DE Zuständigkeitsfrage

Rex

*** KT-HERO ***
Bei Abmahnungen wegen Marken- oder Patentverletzungen kommt es ja oft vor, dass der Verletzer eine Unterlassungserklärung abgibt aber die Kosten nicht trägt, so dass man diese einklagen muss. Obwohl es dann nur noch um die Kosten geht, handelt es sich um ein Patent- oder Markenstreitsache und die Landgerichte sind zuständig.

Wenn das Honorar nun beim Auftraggeber bzw. eigenem Mandanten selbst eingeklagt wird, habe ich unterschiedliche Meinungen zur Zuständigkeit gehört. Es wird wohl mehrheitlich die Auffassung vertreten, es handle sich ebenfalls um eine Marken- oder Patentstreitsache.

Wie sieht es aber aus, wenn ich nicht nach RVG sondern nach Zeitaufwand abrechne, dann handelt es sich doch um eine Sache, bei der sich die Zuständigkeit nur nach dem Gegenstandswert ergibt, oder sehe ich das falsch?
 

HSP

SILBER - Mitglied
Die Gebührenklage eines Rechts- oder Patentanwalts wegen Rechtsberatung ofer Rechtsbesorgung in Patentsachen ist sebst nicht notwendigweise schon deshalb Patentstreitsache, nur wenn weil der Gegenstand des zugrundeliegenden Auftrags sich auf eine Erfindung bezogen hat. Dies ist vielmehr dann nicht der Fall, wenn zur Beurteilung der Frage, ob die Honorarforderung berechtigt ist, das Verständnis der Erfindung keine Rolle spielt und es deshalb keines besonderen Sachverstands bedarf, um die für die Entgeltung der dem Anwalt übertragenen Erwirkung eines technischen Schutzrechts maßgeblichen Umstände erfassen und beurteilen zu können.

So: BGH X. Zivilsenat, Beschl. v. 20. 3. 2013 – Patentstreitsache II, Az. X ZB 15/12, GRUR 2013, 756, LS
 

Rex

*** KT-HERO ***
@HSP

Danke, aber der BGH-Fall bezieht sich auf eine Honorarforderung für eine Patentanmeldung. Solche Forderungen habe ich selbst mehrmals und ohne Probleme vor Amtsgerichten durchgesetzt.

Ich bezog mich aber auf die Kosten einer Abmahnung. Im Kommentar "Die Vergütung des Patentanwalts" wird die Auffassung vertreten, es handele sich dabei stets um eine Kennzeichen- bzw. Patentstreitsache.
Darum meine Frage.
 
Zuletzt bearbeitet:

Fip

*** KT-HERO ***
Rex: "Wie sieht es aber aus, wenn ich nicht nach RVG sondern nach Zeitaufwand abrechne, dann handelt es sich doch um eine Sache, bei der sich die Zuständigkeit nur nach dem Gegenstandswert ergibt, oder sehe ich das falsch?"


Warum sollte die Frage, ob Du nach RVG oder Zeitaufwand abrechnest, Einfluss auf die Zuständigkeit haben können? Wie kommst Du darauf?
 

Fip

*** KT-HERO ***
@HSP

Danke, aber der BGH-Fall bezieht sich auf eine Honorarforderung für eine Patentanmeldung. Solche Forderungen habe ich selbst mehrmals und ohne Probleme vor Amtsgerichten durchgesetzt.

Ich bezog mich aber auf die Kosten einer Abmahnung. Im Kommentar "Die Vergütung des Patentanwalts" wird die Auffassung vertreten, es handele sich dabei stets um eine Kennzeichen- bzw. Patentstreitsache.
Darum meine Frage.



Zunächst einmal würde ich prüfen, ob der Kommentar die neuere BGH Rechtsprechung schon berücksichtigt oder ob die neuere BGH Rechtsprechung nicht jünger ist. In dem Verfahren, dass zu der von HSP zitierten Entscheidung geführt hat, war offensichtlich auch jemand nicht der BGH Meinung, sonst wäre diese Entscheidung nicht zustande gekommen.


Im Übrigen muss man bei den Gesetzesvorschriften, die die Patent-/Gbm-/Marken-/Designstreitsachen definieren, ja immer berücksichtigen, dass es um gerichtliche Verfahren geht. So hat der BGH ja auch die lange vertretene Auffassung gekippt, der bei einer Marken- oder Designabmahnung mitwirkende Patentanwalt hätte gegenüber dem zu Recht Abgemahnten einen Kostenerstattungsanspruch, weil er in einer Marken- oder Designabmahnung mitwirkt. Hier gelten die Vorschriften nicht, weil die Vorschriften die Erstattungsfähigkeit nur für gerichtliche Streitsachen regeln, nicht aber für vorgerichtliche Abmahnung.


