Artikel im Spiegel

grond

*** KT-HERO ***
Fip schrieb:
so ganz von der Hand zu weisen sind die Probleme, die dort angesprochen werden, nicht. Was da wohl heraufbeschworen wird, wenn das von der Ausnahme zur Regel wird ... ?
Klarer Fall von asymmetrischer Kriegsführung: große Firma muss sich plötzlich gegen kleinen Gegner wehren, dem nicht wirtschaftlich beizukommen ist.

Die großen Firmen und damit die lohnenden Ziele solcher Klagen werden sich daran gewöhnen müssen, dass es nicht reicht, jeden Mist selbst zum (Vorrats-)Patent anzumelden, um Wettbewerber mit dem so geschmiedeten Waffenarsenal zur Kreuzlizenz zu bringen, sondern dass sie auch sehr genau die Erteilung von Patenten überwachen und vermehrt Einsprüche einlegen werden müssen. Außerdem sollten sie sich davor hüten, solche Klagen per Sicherheit schaffendem Vergleich aus der Welt zu schaffen, denn dann wird es immer mehr solcher Schutzgelderpressungen, Verzeihung, Klagen geben.

Als Wirkung auf die Rechtsentwicklung könnte ich mir vorstellen, dass Unterlassungsansprüche wie in den USA nur dann geltend gemacht werden können, wenn ein entsprechendes Konkurrenzprodukt angeboten wird. Das ist allerdings in der Praxis oft reichlich sinnfrei, da z.B. ein elektronisches Bauteil nicht für dessen industrielle Abnehmer mal eben durch ein anderes mit derselben Funktion ersetzt werden kann, weil das z.B. aufgrund anderer Gehäusedimensionen usw. nicht ohne Veränderungen im Produkt eingebaut werden kann. Eine Regelung, die den Unterlassungsanspruch wenigstens im Verfügungsverfahren nur gegen entsprechende Sicherheitsleistung erlaubt, wäre da sinnvoller. Dann kann nämlich eine Firma wie Nokia sehr viel gelassener die Patente einzeln zerfleddern, weil so eine Verwertungsfirma die Sicherheitsleistung ebenso wenig wie Schadenersatz für eine stillgelegte Produktion leisten könnte. Nachteilig wäre wiederum, dass kleinere Konkurrenten vor demselben Problem stehen könnten und eine solche Sicherheitsleistung ebenfalls nicht erbringen könnten.
 

Horst

*** KT-HERO ***
Die Probleme sind in der Tat nciht unerheblich, wobei es hier in Deutschland aufgrund des moderaten § 249 BGB ja noch gesittet zugeht.

Mal drei Lösungsansätze zur Diskussion:

a) Rechtsprechung zum Verschulden ändern. Schadensersatz gibt es ja nur, wenn zumindest Fahrlässigkeit vorliegt. Die Fahrlässigkeit sollte m.E. öfter verneint werden, wenn ausreichende Recherchebemühungen nachgewiesen werden können. "Unterlassungserpressungen" schließt das aber auch nciht aus.

b) Akzessorietät eines Patents von einem produzierendem Gewerbe als Inhaber einführen, was allerdings zugegebenermaßen utopisch ist.

c) Erteilungspraxis ändern und Erfindungshöhe verhundertfachen.
Hat aber nur "ex nunc" Wirkung und düfte vor allem vom EPA als "kundenorientierter Erteilungsbehörde" abgelehnt werden.

Mehr fällt mir gerade auch nicht ein. Die Diskussion ist aber interessant.
 

grond

*** KT-HERO ***
Horst schrieb:
Mal drei Lösungsansätze zur Diskussion:

a) Rechtsprechung zum Verschulden ändern.
Prinzipiell begrüßenswert, bloß wie? Ausreichende Recherchebemühungen können auch extra so angestellt worden sein, damit das relevante Patent durchs Raster fällt.

Ich würde hier wenigstens die Verwirkung über den gleichen Maßstab laufen lassen wie die Schuldhaftigkeit: betreibt der Verletzer die Verletzung bereits seit fünf Jahren offenkundig, ist der Inhaber fahrlässig in Unkenntnis und sein Anspruch verwirkt. Gegenwärtig wird auf die positive Kenntnis bzw. das Wissenmüssen abgestellt.


b) Akzessorietät eines Patents von einem produzierendem Gewerbe als Inhaber einführen, was allerdings zugegebenermaßen utopisch ist.
Widerspricht unserer Wissensgesellschaft. Es gibt Firmen, die nur IP entwickeln und lizenzieren. Und das ist gut und gewünscht.

