Ich sehe noch ein weiteres Problem, was auch die Patentanwälte langsfristig betreffen kann.
Ich arbeite in einer kleineren Kanzlei mit eher kleineren, mittelständischen Mandanten. Wir erleben es so oft, dass gerade der Mittelstand ständig von irgendwelchen Möchtegern-Erfindern, die sich mit viel Mühe und Not und im Schweiße ihres Angesichts ein Gebrauchsmuster "erkämpft" haben mit ganz tollem Schutzbereich erkämpft haben, angeschossen werden. Es hat, so lange ich arbeite (zugegebener Weise noch nicht sooooo lange, aber ein paar Jahre schon), noch kein Gebrauchsmuster (oder Patent) unseren Löschungsanträgen (oder den Nichtigkeitsklagen) in einem Umfang widerstanden, dass unser Mandant danach noch verletzen würde. Das kommt beim Mandanten vielleicht zwei-/dreimal vor, dann nimmt der das Schutzrechtswesen gar nicht mehr ernst und lacht nur über die nächste Abmahnung. Das führt nicht nur dazu, dass die Marktbeobachtungspflicht vernachlässigt wird, sondern er auch selbst keine Lust mehr hat, anzumelden (nach dem Motto: Taugt ja am Ende eh nichts, so ein Schutzrecht).
Wenn jetzt noch Patente von "Heuschrecken" a lá Verwertungsagenturen als Geldbeschaffungsmaßnahme im großen Stil zweckentfremdet werden, dann wird die Akzeptanz dieses Systems langfristig auf breiter (politischer) Front einbrechen, und das kann eigentlich keiner wollen. Weder die Gesellschaft im Sinne der Förderung des technischen Fortschritts, noch der Patentanwalt, der damit sein Geld verdient.
Meines Erachtens hilft nur eins (mal etwas plakativ und salopp formuliert): Kosten (Anmeldung und Jahresgebühren) massiv rauf und damit die Recherchen/Prüfungen gut und leistungsorientiert bezahlen sowie Erfindungshöhe rauf, damit insgesamt ein erteiltes Patent nicht erst nach der Feuertaufe im Einspruchs- und/oder Nichtigkeitsverfahren "was wert ist". Wer das Recht haben will, allen anderen 20 Jahre lang (oder realistischer Weise ca. 15-18 Jahre lang) etwas verbieten zu dürfen, der soll sich das mal schön was kosten lassen. Dann wird auch nicht mehr jeder Schund angemeldet, Patente, die sich (noch) nicht verwerten lassen, laufen frühzeitig aus und nur werthaltige, echte Erfindungen bleiben, die Ämter werden entlastet. Und das ArbEG in seiner jetzigen Form, das die meisten unsinnigen Anmeldungen produziert und die Ämter nur unnötig von der Arbeit abhält, und die Verfahrenskostenhilfe für Patentanmeldungen gehören in die Tonne. Und apropos EPA und kundenorientiert: Wie war das noch mit dem Gleichgewicht zwischen öffentlichem Interesse und den Anmelderinteressen, das die Erteilungsbehörden wahren sollen ... ?
Nachteil wäre nur, das viele von uns sich 'nen neuen Job suchen müßten, aber richtig wäre es trotzdem. Ich würde ja auch eine ordentliche, grundlegende und das Steuerrecht maßgeblich vereinfachende Steuerreform nicht ablehnen, nur weil ich dann Mitleid mit meinem arbeitslos gewordenen Steuerberater haben müsste ... oder doch?
Momentan ist alles (noch) auf einem erträglichen Niveau, aber wenn das so weiter geht, sehe ich langfristig ernste Akzeptanzprobleme auf unseren Berufsstand zukommen ...