Die von HSP zitierte Entscheidung ist meiner Auffassung nach ohne weiteres auf Markensachen übertragbar. Wenn es nur um die Kosten geht, handelt es sich (nach neuerer Rechtsprechung) gerade nicht notwendiger Weise um eine Marken- oder Patentstreitsache und die Landgerichte sind gerade nicht notwendiger Weise ausschließlich zuständig. Sie sind es grob gesprochen nur dann, wenn der Streitgegenstand die besondere Expertise eines derartigen "Spezialgerichts" erfordert.
 

HSP

SILBER - Mitglied
Die zit. Entscheidung hat Bedeutung weit über den dort entschiedenen Fall hinaus, da sie die Prinzipien, wann eine Sache Patentstreitsache ist klar herausstellt. Ich empfehle dringend deren Lektüre. So habe ich mich jüngst noch in einem Regressfall, indem wir Kollegen vertreten erfolgreich hierauf berufen, um die Sache vor die Patentstreitkammer des in diesem Falle ausschließlich zuständigen Landgerichts zu bekommen, nach dem der Gegner versucht hatte ein unzuständiges Landgericht - wohl in der Hoffnung seine dem Patentrechtler eher befremdlich anmutenden Rechtsvorstellungen vor einem sach- und patenrechtsunkundigen Forum besser durchsetzen zu können - angerufen hatte. Das unzuständige Langericht hat sodann auf meinen Verweisungsantrag und den hilfsweise ebenso gestellten Antrags der Gegenseite hin - unter ausdrücklicher Berufung auf den hier zit. Beschluß des BGH - recht rasch an das Patentstreitgericht verwiesen.
 
Zuletzt bearbeitet:

Rex

*** KT-HERO ***
Warum sollte die Frage, ob Du nach RVG oder Zeitaufwand abrechnest, Einfluss auf die Zuständigkeit haben können? Wie kommst Du darauf?

Aus folgendem Grund:
Wenn nach RVG abgerechnet wird, hat das Gericht ggf. über die Höhe des Gegenstandswerts zu entscheiden. Dies ist eine Frage, bei der wahrscheinlich die spezifischen Kenntnisse einer zuständigen Marken- bzw. Patentstreitkammer benötigt werden. Daher kann man sagen, dass es sich eher um eine Marken- bzw. Patentstreitsache handelt.

Rechne ich dagegen nur nach Zeitaufwand ab, stellt sich eigentlich keine spezifische Patent- oder Markenrechtsfrage, weshalb es sich eher nicht um eine Marken- bzw. Patentstreitsache handeln könnte.

Das sind aber meine eigenen Überlegungen, ich habe dazu nichts in der Rechtsprechung gefunden und deshalb hier gefragt.
 

Fip

*** KT-HERO ***
Ok, den gedanklichen Ansatz verstehe ich jetzt. Allerdings glaube ich, dass die Frage der Bemessung des Streitwerts, der der RVG Berechnung des Honorars zugrunde gelegt wurde, nur in sehr wenigen Ausnahmefällen letztlich für die Frage entscheidend sein wird, ob es sich um eine Markenstreitsache handelt oder nicht. In aller Regel wird man auch einem Amtsgericht zutrauen können, das anhand der üblicherweise angenommenen Regelstreitwerte zu entscheiden. Hier wird ja ohnehin auch von den Parteien (fast) immer "geschätzt" und (fast) nie wirklich präzise gerechnet. Aber bei speziellen Fallkonstellationen finde ich Deinen Gedankengang nachvollziehbar.
 

6to5

BRONZE - Mitglied
In aller Regel wird man auch einem Amtsgericht zutrauen können, das anhand der üblicherweise angenommenen Regelstreitwerte zu entscheiden.

Was macht dann das Amtsgericht, wenn der Beklagte plötzlich mit Schadenersatzansprüchen wegen schlechter Auftragsbesorgung aufrechnet? Wieder ans Landgericht verweisen?
 

Fip

*** KT-HERO ***
Was macht dann das Amtsgericht, wenn der Beklagte plötzlich mit Schadenersatzansprüchen wegen schlechter Auftragsbesorgung aufrechnet? Wieder ans Landgericht verweisen?


Nun bin ich kein ausgewiesener ZPO Experte, aber so aus dem Bauch raus würde ich sagen "ja".

Ich meine, wenn sich, wie der BGH entschieden hat (!), grob gesagt eine Zuständigkeit eines bestimmten "Spezialgerichts" für eine Honorarklage erst dann ergibt, wenn die Kenntnisse dieses "Spezialgerichts" erforderlich sind, um die hinter der Honorarforderung stehende anwaltliche Dienstleistung in der Sache beurteilen zu können, dann kann ich ja nicht in vorauseilendem Gehorsam und unabhängig davon, was bei Klageeinreichung vorhersehbar ist, jeden Streitfall von vorne herein diesem "Spezialgericht" zuweisen, nur weil sich der Sachverhalt im Laufe des Verfahrens möglicherweise und vielleicht und abhängig vom Vortrag der Parteien in eine Richtung entwickeln könnte, die dann die Expertise des Spezialgerichts erforderlich machen könnte.