Hinzukäme, dass man vielleicht eine zentrale Insitution (=Patentamt) schaffen könnte, bei der Standardisierungsvorschläge eingereicht werden und öffentlich ausgelegt werden. Wird kein "Widerspruch" eines Patentinhabers innerhalb einer ausreichenden Frist erhoben, liegt bei Umsetzung des Standards keine Verletzung vor. Auch hier wäre der Leitgedanke, dass sich der Patentinhaber auch frühzeitig zu bequemen hat, mögliche Verletzungen seines Patents aufzuspüren. Zu diskutieren wäre allerdings, was alles als "Standard" eingereicht werden könnte.

Insgesamt könnte man auch die unterschiedlichen Ansprüche unterschiedlich behandeln (Unterlassung vs. Schadenersatz/Entschädigung). Gerade bei der Unterlassung hat die Industriegesellschaft ja durchaus ein größeres Interesse an Auswahl aus gleichwertigen Produkten, Schadenersatz/Entschädigung wiederum entspricht dem Belohnungsgedanken und kann ruhig "großzügiger" behandelt werden.
 

Fip

*** KT-HERO ***
Ich sehe noch ein weiteres Problem, was auch die Patentanwälte langsfristig betreffen kann.

Ich arbeite in einer kleineren Kanzlei mit eher kleineren, mittelständischen Mandanten. Wir erleben es so oft, dass gerade der Mittelstand ständig von irgendwelchen Möchtegern-Erfindern, die sich mit viel Mühe und Not und im Schweiße ihres Angesichts ein Gebrauchsmuster "erkämpft" haben mit ganz tollem Schutzbereich erkämpft haben, angeschossen werden. Es hat, so lange ich arbeite (zugegebener Weise noch nicht sooooo lange, aber ein paar Jahre schon), noch kein Gebrauchsmuster (oder Patent) unseren Löschungsanträgen (oder den Nichtigkeitsklagen) in einem Umfang widerstanden, dass unser Mandant danach noch verletzen würde. Das kommt beim Mandanten vielleicht zwei-/dreimal vor, dann nimmt der das Schutzrechtswesen gar nicht mehr ernst und lacht nur über die nächste Abmahnung. Das führt nicht nur dazu, dass die Marktbeobachtungspflicht vernachlässigt wird, sondern er auch selbst keine Lust mehr hat, anzumelden (nach dem Motto: Taugt ja am Ende eh nichts, so ein Schutzrecht).

Wenn jetzt noch Patente von "Heuschrecken" a lá Verwertungsagenturen als Geldbeschaffungsmaßnahme im großen Stil zweckentfremdet werden, dann wird die Akzeptanz dieses Systems langfristig auf breiter (politischer) Front einbrechen, und das kann eigentlich keiner wollen. Weder die Gesellschaft im Sinne der Förderung des technischen Fortschritts, noch der Patentanwalt, der damit sein Geld verdient.

Meines Erachtens hilft nur eins (mal etwas plakativ und salopp formuliert): Kosten (Anmeldung und Jahresgebühren) massiv rauf und damit die Recherchen/Prüfungen gut und leistungsorientiert bezahlen sowie Erfindungshöhe rauf, damit insgesamt ein erteiltes Patent nicht erst nach der Feuertaufe im Einspruchs- und/oder Nichtigkeitsverfahren "was wert ist". Wer das Recht haben will, allen anderen 20 Jahre lang (oder realistischer Weise ca. 15-18 Jahre lang) etwas verbieten zu dürfen, der soll sich das mal schön was kosten lassen. Dann wird auch nicht mehr jeder Schund angemeldet, Patente, die sich (noch) nicht verwerten lassen, laufen frühzeitig aus und nur werthaltige, echte Erfindungen bleiben, die Ämter werden entlastet. Und das ArbEG in seiner jetzigen Form, das die meisten unsinnigen Anmeldungen produziert und die Ämter nur unnötig von der Arbeit abhält, und die Verfahrenskostenhilfe für Patentanmeldungen gehören in die Tonne. Und apropos EPA und kundenorientiert: Wie war das noch mit dem Gleichgewicht zwischen öffentlichem Interesse und den Anmelderinteressen, das die Erteilungsbehörden wahren sollen ... ?

