'Zufall' bei erfinderischer Tätigkeit mal anders ...

Kratos

*** KT-HERO ***
Üblicherweise ist es bei der Bewertung der erfinderischen Tätigkeit unerheblich, ob der Erfinder die Erfindung durch Zufall gemacht hat. In einem Prüfungsbescheid "dreht der Prüfer den Spieß um", wie das nachstehende Beispiel zeigt:

Sagen wir, eine Vorrichtung nach dem Stand der Technik weist mehrere Teile A auf, die in beliebiger Orientierung relativ zueinander in die Vorrichtung eingesetzt wurden.

Die Erfindung schlägt nun vor, die Teile A in einer vorbestimmten (im Anspruch definierten) Orientierung relativ zueinander in die Vorrichtung einzusetzen.

Der Verfahrensanspruch wurde genehmigt, hinsichtlich des Vorrichtungsanspruchs führt der Prüfer aus, dass der Fachmann bereits durch Zufall beim Einsetzen der Teile A in die bekannte Vorrichtung ohne erfinderisches Zutun zum Gegenstand der erfindungsgemäßen Vorrichtung gelangen würde, bei der dann zufällig die beanspruchte Orientierung der Teile A zueinander realisiert wäre.

Da bin ich erst mal platt! Irgendwelche Ideen? Ist hier die Anzahl der möglichen Orierntierungen von Bedeutung, die im vorliegenden Fall relativ groß ist? Oder geht die Argumentation des Prüfers ins Leere, da für den Fachmann stets ein ziegerichtetes Handeln typisch ist und dieser eben nichts dem Zufall überlässt? Gehört die Argumentation des Prüfers nicht vielmehr in die Neuheitsbetrachtung?

Fragen über Fragen, danke für die Antworten!

Kratos
 

PAmuc

Vielschreiber
Ja, da fällt mir was dazu ein. Ich würde mal die Rechtssprechung zum Begriff »zufällige Offenbarung« heranziehen.

Ein interessanter wenngleich schon älterer Fall, bei dem eine europäische und eine deutsche Einspruchsbeschwerde für ein nahezu inhaltsgleichen Patent zu einem unterschiedlichen Ergebnis bezüglich der Neuheit eines planmäßigen Handelns gegenüber einer ungewollten, zufälligen Offenbarung kam, bitte nachlesen unter:

9 W (pat) 93/90 (BPatG-Beschluss) und T 601/92
T 601/92 (Entscheidung einer technischen Beschwerdekammer)

Viele Grüße.
P.
 

PhD

SILBER - Mitglied
Ich gehe mal davon aus, dass die spezielle Anordnung zu einer technischen Wirkung führt, die für die anderen Anordnungen nicht erreicht wird. Dann besteht das Problem in der Bereitstellung einer Vorrichtung, die diese Wirkung zeigt.

Bei der eT ist somit zu prüfen, ob der Fachmann bei der Lösung dieser Aufgabe zu der spezielenn Anordnung käme. Wenn die Wirkung für diese Anordnung nicht beschrieben ist, hat man gute Argumente, denn der Fachman würde diese Anordnung nicht in Betracht ziehen, um die Wirkung zu erzielen.Unerheblich ist, ob der Fachmann theoretisch bei der Anordnung angelangen hätte können, sondern ob er dies auch würde (could-would-approach).

Wenn allerdings keine Wirkung für die spezielle Anordnung vorliegt, besteht das Problem nu rin der Bereitstellung einer alternativen Anordnung. Dann hätte der Fachmann alle möglichen Anordnungen in Betracht gezogen, und das Argument des Prüfers wäre nicht ganz daneben.
 

PK_Schach.Matt

*** KT-HERO ***
PhD schrieb:
Wenn allerdings keine Wirkung für die spezielle Anordnung vorliegt, besteht das Problem nu rin der Bereitstellung einer alternativen Anordnung. Dann hätte der Fachmann alle möglichen Anordnungen in Betracht gezogen, und das Argument des Prüfers wäre nicht ganz daneben.
Eine Aussage, der ich bedingungslos zustimme. Sie zeigt aber auch wie witzig die Bestimmung der erfinderischen Tätigkeit sein kann.

Habe ich ein konkretes unbekanntes Problem mit bekannten Mitteln gelöst, ist der neue Gegenstand erfinderisch.

Habe ich kein konkretes Problem gelöst, so ist das Problem einfach eine "alternative Anordnung" anzugeben, dessen Lösung wie gesagt naheliegend ist.

Man könnte nun argumentieren, dass der Fachmann zum Priozeitpunkt das unbekannte konkrete Problem nicht kannte und sich ihm per se die objektive Aufgabe stellte, eine "alternative Anordnung" anzugeben. So kann jeder Gegenstand als nicht erfinderisch dargestellt werden, der sich aus dem Stand der Technik zusammenpuzzlen läßt, weil er ja einfach nur eine andere Anordnung ist.
 

Kratos

*** KT-HERO ***
Danke für Eure Hinweise!

PhD schrieb:
Bei der eT ist somit zu prüfen, ob der Fachmann bei der Lösung dieser Aufgabe zu der spezielenn Anordnung käme. Wenn die Wirkung für diese Anordnung nicht beschrieben ist, hat man gute Argumente, denn der Fachman würde diese Anordnung nicht in Betracht ziehen, um die Wirkung zu erzielen.Unerheblich ist, ob der Fachmann theoretisch bei der Anordnung angelangen hätte können, sondern ob er dies auch würde (could-would-approach).
Diesen Ansatz habe ich auch gewählt. Sinngemäß könnte der Fachmann zwar durch Zufall zu der erfindungsgemäßen Lösung gelangen, würde die erfindungsgemäßen Merkmale allerdings nicht umsetzen, da im Stand der Technik keine entsprechende Anregung zur Lösung der Aufgabe enthalten ist.

Kratos
 
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