Das Problem ist doch eh: Wenn der Kläger beim "Markengericht" klagt, kann der Beklagte behaupten, die Sache gehört da nicht hin, weil es keine Markenstreitsache ist. Wenn der Kläger beim Amtsgericht klagt, kann der Beklagte behaupten, die Sache gehört da nicht hin, weil die Sache die markenrechtlichen Spezialkenntnisse eines Markengerichts erfordert. So oder so kann ein Unzuständigkeitseinwand kommen, über den das Gericht dann zu entscheiden hätte.

Davon abgesehen sieht die ZPO doch auch so etwas wie prozessuale Folgen für eine rügelose Einlassung des Beklagten vor, oder? Zeitlich unlimitiert kann der Beklagte solche Rügen wohl nicht erheben.
 

HSP

SILBER - Mitglied
Da geht ja mal wieder alles durcheinander. Also der Reihe nach:

Die Aufrechnung ist - jedenfalls im deutschen Recht - im materiellen Recht und nicht im Prozeßrecht verortet und hat somit keinen Einfluß auf die Frage der Zuständigkeit. Unter der Voraussetzung gegenseitiger gleichartiger Forderungen, also einer Hauptforderung und einer Gegenforderung, die einander geschuldet werden, sowie, daß die bestehende Gegenforderung fällig und durchsetzbar sowie die Hauptforderung erfüllbar ist, § 387 BGB, kann durch ausdrückliche Erklärung des Hauptforderungsschuldners aufgerechnet werden, § 388 BGB.

Rechtsfolge der bei so gegebener Aufrechnungslage erklärten Aufrechnung ist also eine (Teil-)Vernichtung des gegen den Aufrechnenden erhobenen Anspruchs. Nicht mehr und nicht weniger.

Will man hingegen seinerseits als in Anspruch Genommener Gegenforderungen geltend machen, die entweder einer Aufrechnung mangels Aufrechnungslage nicht zugänglich sind oder aber über die Hauptforderung hinausgehen, so muß man seinerseits Klage erheben, was bei Konnexität des Gegenanspruchs grundsätzlich im Wege der Widerklage, § 33 ZPO geschehen kann, soweit nicht der der Widerklage zugrundeliegende Anspruch in die ausschließliche Zuständigkeit eines anderen Forums fällt. Dann nämlich ist die Widerklage nicht zulässig. Ist also die Klage keine Patentstreitsache, die Widerklage aber schon, so ist sie unzulässig sofern die Klage selbst nicht bereits beim zuständigen Patentstreitgericht anhängig ist. Dann muß die Gegenforderung mit separater Klage beim allein zuständigen Patentstreitgericht anhängig gemacht werden.

Ist die Widerklage zulässig, dann kommts drauf an: Ist man in der Eingangsinstanz beim Landgericht, bleibt alles wie es ist. Das Langericht entscheidet über beide Klagen.

Ist man beim Amtsgericht ist zu differenzieren: Ist der Streitwert der Widerklage über der Streitwertgrenze der Zuständigkeit des AG, so ist auf Antrag an das Landgericht zu verweisen, § 506 ZPO. Man kann sich aber auch rügelos einlassen, dann bleibt die Sache beim Amtsgericht, § 39 ZPO, macht i.d.R. aber keinen Sinn. Ist der Streitwert beider Klagen unter der Streitwertgrenze der Zuständigkeit des Landgerichts bleibt die Sache beim Amtsgericht.

In der Berufungsinstanz treten weitere Voraussetzungen für die Zulässigkeit der erst hier erhobenen Widerklage hinzu, §§ 533, 529 ZPO.
 
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6to5

BRONZE - Mitglied
Und wenn der Beklagte aus den angeblichen Schadenersatzansprüchen nun nur in Höhe der vom Kläger geltend gemachten Honorarkosten aufrechnet? Dann braucht es keine Widerklage und das Amtsgericht stünde gegebenenfalls vor der Aufgabe, eine Patentsache inhaltlich zu beurteilen, was eingangs nicht abzusehen war. Durch eine innerprozessuale Erklärung des Beklagten würde das bis zu diesem Zeitpunkt zuständige Amtsgericht plötzlich womöglich unzuständig. Das klingt erst einmal komisch, oder?

Die Relevanz der Ausführungen zur Trennung von materiellrechtlichen Aspekten vom Verfahrensrecht ist mir hierbei unklar. Der genannte BGH-Beschluss begründet die Zuständigkeit doch mit inhaltlichen Aspekten, also solchen, die dem Sachverhalt zuzuordnen sind. Dieser ändert sich jedoch schlagartig im Falle einer solchen Aufrechnung. Das für eine "simple Honorarklage" zuständige Amtsgericht muss nun plötzlich beurteilen, ob die Geschäftsbesorgung in der Patentsache schuldhaft mangelhaft war. Oder muss es das eben nicht mehr? Ganz nachvollziehbar finde ich den Beschluss deshalb nicht.
 
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