Nachteil wäre nur, das viele von uns sich 'nen neuen Job suchen müßten, aber richtig wäre es trotzdem. Ich würde ja auch eine ordentliche, grundlegende und das Steuerrecht maßgeblich vereinfachende Steuerreform nicht ablehnen, nur weil ich dann Mitleid mit meinem arbeitslos gewordenen Steuerberater haben müsste ... oder doch?

Momentan ist alles (noch) auf einem erträglichen Niveau, aber wenn das so weiter geht, sehe ich langfristig ernste Akzeptanzprobleme auf unseren Berufsstand zukommen ...
 

PhD

SILBER - Mitglied
Fip schrieb:
Wir erleben es so oft, dass gerade der Mittelstand ständig von irgendwelchen Möchtegern-Erfindern, die sich mit viel Mühe und Not und im Schweiße ihres Angesichts ein Gebrauchsmuster "erkämpft" haben mit ganz tollem Schutzbereich erkämpft haben, angeschossen werden. Es hat, so lange ich arbeite (zugegebener Weise noch nicht sooooo lange, aber ein paar Jahre schon), noch kein Gebrauchsmuster (oder Patent) unseren Löschungsanträgen (oder den Nichtigkeitsklagen) in einem Umfang widerstanden, dass unser Mandant danach noch verletzen würde. Das kommt beim Mandanten vielleicht zwei-/dreimal vor, dann nimmt der das Schutzrechtswesen gar nicht mehr ernst und lacht nur über die nächste Abmahnung. Das führt nicht nur dazu, dass die Marktbeobachtungspflicht vernachlässigt wird, sondern er auch selbst keine Lust mehr hat, anzumelden (nach dem Motto: Taugt ja am Ende eh nichts, so ein Schutzrecht).
Dann könnte er aber selbst wen anschiessen...und Abmahnen würde ich aus einem GebrM auch nicht, da man sich mit einer ungerechtfertigten Abmahnung ja auch schadensersatzpflichtig macht, was ja grad bei einem ungeprüften Schutzrecht schonmal leicht vorkommen kann. Ich würde es aber nicht auf die leichte Schulter nehmen.

Fip schrieb:
Meines Erachtens hilft nur eins (mal etwas plakativ und salopp formuliert): Kosten (Anmeldung und Jahresgebühren) massiv rauf und damit die Recherchen/Prüfungen gut und leistungsorientiert bezahlen sowie Erfindungshöhe rauf, damit insgesamt ein erteiltes Patent nicht erst nach der Feuertaufe im Einspruchs- und/oder Nichtigkeitsverfahren "was wert ist". Wer das Recht haben will, allen anderen 20 Jahre lang (oder realistischer Weise ca. 15-18 Jahre lang) etwas verbieten zu dürfen, der soll sich das mal schön was kosten lassen. Dann wird auch nicht mehr jeder Schund angemeldet, Patente, die sich (noch) nicht verwerten lassen, laufen frühzeitig aus und nur werthaltige, echte Erfindungen bleiben, die Ämter werden entlastet. Und das ArbEG in seiner jetzigen Form, das die meisten unsinnigen Anmeldungen produziert und die Ämter nur unnötig von der Arbeit abhält, und die Verfahrenskostenhilfe für Patentanmeldungen gehören in die Tonne. Und apropos EPA und kundenorientiert: Wie war das noch mit dem Gleichgewicht zwischen öffentlichem Interesse und den Anmelderinteressen, das die Erteilungsbehörden wahren sollen ... ?
Also, die Firma hat ja auch die Möglichkeit, die gemeldete Diensterfindung frei zu geben und eben nicht anzumelden.

Eine Erhöhung der Gebühren würde nur dazu führen, dass sich der "kleine" Erfinder eine Anmeldung nicht mehr leisten kann und würde nur bestehende Marktstrukturen betonieren. Warum soll nur der das Recht haben, sich seine Erfindung schützen zu lassen, der auch das Geld dazu hat? Fände ich extrem unsozial...außerdem bekommt man die VKH ja auch nur bei Aussichten auf Erteilung.

Und wie soll das mit der größeren Erfindungshöhe gehen? Nach dem Motto, erfinderisch ist nur, was abwegig ist? Oder vielleicht, was sich überhaupt nicht aus dem Stand der Technik ergibt? Und wer will beurteilen, was eine "werthaltige" Erfindung ist??

