EPÜ Wiedereinsetzung II bzw. Überwachung Jahresgebührenzahlung

Fip

*** KT-HERO ***
In dem gerade diskutierten Parallelthread zur Wiedereinsetzung hat Expatriot mit J 15/14 eine Entscheidung genannt, die ich sehr interessant finde. Hierbei geht es um das Versäumnis, aufgrund dessen eine Jahresgebühr nicht rechtzeitig gezahlt wurde. Allerdings irritiert mich diese Entscheidung:

In J 15/14 steht unter 3.4, der Auslandskollege habe einerseits die Weisung “take no further action with respect to this matter without our instructions to the contrary” erteilt, andererseits aber auch mitgeteilt: “However please do not allow this matter to go abandoned without our explicit authorization to do so”. Beide Weisungen sind irgendwie widersprüchlich.

Die Kammer sagt weiter, dass nach ständiger Rechtsprechung der EP Vertreter ohne explizite Weisung eine Jahresgebühr nicht zahlen muss, meint aber in diesem konkreten Fall, der EP Vertreter hätte die Gebühr zahlen müssen (wegen der Weisung, dass die Anmeldung nicht untergehen darf) und obwohl in der etablierten Geschäftsbeziehung zwischen den Anwälten (EP-Vertreter und Auslandskollege aus Kanada) die Praxis bestand, dass der Auslandkollege die Weisung zur Zahlung der Jahresgebühr erteilt.

Bedeutet das jetzt für jeden EP-Vertreter, dass man gezwungen ist, die Jahresgebührenzahlung eigenständig zu überwachen und auch zu zahlen, selbst wenn nach eingefahrener Geschäftsbeziehung eigentlich der Auslandskollege die Frist für den Mandanten überwacht und dieser einem außerdem auch mitgeteilt hat, ohne explizite Weisung soll man nichts unternehmen? Gilt das auch, wenn man als EP-Vertreter erinnert aber keine Weisung erhält?

Ich halte das für vollkommen praxisfremd. Meiner Erfahrung nach ist ein Satz wie “However please do not allow this matter to go abandoned without our explicit authorization to do so”. oder "In absence of instructions do everything to keep the application alive." z.B. bei US Kollegen absoluter Standard. Das schreiben die eigentlich immer rein. Andererseits wollen die oft die Jahresgebührenüberwachung selbst übernehmen, auch damit sie damit das Geld für die Überwachung selbst verdienen. Und außerdem wollen sie nicht von ständigen Erinnerungen des EP-Vertreters belästigt werden. Schon gar nicht wollen sie dem EP-Vertreter für die Fristenüberwachung, die ja Aufwand bedeutet und die man sich mit Recht bezahlen lassen will, Kosten erstatten müssen.

Muss ich dann immer im Sinne von T 942/12 eine explizite Weisung einholen? Dort heißt es unter 3.4:

“If a European representative is expressly instructed that he is not required to monitor the payment of renewal fees, the duty of due care does not involve that he nevertheless does so. It cannot be expected that the European representative monitors renewal fee payments at his own expense (he will not be able to charge fees for actions he is to refrain from according to his instructions). Fur-thermore, sending reminders against instructions may irritate the instructing party and may impair the relationship with the client. The client may have good reasons for giving such instructions, e.g. to avoid receiving reminders from different sources that will lead to additional work and expense for him. Reminders from different sources can also be a source of confusion and thus lead to mistakes.”

Wie seht ihr das? Wie macht Ihr das?
 
Zuletzt bearbeitet:

Hans35

*** KT-HERO ***
In J 15/14 steht unter 3.4, der Auslandskollege habe einerseits die Weisung “take no further action with respect to this matter without our instructions to the contrary” erteilt, andererseits aber auch mitgeteilt: “However please do not allow this matter to go abandoned without our explicit authorization to do so”. Beide Weisungen sind irgendwie widersprüchlich.
In der Tat ist das widersprüchlich. Da wird es wohl schlicht auf das Datum der Anweisungen ankommen: Die letzte gilt. Und wenn beides in demselben Schreiben steht, dann ist es wohl zumindest fahrlässig, wenn nicht sofort (oder wenigstens rechtzeitig) nachgefragt wird.
 

Fip

*** KT-HERO ***
Danke, Hans35, für die Antwort. Ich frage mich trotzdem weiterhin, wie man als EP-Vertreter zu handeln hat, um sich im Zweifel keinen Vorwurf machen lassen zu müssen.


Wir haben viele EP-Mandate, in denen entweder die Auslandskollegen oder die Anmelder selbst die Jahresgebührenüberwachung machen und von uns auch keine Überwachungsdienstleistung sehen wollen, weil wir die dann ja abrechnen müssten und weil die nicht ständig auch noch Erinnerungen von uns erhalten wollen. Allerdings gilt das für die ganzen Fälle, die wir haben, eher implizit. Wir haben es mit diesen Anmeldern bzw. Auslandskollegen immer so gehandhabt und es wird auch von uns so erwartet. Explizite Weisungen hierzu in jeder einzelnen Akte haben wir nicht. Es ist sozusagen ständige Praxis zwischen uns und den Anmeldern.


Ständige Praxis ist aber auch, dass dieselben Anmelder und dieselben Auslandskollegen uns in den E-Mails, mit denen sie uns die individuellen Aufträge schicken, als Standardsatz reinschreiben: "In absence of any instructions to the contrary please do everything to keep the application alive."


Folgte ich der J 15/14, müsste ich in jede laufende Akte nochmal rein und den Mandanten eine klarstellende E-Mail schreiben, dass wir mit Blick auf die seit Jahren eingefahrene Praxis davon ausgehen, dass wir nicht mit der Überwachung und Zahlung von Jahresgebühren beauftragt sind und diese daher auch nicht vornehmen werden, und ich müsste vermutlich auch in jeder Akte um Bestätigung bitten. Sonst liefe ich Gefahr, dass dann, wenn der Auslandskollege oder der Anmelder die Jahresgebühr nicht zahlt, ein Wiedereinsetzungsantrag scheitert, weil ich nicht entgegen der ständigen implizit gelebten Praxis trotzdem Erinnerungen geschickt habe.
 

Gerd

*** KT-HERO ***
@Fip:

Dein Beispiel unterscheidet sich durch das "any" von dem Fall in der angesprochenen Entscheidung, in der "explicit" gefordert ist.

Die Anweisung, nichts zu tun, ist zumindest eine implizite Anweisung, die Anmeldung oder das Patent ggf. durch Nichtzahlung der Jahresgebühr untergehen zu lassen. Eile explizite Anweisung dafür ist es jedoch nicht.

Du darfst die Anmeldug oder das Patent IMO also schon eher untergehen lassen, als es der Kollege in der angesprochenen Entscheidung durfte.
Ob Du das Recht so viel eher untergehen lassen darfst, dass die Entscheidung in einem entsprechenden Fall anders aussehen würde, kann ich allerdings nicht beurteilen.
 
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