erst, es geht hier um abstrakte verfahrensrechtliche Fragen, aber offensichtlich hast du einen konkreten Fall im Kopf. Was soll der "Hilfsantrag ohne Wiedereinsetzung" sein? Was wird denn da beantragt, wenn nicht die Aufhebung der Entscheidung?

Tatsächlich geht es nicht um einen korrekten Fall.

Ist es nicht möglich als Hauptantrag die Aufhebung der Entscheidung zu stellen und in einem Hilfsantrag (ohne Wiedereinsetzung) auf Beanstandungen der Eingangsstelle einzugehen. Die Eingangsstelle kann dem abhelfen, muss aber dann die Beschwerdegebühr zurückerstatten. Wenn sie dem nicht abhilft, wird die Beschwerde an die Kammer weitergeleitet. Sofern die Beschwerdekammer der Beschwerde stattgibt, könnte sie auch, sofern ein schwerwiegender Verfahrensmangel vorliegt, die Rückzahlung der Beschwerdegebühr anordnen. Sollten sie dem Hauptantrag nicht zustimmen, so könnte diese dann den Hilfsantrag prüfen, also ob die Mängel aufgrund dessen die Anmeldung zurückgewiesen worden ist, dem EPÜ entspricht.

Wird hinsichtlich einer Zurückweisung nach Art. 97(2) nicht ähnlich verfahren? Bspw. Hauptantrag Anspruchssatz 1 und Hilfsantrag Anspruchssatz 2. Sofern der Anspruchssatz 1 (Hauptantrag) von der Beschwerdekammer nicht anerkannt wird, prüft diese, ob der Hilfsantrag dem EPÜ entspricht.
 
Zuletzt bearbeitet:

Alfred

*** KT-HERO ***
Diese Aspekte dienen lediglich der Fortführung des Gedankens. Die Mängel sind behoben und die Eingangsstellen hilft diesem dennoch nicht ab, sodass die Situation vor der Beschwerdekammer mit einem Hilfsantrag mit oder ohne Wiedereinsetzung betrachtet werden kann.
 
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