Das derzeit bestehende System ist bestimmt nicht perfekt, aber ein besseres gibt es imho derzeit nicht...
 

grond

*** KT-HERO ***
Fip schrieb:
Das kommt beim Mandanten vielleicht zwei-/dreimal vor, dann nimmt der das Schutzrechtswesen gar nicht mehr ernst und lacht nur über die nächste Abmahnung.
Halte ich für ein Kommunikationsproblem. Ihr seid halt Superanwälte und der Gegner macht unbrauchbare Erfindungen... :)


Meines Erachtens hilft nur eins (mal etwas plakativ und salopp formuliert): Kosten (Anmeldung und Jahresgebühren) massiv rauf
Spätestens dann wird das Patentwesen ein Exklusivrecht der Konzerne. Das kann nicht wünschenswert sein. Man sollte vielleicht eine wesentlich stärkere Progression der Jahresgebühren ab dem 5. Jahr oder so einführen, aber sonst sind die Anmeldekosten für Mittelständler schon so abschreckend genug.


und damit die Recherchen/Prüfungen gut und leistungsorientiert bezahlen sowie Erfindungshöhe rauf, damit insgesamt ein erteiltes Patent nicht erst nach der Feuertaufe im Einspruchs- und/oder Nichtigkeitsverfahren "was wert ist".
Die EPA-Prüfer fordern m.E. zurecht, dass im Punktesystem, nach dem die Prüfer bewertet werden, eine Zurückweisung mehr Punkte einbringen soll als eine Erteilung. Zum einen ist der Anreiz für die Prüfer größer, das Patent nicht einfach der Bequemlichkeit halber zu erteilen, zum anderen macht eine Zurückweisung im Schnitt auch deutlich mehr Arbeit als eine Erteilung.


Und das ArbEG in seiner jetzigen Form, das die meisten unsinnigen Anmeldungen produziert
Das ArbEG ist sicher eine der größten Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen für Patentanwälte in der Geschichte des Patentwesens. Den faktischen Zwang zur Anmeldung könnte man vielleicht etwas dämpfen, wenn man den Arbeitnehmer, der eine freigegebene Erfindung selbst zum Patent anmeldet, per Gesetz seinem Arbeitgeber gegenüber zu einer Zwangslizenz verpflichtet. Dann muss der Arbeitgeber wenigstens nicht fürchten, dass ihm seine Angestellten die eigene Produktion lahmlegen, wenn er etwas freigibt.
 

Das gelbe U

*** KT-HERO ***
Das ist doch alles Hysterie.

1.) Da ist kein "Mißbrauch". Bosch hat einen Haufen Geld in die Entwicklung von Mobilfunk gesteckt und sich später aus dem Markt zurückgezogen. Da ist das Geld, das mit dem Verkauf von Patenten gewonnen wird, ein gerechter Lohn für die geleistete Entwicklungstätigkeit.

2.) Jeder kann diese Patente kaufen - auch Nokia hätte sie kaufen können. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Bosch irgendetwas anderes als der Preis interessiert hat. Der Käufer hat den preis gezahlt, den die Patente seiner Meinung nach wert sind. Anscheinend hat Nokia den Wert niedriger angesetzt. Jetzt streitet man sich halt, um den tatsächlichen Wert zu ermitteln. Was hier stattfindet ist eine Professionalisierung der Verwertung. Wieso sollte sich Bosch selbst um die Verwertung kümmern, wenn andere das besser können (oder meinen es besser zu können)?

3.) Wenn das alles so nicht stattfinden würde oder dürfte, wäre der Wert von Entwicklungstätigkeit geringer - das und genau das wäre vor allem für Deutschland ein Riesenproblem.

Fazit: Man kann über Erfindungs"höhe" und vieles andere diskutieren - nur die Handelbarkeit oder Einklagbarkeit von Patenten einzuschränken wäre sicher ein Bärendienst für den Standort Deutschland.
 

grond

*** KT-HERO ***
Das gelbe U schrieb:
1.) Da ist kein "Mißbrauch". Bosch hat einen Haufen Geld in die Entwicklung von Mobilfunk gesteckt und sich später aus dem Markt zurückgezogen. Da ist das Geld, das mit dem Verkauf von Patenten gewonnen wird, ein gerechter Lohn für die geleistete Entwicklungstätigkeit.
Prinzipiell richtig, aber leider naiv. Die Praxiserfahrung zeigt, dass solche aggressiv vorgehenden Verwertungsfirmen (vulgo: Patenttrolle) gewöhnlich sich ihrer faktisch schlechten Position bewusst sind (vulgo: heiße Luft verbreiten), sich jedoch auf die allgemein vorhandene und insbesondere auf nicht-juristisch gebildetete Entscheidungsträger (vulgo: Manager) treffsicher wirkende allgemeine Verunsicherung verlassen. An einer Gerichtsentscheidung ist keine solche klagende Firma interessiert, weil diese ohnehin zu 99% zu ihren Lasten ausfallen würde. Es ist der schnelle Vergleich mit ein paar bis mehreren dutzend Millionen, der lockt.

In der Praxis läuft das dann so: die Manager der großen Konzerne fragen ihre Rechtsabteilung, was die Klage für Risiken birgt (der Vorstand wird natürlich gleich persönlich in Organhaftung für die strafbare Patentverletzung genommen, damit er auch garantiert schnell von der Klage erfährt). Volle Juristen, wie sie sind, erklärt die Rechtsabteilung, was im schlimmsten und besten Fall geschehen könnte, was die verwertbaren Argumente beider Seiten voraussichtlich sein könnten und dass man sich nicht sicher sein könne, wie das Verfahren ausgeht. Der Manager liest "Risiko". Dann fragt er, wie lange es denn dauert, bis das Ergebnis des Streits vorliegt. Daraufhin erfährt er etwas von einem Zeitraum von wenigstens einigen Jahren. Das bedeutet, dass die Risiken des Prozesses in maximal möglichem Umfang in den Geschäftsberichten der nächsten Jahre erwähnt und ggf. sogar Gewinnwarnungen verbreitet werden müssen. Gewinnwarnung! Stürzende Aktienkurse! Meuternde Aktionäre auf der Hauptversammlung, deren Portfolio während der Dauer des Prozesses ständig an Wert verliert!

Die nächste Frage des Managers ist dann: können wir die nicht kaufen? Und schon wird über Lizenzen für eigentlich wertlose Patente verhandelt, es fließen siebenstellige Millionenbeträge und die Sache ist vor Ende des Geschäftsjahres ausgestanden.

Von Belohnung für tatsächlich geleistete und genutzte Erfindungen keine Spur.

Ich sage nicht, dass das Verhalten der angegriffenen Firmen nicht selbst schuldhaft ist, ein Missbrauch des Patentsystems durch die Patenttrolle ist es dennoch.
 

Lysios

*** KT-HERO ***
grond schrieb:
Die Praxiserfahrung zeigt, dass solche aggressiv vorgehenden Verwertungsfirmen (vulgo: Patenttrolle) gewöhnlich sich ihrer faktisch schlechten Position bewusst sind (vulgo: heiße Luft verbreiten),
Der Name des Geschäftsführers von IP-com, der jetzt überall in der Presse auftaucht, sollte jedem klarmachen, dass hier die absoluten Patent-Profis aus München am Werk sind (dafür braucht man noch nicht einmal einen Handelsregisterauszug). Siehe z.B. hier
http://www.golem.de/0801/57363.html

Ich würde daher davon ausgehen, dass hier dieses Patent-Troll-Gebilde in einer sehr guten Position ist.
 

grond

*** KT-HERO ***
Lysios schrieb:
Der Name des Geschäftsführers von IP-com, der jetzt überall in der Presse auftaucht, sollte jedem klarmachen, dass hier die absoluten Patent-Profis aus München am Werk sind
Ob die Richter ebenso beeindruckt sein werden von dem Namen?


Ich würde daher davon ausgehen, dass hier dieses Patent-Troll-Gebilde in einer sehr guten Position ist.
Ich allerhöchstens davon, dass sie gut vertreten sein werden. Über alles andere würde ich erst ein vorläufiges Urteil abgeben, wenn ich die acht angeblich verletzten Patentfamilien gesehen habe.

Was für mich auf der Hand liegt: Patente, die Bosch im Handybereich erlangt hat, können gar nicht so bedeutsam sein, dass sie 12 Mia. EUR Schadenersatz rechtfertigen würden. Bosch hat ja nun nicht gerade das GSM-System im Alleingang erfunden. Die Patente dürften also kaum mehr als einen winzigen Beitrag zum Produkt "Nokia-Handy" leisten, wenn sie verletzt wären. Selbst in den USA, wo gigantische Schadenersatzsummen vergleichsweise üblich sind, ist m.W. die höchste jemals gezahlte Summe 1,2 Mia Dollar gewesen. Das war Polaroid gegen Kodak, die Erfindung war mit der Sofortbildkamera immerhin das vollständige Produkt.
 

Das gelbe U

*** KT-HERO ***
@grond: Das ist kein Mißbrauch sondern allenfalls ein Ausnützen von Unzulänglichkeiten im Management der verklagten Firma. Da gilt für mich die alte Regel, dass wer nicht gut genug ist, vom Markt bestraft wird - in diesem Fall wird eben bestraft, wer nicht Willens genug ist oder nicht genug von der Materie versteht, um solche Dinge richtig bewerten zu können. Da werden die CEOs und Investoren eben besser werden müssen - oder sie verschwinden zu Recht vom Markt. Da drücken Leute auf die Tränendrüse, die sonst jede, aber wirklich jede Lücke nutzen, die sich ihnen bietet.
 

grond

*** KT-HERO ***
Das gelbe U schrieb:
@grond: Das ist kein Mißbrauch sondern allenfalls ein Ausnützen von Unzulänglichkeiten im Management der verklagten Firma.
Eine Klage einzureichen, von der man weiß, dass sie unbegründet ist, ist für Dich kein Rechtsmissbrauch? Der Ansicht muss ich mich verweigern.

Mitleid mit den Betroffenen habe ich übrigens auch nicht, es ging mir mehr um die Wirkmechanismen, die zu einer negativen Wahrnehmung des Patentwesens und entsprechender Lobbyarbeit durch große Unternehmen führen und somit eine Bedrohung des Patentwesens in seiner jetzigen Form werden könnten. Letztlich können in vielen technischen Bereichen kleine Firmen eh nicht mehr "mitreden", weil keine wirtschaftlich kleine Firma ein marktfähiges Auto oder einen rechenstarken Mikroprozessor entwickeln kann. Große Firmen könnten demzufolge zur Einsicht gelangen, dass Patente einerseits ein überflüssiger Schutz und andererseits eine ernstzunehmende Bedrohung für sie darstellen.
 

Das gelbe U

*** KT-HERO ***
grond schrieb:
Eine Klage einzureichen, von der man weiß, dass sie unbegründet ist, ist für Dich kein Rechtsmissbrauch?
Nein, so einfach ist es nicht, zumal dieses "Wissen" sehr schwer zu erlangen ist - i.d.R. nur durch den Prozess selber. Außerdem ein subjektives Merkmal, da müssen für mich weitere Umstände hinzutreten, um Rechtsmißbrauch festzustellen. Man muss immer im Hinterkopf behalten, dass die Waffe, die Du da nennst, eine sehr einschneidende Wirkung hat, sie beschädigt nämlich am Ende auch das Recht auf den gesetzlichen Richter. Im Übrigen denke ich nicht, dass eine Verletzung auszuschließen ist bei den hier in Rede stehenden Patenten.

Zu den kleinen Firmen: Es ist immer mehr Kapital um die Welt herum im Umlauf - man sollte sich lieber drum kümmern die Rahmenbedingungen zu schaffen, dass dieses Geld auch bei kleinen Firmen ankommen kann. Nicht umsonst sitzen die größten VC-Zentren in USA und nicht in Europa. Und das nicht deswegen, weil dort weniger Patente erteilt werden oder gar die Prozessrisiken geringer sind. Vor angeblicher Lobbyarbeit der großen habe ich auch keine Angst, die werden schon nicht den Ast absägen auf dem sie sitzen.

Das ist vollkommen krudes Gedankengut, was da vom Spiegel verbreitet wird - zumal ohne jede Sachkenntnis, siehe nur die 60.000 "Lizenzen", die beim DPMA angeblich letztes Jahr angemeldet wurden.... Da sehe ich das Problem, nicht in der Klage selber, zumal sie sich mit Nokia, was die öffentliche Wahrnehmung angeht, geradezu einen Idealgegner ausgesucht haben. Und das aufbauend auf Bosch(!)-Patenten. Das hätte man auch ganz anders darstellen können als in diesem Wischiwaschi-Falsch-Artikel.
 
Oben